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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim (U 19) vs. Real Madrid (U 19)

ES IST REAL!

Nyon, Nyon – wir fahren nach Nyon.

Wir sind bekanntlich nicht willens, einfach nur ein Spiel nachzuerzählen. Bekanntlich gibt es dafür die einschlägigen Quellen, in denen genau steht, wer wann was gemacht hat bzw. wann was passiert ist. Da wir aber nun einfach davon ausgehen, dass wer solche Spielberichte liest, das Spiel gesehen hat oder zumindest das Ergebnis schon kennt, besteht für uns in einer Nacherzählung kein Mehrwert – für dich, geneigte/r Leserin. Den aber wollen wir bieten.

Auch wollen wir uns so gut es geht mit (Be-)Wertungen, insbesondere negativer Art nach Möglichkeit zurückhalten, was zum einen an unserer guten Kinderstube, d.h. Erziehung, liegt, die uns verdeutlichte, dass, wann immer man mit dem Finger auf wen zeigt, drei auf einen selber deuten, zum anderer – bei aller Liebe zum Fremdwort – unserer großen Affinität gegenüber dem Volksmund geschuldet ist („Erst einmal vor der eigenen Türe kehren …“) – und jede/r Autor/in hat sich vor dem Verfassen eines Spielberichts im Spiegel gesehen und kann sich darüber hinaus noch daran erinnern, wie sehr der Gang die Treppen hoch oder eben ins Wald-, für die jüngeren Leser/innen: Dietmar-Hopp-Stadion ihn/sie schaffte.

Manchmal schaffen wir es dabei gerade noch so den Berg hoch bzw. die Kurve zu kriegen (nicht auf der Straße, im Text) – doch diesmal … diesmal fällt uns einfach zu viel ein, zum einen. Zum anderen, nichts mehr, denn die TSG 1899 Hoffenheim schlug Real Madrid mit 4:2.

1:0 nach neun,
2:0 nach zwölf,
2:1 nach 18 Minuten.

Nach genau 45 Minuten: Halbzeit.
Weiter geht’s:

3:1 in der 74.,
3:2 kurz vor der,
4:2 dann in der 90. Minute.

Schlusspfiff!

Das war’s. Mehr gibt es eigentlich nicht dazu zu sagen, außer vielleicht

„Scheiße, ist das geil!“

Aber dann eben doch, dann gibt es noch so viel dazu zu sagen, was einem halt so einfällt, so rein assoziativ, aus Begeisterung, aus Freunde über den grandiosen Sieg, aber all das lohnt wirklich nur für den, der in zehn Minuten klüger sein will als jetzt. Dafür wartet ganz unten auch ein schönes Video. Aber hier sei dieselbige Mahnung erteilt wie an die Spieler gestern:

„Erst die Arbeit – und dann …“

A propos Volksmund: In der protestantisch-calvinistischen Gotteslehre wird der Fleißige von Gott belohnt. Diese in der frühen Neuzeit aufgetauchte Interpretation der (christlichen) Gnade Gottes steht im Gegensatz zu der mittelalterlichen Annahme, dass ein gottgefälliges Leben sich durch häufiges Beten und anderes „Reinwaschen“ von menschlichen Sünden kennzeichnet. Die neue Denkweise geht vielmehr davon aus, dass derjenige von Gott geliebt und daher gesegnet ist, der sich bemüht, das Beste aus jeder Situation zu machen und eben nicht nur in der Kirche zu sitzen und zu beten. Aus ihr resultierte dann die Redewendung: SICH …

REGEN BRINGT SEGEN!

Sollten sich nun Fundamentalatheisten durch diese theologische Komponente gestört fühlen, könnten wir aufgrund der Witterungsverhältnisse das gottlose „Wer rastet“ der rostet“ zitieren, aber das griffe zu kurz, denn wir sprechen ja hier nicht von altem Eisen, sondern den neuen Kräfte der TSG, unserer U19, denn ihr, der letzten von fünf (!) deutschen A-Jugend-Mannschaften, die in dieses Turnier 2018/19 gestartet sind, gelang als erst zweites deutsches Team und als erstes Newcomer-Team überhaupt ins Halbfinale der UEFA YouthLeague einzuziehen.

Aber natürlich – und deshalb haben wir die erste Redewendung ja auch derart getrennt, trugen die sogenannten äußeren Umstände ebenfalls erheblich dazu bei, dass es ein sehr denkwürdiges Spiel wurde, denn im Grunde handelte es sich bei der Viertelfinalpaarung um einer Art Gedächtnisspiel der letzten Zwischenrundenpaarung zwischen der BR Deutschland und Polen bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1974, der sogenannten „Wasserschlacht von Frankfurt“.

Vor rund 45 Jahren ging es direkt um den Einzug ins Finale, diesmal „nur“ um den Einzug in das Finalturnier …

Gegner im Halbfinale am 26. April im Centre sportif de Colovray in Nyon (Schweiz) (NICHT: Lyon, Frankreich) wird der FC Porto sein, der in der Gruppenphase gegen die Nachwuchsmannschaft von Schalke 04, den bisher einzigen deutschen Vertreters in einem Halbfinale dieses Wettbewerbs (Saison 2013/14), sowohl in Hin- als auch Rückspiel mit jeweils 3:0 gewann. Das 2. Halbfinale bestreiten der FC Chelsea gegen die Mannschaft des Vereins, der vor fünf Jahren ebenda die damaligen Knappenknirpse mit 1:0 besiegte: den FC Barcelona.

… aber das gegen einen der allergrößten Namen im internationalen Fußball. Da mag die erste Mannschaft bereits mehrfach gegen den FC Bayern, gegen den FC Liverpool und Manchester City gespielt haben, alles zweifelsohne ganz große Namen, aber erstens spielten wir gegen sie allesamt in Stadien – außer einmal gegen den FC Bayern, der 1999 der Gegner des Einweihungsspiels im damals frisch umgebauten Wald- und ab da Dietmar-Hopp-Stadion war und jenes mit 4:1 gewann – und zweitens hat „Real Madrid“ doch gleich eine ganz andere Aura.

Das sieht man schon am Auftreten der Knaben. Während unsere Jugendmannschaften mit „Anpfiff ins Leben“ einen eigenen Brustsponsor hat, traten die Madrilenen im exakt selben Outfit an wie die Benzemas, Bales, Mercelos und Ramos’ dieser Welt. Und auch ihr Selbstbewusstsein war dem nicht unähnlich. Ja, man könnte sagen, um mit dem Volksmund zu schließen, „Adel verpflichtet“ – immerhin sind es ja „die Königlichen“.

Der folgende Abschnitt dürfte dir, geneigte/r Leser/in,
jetzt mehr als spanisch vorkommen …

Dieser (Spitz-)Name leitet sich aus dem (Vereins-)Namen ab, was natürlich die Iberophilen unter uns klar ist, aber Anglophile überraschen dürfte, denn „Real“ hat im Spanischen eben nicht nur die Bedeutung „wahr(haftig)“, „wirklich“ oder „tatsächlich“, sondern eben auch „königlich“. Liegt ja irgendwie auch nahe, schließlich ist Spanien eine Monarchie und hat einen König – und, nein, der heißt nicht Messi.

Dabei liegt es gar nicht mal daran, dass er Argentinier ist, denn es gibt auch einen Argentinier, der Monarch („Alleinherrscher“) eines anderen Staates ist: Papst Franziskus.

Doch im Gegensatz zum Vatikanstaat, dessen Staatsform eine „absolute Monarchie“ ist (wie auch in Brunei, Estwani (Swasiland), Katar, Oman und Saudi-Arabien), ist die Spaniens eine „konstitutionelle/parlamentarische Monarchie“, wie es sie in fast weiteren 40 Staaten dieser Welt gibt, was bedeutet, dass es diese Staatsform in etwas unter 25% aller Länder dieser Erde vorherrscht – und in Europa liegt er etwas darüber. Auf die 47 Staaten unseres Kontinents kommen ein Dutzend Monarchien – und eine davon ist eben Spanien.

Diese Monarchie ist aber relativ jung. Nun eigentlich nicht, denn der 1. Spanische König wurde am 14. März 1516 inthronisiert: Karl I, wobei erst sein Nachfolger 1527, Philipp II sich „König von Spanien“ nannte. Karl I war „nur“ König von Kastilien und Aragón …

NEIN, das hat nichts mit Herr der Ringe“ zu tun, sondern ist die Region im Norden Spaniens, die östlich an Katalonien grenzt und deren Hauptstadt Saragossa heißt.

Diese Region hat ebenfalls einen Fußballklub namens „Real“, der allerdings aktuell im unteren Mittelfeld der 2. Spanischen Liga kickt, was aber schon als Erfolg zu werten ist, drohte ihm doch vor rund fünf Jahren die Auflösung wegen immenser Schulden. (Quelle)

Interessant an diesem Klub ist dessen Gründung: 18. März 1932, rund ein Jahr, nachdem Spanien keine Monarchie mehr war.

Der neue Verein durfte sich Real Saragossa nennen, da der Club Zaragoza sich 1925 mit einem Verein namens Stadium vereinigt hatte. Dieser wiederum hatte 1922 das königliche Privileg erhalten, sich Real Sociedad Atlética Stadium nennen zu dürfen.

Der zuletzt amtierende König Alfons XIII, der 1923 eine Militärdiktatur billigte, floh am 14. April 1931 aus Spanien. Es folgte die Zweite Spanische Republik (die erste gab es von Januar 1873-Dezember 1874), die im Spanischen Bürgerkrieg und hernach der Franco-Diktatur (ab 1936) endete.

Nach dem 2. Weltkrieg (1946) stellte General Franco offiziell das Königreich wieder her, aber benannte keinen König konkret, er designierte nur Juan Carlos I., der den Thron aber erst nach dem Tode Francos 1975 bestieg. 2014 dankte er zugunsten seines Sohnes, dem jetzigen König Felipe VI. ab

Jener Alfons XIII war es auch, der dem am 6. März 1902 gegründeten Madrid Foot Ball Club am 29. Juni 1920 den Titel Real verlieh. Im Jahr 1931 wurde dieser Namenszusatz aufgrund des Verbots monarchistischer Symbole während der Zweiten Spanischen Republik wieder aus dem Namen entfernt. Seit 1941 trägt der Verein die aktuelle Bezeichnung Real Madrid Club de Fútbol.

Dieser Verein übrigens ist klassisch als Verein organisiert und keine Kapitalgesellschaft – wiederum im Gegensatz zu den Königlichen aus Saragossa, der 1992 als erster spanischer Fußballverein in eine Sport-Aktiengesellschaft (Sociedad Anónima Deportiva, S.A.D.) umgewandelt wurde.

Letzter Fun-Fact: Keine der beiden Mannschaften wird in Spanien ebenso wenig mit „Real“ assoziiert, wie man in England Manchester United niemals nie mit „ManU“ abkürzt (stets „ManUtd“). Unter „La Real“ bezeichnet man in Spanien für gewöhnlich den baskischen Verein Real Sociedad.

F. F. F.

Keine Angst, weder schweifen wir jetzt ab in Richtung Fédération Française de Football, noch beachten wir die Umweltbewegungen „Fridays for future“ oder „Fuck for forest“, noch wollen wir uns dem Deutschland-Bild des Crossover-Künstlers Flatz widmen („Fressen. Ficken. Fernsehen.“) – auch wenn wir das Video hier vorangestellt haben –, sondern dem, was unsere U19 vor dem Spiel gegen diesen großen Namen respektive Gegner als Devise ausgegeben hat: „Freude. Familie. Fernsehen.“

Alles drei waren bei diesem Spiel unübersehbar. Unsere Jungs vom Dorf hatten einfach Spaß auf das Spiel und so richtig Bock, es den Hauptstädtern von der iberischen Halbinsel auf dem heimischen Acker zu zeigen, dass hier für sie Sense ist.

Diesen Widerspruch nahmen auch die Fans auf und schufen den perfekt passenden und wunderschön selbstironischen Spruch zu diesem Spiel, der sich dann ja auch bewahrheitete:

TSG-RMA

Allerdings war das keine keine leichte Aufgabe. Es mussten immer wieder verschiedene Eröffnungen und Varianten versucht werden, Rochaden brauchte es und dann eben überraschende Züge in die Tiefe. Aber niemand hat ja wirklich hier mit einem Narrenmatt oder einem Schäfermatt gerechnet.

¡Cojones!

Schon nach wenigen Sekunden im Spiel war klar, dass man mit einem nicht rechnen durfte: dem Ball. Zu sehr wirkten hier außergewöhnliche physikalische Gesetze auf ihn ein, so dass man das Spielgerät beim Tangieren mehr traktieren musste.

Bei den Gästen dauerte es eine Weile, bis sie sich daran gewöhnt hatten. Unsere Jungs überließen ihnen oft den Ball, wussten aber, ihn im richtigen Moment zu erobern und dann mit entsprechend langen Bällen schnell vors und ins Tor der Madrilenen zu bringen.

Die erste Chance war auch gleich das erste Tor durch einen super Querpass des Sohnes des TSG-Geschäftsführers von rechts knapp über der Grasnarbe mit nur zweimaligem Aufditschen quer auf die linke Seite, wo ihn Gschwill direkt fest und flach ins Eck zirkelte.

Jener Gschwill bereitete auch kurz darauf das zweite Tor vor, auch diesmal ohne den Ball irgendwelchen Reibungen auszusetzen. Seine Flanke kam perfekt auf den Schädel von Stojilkovic, drin.

Das Tolle war nicht nur die frühe Führung unserer Mannschaft, sondern eben, dass ihre Konzentration hoch blieb. Da war kein Überschwang zu spüren, sondern das Wissen, dass sich das sehr schnell drehen kann, wenn man nicht genau aufpasste. Es reichten zwei Unsicherheiten in Sachen Motorik, die den Gästen den Anschluss per Fernschuss ermöglichten. Die eine war in der Attacke auf den ballführenden Spieler und auch Klein im Tor schien etwas zu lange zu zögern.

Auch beim zweiten Treffer der Madrilenen war es Klein, diesmal allerdings mit einem großen Patzer: Er konnte den diesmal flachen Fernschuss einfach nicht festhalten und den Abpraller nutzte dann der Stürmer der Gäste zu ihrem erneuten Treffer, aber das war sooo schlimm nicht, denn erstens, denn zuvor hatte Linsbichler bereits auf Zuspiel von Otto, der in diesem Wettbewerb für die U19 spielen darf, auf 3:1 erhöht, obwohl er wenige Minuten zuvor die Megachance, weil jeder glaubte, es wäre Abseits gepfiffen, was es aber nicht war, ebenfalls nach Zuspiel von Otto zu selbigem vergeigte.

Da waren noch fünf Minuten offiziell zu spielen, aber niemand im nassen Eck (besser als „weitem Rund“) hatte wirklich Sorge, dass unsere Jungs dieses Spiel noch verlieren würden. Dazu spielten sie einfach zu abgeklärt. Trotzdem versuchten die Gäste natürlich ihr Glück, aber fanden erneut in der TSG ihren Meister. Die Abwehr haute einfach jeden Ball nach wie vor weit raus, was auf dem Geläuf das einzig Richtige war und vorne lauerte Otto, der die Bälle in der Regel gut festmachte und am Schluss sich selbst mit einer kraftvollen Einzelleistung belohnte, bei der er die komplette Hintermannschaft der Madrilenen austanzte. Seinen Schuss konnte der Keeper zwar noch parieren, aber wieder war Linsbichler zur Stelle und der Ball über der Linie und dann das Spiel aus, das Wunder perfekt, die unseren platt, die Königlichen matt.

¡De puta madre!* – Was für ein Spiel!!!

* Das Spanische kennt natürlich viele derbe Flüche, die, wörtlich übersetzt, sehr befremdlich erscheinen, z. B. kann „¡Me cago en la leche!“ Vieles heißen, nur nicht „Ich scheiße in die Milch.“ Noch befremdlicher gerade für unser Verständnis ist „¡De puta madre!“, was der Engländer zwar mit „son of a bitch“ bezeichnen würde, was es aber ganz und gar nicht heißt. Ebensowenig wie in deren Slang „bad“ genau das Gegenteil dessen heißt, was man hier in der Schule lernt, drückt der Spanier doch damit seine Begeisterung über etwas aus, vergleichbar vielleicht mit einem Ausruf im Deutschen, den man auch nicht wörtlich nehmen sollte, der aber perfekt das Spiel und seinen Ausgang beschreibt:

„Scheiße, ist das geil!“

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