Hamburger SV vs. 1899 Hoffenheim
Geb rauchte ab Surdität
Auf der Suche nach dem Original
Es gibt nur eines, was nach dem Spiel wirklich interessiert: Was? war? das?
Wären wir Esoteriker, könnten wir natürlich die Ursache im Datum selbst finden, schließlich fand diese Partie, in der wir den Gastgebern drei Punkte auf dem Silbertablett servierten und die wir auch in der Höhe hochverdient mit 3:0 verloren, am 26. November statt, dem 330. Tag des Gregorianischen Kalenders.
Aber Esoteriker sind wir nicht. Wir sind auch keine Freunde des Ausdrucks „ein gebrauchter Tag“. Er scheint uns unlogisch, denn sollte es so etwas geben, müsste es ja auch ein Original geben. Welcher Tag könnte das denn gewesen sein? In die engere Wahl können unserer Ansicht nach nur folgende drei in Frage kommen.
Vorschlag 1: 29. November 1909
Ja, das klingt etwas banal, dass der Originaltag auch der Gebrauchttag ist, allerdings würde jener 29. November vor 108 Jahren insofern passen, als dies der Geburtstag von Eugène Ionesco ist.
Nein, Eugène Ionesco ist nicht der Geburtsname von Eusébio, der portugiesischen Fußballlegende, das war Eusébio da Silva Ferreira (außerdem wurde der erst viel später geboren (am 25. Januar 1942)), sondern der Name des vielleicht bekanntesten Autors des Absurden Theaters.
Wer sich an das Absurde gewöhnt hat, findet sich in unserer Zeit gut zurecht.
Dieses Zitat des in Rumänien geborenen Franzosen hat das Potenzial zum Trostspender nach der Begegnung von Donnerstag und mehr noch zu dieser, in der wir etwas darboten, was zwar als Fußball tituliert war, aber nichts damit zu tun hatte. Von wegen „schönes Spiel“. Von wegen Teamwork, Passspiel und Laufbereitschaft. Das, was von unserer Mannschaft gerade in der ersten Halbzeit zusammengekickt wurde, war grotesk. Absurd hingegen war es, wie einfach es dem HSV gelang, uns unser Spiel, zu dem wir vor der Länderspielpause noch fähig waren, kaputt zu machen, denn sie taten nichts weiter, als bei Abstoß Baumann vier Mann an den Strafraum zu stellen, so dass unser Keeper den Ball immer noch per Langholz ins Spiel bringen konnte. Da aber weder der Daueradressat dieser Bälle Wagner noch das Mittelfeld auch nur einen festmachen konnte, kamen wir kaum über die Mittellinie und so gut wie nie vors Tor der Hanseaten. Dafür sie fast permanent vor das unsere. Und dass ihr Führungstor von uns erzielt wurde (obwohl wir dem Eigentorschützen Akpoguma hier keinen Vorwurf machen wollen, zumal er noch einer der besseren war), setzte dem Ganzen noch die Krone auf, also wolle uns der Autor dieses Stücks sagen: Ihr werdet nicht nur nicht gewinnen, ihr werdet euch selbst schlagen.
Und so richtig und vielleicht auch lebenshilfetechnisch wichtig das Zitat auch sein mag, für einen Fan ist das nichts. Er will sich einfach nicht an das Absurde gewöhnen. Er will, dass seine Mannschaft gut spielt. Und wenn sie es nicht hinbekommt, weil der Gegner besser ist, dass sie es zumindest versucht. Wenn sie es aber nicht mal dann hinbekommt, wenn der Gegner nicht besser ist, dann ist das einfach zum Abgewöhnen.
Immerhin sorgte der zweite Treffer dafür, dass einem der dritte dann auch egal war. Insofern stimmt das Zitat zumindest für den Schluss dieses Dramas (? – dieser Tragikomödie?) doch wieder. Er war der Höhepunkt dieses völlig dilettantischen Auftritts unserer Jungs im Volksparkstadiontheaters: Nach einem Freistoßpfiff stellen sich von uns vier Männer sich in einer Linie in zehn Schritt Entfernung zum Ball in einer Linie auf. Wer nun meint, was denn daran Besonderes sei, schließlich seien ja derartige Mauern Usus, hat per se recht, nur in dem Falle nicht, da sich unsere Spieler mindestens zwei Armlängen voneinander entfernt aufgestellt haben. Damit hätten sie zwar jede Gymnastikübung abhalten, aber halt keinen Ball abwehren können. Konnten sie auch nicht, und Baumann, dem vielleicht vieles war, aber nicht die Sicht versperrt, dummerweise leider auch nicht.
Das war vielleicht das Ärgerlichste, dass gerade den beiden Spielern, die noch zu den besseren Akteuren zählten, die beiden Großböcke unterlaufen sind, wo doch andere, insbesondere Demirbay und Zuber ein wesentlich subterraneres Niveau an den Tag legten, heißt: extrem unterirdisch spielten.
Der letzte Treffer dann war noch einmal so ein Produkt maximaler Dämlichkeit, aber das überraschte dann in der Partie keinen mehr.
Vorschlag 2: 3. September 1972
Wenn es denn einen „gebrauchten Tag“ gibt, könnte es ja sein, dass der Originaltag ein ganz besonderes Highlight war, wie eben jener Sonntag vor etwas mehr als 45 Jahren. Und er hat noch etwas Konträres, wenn man so will, denn er fand auch auf der anderen Seite der Republik statt, genauer in München. An dem Tag, der auch als Goldener Sonntag in die deutsche Sportgeschichte einging, gewannen Klaus Wolfermann (mit 90,48 m im Speerwurf), Bernd Kannenberg (mit 3:56:11,6 Stunden über 50 km Gehen) sowie Hildegard Falck (in der Weltrekordzeit von 1:58,6 min über die 800 Meter) drei Mal Gold für Deutschland während der Olympischen Sommerspiele in der bayrischen Landeshauptstadt. Statt drei Mal Gold um den Hals gab es halt für unsere Sportler heute drei Mal anderen Grund zum Kopfhängenlassen.
Vorschlag 3: 17. August 2013
Gegen keine andere Bundesligamannschaft schoss unsere Mannschaft mehr Tore als gegen den heutigen Gegner. Heute kam kein Weiteres dazu. Da gab es mal andere Zeiten und andere Spieltage. So gab es bereits schon zwei 5:1-Siege gegen die Rothosen. Einer ebenfalls an einem Sonntag (25. April 2010) zuhause, aber einer eben an jenem 17. August 2013 dort. Da taten wir uns zwar etwas schwer bis zur Halbzeit (1:1), aber dann ging es Schlag auf Schlag.
Das war das mit Abstand beste Spiel unserer Mannschaft in der Freien und Hansestadt Hamburg, was dieses Datum zum Originaltag für heute fast schon prädestiniert. Andererseits hatten wir unseren Sieg damals nicht dem Glück oder dem Unvermögen der Hausherren zu verdanken, sondern einer tadellosen Mannschaftsleistung. Da gab es nichts, was den Fußballgott hätte veranlassen müssen, dafür heute spät und gnadenlos Revanche zu nehmen.
Das waren unsere Vorschläge – und nun unsere Frage an dich, geneigte/r Leser/in:
P.S.:
Nun ist ein Fan ein hochreligiöses, -emotionales, aber auch -ambivalentes Wesen. Er glaubt an nichts, ist aber bereit, an alles zu glauben. Zum Beispiel an die Wiederauferstehung der Mannschaft im nächsten Spiel nächsten Samstag, wenn es ohne den dann gelb-gesperrten Vogt gegen das RüschenBallett (? – jedenfalls irgendwas mit RB) Leipzig geht. Das wird schwer, ist aber ungemein wichtig, um halbwegs in der Tabelle oben dranzubleiben.
Aber es gab schon mal so ein Spiel gegen den heutigen Gegner – in einer viel dramatischeren Situation –, das wir ebenfalls ziemlich heftig zuhause verloren: Am 33. Spieltag und auf Platz 17 liegend ging das Spiel am 11. Mai 2013 1:4 und damit bei uns ehedem ganz sicher die Lichter aus. … dachte damals jeder – und bekanntlich ging es dann doch noch gut, denn im Anschluss daran siegten wir gegen und in Dortmund (damals Champions League-Finalist). Naja, und wie das nächste Spiel beim HSV ausging, steht ja oben.
So gesehen kann es also alles ganz anders und viel besser kommen, als man heute nach dem Schrottauftritt denken mag, auch wenn es dazu etwas Phantasie bedarf. Aber die Freiheit nehmen wir uns, denn, wie Eugène Ionesco sagte:
Die Freiheit der Phantasie ist keine Flucht in das Unwirkliche, sie ist Kühnheit und Erfindung.
Auf dass auch die Mannschaft den Mut hat sich ganz kühn zu er-, sprich: wiederzufinden.
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Warum nicht einmal unkonventionell antworten? Nagelsmann spricht von Krise, kritisiert die Unzahl von Fehlpässen, bemängelt den Eifer, den Willen und die Laufbereitschaft und spricht von keiner Spitzenmannschaft. Dafür ist in allen Belangen der Trainer und Sportdirektor verantwortlich. Fehlpässe: schlechtes Training, falsche Prämissen und wenn Fehlpässe den Betreffenden mal Überstunden machen lassen. Laufbreitschaft: die kann der Trainer sogar während des Spiels anstacheln, Willen und Eifer: Sache der Trainers beim wöchentlichen Training. Wenn einer große Töne spukt, muss der Trainer es verhindern, wie Wagner als bester Mittelstürmer Deutschlands. Jeder Betrieb, Büro, Labor usw. sind nur so gut wie ihr Chef, der muss voran gehen und motivieren. Wenn manche denken, sie wären so gut, dass sie Abwandern können (mindestens vier) , dann ist es die Sache des Trainer ihnen ihre Lücken aufzuzeigen, statt dem zuzustimmen. Sicher ist der Verlust von Süle und Rudi schwer zu ersetzen, aber möglich, wie es einige Spiele bewiesen haben. Mit kurzen Worten: auch ein zeitweise erfolgreicher Trainer muss in sich gehen und manches überdenken, denn das Geschäft ist hart und um ein Negatives auszugleichen braucht eine ungemeine Vielzahl von Positiven. Altbekannte Tatsache und der Ältere darf auch einen jungen zeitweise erfolgreichen Mitarbeiter auf etwas hinweisen, statt nur aus der Vergangenheit zu loben.
So weit meine Gedanken.
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