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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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SV Darmstadt 98 vs. 1899 Hoffenheim

Hurr-aarrghh!

Kein Sieg für den Bürokratenfußball

Ein Pfiff. Halbzeit. 0:0.

Viel mehr gibt es über die ersten 45 Minuten wahrlich nicht zu berichten – außer vielleicht, dass die Luftaufnahme ihres Beginns ein wunderbares Lehrstück in Sachen Geometrie und Trigonometrie darstellte. Selbiges ist auch Billard. Und ähnlich zahlreich wie die Variationen in jenem Spiel waren es auch die Aktionen in diesem – bis auf Pool Billard, Snooker und alle anderen Varianten, bei denen es darum geht, Bälle zu versenken – und man könnte sie auch alle so benennen: Cadre, Einband, Dreiband, Vierball, Billard Artistique, wobei Letzteres nur ansatzweise zu sehen war, Vorletzteres, das aufgrund der häufig vorkommenden Glücksstöße auch Saupartie genannt wird, weshalb sie auch Anfängern Erfolgserlebnisse gewährleistet, wesentlich häufiger.

Generell nennt man alle diese Varianten Karambol, aus dem französichen Carambolage, was im Deutschen wiederum meist mit „Unfall“ gleichgesetzt wird. Und als was sonst konnte man das bezeichnen, was wiederum 60 Minuten nach dem Pfiff passierte – abzüglich der Halbzeitpause, in der es Julian Nagelsmann nicht gelang, die Mannschaft grundlegend zu motivieren.

Dabei sah das eine Minute nach Wiederanpfiff besser aus: In bester Einbandmanier spielte Kramaric den Ball über Rudy zurück zu sich und rein. ZACK – so einfach kann Fußball sein.

Da war die Hoffnung plötzlich da, dass die Mannschaft ihren Bürokratenfußball ablegen würde. Kennzeichnend für ihr Spiel war bis dahin Plan und Kontrolle. Plan und Kontrolle sind Dinge, gegen die an sich nichts zu sagen ist, solange sie eine Begleiterscheinung zweier weiterer Faktoren sind, die unerlässlich sind für den Erfolg einer Sache: Ideen (manchmal reicht ja schon eine) und Leidenschaft.

Die beiden Faktoren allein wiederum wären auch alles andere als Erfolgsgaranten, aber sie böten eine höhere Chance als eben nur Plan und Kontrolle. Das Zusammenspiel dieser vier Faktoren wäre natürlich das Optimum, das wir in keiner der vier Partien bislang erreicht haben.

Ja, phasenweise war es gegen Leipzig zu sehen (vor allem zu Beginn der Partie), auch gegen Mainz (nach dem Platzverweis) und auch gegen Wolfsburg, aber da war es schon merklich weniger, in der Partie gegen den SV Darmstadt nix – also zumindest in puncto Inspiration und Transpiration, den Quellen einer jeden Idee (deren Erfolg wiederum abhängig ist vom richtigen Mischungsverhältnis der Ingredienzien (10:90)), sowie Passion.

ACHTUNG: Wortspielhölle: Ja, gepasst wurde viel, aber gepasst hat es selten. Und wenn man dann doch mal in Tornähe war, dann konnte man fast nicht anders denken, als das, was so manchen Sachbearbeiter bei einer Einwanderungsbehörde dazu zwingt, zu einem negativen Ergebnis zu kommen: Der letzte Pass hat gefehlt.

Und wie soll man ohne da dann seinen Stempel aufdrücken?
Denkt der Bürokrat.
Und der Fan denkt:
„Hä?“

Denn plötzlich wurde innegehalten. Aus dem Nichts (Tor) ins Nichts (Spielfreude). Zwar kam Vargas nach rund einer Stunde endlich, endlich zu seinem ersten Einsatz in dieser Saison und nach einer tollen Vorlage von Rudy auch gleich zu seiner ersten Chance, aber dies war nicht der Weckruf für die Mannschaft, endlich das zweite Tor zu schießen, sondern eher eine Art Pausengong, denn die Mannschaft schaltete danach einen Gang runter. Und dann noch einen. Und noch einen. Und noch einen. Und noch einen. Und brachte dann, als sie im Leerlauf war, das Kunststück fertig, in den Rückwärtsgang zu schalten.

Ja, das sind wahrlich viele Sprachbilder, die auch nicht alle so ganz richtig sind, aber bekanntlich hat derjenige, der nicht bereit ist, Fehler zu machen, keine Chance, jemals mit etwas Originellem aufwarten zu können.

Nun hört man ja nur allzu gerne in der Bundesliga den Satz, dass „Fehler auf dem Niveau sofort bestraft“ werden, was natürlich Bürokratenfußball fördert, weil es Regeln und Vorgaben gibt, an die man sich hält – und hält man sich an die, hat man alles richtig gemacht. Man kennt das aus dem Fundus des Bundesamts für Humor in Öffentlichen Räumen: „Wer macht, macht Fehler. Wer nichts macht, macht keine Fehler!“

Ja, der war schlecht und ähnlich schlecht und witzlos wie das Gekicke unserer Mannschaft in der 2. Halbzeit, oh: „lustlos“ nicht zu vergessen, aber wer weiß, wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn der Schiedsrichter bei seiner Premiere einmal mehr gepfiffen hätte.

Im Großen und Ganzen hatte er seine Sache sehr gut gemacht, hat sich lange Zeit nicht von den Sperenzchen der Spieler zu unnötigen Pfiffen hinreißen und viel, sehr viel laufen lassen, sehr zum Wohle sowohl des Spiel im Allgemeinen als auch der Partie im Besonderen. Doch einmal blieb seine Pfeife nach einer Situation stumm, die wir im Stadion zumindest als klares Foul und Notbremse an Wagner sahen, der als er einen Steilpass erlaufen wollte, von seinem Gegner schlicht niedergerissen wurde. Und da er zudem auch noch letzter Mann war, hätte es glatt „Rot“ geben müssen. Aber hätte, hätte, … wir hätten gegen einen solchen Gegner auch gewinnen müssen, wenn WIR zu zehnt gewesen wären. Es kann ja nicht sein, dass wir mit unserer Mannschaft gegen ein solches Team zum nun dritten Mal nicht gewinnen.

Doch, kann es, denn noch mehr als wir Klasse besitzen, besitzen die Darmstädter Rasse. Natürlich führt das bei ihnen zu vielen Fehler, aber unsere Spieler straften statt diesen den obigen Satz Lügen. Selbst deren Fehlpässe im Spielaufbau nur kurz vor deren Strafraum konnten wir nicht einmal ansatzweise zu Chancen verwandeln, geschweige denn zu Toren.

Das war schon arg enttäuschend und das Ausgleichstor in der letzten Minute dann die nicht logische, aber doch verdiente Konsequenz. Damit gelang es uns, in 50% der bisherigen Spiele in der Nachspielzeit genau so viele Punkte zu verspielen, wie wir bisher haben – und die kommenden Spiele werden nicht einfacher, die kommenden Gegner nicht weniger entschlossen zu Werke gehen.

Die Ursache für die verlorenen zwei Punkte zumindest in dieser Partie war natürlich die Einstellung, aber weniger die des Spiels, wie alle TSG’ler in den Interviews danach feststellten, sondern die der Spieler. Erst nach dem 1:1 konnte man plötzlich jene Leidenschaft erkennen, die man in den 92 Minuten zuvor so schmerzlich vermisst hat. Da wurde geschrien, gestikuliert und sich angebrüllt, aber da war es zu spät – zumindest für dieses Mal.

Bleibt die Hoffnung, dass es unserer Mannschaft gelingt, wie es ihr in der Vergangenheit immer wieder mal gelang, auf einen miesen Kick ein riesen Spiel hinzulegen. Und dies gelänge wohl am besten mit einer Entbürokratisierung des Spiels in dessen Zentrum, auf dass nicht platte Vorgaben, sondern satte Vorlagen Kennzeichen unseres Spiels werden (mit Emirbay, Amiri, Rudy und Vargas haben wir ja an sich hierfür auch qualifiziertes Personal), dass wir nicht nach „Schema F“ spielen, sondern „schee ma“ über die Außen, da dann das entsteht, was man im Carambolage die Variante nennt, die wir oben nicht aufzählten: „Freie Partie“.

Klingt doch nach ’nem guten Plan, oder? 🙂

Der Rest ist Herzblut …

P.S.: Wer diese „freie“ Variante vom grünen Filz auf den grünen Rasen übersetzt haben möchte, aber nicht von uns, sondern jemandem, der sich damit auskennt, bitte sehr:

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