Borussia Dortmund vs. 1899 Hoffenheim
Proposition und Suggestion
Der Kick der Mathematik
Mathematik ist bekanntermaßen eine Wissenschaft, für viele gar eine Wissenschaft für sich. Das ist natürlich nur eine Frage des eigenen Zugangs zum Thema. So ist es für die einen eine Wissenschaft mit sieben Siegeln, für andere die Wissenschaft mit den sieben Millennium-Problemen (Zur Information: Jede Lösung eines jeden einzelnen Problems bringt eine Million US-Dollar.)
Der Verlauf einer Saison bringt ja verschiedene Hochzeiten, und damit meinen wir nicht die Feierlichkeiten (Liga, Pokal, Europa o.Ä.), sondern eher Hoch-Zeiten, einzelner Wissenschaften. Und die Mathematik ist alljährlich die Wissenschaft, die das Saisonfinale dominiert.
Den Anfang macht dabei gerne die Philosophie, vorher sogar, dies aber meist auf Seiten der Presse, die Astrologie, wobei dies ja keine anerkannte Wissenschaft ist. Dann kommen im flinken Wechsel Medizin, hierbei besonders der Teilbereich der Orthopädie, bisweilen Rhetorik/Lingusitik, Jura und nicht zu vergessen Geschichte, was bei Journalisten gerne auch in eine Art Informations-, besser Anekdotenarchäologie ausartet.
Nun also geht die Saison zu Ende und die Mathematik tritt auf den Plan. („Rein rechnerisch ist das noch (bzw. nicht mehr) möglich.“, wahlweise „So lange es noch rechnerisch möglich ist.“) Obwohl: Wenn man es ganz genau nimmt, gebührt der Theologie der letzte Auftritt („Jetzt hilft nur noch beten.“)
Wie dem auch sei. den lieben Gott muss Hoffenheim nur noch dann bemühen, wenn es mit dem Teufel zugeht. 35 Punkte hat sie jetzt und damit bei noch neun zu vergebenden Punkte derer sieben Vorsprung auf Platz 14, 15 und eben 16.
1:1 endete das wie immer (auch wenn diesmal keine Jahreshauptversammlung anstand und entsprechend wenig Populismus von Seiten der gelb-schwaren Vereinführung zu vernehmen war) sehr emotional aufgeladene Spiel zwischen Borussia Dortmund und unserem Team, das sich wirklich sehr wacker schlug. So wacker, dass man die Frage „Warum nicht öfter so…“ fast nicht verkneifen kann. Zugegeben, es gab im ganzen Spiel keinen einzigen Schuss eines Hoffenheimers aufs Tor der Dortmunder. Andererseits hatten die Dortmunder, die sich immerhin anschickten, am Ende des Spiel auf einem Qualifikationsplatz für die Champions League zu stehen, ihrerseits auch kaum Chancen.
So lebte das Spiel von der Disziplin, vom Kampf und der Angst beider Mannschaften. Man muss unserer verunsicherten Mannschaft wirklich ein Respekt zollen, vor 80.000 Zuschauern nicht die Nerven zu verlieren und dem Druck standzuhalten. Das aberist natürlich nur das Minimalkompliment und bei weitem nicht der Anspruch, den Hoffenheim haben sollte. Jedoch ist es gewiss nicht falsch, in einer solchen Situation dem Pragmatismus Priorität zu verleihen.
Das sah Rangnick wohl auch so, weshalb er in der Abwehr auf die sowas wie Standardformation zurückgriff, auch wenn sie alles andere als gut und sicher wirkte. Die Frage ist ja, wäre eine andere Konstellation in der Konstellation besser gewesen? Kaum. Auch das Mittelfeld war wie immer besetzt, nur im Sturm machte Prince Tagoe sein erstes Spiel von Anfang an. Ibisevic blieb draußen.
Man hat es nicht gemerkt, denn es kam kein Ball in den vorderen Reihen an. Der Strafraum war eine Tabuzone. Zwar konnte man durchaus erkennen, welches Potenzial Tagoe wohl haben könnte, abwer auch er braucht Bälle und auch er bekam sie nicht.
Das Problem liegt also im Mittelfeld. Vier Spieler, davon zwei eher auf einer destruktiven Seite (Gustavo, Weis) und dann zwei vermeintlich konstruktive. Aber während Eduardos Schwäche wirklich eine Kopfsache zu schein scheint, ist Salihovic schlicht limitiert. Die Selbstverständlichkeit, mit der er die Ausführung von Freistößen für sich reklamiert, zeugt von einem fast schon pathologischen Selbstbewusstsein. Dabei trifft er so gut wie nie aufs, geschweige denn ins Tor. Und als es eine solche Situation in der zweiten Halbzeit 20 Meter vor dem Tor gab, standen er und Eduardo bereit. Aber: Salihovic nahm Maß – und traf – das Ballnetz hinter dem Tor – am oberen Rand.
Die Dortmunder Führung war die einzig krasse Abwehrleistung unserer mannschaft. Leider sah dabei Gulde, der in der zweiten Halbzeit für den stark rot-gefährdeten Gustavo ins Spiel kam, alles andere als gut aus, aber das ist kein Wunder, vor so einer Kulisse und kaum einer dabei, der einen mag. (Die meisten Menschen in seinem Alter können ja nicht mal stotterfrei vor der eigenen Klasse ein Referat halten.)
Was hier aber besonders schön zu sehen war: Das generelle Problem der Mannschaft. Da ist kein Leader. Man spricht kaum miteinader. Sich auch kein Mut zu. Das ließ nichts Gutes erahnen, aber es kam anders. Dortmund war recht früh mit der Ergebnisverwaltung beschäftigt, was dann in der letzten Minute bestraft wurde. Denn einmal, ein einziges Mal im ganzen Spiel, spielte die Mannschaft direkt, über die Flügel, platzierte eine Flanke in den bekannten Abwehrrücken und da stand dann der 20 Minuten zuvor für den an Passmangel verhungerten Tagoe eingewechselte Ibisevic: Tor.
Das ließ die Herzen der Fußballromantiker, aber vor allem eben der Hoffenheim-Fans höher schlagen.
1 Chance = 1 Tor = 1 Punkt = 1 weiteres Jahr 1. Fußball-Bundesliga (auch wenn es nach den Regeln der elementaren Algebra noch anders ausgehen könnten, nicht aber nach der Stochastik.)
Hurra.
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