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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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Hannover 96 vs. 1899 Hoffenheim

omnibus

Spiel & Stil

Die meisten Dinge sind banal. Es kommt immer darauf an, was man daraus macht.

Bestes Beispiel hierfür ist die Werbung, deren täglich Brot es ja ist, kleinste Angebotsunterschiede derart aufzubauschen, so dass sie als etwas Großes, „Uniques“ erscheinen.

Ein noch besseres Beispiel findet sich in der Kunst. Zum einen in der Musik (u.a. in den Goldberg-Variationen von J. S. Bach BWV 988, siehe höre oben), zum anderen in der Literatur. So wird in den „Stilübungen“ von Raymond Queneau eine ganz banale ÖPNV-Geschichte in 99 Varianten immer wieder anders und immer wieder neu erzählt. Doch egal, was man da liest, es geht immer um den „Autobus S“.

Und das beste Beispiel ist natürlich die TSG 🙂 unter Julian Nagelsmann, dem es in weniger als drei Monaten gelang, motorisch talentierten Männern das an sich banale Treten eines Balles so gut beizubringen, dass er öfter im Tor des Gegners landet als im eigenen. Bekanntermaßen gelang es gestern nicht, aber dafür in der wirklich kurzen Vergangenheit so oft, dass es trotz der Niederlage zum Klassenerhalt reichte.

Zur Feier des Tages versuchen wir, die drei oben genannten Dinge mal miteinander zu verbinden: bauschen die zwar wunderschöne, doch an sich banale Tatsache, dass wir trotz Niederlage nicht absteigen werden, etwas auf – und bemühen uns dabei um verschiedene Arten und Weisen der Wiedergabe – in der Hoffnung, dass jetzt, wo wir so erfolgreich „Alle gegen Einen“ waren, in den nun folgenden fünf, alpahabetisch sortierten Versionen etwas dabei „für alle“ – lat.: omnibus.

Alliteration

Alles auf Anfang.
Badens beste Blaue behalten Bundesligastatus.
Das Dorf darf durchatmen.
Fans feiern Fußballwunder.
Kraichgau kann Klassenerhalt.
Nagelsmanns Nullnummer.
Wundertrainer wirkt.

Haiku

Hoffenheim spielte
ohne Klasse – doch hält sie.
Der Sieger steigt ab.

Limerick

Hoffenheim wollte das Spiel zwar gestalten,
und doch konnte Hannover frei schalten.
Wo war da der Sinn?
Plötzlich war das Ding drin.
Scheißegal: Wir haben die Klasse gehalten.

Nörgler

Dess kann doch nedd woa soy. Die kicke beim Absteiger und verkacke dess. Dess war jo gar nix. Und dann bringt der aa noch den Kuranyi zur zwedde, was jo a kähn normaler Mensch versteht. Und wenn der Rudy mit derre Leischdung zur EM fahre will, muss sich noch die halb Bundesliga die Haxe breche. Vollkatastroof. Zum Gligg waare die annarä noch dabbeder. Aber des werrd neggschd Johr genau de gleische Dreck, wersch seh.

(Das kann doch nicht wahr sein. Da spielt man beim Tabellenletzten und lässt sich so vorführen. Das war ja gar nichts. Und die Einwechslung Kuranyis zur 2. Halbzeit erschließt sich mir nicht. Rudy hat mich noch weniger überzeugt. Kein gutes Spiel, aber es ging ja glimpflich aus. Aber ich erwarte aufgrund der Leistung sowie den wahrscheinlichen Abgängen am Ende der Saison einen ähnlichen Verlauf in der kommenden Spielzeit.)

Pseudo-(Spiel-/Psycho-)Analytiker

Die Situation vor dem Spiel war eine weitaus kompliziertere, als es auf dem Papier den Anschein hatte. Gerade die psychologischen Faktoren, die im Fußball immer wieder unter dem Begriff „Mentalität“ subsumiert werden, sorgten hier für eine für die TSG sehr schwierige Ausgangslage. Da Hannover 96 bereits als Absteiger stattfand, waren die Spieler und auch die Trainer frei. Man konnte etwas versuchen, sich zeigen, ohne Angst vor dem Scheitern haben zu müssen, während man bei der TSG schon unter Druck stand, das Spiel gewinnen zu müssen, um bereits am vorletzten Spieltag die Gewissheit zu haben, auch in der nächsten Saison in der 1. Bundesliga zu spielen.

Auf diese Konstellation machte der Trainer bereits auf der Vor-Spielpressekonferenz aufmerksam. Und auch in seiner doch eher defensiven Grundausrichtung, was die taktische Aufstellung und Ausrichtung anging, war zu erkennen, dass seine Erwartungshaltung die war, dass die Gastgeber frei und mutig und damit sehr offensiv agieren würden, was der TSG wiederum Konterchancen bieten würde. Dies schien zu Beginn des Spiels auch zu funktionieren. Die Gastgeber hatten zwar einen Gutteil der Spielanteile, aber immer wieder auch Ballverluste, die die TSG zu Kontern einluden. Doch Kramaric, Uth, Volland, Polanski konnten keine der Chancen verwerten.

Mit zunehmender Spieldauer nahmen jedoch die Ballverluste bei den Hausherren sowie die Sicherheit im Passspiel bei unseren Spielern ab, was einherging mit der Zu- respektive Abnahme des Selbstvertrauens und letztlich zum Führungstreffer führte, der einerseits auf einer Verkettung von Unzulänglichkeiten, andererseits einer perfekten Synergie von Zufällen beruhte, denn hätten wir den Lauf des sehr überzeugend spielenden Hannoveraner Verteidigers konsequent geblockt, wäre dieser nicht bis auf die Grundlinie durchgekommen. Hätten wir ihn da gestellt, wäre der Ball nicht nach innen gekommen. Wäre der Hannoveraner Stürmer, für den der Ball (wohl) eigentlich gemünzt war, nicht stehengeblieben, hätten unsere Verteidiger eine optimale Position zur Blockade des Balles gehabt. Und hätte Baumann den Fernschuss nicht berührt, hätte ihn Süle weggeschlagen. So aber gilt: Hätte, hätte, Fehlerkette … Der Spieler lief durch, der Ball kam durch, der andere ließ ihn durch, Baumann parierte ihn marginalst und Süle schlug ein Luftloch, dafür der Ball gegen sein Standbein und von da ins Tor.

Gerade diese Szene offenbarte all die Schwächen, die kennzeichnend waren für unsere Mannschaft in weiten Teilen der Saison. Da fehlte der Biss und der unbedingte Wille, das Spiel zu gewinnen und man kann und sollte sich fragen, woher das kommt.

Eine mögliche Antwort ist eben doch die Mentalität, die ähnlich in der letzten Saison zu sehen war nämlich immer dann, wenn man ganz nah dran war, so dass man sich sicher drin wähnte. War es letzte Saison Platz 7, von dem aus es unserer Mannschaft über die Hälfte der Saison nicht gelang, auf die Qualifikationsplätze der Europa League zu klettern, war es diesmal der letzte Schritt in den sicheren Hafen des Bundesligaverbleibs.

Zur Halbzeit leistete sich Nagelsmann seinen aus Sicht so mancher Hardcore-Fans den ersten Lapsus seiner Karriere: Er wechselte Kuranyi für Uth ein.

Eine Maßnahme, die aus vielerlei Gründen sehr clever war. Er ist gut in der Ballbehauptung, Ballsicherung, Ballverteilung. Damit war er eine gute Schaltzentrale in der Sturmmitte, um die anderen Offensivkräfte der TSG in Szene zu setzen. Voraussetzung natürlich hierfür ist, dass der Ball auch zu ihm kommt. Das war fast nie der Fall, so dass der Plan nicht aufging – und doch hätte es fast geklappt, als nämlich er von einem Mitspieler in Szene gesetzt wurde, aber Senior-Kevin wollte dann wohl auf Junior-Kevin spielen, verzog aber, oder er wollte aufs Tor schießen, was im Ergebnis auch nicht anders aussah als sehr missglückt.

Die Fans reagierten, man muss leider sagen, gewohnt ungehalten und hielten mit Beschimpfungen und persönlichen Einschätzungen ob seines spielerischen Könnens nicht hinterm Berg.

Gleichzeitig aber trauten sie der Leihe unserer TSG an Hannover 96, die bei ihnen noch unbeliebteren und in Sachen Abschlussstärke noch inkompetenter angesehenen Szalai zu, dass er womöglich nach seiner Auswechslung, gegen uns treffen würde.

Eine ganz spezielle Form psychischer Disposition, die es weiter zu untersuchen gälte und für die der Terminus paranoia palatinae nicht verkehrt wäre.

In der letzten Minute setzte Toljan mit einem Verzweiflungsfernschuss den Ball noch an die Latte, doch der Schlusspunkt kam nach dem Schlusspfiff, als die anderen Spiele zum Teil mit über fünf Minuten Nachspielzeit abgepfiffen wurde und klar war, dass wir auch in der nächsten Saison in der 1. Fußball-Bundesliga spielen werden, so dass man nicht anders kann, als Shakespeare zu zitieren:

Ende gut, alles gut.

 

 

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