1899 Hoffenheim vs. Hamburger SV
Akausale Euphorie
Die Relativität des Erfolgs
Es war das beste Spiel, das unsere 1899 Hoffenheim bisher in der Bundesliga ablieferte. In einem furiosen Spiel wurde der Hamburger SV an die Wand gespielt. 3:0 stand es schon zur Halbzeit. Es war ein Triumph der Spielkunst, jenes Spiel am 26. Oktober 2008.
Davon war dieses Spiel weit entfernt. Zwar war der Sieg um einiges deutlicher (5:1), aber von Kunst keine Spur, auch wenn Obasi sein Bestes gab, die Harlem Hoffenheimer zu etablieren, denn außer bei seinen beiden Toren berührte er den Ball nur per Hacke oder sonstwie kurios.
Natürlich taugt dieses Ergebnis, das Wetter, die Tatsache, dass unsere Mannschaft in diesem einen Spiel exakt so viele Tore schoss wie zuhause in der ganzen Rückrunde zusammen, dazu, sich einfach nur zu freuen. Aber zur Hermeneutik taugt Euphorie definitiv nicht. Man muss, immer vorausgesetzt, man will erkennen und verstehen, immer alle Fakten berücksichtigen. Selektive Tatsachenwahrnehmung macht zwar das Leben temporär leichter, aber im Hinblick auf die kommende Saison muss man schon sehen, was passierte.
Natürlich war es durchaus wichtig für das Spiel und den Verlauf desselben, dass unsere Mannschaft mal wieder seit langer, langer Zeit in Führung ging. Aber war das wirklich ursächlich?
Dem 1:0 durch Ibisevic ging ein krasser, ja fast schon mutwilliger Abwehrfehler des HSV voraus. Und den Hamburger Torwart hat man in 1:1-Situationen auch schon aggressiver gesehen.
Beim 2:0 mutierte Andreas Beck zum Flankengott, er wurde auch nicht wirklich angegriffen, und Ibisevic kam frei zum Kopfball, weil ein Hamburger Abwehrspieler einfach stehen blieb.
Vor dem 3:0 konnte sich Eichner gleich gegen zwei gegnerische Abwehrspieler durchsetzen. Sein Pass von der Grundlinie zurück in die Mitte des Strafraums war wunderbar. Dass Obasi dort völlig frei stand schon irritierend.
Selbst als die Hamburger durch einen Sonntagsheber auf 1:3 verkürzten, setzen sie nicht nach, sondern ließen noch zwei wunderbare Konter zu, wobei der Mittellinie mehr oder weniger die Rolle des letzten Mannes zukam, sodass weder Obasi noch Salihovic Probleme damit hatten, das 4 und 5:1 zu erzielen.
Es war schön zu sehen, dass mal wieder schnell und direkt gespielt wurde, man darf aber nicht übersehen, dass die Qualität der Mannschaft, die die Farben des HSV trug, maximal Sparringsqualität hatte. Wichtige Spieler der Mannschaft waren erst gar nicht mitgefahren. Alles scheint sich dort auf deren anstehendes Europapokalrückspiel zu konzentrieren.
Uns konnte das nur recht sein, aber es darf nicht blenden. Haas hat nach wie vor Fracksausen, wenn es ums Rauslaufen geht, bei Simunic wird die Lässigkeit so langsam ähnlich pathologisch wie bei Salihovic der Glaube an die eigene Freistoßkompetenz und die Ballsicherheit und Passgenauigkeit von Weis hat auch noch Optimierungspotenzial.
Das muss man ebenso sachlich sehen, wie dass unsere Mannschaft in den Spielen, in denen sie verloren hat, so schlecht nicht spielte: Sie spielte nicht gut. Aber der Gegner spielte schlicht schlecht.
Die Aussagekraft des Spieles für die Zukunft ist also gleich null. Oder sollte es mit externen Faktoren zu tun haben?
War es das WM-Gefühl, das durch das Stadion röhrte?
(Ein Sponsor verteilte mehrere Tausend Vuvuzelas vor dem Spiel. Und vor dem Spiel wurden die Zuschauer durch den Stadionsprecher auch schön aufgefordert, kräftig reinzublasen und Lärm zu machen. Aber auch er erkannte erst recht spät die Geister, die er rief, so dass sein Bitten, diese Plastikbrunftlautimitationen depressiver Elefantenbullen einzustellen, völlig ignoriert wurde. Der Event-Fan hatte sein neues Spielzeug, und der Traditionalist seine liebe Müh‘ und Not, sich den richtigen Namen der Tröte zu merken. („Wie heißt das? Vokuhila?“) – Oh, das wird ein Spaß in wenigen Wochen beim Public Viewing … Da ist Stress vorprogrammiert.)
War es das Wetter?
(Immerhin wusste der Stadionsprecher zu verkünden, dass unsere Mannschaft scheinbar Solarantrieb benötigt. („Ab 20 Grad können unsere Jungs Fußball spielen.“). Hätte er damit Recht, wäre das ja durchaus als Kritik an der Einkaufspolitik seines Arbeitgebers zu verstehen. Aber so weit wird er wohl nicht gedacht haben. Allerdings geht sein Kommentar in Richtung einer Studie, die wir in Zusammenarbeit mit der Universität Augsburg in Planung haben.)
Oder war es schlicht Glück, dass der HSV eben dort spielt, wo wir zu Beginn der Runde hinwollten: EuropaLeague? Was es immer es war, es war ein schöner Sieg. Mehr nicht.
Aber das immerhin.
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