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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. SV Werder Bremen

Laat je verrassen …*

Atmosphäre und noch viel Luft nach oben …

So, wie es sich anfühlte, war irgendwie gut, aber auch nicht wirklich, eher ermüdend – und so kam sie doch für viele sehr, sehr überraschend in der ersten Halbzeit: die Trinkpause.
Sie konnte nur den Bedingungen auf dem Platz geschuldet gewesen sein, nicht dem Treiben, denn das war von einer Geschwindigkeit geprägt, wie man sie zuletzt von der deutschen Nationalmannschaft sah – bei der letztjährigen Weltmeisterschaft.

Dabei war der Plan, den Schreuders Schüler hatten, per se sehr gut – nur halt ab der 3. Minute viel zu langsam umgesetzt. Ja, Lothar Matthäus hat schon Recht mit seinem „Wäre, wäre, Fahrradkette“, aber wäre in der Situation, als Toprak Bebou am, genauer: im Strafraumeck legte, Elfmeter gepfiffen worden, es wäre ein komplett anderes Spiel geworden, da die Bremer ihr Bollwerk hätten aufmachen müssen. So aber machten sie nichts, weil sie nichts machen mussten und vor allem eines – wie auch unser Team – auch nicht wollten: einen Fehler.

Man kann es positiv sehen: Das gelang beiden Mannschaften im Wesentlichen sehr gut! Aber das war halt nicht die Mannschaft, die, wie zuvor auf allen Kanälen immer wieder und besonders noch mal in der Pressekonferenz vor dem Spiel angekündigt wurde, mutig und offensiv aufspielen wollte.

Das war aber nicht das einzige, was neu und überraschend war auf der Pressekonferenz vor dem Spiel. Auch auf der NACH dem Spiel gab es Neuerungen (vermeintlich), aber immer schön der Reihe nach …

Aus den diversesten Gründen fand die Vor-Spiel-PK diesmal in den Räumen unseres Hauptsponsors SAP statt. Eine Location, die die Journalisten derart beeindruckte, dass es ihnen die Sprache verschlagen zu haben schien. So wenige Fragen gab es vor einer Partie schon lange nicht mehr – und die Fragen, die kamen, klangen eher nach Vordruck-Abfragen: „Wie haben Sie trainiert?“ „Wer ist krank?“ „Wie steht es um …?“ Oder haben sie sich ein Beispiel an dem Vorhaben der TSG genommen, maximal klimaneutral zu agieren, d.h. möglichst wenig heiße Luft zu produzieren. Böse Zungen würden jetzt sagen: „Na, dann hat es sich ja schon gelohnt …“

Aber es geht natürlich um ein ernstes Dauerthema, das nicht nur die Menschen, sondern unseren Planeten seit dem ersten Tag an umgibt: das Klima.

Seit Saisonbeginn handelt die TSG, die als bislang einziger Sportverein Mitglied der im Herbst 2018 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gestarteten Allianz für Entwicklung und Klima ist, konsequent klimaneutral und kompensiert alle nicht vermeidbaren Emissionen. Die Kraichgauer gleichen ihre eigenen CO2-Emissionen mit einem WWF GoldStandard Projekt („Kikonda Forest“/Uganda) aus.

So wurde es auch auf der Pressekonferenz vor dem Spiel sowie auf der Internetseite kundgetan. So wird der Verein bei allen Heimspielen der Saison die Anreise der Gastmannschaft sowie die des Schiedsrichtergespanns jeweils mit WWF GoldStandard Projekten kompensieren – ergänzend zu den 3.000 Tonnen CO2, die sie bis zum Saisonende neutralisieren wolle, wie es in der gleichen Meldung heißt.

Natürlich führte eine solche Meldung zu erwartbaren Reaktionen in den (räusper) Sozialen Medien. Die einen fanden es eine „Tolle Aktion“, während andere sogar sehr überraschend lustig kommentierten:

Konzentriert Eure Aktivitäten auf den sportlichen Erfolg, dafür wurde der Verein im Jahr1899 gegründet. Wenn Ihr klimaneutral (…) sein wollt, dann dürft Ihr kein Fußball spielen, denn, wie Ihr bei Eurem Anspruch hinsichtlich Klimaneutralität wissen solltet, setzt der Mensch durch Atmen CO2 frei, ein Leistungssportler wie z. B. ein Fußballprofi, setzt bei Ausübung des Sportes ein Vielfaches an CO2 frei. Also (…) haltet den Ball flach, (das passt sogar).

Und wenn man die erste Halbzeit insgesamt ansah, hätte man den Eindruck gewinnen können, dass diese Argumentation beide Mannschaften überzeugte.

Sehr erfreulich – und auch das eine Überraschung – kam es jetzt nicht zu sonst so emotional geleiteten Beiträgen, sondern viele Fans haben sich damit sehr sachlich auseinandergesetzt und machen auf die Schwachpunkte des ganzheitlichen Konzepts aufmerksam, ohne dabei die letzten Fakten der Physikalischen Fakultät der Elite-Universität Heidelberg auf Basis offizieller Daten, z. B. vom Bundesministerium für Wirtschaft, zu bemühen, die da in Sachen Anstieg des Kohlendioxids in der Luft zu Ergebnissen kam, die einen entspannt ein-, aus- und aufatmen lassen können. Aber die Atmosphäre im Mikrokosmos (Soziale) Medien ist halt weitaus aufgeheizter und vergifteter als die, in der wir wirklich, echt, de facto, in realier leben. (Übersetzung für Jüngere: Offline-Welt. Die gibt es und die ist echt krass korall. Real speak …)

  • Was ist mit dem CO2-Ausstoß der Gästefans? Wie misst man die? Nicht jeder im Gästeblock am Samstag kam aus der Hansestadt an der Weser.
  • Wie ist es mit den Fleischprodukten im Stadion? Wird man die Stadionwurst nun verbannen? Verteuern?
  • Wird man weiter Sachen via Amazon etc. unkompensiert versenden? Wenn kompensiert, werden die dann teurer?
  • Und die blauen und weißen Papierbögen der Fan-Choreo, so schön sie war:TSG_Werder_2019_Choreo TSG_Werder_2019_Choreo_TSG
    waren bestimmt auch nicht aus Grasschnittpapier.
  • Warum gibt es überhaupt noch diese Getränkbehältnisse? Pfandbecher wären doch wesentlich einfacherer Umweltschutz, der auch den Leuten unmittelbarer vor Ort zugute käme als Aufforstung in Uganda. Zudem ließe sich mit entsprechenden Bechern, z. B. mit den Konterfeis unserer Spieler oder Erinnerungen an tolle Spiele, Ergebnisse etc. sowie einem entsprechend preislich gestaltetem Pfand (2,00 €) sicherstellen, dass die Leute die Becher entweder wieder zurückbringen oder eben als Souvenir mit nach Hause nehmen, also entweder spart der TSG Reinigungskosten oder macht Umsatzplus dank Umweltschutz. Aber vielleicht basiert das ja alles noch auf einem Missverständnis des TSG-Slogans:
    Ein Team. Einweg. Einmalig.

Aber es soll ja auch so eine Art „Öko-Ticket“ für Fans geben. Das ist nur konsequent und eine hervorragende Möglichkeit, diesen löblichen Ansatz hinsichtlich seiner monetären Akzeptanz zu evaluieren.

Kommen wir nun (endlich 🙂 zur Evaluation des Spiels:

Die Idee, die gegnerische Abwehr durch sicheres Kombinationsspiel in Bewegung zu versetzen, dadurch Lücken zu reißen und zum Erfolg zu kommen, war ja an sich richtig gut – als Plan, aber alles andere als richtig gut umgesetzt, was viele im Stadion so richtig gut in Wallung versetzte. Die Südkurve, die bereits vor der eigentlichen Choreo zum Saisonstart mit einem Gruß an den wohl schwer erkrankten Fan Nr. 1 und Hauptfigur der TSG-Aufstiesgsdokumentation „Das Leben ist kein Heimspiel“ gedachte, …

TSG_Werder_2019_Torro

… war die löbliche Ausnahme von dem in Hoffenheim ohnehin sehr nörgelfreudigen Publikum. Das machte aus seinem Missfallen sowohl auf den Plätzen als auch in den Portalen mächtig Luft. Was da zu hören und zu lesen war, war ein Labsal für uns, denken wir doch, dass wir eigentlich keine Ahnung von Taktik und Spielphilosophie haben. Aber wie wir nun wissen: Es geht noch viel, viel ignoranter.

Vielleicht liegt das an unserer Faktenabstinenzallergie. Insbesondere denen, die sich urplötzlich wieder Nagelsmann zurückwünschen, sei in Erinnerung gerufen, dass wir …

… heute vor einem Jahr ebenfalls mit einer Auswärts-Niederlage (1:3 gegen Bayern München) und einem Heimsieg (3:1 gegen SC Freiburg) in die Saison gestartet sind – mit allen (plötzlichen (da verkauften?)) Top-Leuten.

… vor zwei Jahren die Saison zuhause ebenfalls gegen Werder Bremen eröffneten und auch da nur mit Mühe zu einem 1:0 kamen. (Das Folgespiel fand übrigens – huch, welch Koinzidenz, in Leverkusen statt – und endete 2:2)

Ja, es war wahrlich nicht sehr ansehnlich, was einem da dargeboten wurde, aber lass es dir gesagt sein, liebe/r Fanpraktikant/in, hätte die Mannschaft das gespielt, was du reingebrüllt hast, wären wir sang- und klanglos untergegangen – und gewiss hätte an alledem dann eine/r keine Schuld gehabt – subjektiv gesehen: Du!

  • „Spiel’ nach vorne!“
    Wenn also der ballführende Spieler erkennt, dass kein Mitspieler frei ist, sollte er den Ball einfach so in die Spitze spielen? Und dann? Was, wenn der Ball nicht ankommt, was er hochwahrscheinlich nicht tun wird, was ist dann? Unruhe in unseren Reihen, Konterchance für den Gegner.
  • „Jetzt mach endlich!“
    Eine Aufforderung, die sich vor allem an unseren Torhüter richtet. Gut, er fängt den Ball und wirft/schlägt ihn sofort nach vorn. Mal angenommen, der Ball kommt sogar bei einem Mitspieler an, was soll dieser dann mit dem Ball machen? In den Zweikampf gehen und allein aufs Tor zulaufen, denn mit ihm dürfte ja noch niemand mitgelaufen sein, schließlich waren wir ja eben noch in der Verteidigung. Und wie oft schafft das ein Spieler im Laufe von 90 Minuten? Und was ist, wenn der Ball nicht ankommt? Dann stehen wir noch in der Defensive, der Gegner bleibt in der Offensive. Damit haben wir jetzt außer der Umsetzung deines Wunsches was genau erreicht?
  • „Hau dess Ding foatt!“
    Ähnlich intelligent.

Natürlich will dir niemand das Recht auf Meinungsäußerung nehmen. Es ist ein Grundrecht. Intelligenz ist wünschenswert, aber keine Bedingung, dennoch … denkst du wirklich, dass dein negatives Karma irgendetwas Positives bewirkt? Und geht es dir wirklich besser, wenn du für alle akustisch vernehmbar dein zumindest theoretisch ausbaubares Mentalpotenzial derart zur Schau stellst?

Das hat übrigens nicht nur mit Hirn zu tun, sondern auch mit Herz. Die in der Südkurve hatten es – nicht nur bei dem Genesungswunsch –, sondern über die gesamte Spieldauer.

Natürlich war man auch dort zu Recht verärgert über die Bremer Führung, zumal man die Ecke anzweifelte, die dem Tor vorausging, aber da konnte man sich sicher sein, dass dies vom Video-Assistenten nach dem Treffer moniert worden wäre. Aber auch so war es wahrlich schwer nachvollziehbar, wie ein Spieler zwischen zwei Hoffenheimer Spielern so platziert köpfen kann, aber es geschah … und das war auch gut so …

So deutlich es war, dass Schreuder geduldig spielen lassen wollte, er wollte nicht in Rückstand geraten, denn das würde den Gästen noch mehr in die Karten spielen. Ihnen war deutlich anzumerken, dass sie gar nicht daran dachten, das Spiel zu machen. Ein Punkt war deren Ziel und ein Fehler unsererseits ihre Hoffnung. Das war nun passiert – und die Frage war, was jetzt passiert.

Die Halbzeitansprache in Frankfurt brachte keine merkliche Änderung, diesmal schon. Ein wenig, aber das wenige reichte, um die Bremer zumindest etwas weiter nach hinten zu drücken. Und es war bezeichnend, dass der Ausgleich in diesem so völlig standardisierten Spiel erneut durch einen Standard fiel.

Ecken scheinen wirklich etwas zu sein, was Schreuder intensiv hat trainieren lassen. In Frankfurt traf Geiger selbst nach einer kurzen solchen (leider stand Rupp da im Abseits), diesmal schlug er den Ball weit auf Bicakcic, der ihn fast ebenso weit zurückköpfte – mit einer entscheidenden Winkelveränderung. Tor.

Fünf Minuten später dann die Führung durch Bebou, der ja auch nicht wirklich wusste, wie der Ball ihm vor den Fuß kam (Wir wollen lösen: via Rudy und einem glücklichen Kontakt von Skov), aber halt einfach mal draufhämmerte. Drin. Spiel gedreht.

Ja – und auf einmal war alles wieder gut bei allen Besuchern, die es mit der TSG hielten. Bei den Blau-Weißen wurde die Stimmung sogar noch besser nach einer gelb-roten Karte für einen Bremer Spieler, die merklich Probleme hatten, ihr Spiel nun auf Offensive zu drehen.

Auf einmal wurde nicht mehr auf Zeit und auch eher ruppig gespielt. Eigentlich hätte das nun uns in die Karten spielen müssen, aber statt dessen spielte Vogt den Ball, der zuvor gefühlt ein halbes Dutzend Mal zu Baumann gepasst wurde, einem Gegner in die Füße. Er tat also im Grunde das, was so mancher TSG-Fanpraktikant verlangte („Spiel’ nach vorne!“), aber halt wirklich schlecht.

Und so war das Spiel auf einmal auch wieder vom Ergebnis das, was die Choleriker on- wie offline definitiv noch weniger waren als zuvor: ausgeglichen.

Die Atmosphäre drohte zu kippen, aber sie tat es überraschenderweise nicht, weil die Mannschaft das einzig Richtige tat: Sie ignorierte das Tor. Sie spielte weiter nicht wirklich mutig, aber doch selbstbewusst und ihrer Selbst bewusst (ein Mann mehr) nach vorn, denn der Plan waren drei Punkte – und die wollte sie nun und die bekam sie auch, weil wir wieder eine Ecke bekamen, die Geiger wieder glänzend trat – und der völlig freie Kaderabek Köpfchen bewies und seines hervorragend hinhielt.

3:2. 3 Punkte. Fertig. Mehr geht nicht …

Gewiss nicht schön, aber für so etwas gibt es „Holidays on Ice“ o. Ä. Und immer noch mit einer Mannschaft in der Findungsphase.

Unübersehbar sind die Probleme im Verschieben im Mittelfeld bei Ballbesitz, nach wie vor läuft zu viel über rechts, auch scheinen nicht alle Spieler sicher zu wissen, welchem Mitspieler sie idealerweise wie auf welchem Fuß anspielen sollten, und überhaupt scheint das Tempo für das wesentlich zentraler ausgerichtete System Ajax überhaupt noch nicht zu stimmen. (Mehr und Besseres gibt es hier.)

Aber die Einstellung tat es – nach dem Rückstand und vor allem nach dem Ausgleich. Das sollte der Mannschaft das machen, womit sie eigentlich plant zu spielen: Mut.

Den braucht sie auch, wenn es nächste Woche zum großen Exen-Treffen auf dem Platz und dem Duell der oranjen Systeme auf der Bank kommt.

Und falls es verloren gehen sollte und wieder Nagelsmann herbeigesehnt wird, dem sei in Erinnerung gerufen, dass wir letzte Saison unser drittes Spiel verloren. In Bestbesetzung. Gegen Fortuna Düsseldorf.

Also locker bleiben. Das wird schon noch. Und wenn sich alle etwas mehr entspannen, auch was die eigene Energie angeht, ressourcenschonender agieren und weniger (auch verbalen) Müll produzieren, leistet einen wichtig Beitrag zur Verbesserung der Atmosphäre.

* Lass dich überraschen …
Schnell kann es geschehen …

P.S.: Wie wichtig die Atmosphäre nicht nur im Team, sondern auch im Verein, in der Stadt, in den Medien auch für den Erfolg einer Mannschaft sein kann, kann man aus diesem Video erfahren, aus dem man sehr viel lernen kann:

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