1899 Hoffenheim vs. Bayern München
Abdanken und Abbitten
Die Mannschaft schaffte trotz Vereins den Klassenerhalt.
Es ging wieder mal um viel. Es ging wieder mal sehr wenig. Und nichts außer Spesen wäre ohne Bremen gewesen. Die Mannschaft legte viel Wert auf eine geschlossene Mannschaftleistung, noch mehr Wert legte sie auf eine stabile Defensive, aber bei allem Wehren gegen den Deutschen Meister 2024/25 und allem Wert auch des Kaders sowie des Klassenerhalts rettete uns letztendlich ausschließlich Werder den Allerwertesten.
Das Spiel bei sonnigstem Wetter stand ganz im Schatten von Ibiza, und man konnte nur für Hoffe hoffen, dass jeder Spieler nicht nur physisch ein gesundes „I bin da“ mit auf den Platz brachte. Ilzer brachte Prass.
Der Mann war lange verletzt und genoss doch das Vertrauen des Trainers, der seinerseits trotz aller Zahlen (Punkteschnitt unter 1, nur ein Sieg in den letzten (jetzt) zehn Spielen) das Vertrauen der Geschäftsführung genoss, genießt und genießen wird. Das kann man gut finden, das kann man schlecht finden, jedenfalls fand die Mannschaft immerhin mehr recht als schlecht ins Spiel.
Zwar war der erste Schuss der Gäste auf unser Tor auch gleich mal wieder drin, aber bis dahin war schon ein Drittel des Spiels rum. Bis dahin gelang den Bayern auch nichts wirklich Gefährliches, bei uns gar nichts.
In der 2. Halbzeit hatten wir dann unsere erste Chance. Doch leider verzog Kramaric seinen Schuss um rund einen halben Meter. Wenige Minuten später „verzog“ dann Östigard Kimmichs Schuss vor Baumann neben Baumann. 0:2.
Damit war der bisher als beste Verpflichtung Schickers gewertete Innenverteidiger im zweiten Spiel nach seiner Rotsperre zum zweiten Mal unmittelbar an einem Gegentreffer beteiligt. Das ist leider das Los eines Innenverteidigers, der ja nicht selten die Rolle eines Feuerwehrmanns hat, der brenzlige Situationen lös(ch)en soll und Schaden (durch Feuer) verhindern will, aber dadurch bisweilen einen noch größeren Schaden (durch Wasser) verursacht.
Nach einer Stunde hieß es dann …
„Raus mit Applaus“
– nicht für Östigard oder gar die TSG, sondern erst einmal für Thomas Müller.
Wir erwähnen in unseren Spielberichten ja eigentlich nie die Namen der Spieler des Gegners, aber in dem Fall machen wir ebenso eine Ausnahme wie die Zuschauerinnen und Zuschauer dieser Partie, die sich, ob rot, ob blau, von ihren Sitzen erhoben, und die letzten Meter dieser Ligalegende auf einem Bundesligarasen mit stehenden Ovationen begleitete.
Keine zehn Minuten später war es ähnlich, wenngleich es da „nur“ die „blauen“ Fans waren, die sich erhoben, denn die „7“ leuchtete in Rot auf der Anzeigetafel des 4. Offiziellen. Um Platz für Touré auf dem Platz zu machen, meinte Ilzer Tom Bischof vom Platz nehmen zu müssen. Er wird seine Gründe hierfür gehabt haben, die sich uns allerdings nicht erschlossen. Nicht bei dem Spielstand, nicht bei der Leistung, denn Bischof war der mit Abstand ballsicherste Spieler in unseren Reihen. Und ihm war auch nichts anzumerken in puncto fehlender Fitness oder mangelnder Leistungsbereitschaft gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber. Und für den Sonderapplaus war es definitiv zu früh.
Geiger durfte weiter auf dem Platz verweilen, Becker weiter auf der Bank versau…harren und die Bayern weiter das Spiel nach Belieben gestalten. Vielleicht lag ein Fehler in der Kommunikation mit dem 4. Offiziellen vor, denn der hob kurz darauf wieder sein Täfelchen und jetzt war es (endlich) die „8“, die da in Rot erschien – und auf dem Platz Tohumçu. Bei dem Spielstand, wo noch gar nichts sicher war, auch wenn die Infos von der Alb wenig Anlass zu Panik boten. Trotzdem ist ein solches Agieren wenig missverständlich gegenüber Becker. Der kam dann zwar auch noch zu seinen (vermutlich) letzten Minuten, inzwischen stand es 0:3, aber für Stach und nicht für Kaderabek, der ja (offiziell zumindest) ebenfalls sein letztes Spiel bestritt und zumindest auf unserem kleinen Kraichgau-Niveau so etwas wie Legendenstatus besitzt und einen Sonderapplaus verdient gehabt hätte. Wurde ihm verwehrt. An der Situation kann es nicht gelegen haben, auch wenn Werder zu dem Zeitpunkt „nur noch“ mit 1:3 führte. Also selbst, wenn die Bayern jetzt noch das vierte Tor schössen – UPS, da war’s passiert –, hätten die diesjährigen Teilnehmer der UEFA Conference League jetzt in fünf Minuten fünf Tore schießen müssen, um uns diesjährige Teilnehmer der UEFA Europa League auf den Relegationsplatz zu schießen – UPS, sechs, denn rund zwei Stunden südöstlicher netzte der Gast fast zeitglich ebenfalls zum vierten Male ein.
Da passierte nichts mehr und so ging es dann auch weiter, als ob nichts passiert wäre – und es sieht ganz so aus, als ob auch nach Saisonabschlusspfiff weiter einiges passieren wird. Inwieweit das Fan und Fußballgott gefallen wird …. gleich …
Also Schicker wird bleiben. Und er sagt, Ilzer wird bleiben. Und dem Fan bleibt ja nichts anderes, als das zu akzeptieren. Aber wer sonst bleiben wird?
Bei seiner Ansprache vor der Süd nach Schlusspfiff soll Oli wohl gesagt haben:
„Es ist bescheiden, dass einige Jungs nicht wissen, wie es weitergeht.“
Sollte das stimmen, stimmt immer noch einiges im Verein nicht. Jedenfalls stimmte die Süd Freudengesänge ob des Klassenerhalts an. Und es gab auch Gesänge für einzelne Spieler wie Bischof und Kaderabek. Aber selbst wenn sie ein Lied für jeden einzelnen Spieler und Angestellten (bei) der TSG angestimmt hätte, der Song für Ilzer wäre wahrscheinlich nicht vor Sonnenaufgang angestimmt worden.
Jedenfalls feierte die Südkurve die Mannschaft – und das trotz bescheidener Leistung völlig zu Recht, denn sie hat nicht nur Klasse bewiesen, als der Verein keinerlei Klasse besaß, sondern auch alles dafür getan, die Klasse zu halten, obwohl der Verein viel dafür tat, dass dies nicht eintritt.
Natürlich werden jetzt alle Echsen Excel-Menschen widersprechen und zahlreiche Beispiele anführen, die das Gegenteil beweisen wollen, aber nicht wirklich können, denn im Fußball braucht es sowohl Tip-Top- (statt: Laptop-)Trainer als auch Tip-Top- (statt: Laptop-)Verantwortliche, die nicht nur verstehen, wie man Zeilen und Spalten füllt, sondern die Menschen mit Herz und das Stadion mit eben diesen Menschen.
Über die Methode(n) und Maßnahmen, wie man das macht, kann man unterschiedlicher Meinung sein, aber es gibt wohl keine zwei Meinungen darüber, wie man es nicht macht: so wie die TSG in ihrem Jubiläumsjahr.
Zurück zu Fan und Fußballgott:
Dabei ist es gar nicht mal so entscheidend, DASS man Veränderungen in Kader und Struktur vornahm, sondern das WIE. Naja, und das WANN. Beides verärgerte natürlich auch den Fan, aber auch das ist nicht so entscheidend. Schlimmer noch und wesentlich entscheidender, nein: final entscheidend ist, dass man den Fußballgott verärgerte.
Ja, das mag man jetzt als esoterisch abtun, aber nicht alles, was nicht in Excel passt, ist esoterisch. Es gibt so was wie Aura und Karma und wenn das nicht passt, entsteht auch keine Liebe. Oder um es in der Sprache der Echsen Excel-Menschen zu sagen:
L = 8 + 0,5Y – 0,2P + 0,9Hm + 0,3Mf + J – 0,3G – 0,5(Sm – Sf)^2 + I + 1,5C.
(und aufgrund der Affinität der TSG zu Ressourcen aus dem Land des diesjährigen Gewinners des Eurovision Song Contests nennen wir hierfür sicherheitshalber auch eine österreichische Quelle. Für diese Formel, deren Variablen Folgendes darstellen:
Y: Zahl der Jahre des Kennens vor Eintritt in die Beziehung
P: Zahl der Partner/innen aus früheren Beziehungen (von beiden addiert)
Hm: Bedeutung der Ehrlichkeit in einer Beziehung für den Mann*
Mf: Bedeutung der Ehrlichkeit in der Beziehung für die Frau*
J: Bedeutung des Humors* (von beiden addiert)
G: Bedeutung des Aussehens* (von beiden addiert)
Sm: Bedeutung von Sex für den Mann*
Sf: Bedeutung von Sex für die Frau*
I: Bedeutung der Schwiegereltern* (von beiden addiert)
C: Bedeutung von Kindern für die Beziehung* (von beiden addiert)
* Zu bewerten auf einer Skala von 1 („unwichtig“) bis 5 („sehr wichtig“)
Die Formel berechnet zwar nicht die Tiefe, jedoch die Dauer der Liebe – und da das eine das andere bedingt, ist diese Formel zumindest ein solider Indikator – zumindest für heterosexuelle Paare.
Es gibt auch Untersuchungen zur Dauer von homosexuellen Beziehungen, aber diese beziehen sich auf Scheidungsstatistiken. Danach halten gleichgeschlechtliche Ehen wesentlich länger, allerdings gibt es große Unterschiede bei den Geschlechtern – nicht nur in Bayern.)
Der Fußballgott ist ein harter, aber gerechter Gott. Er ist aber nicht der Gott der Vereine. Er ist auch nicht der Gott der Fans. Oder der Medien, Sponsoren etc. Er ist der Gott des Fußballs und aller Menschen. Ihm geht es um das Spiel und darum, dass alle miteinander in maximalem Einklang sind unter Berücksichtigung aller Faktoren wie Friede, Freude, Eurokuchen. Gier wird dabei nicht verachtet, wenn sie sportlich zum Ausdruck kommt. Im Gegenteil. Wenn aber Hebel außerhalb des Spiels eingesetzt werden, um sein Spiel auszuhebeln, setzt er sich für Gerechtigkeit ein, vgl. „Wer nicht hören will, muss fühlen.“, d.h. er lässt jene, die die Grenzen verschieben wollen, an die ihre – und nicht weiter(-)kommen – und Guten Gutes zuteil werden, vgl. Chelsea FC, Manchester City, Real Madrid; FC Barcelona, FC Liverpool, Paris St. Germain, SV Elversberg)
Und er liebt die TSG, doch dieses Jahr hat sie ihren Kredit wohl endgültig verbraucht. Deshalb wollen wir jetzt das im Namen des Vereins tun, was nicht nur, aber auch der Verein zuvörderst bei ihm tun sollte: Abbitte leisten:
Lieber Fußballgott,
wir bitten um Verzeihung, dass wir den e. V. umstrukturierten. Wir waren verzweifelt und haben vergessen, an deine gütige Kraft zu glauben. Kristian schien uns einfach nicht mehr die Kraft zu haben, so dass wir neue Kräfte einsetzten, weil wir glaubten, dadurch die Kräfte im Verein zu bündeln und unsere ehrgeizigen Ziele mit neuer Kraft angehen zu können. Wir bitten dich um Verzeihung, dass wir dabei kräftig übers Ziel hinausgeschossen sind.
Lieber Fußballgott,
wir bitten dich um Verzeihung, dass wir uns vor allem um uns kümmerten und nicht auf andere hörten, auch nicht auf dich und weitere, die es gut mit uns gemeint haben. Wir haben dich aus den Augen und den Glauben an das Gute in denen zu glauben, die es eigentlich immer gut mit uns meinten, auch wenn sie mal nicht gut über uns sprachen oder gut auf uns zu sprechen waren. Wir bitten dich um Verzeihung.
Lieber Fußballgott,
wir bitten dich um Verzeihung, dass uns der Mut zum Ende der letzten Saison fehlte, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Wir kämpften gegen unsere Emotionen. Unsere Erwartungen (Europa) waren hoch, und sie haben sich auch erfüllt, aber wir sahen darin nicht dein Werk, sondern Glück. Das wollten wir so nicht mehr, deshalb wollten wir es erzwingen. Weder mit dem Mut der Verzweiflung noch aus Verzweiflung selbst, sondern rein aus Hoffenheimer Hybris. Diese Saison hatten wir auch Glück (Ligaverbleib) und heute wissen wir dank Hoffenheimer Hermeneutik, dass es dein Werk war, weil alles, was wir machten, nicht funktionierte. Wir bitten um Verzeihung, lieber Fußballgott, und danken dir.
Lieber Fußballgott,
wir bitten dich um Verzeihung, dass wir viele Menschen instrumentalisiert haben. Manche spannten wir vor unseren Karren, manche schmissen wir vor die Reifen. Wir waren nicht reif genug für die Veränderungen, die wir selbst anstießen. Unsere Überheblichkeit führte dazu, dass wir uns übernahmen. Dafür übernahmen wir zwar die Kosten (in €), übernehmen jetzt aber auch die Verantwortung und die Kosten (in ♥ ). Wir wissen, dass wir diese Schuld lange mit uns tragen werden, denn viele, die uns und unseren Verein getragen haben, haben das Vertrauen in uns verloren – und wir sie. Wir bitten um Verzeihung, lieber Fußballgott, und bitten dich, nicht das Vertrauen in uns zu verlieren.
Lieber Fußballgott,
wir bitten dich um Verzeihung, dass wir immer noch sagen zu wissen, aber nicht weise werden. Bitte hilf uns. Unsere Verzweiflung ist immer noch groß. Und noch größer ist unsere Angst, die Dinge, die wir verändert haben, zu verändern. Wir wollen nichts mehr falsch machen, weshalb wir einfach weitermachen. Spürst du unsere Unsicherheit? Wir verspüren große Unsicherheit. Hilf uns, denn wir wissen wirklich nicht weiter. Werden wir weiter Unruhe haben, wenn wir so weitermachen? Werden wir so weitermachen können? Werden wir weiter auch gegen uns, zum Teil eigene Kämpfer kämpfen müssen, weil wir nicht verstehen, dass sie für uns kämpfen, für unsere Ziele, aber auf ihren Weisen? Hilf uns, lieber Fußballgott, weise zu werden.
Lieber Fußballgott,
wir bitten dich um Verzeihung, dass wir weiter Menschen vor den Kopf stoßen und ihr Schicksal unserem unterwerfen müssen, um zu überleben. Sie werden es auch tun, aber wir haben uns geirrt, zum Teil in ihnen, zum Teil aber auch in uns. Wir haben zu wenig überlegt und folgerichtig nicht richtig, sprich: überreagiert. Unser Kader ist groß, unsere Fanbasis klein. Wir wissen, dass dies unsere Schuld ist, aber glaube uns, so wie wir an dich glauben, dass wir genau das Gegenteil wollen, so wie wir das Gegenteil von dem wollten, was wir heute haben, als wir zu Beginn der Saison das taten, was wir taten. Hilf uns, lieber Fußballgott, das Richtige zu tun.
Lieber Fußballgott,
wir bitten dich um Verzeihung, dass wir dich um Verzeihung bitten müssen. Tief drin wissen wir, dass Stolz nicht ohne Grund eine Todsünde ist. Und dass wir Probleme haben, dein größtes Gebot, das nicht in den Geboten steht, umzusetzen: „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Wir spüren ja nicht nur, wir wissen, dass wir nicht geliebt werden – und dass es uns schwerfällt, uns ohne Bestätigung von außen zu lieben. Wir sind manchmal einfach zu verkopft oder zu verklemmt oder gehemmt, uns zu lieben. Oder zu stolz, anderen unsere Liebe zu zeigen, weil zuerst wir geliebt werden wollen. Lieber Fußballgott, hilf uns, bedingungslos lieben zu können – gerade die Menschen zu lieben, die, die hier leben und uns lieben und uns gerade deshalb auch kritisieren. Nimm uns die Hybris, schenke uns Herz, auf dass wir verstehen, dass es auch gilt, nicht nur Spiele, egal wie krumm, sondern gerade auch diese zu gewinnen.
Lieber Fußballgott,
wir bitten um Verzeihung, aber eine Beding…äh: Bitte hätten wir: Kriegste das in den nächsten Wochen hin? Bitte?
Liebe/r geneigte/r Leser/in,
du kannst deine Abbitte gerne in die Kommentare schreiben. Oder als eigenes Stillgebet an den Fußballgott richten, aber der Verein braucht jedwede Hilfe. Jetzt soll auch noch Hübner die TSG verlassen (wollen). Es kann doch nicht sein, dass alle Identifikationsfiguren gehen (wollen) und alle Verantwortlichen stolz rund ums Wasserschloss zu Zuzenhausen wie in einer Trutzburg sitzen und solche Dinge geschehen lassen.
Es wäre doch so schade – gerade jetzt, wo wir mit der nächsten Saison unsere Volljährigkeit in der Bundesliga erreicht haben. Da sollten wir doch wirklich etwas erwachsener agieren können. Spätestens nach dem Ausgang dieser Saison sollte ein Wendepunkt erreicht sein.
A propos „Wendepunkt“:
Passend zu alledem möchten wir den letzten Spielbericht am Ende dieser Saison mit einem kurzen Spiegelgedicht beenden, das am Anfang der Saison beginnt …
Bis bald – wie auch immer – aber ganz sicher in der ERSTEN Fußball-Bundesliga.
Danke, Fußballgott. :-*
Wir lieben dich. ♥
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