Schalke 04 vs. 1899 Hoffenheim
alter ego
Der Sieg gegen sich selbst
In seinem Werk an die Freundschaft (laelius de amicitia) schrieb Cicero rund sechs Monate nach dem Attentat auf Julius Cäsar, also im Herbst 44 vor Christi, dass ein zweites Selbst wie ein wahrer Freund sei (verus amicus est tamquam alter idem). Auf dieses Zitat gründet der inzwischen zur Floskel verkommene Begriff des „anderen Ichs“.
Dieser Begriff wird in vielen Bereichen benutzt, im Fußball aber nicht. Hier spricht man nur von einem „anderen Gesicht“, das eine Mannschaft habe, wenn sie sehr leistungsalternierend spielt.
Die Frage ist also, wen oder was sahen wir da im Spiel am Wochenende? Nun, schlussletztendlich sahen wir einen Sieg unserer Mannschaft, einen Sieg, der nie gefährdet war (außer natürlich wieder kurz vor Schluss als Alaba einen Ball auf der Torlinie klärte) und der weitaus höher hätte ausfallen können.
Sahen wir nun aber das andere Gesicht oder Mannschaft oder das andere Ich?
Das Siegtor fiel ja bereits nach der ersten Aktion und auch das eher unfreiwillig. In der vierten Minuten flog der Ball über alle Vorsah ins Gesicht und drin das Ding. 1:0. Jubel, Trubel, Verwunderung.
Das war natürlich nicht das, was man nach den letzten Spielen, inklusive und vor allem nach dem Pokal-Aus am Mittwoch erwartete. Doch diesmal war man doch sehr angetan, dass die Erwartungen mal nicht erfüllt wurden.
Das Spiel unserer Mannschaft war auch ansehnlich. Es war offensiver aufgestellt, als in den letzten Partien. Das Mittelfeld war als solches erkennbar, es waren auch Spuren von Spielaufbau zu sehen und es dauerte wesentlich länger als in den letzten Spielen, bis ein Ball verloren ward.
Es gab auch phasenweise tolle Kombinationen und schnelles, direktes Spiel. Das führte auch zu herausgespielten Torchancen unsrerseits, die aber allesamt kläglichst vergeigt wurden.
Doch nicht die diesmal miserable Chancenverwertung war es, die den aufmerksamen Beobachter stutzen ließ, sondern die Ästhetik unseres Spiels. Das mutete an wie früher.
Aber bei genauerem Hinsehen lag es weniger an unserer wieder erstarkten Spielfreude, als vielmehr dem Umstand, dass die Gastgeber sich getreu dem alten Spruch verhielten: „Der Gast ist König.“
Sobald wir in Ballbesitz wahren, gingen die Schalker nicht direkt in den Zweikampf, sondern auf ehrerbietende Distanz. Sie ließen die unseren einfach gewähren. Das war natürlich gut für unser Spiel, aber ist natürlich nicht dazu angetan, in Euphorie zu verfallen.
Im Grunde hat man den Eindruck gewinnen können, wir spielten gegen uns der letzten Wochen: uninspiriert, unkontrolliert, distanziert und im Grunde resigniert. So sah unser Spiel 2011 bisher aus. Diesmal nicht. Diesmal spielte ein „anderes wir“, wenngleich es immer noch viel zu viele Fehlpässe gab, ein wahres Zusammenspiel unserer Stürmer nicht statt- und unsere Abwehr bei Flanken und Standards immer noch schnell Kopf stand – was ja, wen wundert’s, kurz vor Schluss dann doch fast noch zum erneuten Verlust von zwei Punkten geführt hätte.
Tat es aber nicht. Und so gewannen wir ein Spiel, dass unser Gegner offensichtlich nicht gewinnen wollte. Das aber kann uns egal sein. Wir haben den Abstand nach oben gehalten und nach unten vergößert. Das ist ja schon mal was, genauer gesagt, wenn man Pezzaiuoli Glauben schenken darf, das, worauf es ankommt, denn er sagte ja: „Unser Maßstab kann nur der Klassenerhalt sein.“
Naja, vielleicht findet ja jetzt, wo die Transferperiode vorbei ist, auch das Team um das Team die Möglichkeit, seine Leistungen zu steigern. Muss es ja auch. Deutlich. Dietmar Hopp hat ja schon das Ende seines Engagements angekündigt. Das müsste doch eigentlich die zweite Reihe motivieren, schon jetzt die Erste Geige spielen zu wollen. Aber nach den bisherigen Leistungen der Protagonisten außerhalb des Platzes ist eher damit zu rechnen, dass sie sich als Nächstes vom Acker machen (is ja auch einfach in einer ländlichen Umgebung). Und vielleicht wäre es nicht einmal das Schlechteste. Hoffen wir das Beste …
Prosit!
Submit a Comment