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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1. FC Köln vs. 1899 Hoffenheim

Moral? Oder Mythos?

Ein Spiel, ein Sieg – mit mehr Mytho- als Methodologie

Der Abwärtstrend bei Kramaric ist klar erkennbar. 3 Tore sieht auf den ersten Blick zwar toll aus, aber im Bundesligaspiel davor waren es 33,3% mehr!

Zieht man den Elfer jeweils ab, also Treffer aus dem Spiel heraus, waren es sogar 50% mehr!!!

„Hä?“, hören wir dich, geneigte/r Leser/in, da laut denken,
„wenn der nicht gewesen wär‘ ….“

Das stimmt natürlich. Aber wenn man sich die TSG-Foren anschaut, ist das allseits beliebte TSG-Bashing schon wieder in vollstem Gange. Wir wollten das nur mal kurz konterkarieren, zumal Kramaric auch bei der Saisoneröffnung nicht nur auf dem Platz überzeugte. Seine Statements im Anschluss neben selbigem brachten ein sehr zähes Spiel auf den Punkt:

„Wir müssen besser werden!“

Und für euch Hater haben wir uns extra einen Titel der Band Styx ausgesucht, denn bekanntlich ist der (oder auch die) Styx u.a. ein Fluss der Unterwelt.

Aber bleiben wir mal oben und jetzt mal ganz ernsthaft:

Hat die Mannschaft es wirklich so schlecht gemacht? Ohne Hübner, Posch, Skov und ohne Grillitsch. (Bei den ersten dreien ist mit einer Rückkehr zu rechnen, bei Grillitsch hingegen … naja, offiziell war es eine Oberschenkelverletzung, die ihn außer Gefecht setzte … dann wollen wir das mal glauben.)

Sein Fehlen machte sich schon sehr bemerkbar, denn gerade im Spielaufbau waren wir, wie man so sagt, „wenig zwingend“.

Aber das mussten wir ja auch nicht, denn es war der Sohn des trojanischen Königs Priamos

und seiner Frau Hekabe, jüngerer Bruder des Paris und heldenhaftester Krieger der Trojaner im „Trojanischen Krieg“, der sich Ajax, dem griechischen Kraftprotz, stellte, der gegen Patroklos, den besten Freund des Achilles noch erfolgreich kämpfte, nicht aber gegen Achilles selbst, der ihn tötete,

der seine Mannen früh ins Hintertreffen geraten ließ. Die Rede ist natürlich von Hector.

In der Ilias, Homers berühmten Epos, einem wesentlichen Baustein unseres Wissens über die griechische Mythologie, wird er, wie auch in Vergils Aeneis, als Held beschrieben und als solcher als Günstling verschiedener Götter dargestellt, die über Sieg und Niederlage, Leben und Tod entschieden haben, noch bevor die eigentliche Tat getan ist.

Halten wir dem Verteidiger der Gastgeber zugute, dass es der Wille der Götter war, dass er den Ball Kramaric im Grunde vorlegte, so dass er nur noch einnetzen brauchte. Dafür spricht auch, wie Kramaric den Ball durch den Torwart brachte. Das mutete alles sehr seltsam an, aber wenn man sich diese mythischen Parallelen ansieht, auch nicht so ganz unerklärlich.

Dann aber schien unsere Mannschaft nicht unbedingt von allen guten Geistern, aber zumindest den Göttern aus dem Olymp verlassen worden zu sein, denn es entwickelte sich ein eher irdisches Spiel. Allerdings ließ einen die unterirdische Großchancenverwertung mit dem Team hadern.

„hadern“ hat nichts mit dem Herrscher über die Unterwelt aus der griechischen Mythologie („Hades“) zu tun, sondern kommt vom mittelhochdeutschen „hader“ (Streit, Zank), das seinerseits evtl. zurückgeht auf griechische „κότος“ ((kótos) Zorn, Groll).

Diesen Zorn verspürte gewiss auch Horn nach Hectors Ball, aber auch wir, als den Kölnern mit ihrer ersten Chance der Ausgleich gelang, wo wir zu dem Zeitpunkt mindestens schon 3:0 hätten führen können.

Bis dahin gelang den Gastgebern mal so herzlich gar nichts, weil unsere gerade auch neukonzipierte Hintermannschaft es bis zu diesem Zeitpunkt (und danach) überraschend gut machte. In der ersten Halbzeit, was sie leistungsmäßig mit dem Schiedsrichter gleichsetzt, denn was er in der 2. Halbzeit veranstaltete, wie auch unsere Defensive, war teilweise hanebüchen.

Sein Glanzstück war der Elfmeter kurz vor der Halbzeit, den er in der Situation selbst gar nicht bewertete. Hätte er es getan, hätte der Keller in der Domstadt nicht eingreifen dürfen, denn es wäre keine gravierende Fehlentscheidung gewesen. So aber konsultierte er die Kellerkinder, die den metaphorischen Ball aber an ihn zurückspielten, der dann nach eigener Ansicht der Bilder zur Ansicht gelangte: Strafstoß.

Kramaric.
2:1.
Pause.

Und als es weiterging, ging es nur noch in eine Richtung: auf unser Tor. Schon kurz nach Wiederanpfiff bewahrte uns eine riesen Fußabwehr Baumanns vor dem erneuten Ausgleich. Es dauerte dann zwar noch eine geraume Zeit, bis die Kölner wieder den Ball vor Baumanns Kasten brachten – und dann nur ans Außennetz. Beim 3. Mal passierte es dann: Zwar konnte unsere Nr. 1 ihn noch an den Pfosten lenken, aber der Abstauber markierte den völlig verdienten Ausgleich für die Gastgeber.

Spätestens da musste man als TSG-Fan froh sein, dass die Kölner Verantwortlichen aus dem Gesundheitsamt entschieden, keine Fans ins Stadion zu lassen.

Ob das fair war, ob da wirklich mit Maß und Mitte entschieden wurde, können und wollen wir nicht beurteilen: Fakt ist aber, dass das keine 17 Kilometer entfernte Phantasialand seine Pforten (mit der 20%-Beschränkung) öffnen durfte.

Das Stadion hätte sich (trotz der 20%-Beschränkung) spätestens mit dem Elfmeterpfiff zu einem Hexenkessel gewandelt, jetzt mit dem Ausgleich hätten auch 9.200 Zuschauer locker gereicht, um den 12. Mann fürs Heimteam zu geben.

So aber liefen weiter „nur“ elf Kölner weiter an. Sie spürten, dass da mehr für sie drin war – und dankenswerterweise spürte plötzlich auch unser Team, dass es drauf und dran war, dieses Spiel völlig aus der Hand zu geben.

Es ist uns Laien ein völliges Mysterium, warum es unserer Mannschaft in der 2. Halbzeit bis zum Ausgleich nicht gelang, auch nur einen halbwegs organisierten Angriff zu initiieren. War es die Umstellung von Dreier- auf Viererkette? War es die Aufstellung Geigers, der keinerlei Akzente setzen konnte? Oder war es die Einstellung Baumgartners, mit Hadeskappe zu agieren?

Hades ist ja bekanntlich (s. oben) der Herrscher der Unterwelt. Sein Name geht etymologisch zurück auf eine Sprachwurzel mit der Bedeutung unsichtbar zurückgeht. Demnach wäre die Bedeutung des Namens „der Unsichtbare“ oder „der unsichtbar Machende“. Die Hadeskappe war der Helm oder die Kopfbedeckung des Hades. Sie verlieh ihrem Träger Unsichtbarkeit.

Jedenfalls entwickelte sich in den letzten zehn Minuten des Spiels plötzlich und völlig unerwartet ein Fußballspiel, an dem auch unsere Mannschaft wieder nach vorne spielte.

Schon unmittelbar nach dem Ausgleich nutzten wir unsere erste Konterchance konsequent. Bebou erlief / errutschte kurz hinter der Mittellinie gerade noch so den Ball, spielte ihn auf den völlig frei aufs Tor zulaufenden Mitspieler, allerdings sah der Schiedsrichter in dem dem Zuspiel folgenden Zusammenprall Bebous mit einem Kölner etwas ganz anderes.

Als der Pfiff ertönte, haderten wir schon, weil wir dachten, er würde uns den Vorteil abpfeifen, aber der Hader und Hals schwollen bei uns weiter an, als er Freistoß für Köln, und Gelb für Bebou und Baumann, der bis an den Ort des Geschehens rannte, um sich zu Recht zu echauffieren. Das konnte ja keine Konzessionsentscheidung für den Elfmeter gewesen sein. So war es halt eine gravierende Fehlentscheidung, aber da es weder um ein Tor, Strafstoß oder einen Platzverweis ging, kein Anlass für die Kellerkinder, aktiv zu werden.

Aber im Fußballhimmel schien das die Moiren auf den Platz zu rufen.

Die Moiren sind in der griechischen Mythologie eine Gruppe von drei Schicksalsgöttinnen, die letztlich noch über Zeus stehen: Klotho, Lachesis und Atropos. In den Epen Homers treten sie noch nicht als Gruppe auf. Und selbst da ist Moira nicht im Sinne einer einzelnen Göttin, sondern als personifiziertes Schicksal jedes einzelnen Menschen zu verstehen. Deutlich als Göttin erkennbar war sie allerdings Hektor, als er ihretwegen allein vor den Mauern Trojas bleiben muss und sie ihn heimsucht, als sein Leben beendet wird. (Na, von wem, geneigte/r Leser/in? Genau (s. oben): Achilles.) Als Gruppe gab es eine klare Aufgabentrennung: Klotho spann den Lebensfaden, Lachesis maß ihn und Atropos durchschnitt ihn.

Oder hatte wer anderes einfach genug von Durchschnitt? Jedenfalls nahm Kramaric nochmals Maß und schoss per Spann den Ball aufs Tor, der dann auf nahezu unerklärliche Weise in selbigem landete.

Das war die Führung, die erneute,
die uns doch alle sehr erfreute.
Das war ganz in unserem Sinne,
doch kaum hatten wir sie wieder inne,
ließen wir wieder riesen Chancen aus.
Doch das war egal. Das Spiel war gewonnen.
Das Spiel war …

… aus.

Der Trainer nannte es auf der Nachspiel-PK einen „Sieg der Moral“.

Gewiss meinte er die „Arbeits-“ bzw. „Kampfmoral“ der Mannschaft, ihr Engagement, ihren Willen, und eben nicht ihre Moral in diesem Sinne

Die Moral ist immer die Zuflucht der Leute, welche die Schönheit nicht begreifen.
(Oscar Wilde)

Moral ist, wenn man so lebt, dass er gar keinen Spaß macht zu leben.
(Edith Piaf)

Erotik ist die Überwindung von Hindernissen. Das verlockendste und populärste Hindernis ist die Moral.
(Karl Kraus)

… also im Sinne der faktischen Handlungsmuster, -konventionen, -regeln oder -prinzipien und somit die Gesamtheit der gegenwärtig geltenden Werte, Normen und Tugenden in ihrem sehr ethischen Sinne hehrer Werte wie „Sittlichkeit“, „sittliche Gesinnung“, „Sitte“, „Sinnesart“, „Gewohnheit“, „Charakter“, „Anstand“, „Brauch“ etc..

Denn schon im nächsten Spiel braucht es eine andere Sinnesart, wenn man nicht will, dass für den nächsten Gegner hohe Siege (auch gegen uns – gerade bei uns zuhause) zur Gewohnheit werden.

Moral im Sinne von „Willen“ kann da gewiss nichts schaden, aber es braucht auch auch Listigkeit im Sinne Odysseus oder eines gewissen David … sowie den Glauben an diese Mythen – und die Mannschaft, auf dass sie Kramarics Worte beherzigt:

„Wir müssen besser werden!“

Den Bezug zu Styx und dem Spielbericht hast du, geneigte/r Leser/in jetzt inzwischen längst hergestellt. Warum das vor allem im Zusammenhang mit den Hatern erwähnenswert ist?

Nun – das sind die ersten Worte des Songs:

You’re a troubled young man I can tell
You’ve got it all in the palm of your hand
But your hand’s wet with sweat and your head needs a rest

And you’re fooling yourself if you don’t believe it
You’re kidding yourself if you don’t believe it
Why must you be such an angry young man
When your future looks quite bright …?

 

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