1899 Hoffenheim vs. VfB Stuttgart
Zurück auf Anfang
Das Jahr der Erkenntnis
Es gab Momente in dieser Saison, war die Hoffnung groß und die Platzierung in der Tabelle gut. Diese Momente waren ähnlich wie schöne Spiele unserer Mannschaft in diesem Jahr arg rar.
Der Abschluss, das 1:1-Unentschieden gegen den VfB Stuttgart war dabei ein wahres Highlight, auch wenn in diesem Spiel wieder einmal offenbar wurde, was diese Mannschaft nicht ist: eine Mannschaft. Es gibt einfach, allen voran Salihovic, zu viele Hobby-Diven in der Mannschaft. Zu denen muss man auch Compper zählen, der, wenn er nicht über den ball drosch, in der Art in die Höhe bugsierte, dass man gar nicht anders konnte, als sich an den Uralt-Gag seines Jugendtrainers gegenüber seinem Torwart zu erinnern, der einen gerne höhnisch für den 50 Meter-Abschlag mit den Worten lobte: „Prima, 40 hoch, 10 weit!“ Dass Compper, während der Ball den physikalischen Gerangel der Bewegungs- versus der Erdanziehungskraft ausgesetzt war, dabei noch entschuldigend (segnend?) beide Arme gen Himmel recken konnte, zeigt einfach seine Grundeinstellung. Da ist kein Biss, keine Konfrontation mit der eigenen Performanz, da ist nur ein recht reflektionsfreies Ich. Ein „Vorab-Sorry-du“, um ja nicht angegangen werden zu können, schließlich habe man sich ja entschuldigt.
Dabei will niemand einem der Spieler per se das Potenzial absprechen. Aber Wollen kommt vor Können. Und oftmals gibt es kein Wollen ohne Müssen – und das muss die Mannschaft und der Verein lernen.
Zur Halbzeit wurde zumindest Salihovic vom Platz genommen, was dem Spiel wahrlich gut tat. Es fielen zwar keine weiteren Tore mehr, aber es war wieder mal ein Spiel. Sehr ansehnlich und sehr passend zu diesem milden Mittfrühlingssamstagnachmittag.
Zum Glück jedoch war es nicht so verblendend gut, wie das letzte Heimspiel der Vorsaison. Und auch wenn er diesmal sich bewegte und spielte, wurde unsere echte Diva nicht für die brasilianische WM-Mannschaft nominiert. Einer, der nur ab 20 Grad und mehr in der Lage zu sein scheint, Fußball spielen zu können, wäre im südafrikanischen Winter deplatziert. Das dürfte ihn überrascht haben. Aber sonst kaum wen …
Ja, diese Saison brachte die Realität zurück in den Kraichgau. Nicht die Hin-, die Rückrunde der Vorsaison ist Maßstab für die Mannschaft. Und diese Erkenntnis forderte bereits ihren Tribut:
In der Woche nun nach dem Spiel ging es turbulenter in und um den Verein zu, als während der letzten Monate: Der Manager ging (aus was für Gründen auch immer), der Trainerstab wurde restruktiert (also, äh, mit neuen Aufgaben betreut, sofern es welche gibt, wenn nicht: Danke, Timo!), was letztlich zu einer Konzentration der Macht und damit auch Verantwortung führt.
So gesehen muss man sagen, dass das Modell Hoffenheim vielleicht nicht gescheitert ist, aber was nun entstehen soll, eher etwas von „Modell Hoffenheim 2.0“ hat, auch wenn man es eher als „Modell Hoffenheim Reloaded“ positionieren möchte von wegen mehr deutsche Nachwuchstalente etc. Ob diese Konzeption, die ja in Gänze dem eines Farm-Teams entspricht, auch wirtschaftlich trägt, wird spannend.
Jetzt gibt es halt einen sportlich Verantwortlichen und einen anderen auf der Manager-Position, den keiner kennt. Und dazu zieht dann noch wer in die Zentrale, obwohl er offiziell gar nicht dabei ist: Hopp sen. – Damit gibt es schon einmal ein Türschild mit dem Namen, eine perfekte Steilvorlage für die Zukunft, denn dass der Name Hopp in Hoffenheim bleibt, dürfte klar sein, schließlich ist der Junior trotz junger Jahre längst kein Nachwuchstalent mehr. Zudem sorgt er seit geraumer Zeit nicht nur im Bereich Sportmarketing in den Wirtschaftsteilen der renommierten Presse für Aufsehen.
Mal sehen, ob Herr Rotthaus Recht hat, was den Dauerkarten-Vorverkauf angeht. Er sprach ja von einer großen Warteliste, die es gäbe. Als wir uns den Spaß machten und uns auf diese Warteliste setzen lassen wollte, wusste man im Ticketing des Vereins von einer solchen Warteliste nichts. Hat er nun gelogen? Oder es einfach nur so daher gesagt? Nicht so gemeint? Wollte einfach auch mal wieder in die Presse? Letzteres wohl kaum, denn ein Mann wie er weiß, wann es besser ist, sich nicht zu zeigen. Er hat ein sehr gutes Gespür für Atmosphären, Winde und Richtungen. Und wenn sein Fähnchen zu sehr flattert, wird es samt Kopf eingezogen.
Nun geht es wieder ans Vermarkten und da wird er sich ziegen müssen und sein selbstgepriesenes Verkaufstalent. Bisher musste er nur Nachfrage verwalten, nun wird er beweisen müssen, ob er auch Nachfrage schaffen kann. Wenn nicht, hätte Herr Hopp ja jemanden in petto, den er schon lange kennt …
Und wird dieses farm Team-Modell wirklich auch den befriedigen, der den Erfolg für sich selbst braucht? Ralf Rangnick ist wohl kaum der Mann, der sich auf Dauer zwischen Platz 8 und 14 zufrieden gibt. Natürlich wäre es für ihn schon etwas Besonderes so etwas wie der Ferguson/Wenger/Schaaf von Hoffenheim, also der Dauertrainer. Aber nicht um seiner selbst willen. Da muss es auch zu Momenten kommen, die eine Veränderung im Briefkopf des Vereins nach sich ziehen.
Und natürlich muss bei der Konstellation auch gefragt werden, was passiert, wenn sein Vater erneut stark erkranken sollte und sich eventuell auch nicht mehr davon erholt. Welche Auswirkungen hätte ein solcher Schicksalsschlag für die, für die er verantwortlich ist?
Vielleicht war aber auch alles nur ein PR-Coup, der sich vor allem an die Berater wendet: des Goldesels Pylorus krampft, da kommt nichts mehr, zumindest nichts wirklich Großes. Also bleibt weg mit euren Forderungen und kommt mit euren Angeboten, denn bei uns haben eure Spieler eine Chance zu spielen.
Holtby beispielsweise wollte vor der Saison nicht kommen, lieber zu Schalke, wo er nicht spielte, um dann letztlich mit Bochum abzusteigen. Ein gutes Beispiel für ein schlechtes Beispiel.
Nun, vielleicht wird es ja, wenn man den Kern erhalten kann. Ob das aber gelingt, wird sich erst nach der WM zeigen. Wenn Obasi gut spielt, wird in der Heidelberg Weststadt garantiert noch eine schöne Wohung frei. (Die von Hildebrand isses ja schon.)
Sollte dann aber der großer Weggang erfolgen, weil auch andere Spieler wie Ba, Eduardo etc. keine Lust darauf haben, sich in einem Farm-Team ohne internationale Perspektive zu verdingen, dann dürfte auch Platz 14 ein ambitioniertes Ziel sein.
Diese Konstellation jetzt ist sehr auf Ruhe und Ordnung fokussiert. Ob dies das richtige für einen Mannschaftssport ist, in dem Pubertät vor Rationalität geht, ist bei aller faktsichen Richtigkeit stark fragwürdig. Denn für den Erfolg eines Vereins ist es weniger wichtig, ob einer das Büffet, sondern ob einer das Spiel eröffnen kann.
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