1899 Hoffenheim vs. FC Augsburg
Das Erfolgsrezept
… und der Vorteil der Diarrhoe
Es war kurz nach Allerheiligen 2008, als französische Medien von der „Tactique Tarte aux Pommes“ von Ralf Rangnick schwärmten. Kurz zuvor hatten wir das Spiel gegen den Karlsruher SC mit 4:1 gewonnen, nachdem der so auf Akribie und Fleiß und Arbeitsamkeit und Einsatz und weiterer sogenannter deutscher Tugenden sowie modernste Ökotrophologie erpichte Trainer vor dem Spiel eben nicht trainierte, sondern mit den Spielern in ein Café in Hoffenheim ging und dort, so die Legende, Apfelkuchen aß.
Das 2:2 im Spiel gegen Augsburg hat gezeigt, dass es wieder einmal Zeit ist für eine Apfelkuchen-Taktik. Allerdings nicht rausgehen, hinsetzen und spachteln, sondern selbst machen. Gemeinsam. Am besten zwischen Ansprache und Bewegung draußen. Und im Anschluss daran würde er dann kredenzt.
Eine ganz einfache Teambuilding-Maßnahme – und das braucht es:
1 Springform, etwas Alufolie sowie
– 65 g Butter
– 2 Eier
– 1 Tasse Zucker
– 1 Packung Vanillezucker
– 250 Gramm Speisestärke (Mondamin)
– 250 Gramm Weizenmehl
– 2 Teelöffel Backpulver
– etwas Milch
– und natürlich Äpfel (4-6)
Viel machen muss man nicht: Einfach nur die Springform mit der Alufolie auslegen und einfetten.
Dann schält man die Äpfel, viertelt sie, schneidet sie in dicke Scheiben und verteilt sie in der Form. (Bringt ja nichts, wenn die Hauptzutat (Achtung Wortspiel:) außer Form ist. (lach, lach))
Alle anderen Zutaten gibt man in eine Schüssel und verrührt es zu einem schmackhaften Ganzen.
Den Teig gibt/kippt man dann auf das Obst, verteilt das noch ein bisschen, dass die Oberfläche einigermaßen schön eben ist, stellt die Form dann für rund eine Halbzeit auf die mittlere Schiene in den 160° – 180° C vorgeheizten Backofen.
In der Halbzeit, also nach 45 Minuten, holt man dann den Kuchen raus, lässt ihn etwas abkühlen. Dann stürzt man ihn auf einen entsprechend großen Teller, wer will, gibt etwas Puderzucker drüber, fertig zum Genießen.
Es wäre ein Versuch wert, denn weniger Mannschaftsgeist geht kaum noch.
Man könnte die Analogie auch noch weiter treiben:
– Der Manager ist für den Einkauf der Äpfel zuständig, denn letztlich entscheiden sie über den Geschmack des Kuchen.
– Die Spieler wiederum übernehmen die Verarbeitung dieser Ingredienz, schließlich sind sie auch dafür verantwortlich, wie das Ganze aussieht.
– Der/Die Trainer machen den Teig, schließlich ist es auch ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass die Mischung stimmt und das Ganze auch aufgeht.
Das tat es am Samstag ja auch. Phasenweise. Dass dies aber bis zur 30. Minute dauerte, war schon schade. Da hat wohl einer vergessen vorzuheizen.
Denn unser Spiel wurde besser, als wir zurücklagen. Es wirkte so, als ob man jetzt ernst machen wollte – und das tat man dann auch. Womit? Mit Erfolg.
Noch vor der Halbzeit erzielte Mlapa den höchst sehenswerten und auch verdienten Ausgleich – und gleich nach Wiederanpfiff machte unsere Mannschaft mit ansehnlichem Kombinationsfußball weiter. Nach einem Foul der Gäste im Strafraum verwandelte Salihovic den Elfmeter.
Auf dem Platz lagen wir vorn. Auf der Tribüne lagen wir uns in den Armen. Aber dass wir das Spiel doch nicht gewannen, lag nicht nur an den Elf auf dem Platz, sondern auch den zweien daneben. Ein Doppelwechsel, an dem so gar nichts stimmte – weder Timing noch die Trikotnummern.
Zuerst einmal: Warum wechselt Stanislawski unmittelbar vor einem Eckball der Gäste? Und dann gleich zwei Personen? Das bringt doch den ganzen Rhythmus und die Zuordnung durcheinander. Und so wenig die Auswechslung Salihovics überraschte (er dürfte der einzige Bundesliga-Profi sein, der es auf eine Fehlpassquote von rund 100% in einem, diesem Spiel brachte), so sehr verwunderte die Auswechslung Musonas.
Er hatte seinen ersten Einsatz von Anfang an ja einem Magen-Darm-Virus zu verdanken, der unseren Neuzugang Lakic befiel. So machte der Mann, dessen Vorname allein („Knowledge“) ihn schon zum Ehrenmitglied beim Akademikerfanclub prädestiniert, sein erstes Bundesligaspiel von Anfang an – und er machte es richtig gut. Wenn er jetzt noch von Babel, Firmino und Salihovic verwertbar angespielt worden wäre, es hätte so schön werden können.
Musona wurde aber nicht durch Lakic ersetzt. Stattdessen kamen Weis und Vukcevic ins Spiel, wo sie im restlichen Verlauf nicht weiter auffielen. Dann wurde die Ecke getreten, der Ball kam lang und hoch in den Strafraum, aber keiner der unseren an denselben (Beck stand rum, Starke irrte umher), so dass er fast zwangsläufig hinter der Linie landete.
Ausgleich. Wieder ein Unentschieden. Zu Hause. Gegen den Vorletzten. Dabei war ja schon in der Woche klar, dass man gegen die einen Dreier einfahren muss mit der Begründung: Wenn nicht gegen die, gegen wen dann.
In den letzten Minuten kam Lakic dann doch noch aufs Feld, aber auch er konnte nichts mehr ausrichten, so dass es bei der gefühlten 2:2-Niederlage blieb.
Nicht nur die Zuschauer, auch der Trainer waren nach dem Spiel richtig unzufrieden – und er brachte das noch deutlicher zum Ausdruck als das Publikum.
Die Zeit des Tätschelns sei vorbei. Es müsse einen Cut geben. So wurde er in der Presse zitiert. Und wieder stellt sich die Frage nach dem Timing. Wäre das vor einer Woche nicht besser gewesen, als man noch Ablöse erhalten hätte? Wenn man jetzt einen Cut macht, dann sorge ich doch nur für noch mehr faule Äpfel.
Und vielleicht sollte er sich auch mal für einen Teig entscheiden. Schön, dass er glaubt, dass wir eine Startfünfzehn haben, aber ganz offensichtlich funktioniert das nicht. Muss ja nicht gleich eine Startelf sein, aber mehr als Startdreizehn bringt auch nichts.
Mal ein Ei mehr, etwas weniger Zucker, das sind akzeptable Variationen, aber ständig alle Sorten von Fett auszuprobieren, wenn man weiß, dass Butter reicht, muss nicht sein.
Und Situationen, richtig kreativ zu sein, gibt es ja immer wieder. Zum Beispiel wenn man gar keine Eier mehr hat. Dann muss man halt mal improvisieren. So sind im nächsten Liga-Spiel sowohl Babel als auch Salihovic gesperrt. Ob einem dann eine Mannschaft kredenzt wird, die einen auf den Geschmack bringt?
Wir hätten nichts dagegen. Und wenn’s geht, mit Sahne …
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