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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. 1. FC Heidenheim

Die TSG in der Dschungelprüfung

Wenige Highlights. Keine Sterne.

„Dieselbe Scheiße wie im letzten Jahr!“

Eigentlich DER Klassiker. Und doch tun sich das wieder Abertausende Woche für Woche an. Es ist die Faszination des Fremdschämens, das einen wohl dabei befällt, schließlich haben wir alle mal versucht, uns besonders toll zu inszenieren und den Mund etwas vollgenommen und uns dabei letztlich völlig blamiert. Und wenn dies nun wem anderen passiert, dann freut uns das in der Regel.

Im Deutschen hat sich dafür nebst Fremdscham noch etwas anderes entwickelt, was wir sogar recht erfolgreich exportiert haben (allein an der Formulierung, geneigter/r Leser/in erkennst du, dass es schon etwas länger her ist): Schadenfreude, also das Wort hat sich entwickelt – und das schaffte es sozusagen in die oberste Liga zwischenmenschlicher Kommunikation: ins Englische – wie kindergarten, angst und zeitgeist.

Was sagt das nun über uns als Volk aus bzw. was über andere, dass sie von selbst keine Begrifflichkeiten für diese Einrichtungen bzw. Gefühle kennen?

Für „Hass“, „Liebe“, „Glück“ etc. haben sie ja eigene Worte, wie auch für „Grundschule“ oder „Gymnasium“, wobei Letzteres bekanntlich ein sogenannter falscher Freund ist – wie „become“, „undertaker“ oder „sensible“. Schließlich steht beim Englischen eindeutig die körperliche Ertüchtigung im Vordergrund, was auch mehr der Etymologie (Herkunft) des Wortes entspricht, (γυμνάσιον (gymnasion), altgriechisch für „Sportplatz“, wörtlich: „Ort, an dem man nackt ist“). Dieser Ort wird auch von sogenannten bildungsfernen Schichten besucht – und das mit Freude –, während es im deutschen Gymnasium ja mehr um die Ausbildung von Geist und Gehirn geht.

Also inhaltlich, denn ansonsten sind ja alle Hirne aller Menschen gleich – wobei es da bekanntlich wie beim primären Geschlechtsmerkmal zwei deutliche Unterschiede gibt: Gewicht und nervliche Vernetzung. Doch wir wollen hier niemanden bloßstellen …

Wobei … Eckart von Hirschhausen hat einmal in einem Anflug von Humor (Schadenfreude?) die These in den Raum geworfen, dass das Hirn eines/einer Deutschen neben dem Stammhirn, dem Kleinhirn, das Großhirn im Laufe der Evolution nicht nur (wie alle Menschen) den Frontallappen ausgeprägt hat, der für das Emotionale in uns (Menschen) verantwortlich ist, sondern auch den Jammerlappen.

Das wiederum würde erklären, warum andere Sprachen (Menschen?) „Angst“ nicht kennen. Furcht natürlich schon, denn diese ist konkret, aber dieses diffuse Gefühl der Unsicherheit aufgrund von real wirkenden Situationen auf Basis der eigenen Phantasie – aka Halluzinationen –, das scheint schon sehr germanospezifisch.

Wann sich das entwickelt hat, lässt sich wohl am besten linguistisch erkennen, denn es gab ganz sicher einen Moment in der Entwicklung der Sprache, als aus dem lateinischen „sensus“, womit ein Wahrnehmungssinn gemeint ist, das englische „sense“ als auch das deutsche “Sinn“ entstand. Und in beiden Sprachen entwickelte sich daraus auch ein Wort für Geisteskraft. Und wenn etwas sehr geistesstark war, nannte man es in Deutschland nur folgerichtig „sinn-voll“. Das Englische schlussfolgerte eher, dass etwas fähig war, einen Sinn zu ergeben: „sense-able“, sprich, äh, schreib: „sensible“, übersetze: „sinnvoll“ oder eben „vernünftig“. Und das genau das sind sensible Deutsche nicht, weshalb sie sich auf Englisch auch nicht als „sensible German“ bezeichnen sollten, sondern als „sensitive German“ – frei übersetzt: Jammerlappen.

Jammerlappen haben es leicht, sich Gehör zu verschaffen. Das liegt einfach an der Frequenz ihrer Schallwellen. Aber zum Teil eben auch an ihrer Präsenz. Sie muss man andauernd auf dem Schirm haben, womit wir zurückgekehrt wären zum alljährlichen Schauspiel – und der immer gleichen …, wo einem nicht nur beim Zuschauen oft das Würgen kommt und einem zum Kotzen ist. Die Rede ist und war natürlich vom „Dschungelcamp“.

(„Mein Lieber, da hast du dich aber ganz schön verlaufen. :-)“ (Der Chefred.)
„Das kann einem im Dschungel schomma passieren.“ (Der Red.))

Ein sogenanntes TrashTV-Format, das man bundesweit entweder liebt oder für abgrundtief verabscheuungswürdig hält. Doch das ist nicht die einzige Parallele, die sich zur TSG bisweilen geradezu aufdrängt.

  • Da treten immer wieder Menschen auf, die die große Masse nicht kennt, aber von den Medien „Stars“ genannt werden.
  • Manche wollen das werden, schaffen es aber nicht, sich in die Herzen der Zuschauer zu spielen – und nicht wenige davon beklagen dann, dass sie einfach nicht genug Gelegenheit bekamen, sich dem Publikum zu zeigen, ohne sich zu überlegen, ob es vielleicht nicht einfach daran liegt, dass sie zu schlecht, zu langweilig, zu wenig engagiert oder sonstwas waren, was einfach nicht ins Format passte.
    (Wenn diese dann in anderen Formaten funktionieren, zeigt das bisher nur, dass sie andere „Trash-Qualitäten“ haben, denn in Champions League-Formate hat es von denen keiner geschafft.)
  • Manche sehen sich wirklich als solche „Stars“ und finden das, was da passiert, plötzlich unter ihrer Würde und bekunden, dass sie „hier raus“ wollen.
  • Und die meisten von ihnen versinken nach ihrem Auftreten dort in der Versenkung, während es andere wirklich schaffen, sich einen Namen zu machen.
  • Manche haben bzw. genauer: hatten den mal, sind aber nur wegen des Geldes dabei.
  • Und manche kehren auch gerne wieder zurück, wenngleich nicht unbedingt im Lager/Kader, sondern in begleitender Funktion (z. B. Rudy, Schwegler, Kramer)
  • Das das Format verachtende Publikum erkennt die Meta-Ebene des Ganzen nicht.
  • Das das Format verachtende Publikum erkennt nicht, welche Bereicherung wir für andere Formate darstellen, denn unsere „Stars“, selbst die, die keine wirklichen Stars sind oder wurden und objektiv gesehen eher den Rang eines B- und C-Promis haben, spielen in fast allen vergleichbaren Formaten mit.
  • Das das Format verachtende Publikum ist blind gegenüber der Klasse und Güte dessen, was da dargeboten wird – gerade in puncto Ausbildung, wobei RTL hierbei als Antipode zur TSG fungiert, d. h. bei Ersterem sieht man, wie man es nicht macht.
    Nehmen wir als aktuelles Paradebeispiel z. B. Maximilian Beier. (Wir könnten hier auch Bischof, Tohumcu, John, Geiger, Moerstedt aufführen. Oder für die Traditionalisten und -tinnen: Süle, Baumgartner, Kobel u. s. s. v. a. m.)
  • Es ist, wenn man ehrlich ist, schon geil – und es stellt seit weit über einem Jahrzehnt eine Bereicherung für Deutschland dar, auch wenn die Hardcore-Ewigvorgestrigen „Derrick“, „Zum Blauen Bock“ und „Der goldene Schuss“ bevorzugen. Bei den „nur“ Hardcore-Ewiggestrigen dürfte es „Glücksrad“ sein, „Der Preis ist heiß“ und „Tutti Frutti“. Das wiederum steht ja schon irgendwie im Widerspruch zur verkündeten prinzipiellen Ablehnung der Wiederholung (vgl. “Dieselbe Scheiße wie im letzten Jahr.“). Aber da sieht man mal, wie oft und sehr Worte und Fakten auseinanderklaffen, es sei denn, es handelt sich um eine Art Volks-Masochismus – oder gibt es im deutschen Hirn auch einen „Schmierlappen“?

Bei der TSG gibt es inzwischen leider die traurige Tradition, dass sie einmal pro Spielzeit abschmiert. Lange ist es her, dass wir die ganze Hinserie ungeschlagen blieben. 2016/17 gelang uns dieses Kunststück, und wir lagen zur Halbzeit der Saison mit 31 Punkten auf Platz 3, elf Punkte hinter dem Tabellenführer.

In dieses Spiel traten wir an mit der Bürde von elf Spielen ohne Sieg, 24 Punkten, und der Tabellenführer hat doppelt so viele. Platz 8. Unser Gegner: Platz 9. Da galt es, um in der Sprache von sowohl ehedem als auch einer sogenannten „Dschungelprüfung“ zu sagen, nicht einen auf schön (spielen) zu machen, seinen inneren Schweinehund zu überwinden, fürs Team da zu sein, Gras zu fressen und (sich gegen) so manchen „Arsch“ (wahlweise Gegenspieler oder Anus) durchzubeißen – nur halt nicht in Australien, sondern aus Lust am Siegen, am Punkten, an Punkten. Doch statt vieler Sterne gab es lediglich ein paar Highlights.

Der Wille war da. Dieser war zwar war nicht unübersehbar, aber immerhin unüberhörbar – auf der Nachspiel-PK.

„Wir wollten einen dominanteren Ansatz wählen. Im Ballbesitz wollten wir das Spiel kontrollieren und eine gute Restverteidigung haben.“

Die Ästhetik der Perzeption des Dschungelcamps und dessen Rezeption liegt ja bei weitem nicht nur an der Performanz der Protagonisten in den Momenten der Bewährung, sondern oftmals in der Diskrepanz zwischen subjektiv kommunizierter Relevanz und der objektiven Performanz per se – und die erinnert nicht selten lediglich an Mummenschanz, die Bezeichnung eine Glückspiels mit Würfeln, das seit dem 16. Jahrhundert auch die Bedeutung von „Maskerade“ angenommen hat, wo die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nicht selten nichts weiter tun, sei es im Einzelgespräch mit der Kamera („Dschungeltelefon“) oder am Lagerfeuer in der Gruppe, als sich gegenseitig vorzuwerfen, sich hier für die Zuschauer ganz anders zu geben, als sie wirklich seien.

Damit sind vor allem menschelnde Geschichten im Lager / am Lagerfeuer gemeint („Kindheit“, „Ex-Beziehung“, weitere Schicksalsschläge (vom Tod eines geliebten Menschen bis hin zu Wimpern, die partout nicht kleben wollten), mit denen man eben beim Publikum punkten wolle.

Der Vorwurf ist alleine deswegen dümmlich, weil es ja bei diesem Format darum geht zu punkten – und ist da wem vorzuwerfen, dass er oder sie das nicht nur will (s. o.), sondern tut? Wenn es schon in der „Dschungelprüfung“ nicht klappt, so doch dann am „Dschungeltelefon“.

Das Dumme – oder Gute – ist, dass dieses Format rund zwei Wochen am Stück läuft, dann ist der Spuk – oder Spaß – vorbei …

Das mit dem punkten gelingt in dem Format wohl auch ganz gut, wenn man em- und damit sympathisch rüberkommt. Das gelingt einem natürlich vor allem dadurch, dass man ein hohes Affirmations- und Identifikationspotenzial bietet („Das könnte ich auch nicht.“, „Kenne ich.“, „Sehe ich genauso.“).

Für andere ist das der Quell der Fremdscham, denn das sind alles Phrasen, die aber kundgetan werden in einem solchen Brustton der Überzeugung, hier eine psychologische Welterkenntnis zum Besten gegeben zu haben, dass man doch stark an der Substanz der Person zweifelt, die das äußert, vor allem, wenn sie wenig bis keine Sterne holen, also in diesen „Spielen“ nicht punkten.

Das Spiel war ganz im Gegensatz zu vielen „Dschungelprüfungen“ blutleer. Was immer wir auch „wollten“, was wir „taten“ hatte bestenfalls etwas mit quantitativer Dominanz zu tun. Was aber bringen 70% Ballbesitz, wenn man ihn ohne Restverteidigung verliert und vorne nicht so platziert, dass auch wir eine Chance haben, Tore zu erzielen?

Heidenheim war zwar schon hin uns wieder in unserer Strafraumnähe, aber gefühlt ein Mal gefährlich vor unserem Tor, und der Ball war drin. Wir waren da völlig überlegen, aber das Problem war, dass genau das unsere Spieler wohl immer zu tun schienen, wenn sie den Ball am Fuß hatten: überlegen, wie man das Ding da wegkriegt, aber nicht weiß, wohin. Im Zweifel Baumann.

Es war zum Verzweifeln. Zumal deshalb, weil immer dann, dass, wenn es schnell, auch gefährlich wurde, die Spieler auf dem Platz diese Erkenntnis und folglich wir das Spiel nicht gewannen. Immer wieder wurde versucht, durch die Mitte zu spielen, wo es keine Räume gab, während Kaderabek rechts allein auf weiter Flur stand und Beier links immer nur darauf wartete, seinen Gegenspieler zu überlaufen, was er immer tat, aber fast immer ohne Ball, den Brooks und Grillitsch in einer Art zuspielten, die einen glauben ließ, sie ekelten sich davor. Wo war da Dominanz? Wo war da Mut? Und wo waren die beiden beim Führungstreffer der Gäste?

Zum Glück gab es einen Handelfmeter für uns und damit dank der Nervenstärke Kramarics den Ausgleich mit dem Halbzeitpfiff.

Natürlich wäre das Spiel ein anderes geworden, wenn Beiers Abschluss einer herrlichen Kombination zu Beginn der zweiten Halbzeit sein verdientes Ende im Heidenheimer Tor gefunden hätte, aber der Torwart der Gäste hatte leider einen sehr guten Tag und folglich so manchen Ball erwischt, den wir schon drin sahen. Aber es reicht nicht, nur nah dran zu sein, das Ding hat drin zu sein.

Wie bei diesem RTL-Format reicht es nicht, nur nach den Sternen zu greifen, man muss sie auch einnetzen, -sacken, -beuteln.

Und so verbeutelten wir Chance um Chance, weil wir bei aller Eloquenz die Konsequenz in unseren Bemühungen vermissen ließen. Natürlich wäre der Sieg allein aufgrund der zweiten Halbzeit verdient gewesen, aber halt auch nur, weil vom Gegner gar nichts mehr kam. Sie standen einfach nur hinten drin und wir ließen das zu, weil wir sie einfach zu selten in Bewegung brachten, weil wir auch selber zu wenig in Bewegung waren. Zwar stimmte die Laufleistung, aber theoretisch kann einer 90 Minuten übers Feld laufen und 15 Kilometer abreißen, was beeindruckend ist, aber allein vom Laufen kann man sich nichts kaufen.

Prömel ist ein sympathischer, gut aussehender Mann. Grillitsch auch. Aber darum ging es nicht, geht es erst einmal nie in einem Spiel. Zur Erinnerung: Die Aufgabe war, nicht einen auf schön (spielen) zu machen, seinen inneren Schweinehund zu überwinden, fürs Team da zu sein, Gras zu fressen und (sich gegen) so manchen „Arsch“ (wahlweise Gegenspieler oder Anus) durchzubeißen.

Es spricht ja aus intellektueller Sicht für die TSG, dass sie sich nicht mit dem Format auf RTL identifiziert. Aber Fußballfans im Allgemeinen und die der TSG im Besonderen identifizieren sich nicht dem Intellektuellenfußball, der durch und durch durchkonzipiert und feinst säuberlich berechnet ist.

Denn so sauber man seine eigenen Determinanten auch definiert hat, ist es schwer zu einem absolut und reellen Ergebnis zu kommen, wenn in derselben Formel elf unbekannte Variable auftreten, es sei denn, man arbeitet extrem exponiert, also mit massig Potenzen. Das Potenzial ist da, die Punkte nicht.

Nach dem Spiel waren es zwölf Spiele ohne Sieg. Wir blieben dank des Unentschiedens auf Platz 8, während der Gegner auf Platz 10 abrutschte. Der Abstand zum Tabellenführer konnte gehalten werden, der auf den Gegner der nächsten Woche gehalten und der auf Platz 17 sogar ausgebaut. Also das ist doch schon mal was. Und zwar Fakten. Ja, und schönreden, denn auch wenn wir das Spiel nicht verloren haben, wiegt der Verlust an der Freude am Spielen und Siegen für uns (s. Präambel) besonders schwer.

„Das Spielglück ist aktuell nicht auf unserer Seite. Das müssen wir uns erarbeiten. Da müssen wir noch mehr investieren. Wenn es kippt, dann kippt es nicht nur für ein Spiel, sondern für mehrere Wochen.“

Wenn …

Naja, wird schon …

Zum Glück ist beim nächsten Spiel das Dschungelcamp 2024 längst Geschichte. Aber dann wird es Zeit, dass wir unsere schreiben, die anders läuft als in den letzten Jahren ohne Punkte, ohne Pointe. Wir haben keinen Bock auf

„Dieselbe Scheiße wie im letzten Jahr!“

und erst recht nicht, wie die Engländer sagen, auf „kindergarten“, „zeitgeist“ und „angst“. 🙂

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