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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Borussia Mönchengladbach

Metereologie und Euphorie

Was ein Ding!

Fast 30.000 Menschen. Gehofft haben es die meisten. Geglaubt hat es wohl keiner. Aber endlich gelang uns nicht nur der erste Heimsieg der Saison, sondern wir haben so ein Spiel auch mal gewonnen.

Und jetzt kommst du aus der Provinz,
und wenn auch jeder sagt, du spinnst,
du wirst es genauso bringen,
machst auf die charmante Art,
mal elastisch,
manchmal hart,
manchmal musst du Glück auch zwingen…

2:1 hieß es nach fast 95 Minuten. Und rund ein Drittel der Zeit brachte unsere Mannschaft damit zu, die Kardiologen der Region glücklich zu machen. Nach dem unglücklichen, aber vor allem unnötigen Anschlusstreffer ging das große Zittern und Bibbern los – und es lag nicht am Wetter.

Allerdings bietet die Meteorologie viele Analogien, um Spiel und Spielweise zu beschreiben: „wechselhaft“ (das Spiel an sich), „stabile Position“ (unsere Spieler – etwas über eine Stunde), „trist“ (unser Mittelfeldspiel in der 1. Halbzeit), „Tief“ (unsere Deckung in der 1. Halbzeit), „Hoch“ (unsere Deckung zu Beginn der 2. Halbzeit) sowie mehrfach „aus heiterem Himmel“ (Vollands Lattentreffer zu Anfang des Spiels sowie jedes Tor) und natürlich „heiter“ (die Stimmung nach dem Spiel), weil wir halt, wie einleitend schon erwähnt wurde, so ein Spiel auch mal gewonnen haben.

Nicht nur in den ersten beiden Heimspielen war das nicht der Fall. Auch wenn wir da jeweils als „gefühlter Sieger“ vom Platz gingen, waren wir es faktisch nicht. Diese vier Punkte fehlten uns, was in der Tabelle deutlich abzulesen war. Platz 14 entsprach ganz und gar nicht der Wahrheit, jedoch der Wirklichkeit, woran vor allem natürlich die herbe Niederlage vor der Länderspielpause erheblichen Anteil hatte.

Dennoch war die Atmosphäre vor dem Spiel gut, was freudig überraschte. Wir hatten schon schlechtere Stimmung bei besserer Platzierung. Damals hatten wir interessanterweise aber ein volleres Haus. Auch dieses Spiel war nicht ausverkauft, wenngleich um einiges besser besucht als die letzten Heimspiele, was gewiss auch am Gegner lag. Aber die Stimmung auf Hoffenheimer Seite war gut. Es scheint so, dass der Zuspruch der Fans an Quantität verloren hat, aber die Qualität des Zuspruchs nahm zu.

Bis auf Vollands Lattentreffer gab es bis kurz vor Schluss in der ersten Halbzeit nichts positiv Nennenswertes. Aber es gab keine Pfiffe – und das, obwohl die Mannschaft nicht nur taktisch so ganz anders spielte als zuletzt, sondern auch kaum Ballbesitz hatte, der durch zahlreiche Fehlpässe sowohl im Mittelfeld als auch durch die langen Bälle ins Nirgendwo nicht mehr wurde.

Natürlich war dies dem Fehlen von Salihovic und Firmino geschuldet. Aber auch den Lehren der vorangegangen Spiele. So waren wir insgesamt sehr defensiv aufgestellt. Wir ließen den Gegner in aller Ruhe den Ball hin- und herschieben. Der ballführende Spieler wurde beobachtet, aber solange er sich 40 Meter vor dem Tor befand, ließ man ihn gewähren.

Wirklich ansehnlich war das nicht. Der passende Euphemismus lautet hierfür wohl „ein Spiel für Taktikfreunde“. Aber es war erfolgreich. Der Gegner hatte in der gesamten ersten Halbzeit maximal einen Torschuss. Wir haben es immerhin auf drei Torschüsse gebracht, wobei der letzte eher ein Kopfball war, der auch zum Glück abgefälscht wurde, zum 1:0.

Der Schiedsrichter pfiff auch sofort zur Halbzeit, was zwei Premieren zur Folge hatte: a) Es wurde mal ein Treffer von uns unmittelbar vor der Halbzeit gegeben, b) dem Gegner gelang es nicht, im Gegenzug seinerseits einen Treffer zu erzielen.

Es schien wieder mal das Spiel zu werden, das der Trainer auf seiner Vor-Spiel-Pressekonferenz angedeutet hat: konstanter im Gefüge, weniger spektakulär im Gesamten.

Nach dem Spiel wiederholte er, dass dies die Absicht gewesen sei, die Gäste durchaus in Ballbesitz, aber eben sich selbst nicht überraschen zu lassen, durch eventuelles Mittelfeldgeplänkel den Ball in der Vorwärtsbewegung zu verlieren und dann in Konter zu laufen. Dann lieber mal einen Ball, wie er es ausdrückte, „hinter die gegnerische Abwehr schlagen“ – aka „Vorsah-Gedächtnis-Pass“.

Dennoch: Zu Beginn der 2. Halbzeit begannen wir aggressiver. Der Gegner wurde früher schon bei der Ballannahme gestört, im Idealfall gedoppelt, was zu mehr Ballgewinnen führte. Auch das Umschaltspiel in die Spitze funktionierte besser – und am besten „funktionierte“ Volland.

Ja, du machst dein Ding.
Egal, was die ander’n sagen.
Du gehst deinen Weg,
ob geradeaus schräg ,
das is doch egal

Bei einem der schnellen Vorstöße nimmt er einen an sich unannehmbaren Pass von Modeste gerade noch so an, steht an der Torauslinie zwei Gegenspielern gegenüber, zieht nach innen, bleibt am Ball und schießt aus einem physikalisch kaum möglichen Winkel flach ins lange Eck. 2:0.

Zwar führte der Gegenangriff der Gäste fast schon obligatorisch fast zu einem Gegentreffer – aber eben halt nur fast. Und so konnte man zurück zur Ordnung finden. Tat es aber nicht mehr so gut. Das war zum einen dem eigenen Kräfteverschleiß geschuldet, zum anderen aber natürlich auch der Stärke des Gegners, der seine Angriffsbemühungen gegen eine körperlich stark abbauende Mannschaft intensivierte und durch eine eigentlich nicht akzeptable Eigenleistung eines frisch eingewechselten Spielers den Anschlusstreffer erzielte.

Klar war da Casteels schnell als der ausgemacht, der den Ball „eigentlich“ hätte haben müssen. Das mag richtig sein. Aber vor ihm hatte gefühlt die halbe Mannschaft die Chance den Ball zu klären – und sie tat es nicht. Zudem vereitelte unser Torwart kurz vor unserem 2:0 mit einem sagenhaften Reflex die 120%-Chance der Gäste zum 1:1 in einer 1:1-Situation.

Als dann noch Modeste und Rudy verletzungsbedingt rausmussten, wurde es richtig brenzlig, denn es wurde offenbar, dass wir auf der Bank sehr dünn besetzt sind, aber a) machten Strobl und Süle ihre Sache gut (Süle hätte sogar in der Nachspielzeit das 3:1 erzielen können), b) hat es geklappt und c) ist es der Weg, den der Trainer als den seinen ausgegeben hat und den die Menschen in der Region „eigentlich“ auch wollten.

Es ist immer wieder überraschend, wie sehr auch unter den Fans die Meinung vorherrscht, auf junge Talente idealerweise aus der Region zu setzen, außer es wird eng. Da scheut man sich dann nicht, fehlende Investitionen zu beklagen oder auf Spieler der Trainingsgruppe 2 zu kommen. Woran wieder zu erkennen ist: Eine Wirbelsäule haben alle, Rückgrat nur wenige.

Du machst dein Ding.
Egal, was die ander’n labern.
Was die Schwachmaten einem so raten,
das ist egal

Gisdol hat’s. Rückgrat – und gepackt, die Mannschaft nach der letzten Niederlage so auf-, um- und einzustellen, dass wir, obwohl wir es gefühlt diesmal vielleicht nicht unbedingt waren, als der wirkliche Sieger vom Platz gingen – und in der Tabelle von Platz 14 auf Platz 7.

Was’n Ding!

(Bildquelle: Uwe Grün, Kraichgaufoto)

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