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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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Bayern München vs. 1899 Hoffenheim

Wider die Panik

… weil es auf das richtige Körperteil an der richtigen Stelle ankommt

Reden wir heute mal über Resilienz.

Resilienz (von lat. resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘) oder psychische Widerstandsfähigkeit ist die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen.

So definiert wikipedia diesen psychologischen Terminus, der Menschen beschreibt, die im Volksmund besser als „Stehaufmännchen“ bekannt sind.

Nicht viele Menschen gelten als resilient. Am ehesten findet man resiliente Menschen unter denen, die in Armut aufwuchsen, in intakten sozialen Gefügen aufwuchsen, die zu sozialen Minderheiten zählen und/oder die religiös verwurzelt sind.

Im Gegensatz dazu findet man Menschen mit mangelnder Resilienz vor allem bei vielen Kindern aus gut gestellten Mittelschichtfamilien.

Trotz ihrer privilegierten Lebensumstände (materieller Wohlstand, engagierte, liebevolle Eltern) litten diese an vielfältigen Ängsten, Unsicherheiten und Antriebshemmungen und erschienen profund unglücklich. (Stichwort: First World Problems, die zu einer starken Beeinträchtigung der körperlich-seelischen Gesundheit führen wie Putzfrau ist krank, Samstagabend und das Salz ist aus, die Lieblingsbluse ist noch in der Reinigung, Nagel abgebrochen, Bad Hair-Day etc., wohingegen es wenige Überlieferungen von Laktoseintoleranz und Neurodermitis beispielsweise bei Obdachlosen gibt.)

Andererseits gibt es zahlreiche Geschichten von Menschen, die aus einfachsten Verhältnissen stammen und es trotz widriger Umstände, aber mit Willem sowie der Liebe der Eltern und einem klaren Werteweltbild zu Ansehen und Wohlstand gebracht haben: Dazu ist neben diversen Sportlern und Rappern auch das uneheliche Kind eines syrischen Einwanderers in die USA, das als Sozialwaise entgegen dem Wunsch seiner leiblichen Eltern von einem Paar ohne akademischen Hintergrund adoptiert wurde und sein Studium geschmissen hatte (Steve Jobs) sowie ein gewisser Dietmar Hopp zu zählen.

Allein deshalb dürfte aktuell, wo es bei weitem nicht so läuft, wie er sich das wohl wünscht, vielleicht sein Blut in Wallung, aber er nicht in Panik geraten. Im Gegensatz zu nicht wenigen TSG-Fans.

Zugegeben, das sieht wirklich ungut aus, diese Saison. Und die Spielergebisse der anderen Mannschaften an den ersten beiden Spieltagen der Rückrunde sowie unsere gestrige Niederlage beim deutschen Rekordmeister verbieten es auf Basis von Fakten, von einem „Silberstreif am Horizont“ zu sprechen. Resilienz ist aber nicht gleichzusetzen mit Ignoranz. Doch die Art und Weise, wie dieses Spiel in was für Medien und aus was für Mündern auch immer, kommentiert wird, lässt doch stark vermuten, dass nicht wenige Menschen nicht wenige Symptome aufweisen, die eher auf das Gegenteil von Resilienz zutreffen: „Vulnerabilität“.

In der Psychologie werden vulnerable Personen von der Tendenz als aktiv, impulsiv, aggressiv und leicht zu ärgern beschrieben. Zudem würden sie besonders stark dazu neigen, psychische Erkrankungen (Depressionen, uni-/bipolare Störungen) zu entwickeln.

Auch diese vulnerablen Personen greifen dabei auf Fakten entweder aus dem Spiel zurück (4:25 Torschüsse, 26% Ballbesitz, 190:706 angekommener Pässe (Quote: 70:81%)) oder sie zitieren aus der Tabelle (5 Punkte Abstand zu einem Relegationsplatz).

Nichts davon ist faktisch falsch.
Nichts davon ist wirklich richtig.
Nichts davon ist psychisch wichtig.

Fakt ist: Wir haben 0:2 verloren. Mehr nicht. Unser Torverhältnis hat somit keinen großen Schaden genommen. Mit aktuell -10 Toren haben wir unter den letzten fünf immer noch die beste Tordifferenz – gemeinsam mit unserem nächsten Gegner: dem SV Darmstadt.

Sollten wir dieses Spiel gewinnen, würden wir uns zwar tabellarisch in puncto Platzierung nicht verbessern können, aber zumindest in diesem Punkt – und auch der kann ja noch wichtig werden.

„Das müssen wir erst mal gewinnen,“ klingt der Chor der Vulnerablen an unser Ohr – und natürlich hat er damit Recht. Aber warum sollten wir das nicht tun? Wegen der oben erwähnten Zahlen aus dem Bayern-Spiel?

Gewiss nicht, denn diese Werte sehen bei den meisten Mannschaften ähnlich aus. Die Münchner sind nun einmal ein sehr passstarke Mannschaft. Und das, was in die Torschussstatistik gezählt wurde, war nahezu alles, was im American Football Punkte gebracht hätte.

Es kamen bei weitem nicht so viel Bälle der Bayern gefährlich auf unser, auch diesmal wieder von einem sehr gut spielenden Oliver Baumann gehüteten Tor. Natürlich hätte die Niederlage auch höher ausfallen können, aber sie wäre auch vermeidbar gewesen, denn beiden Gegentoren gingen grobe Schnitzer in der Organisation in der Defensive voraus. Zudem hatte unser Kramaric zwei sehr, sehr gute Chancen, die beide wesentlich gefährlicher waren als das Gros dessen, was für die Bayern in diese Statistik einfloss.

Zudem gibt es zahlreiche, wenngleich keine neuen Lehren, die man aus dem Spiel ziehen kann:

– Die Defensive hat ja bis auf wenige Ausnahmen recht gut funktioniert.
– Unsere Offensive konnte sich, wenngleich selten, so doch, wenn schnell und präzise gespielt wurde, gut in Szene setzen.
– Schmid und Vargas versuchten zwar zu entlasten, aber wann immer das gelang, gelang den Hausherren ein Treffer.
– Strobl lief viel und vor allem zu, was er gut machte. Er setzte sich sehr ein, aber leider keine Akzente nach vorne, was ja wohl auch eher Rudys Job ist, der allerdings ein ganz besonderes Problem zu haben scheint.
– Rudys Schwerpunkt scheint in jedem Spiel primär der Schiedsrichter zu sein. Er scheint sich erst in Interaktionen mit dem Spielleiter auf die nötige Betriebstemperatur für Interaktionen mit dem Spielgerät zu bringen. Und damit es zu Ersterem kommt macht er bei Letzterem derart langsam, dass es zu Körperkontakt kommt, so dass er a) den Ball, dann b) die Beherrschung verliert, wenn er ihn nicht wieder sofort zurückerobert. Gegen eine so intensiv passende Mannschaft wie den FC Bayern eine der wenigen klugen Ansätze.
– Hamad konnte leider so gar nicht an die Leistung aus letzter Woche anknüpfen, was aber in der ersten Halbzeit daran lag, dass er zu selten als Verbindungsstation nach ganz vorne angespielt wurde und wenn, unterschätzte er seinen Gegenspieler, der ihm den Ball meist sofort wieder abnahm. In der 2. Halbzeit wurde er zur Verstärkung des aufopferungsvoll spielenden Kim nach hinten beordert, brachte dort aber eher Unruhe als Stabilität.

Es bleibt also dabei: Wenn wem das richtige Mittel fehlt, dann ist es unser Mittelfeld. Und dabei scheint es weniger an der Qualität an sich zu liegen, als vielmehr an der Mentalität. Aber genau auf die wird es im nächsten Spiel ankommen, denn, wenn die Lilien etwas sind, dann mit allen und nicht unbedingt immer den saubersten Wassern gewaschen, kampfstark, mutig, sprich: resilient.

Letzteres trifft auch auf deren Fans zu. Im Gegensatz zu uns sind sie nämlich alles andere als erfolgsverwöhnt. Im Gegensatz zu uns geben sie weder sich, noch ihre Mannschaft auf. Und wir sollten das auch nicht tun, denn – auch Fakt: Noch sind 45 Punkte zu vergeben!

Ja, wir haben das Spiel am Samstag nicht gewonnen.
Aber es ist auch noch gar nichts verloren.
Freuen wir uns auf 15 Endspiele.

Natürlich sind das noch viele.
Natürlich ist ihr Ausgang jeweils ungewiss.
Natürlich kann das auch in die Hose gehen.

Aber eigentlich nicht, wenn sich in keiner, weder auf dem Platz noch auf den Rängen, ein Herz, aber in jeder, sowohl auf dem Platz als auch auf den Rängen, ein Arsch befindet.

Das ist Resilienz.

* Ganz gleich, ob Männchen, Mädchen, Männer, Frauen:
„Steht auf, wenn ihr für Hoffe seid …“

Comments

  1. Juergen Buchner

    Wer kämpft kann verlieren. Wer nicht kämpft hat schon verloren (Altes Adler-Motto)

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