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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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Bayer 04 Leverkusen vs. 1899 Hoffenheim

Das kleine ABC der Kräfte

Physis, Physik und das Anti-Wembley-Tor

 

A – wie Archimedes.

Das nach dem griechischen Gelehrten genannte Prinzip besagt, dass der statische Auftrieb eines Körpers in einem Medium genauso groß ist wie die Gewichtskraft des vom Körper verdrängten Mediums. Das ist der Grund, warum selbst die größten Containerschiffe, die bekanntlich so lang sind wie drei Fußballfelder und 10.000 Container transportieren können und selbst ohne die über 100.000 Tonnen wiegen, nicht untergehen.

Weit weniger wiegt die, wir sind immer noch bei A: Antonow An-225. Das größte Flugzeug der Welt hat ein Leergewicht von 175 Tonnen. Zudem ist es in der Lage, bis zu 250 Tonnen zuzuladen. Dazu kommt dann noch der Treibstoff, so dass sie beim Start zwar nur 1/100 eines Containerschiffs wiegt, aber 1.000 Tonnen sind ja auch nicht zu verachten – und die können fliegen. Wegen des A wie Auftriebs. Das geht dank

B – wie Bernoulli.

Die nach dem Schweizer Physiker Daniel Bernoulli benannte Gleichung besagt, dass bei der stationären Strömung viskositätsfreier inkompressibler Fluide (Flüssigkeiten und Gase) die spezifische Energie der Fluidelemente einer Stromlinie konstant ist.

Das Besondere an Flugzeugen sind ihre Tragflächen. Durch ihre spezielle Wölbung strömt die Luft oben schneller vorbei als unten, wodurch in dem Fall der Auftrieb entsteht, da schnelle Strömungen einen geringeren Druck als langsame Strömungen haben, weshalb an der Oberseite der Tragfläche ein Unterdruck entsteht und dieses wie jedes andere Flugzeug abheben kann.

Diese Gleichung war auch die Grundlage für die erste physikalische Erklärung für ein Phänomen der Strömungsmechanik, welches die Querkraftwirkung (Kraft) bezeichnet, die ein rotierender runder Körper (wie ein Fußball) in einer Strömung erfährt. B wie Benjamin Robins vermutete die Ursache hierfür bereits in der Rotation des runden Körpers, aber es war der deutsche Physiker und Chemiker Heinrich Gustav Magnus, der diese Besonderheit anhand des Bernoulli-Effekts erklären konnte, weshalb man es auch Magnus-Effekt nennt.

Wer bis dahin nichts verstanden hat, für den haben wir hier ein Erklärvideo mit einem B wie Basketball:

C – wie Coriolis

Gaspard Gustave de Coriolis war ein französischer Mathematiker und Physiker, der an verschiedenen Drallbewegungen, z. B. dem Effet von Billardkugeln forschte und die erste exakte Definition für die kinetische Energie und mechanische Arbeit lieferte. Nach umfangreichen Studien der Bewegungen von Körpern auf rotierenden Flächen entdeckte er die nach ihm benannte Corioliskraft, deren Ursache die Trägheit eines bewegten Körpers in einem rotierenden System ist und die von einem Standpunkt innerhalb des Systems aus beobachtet wird.

Ist klar, oder, wohin das führt?

Zum Ausgleich. Zum wahrscheinlich skurrilsten Treffer der Fußballgeschichte, den wir mal kurzerdings Anti-Wembley-Tor nennen wollen, denn der Ball sprang (mindestens) so deutlich vor der Linie auf als sein der Namensvorlagengeber vor fast genau 51 Jahren, war aber letztlich dann doch deutlichst, also noch deutlicher denn ehedem, hinter der Linie.

Viele Menschen fragten sich, wie das ging – also das Ding von Uth, nicht von Hurst – und selbst der Trainer der Gastgeber ist wahrscheinlich bis jetzt der Meinung, dass das Tor irregulär war. Aber im Fußball wirken nicht nur im Pokal ganz eigene Gesetze, sondern auch so manche physikalischen im Spiel (s.o.), die dann sowohl erklären kann, wie solche Treffer zustande kommen, als auch warum unser Mannschaftskörper trotz seiner Masse (inkl. Auswechselspieler ca. 1 Tonne) nicht unterging – trotz schwerster Seitenlage, vor allem links hinten schwammen wir gewaltig.

Also wir waren ja nach dem Spiel an der Anfield Road sehr von der Harschheit des Trainers gegenüber der eigenen Mannschaft überrascht, aber jedes Wort hätten wir nach den ersten 60 Minuten nicht nur unterschrieben, wir hätten es wahrscheinlich noch krasser formuliert, denn das, was Zuber, Rupp, Amiri, aber auch Vogt und Hübner da veranstalteten, war mehr als konfus. Da war kein Plan, kein System, kein gar nichts zu erkennen – außer, dass sie allesamt verdammt kaputt waren.

Das aber darf weder Ausrede noch sonst was sein, was Vogt nach dem Spiel auch so sah, denn sie alle wollten international spielen, auf höchstem Niveau, das hatten sie am Mittwoch erlebt – und die Folgen bis heute offensichtlich gespürt.

Und hätten die Leverkusener ihre fast schon unzähligen 1000%-Chancen genutzt, die Bild-Zeitung und andere Blätter, die sich an der Niederlage der Nagelsmänner in Liverpool gütlich getan haben, hätten ihre liebe Not gehabt, die Worte, die sie danach fanden, nach dem Spiel zu toppen – und das hätten sie nach der Schelte, die ihnen unser Trainer auf der Vorspiel-PK sehr deutlich verpasst hatte, gewiss nur zu gerne getan.

Aber trotz 10:0 Torchancen und 6:0 Ecken für die Hausherren lagen wir wegen eines Elfmeters nach 45 Minuten unglaublicherweise nur mit 0:1 hinten.

Doch wenn es einen Vorwurf gab, den man der Mannschaft in den letzten Spielen machen konnte, dann war es der, der diesmal absolut nicht zutraf: mangelnde Chancenverwertung. Mit unserem ersten Schuss aufs Tor glichen wir aus.

Der Treffer war mehr ein Geschenk der Leverkusener Abwehr als das Produkt virtuosen Passspiels, aber der Heber von Wagner auf Kramaric reichte. Dummerweise gab es fast im Gegenzug die erneute Führung für die Werkself – wenig überraschend wieder über links.

Sehr überraschend hingegen war, was dann passierte, denn plötzlich begannen wir, Fußball zu spielen. Natürlich blieb unser Aufbauspiel auch dann noch vieles von dem schuldig, was wir in den 49 Spielen zuvor unter Nagelsmann haben genießen dürfen, aber wir verloren nicht mehr jeden Ball hinter der Mittellinie, uns gelangen auch mal Passstafetten über mehr als drei, vier Stationen, es begann sowohl ansehnlich zu werden als auch beschwerlich – für Bayer, die das in der Stunde davor richtig gut gemacht hatten gegen einen physisch, aber nach so einem Ausscheiden natürlich auch psychisch angeschlagenen Gegner. Sie gingen immer auf den Ballführenden, der durch den Mangel an sicheren Anspielstationen das Spielgerät nicht nur ein ums andere, sondern fast schon jedes Mal nach vorne dreschen musste. Doch, wie es halt so ist, wenn man viel Kraft einsetzt, aber nur wenig Ertrag hat – wer würde das weniger gut nachvollziehen können als jene vom Lande –, man verliert Energie, man verliert Konzentration – und Bayer dann auch fast noch das Spiel, denn nach dem Ausgleich, unserem zweiten Treffer (beim 3. Torschuss) schienen wir so etwas wie die zweite Luft zu bekommen, was sich schon in der Entstehung des Anti-Wembley-Tores ankündigte.

Uth wurde steil geschickt, lief seinem Gegenspieler davon, setzte den Ball über den Torwart an die Latte, von wo er gefühlt mitten im Fünfer landete und plötzlich im Tor war.

Hoch kurios und ein erneuter Anlass für den Schiedsrichter, das zweite Mal den Videobeweis anzufordern, nachdem er das im ersten Durchgang nach einem Sturz Wagners im Strafraum schon einmal tat – und korrekterweise nicht auf Elfer entschied, da Wagner genauer: seine Standfestigkeit im Zweikampf durch den Einfluss diverser, allerdings selbst entwickelter Kräfte ins Schwanken geriet, wie man gut in der Zeitlupe erkennen konnte.

Diese verlangsamte Wiedergabe beim zweiten Videobeweis zeigte dann fast die komplette Welt der Kräfte im Fußball sowohl als Spielgerät … (hier noch mal eine Art Wiederholung:

Magnus-Effekt_01
(Bildquelle: www.wissenswerkstatt.net))

… wie auch als Sport, denn plötzlich, wie gesagt, hatte unsere Elf plötzlich die zweite Luft.

Ein Dreier wurde es dennoch nicht, weil die Mannschaft nicht alles auf eine Karte, sondern auf die Sicherung des einen Punktes setzte, mit dem wir übrigens heute doppelt so gut dastehen wie vor einem Jahr. 🙂

Den hat sie zwar nicht wirklich verdient, aber das ist uns egal. Wir freuen uns mindestens so sehr über den Punkt wie die Mannschaft über die Tatsache, dass jetzt erst einmal (etwas) Pause ist und man die Zeit und Gelegenheit hat, frische Wechselwirkungsgröße bzw. gerichtete (vektorielle) Größe zu sammeln, deren Wirkung von ihrem Betrag, ihrer Richtung und Angriffspunkt abhängig ist, sprich:

Kraft!

… auch weil das nächste Heimspiel mit Sicherheit kein geringer ebensolcher Akt wird …

Vorhang.

Pause.

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