Image Image Image Image Image Image Image Image Image Image

Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

Scroll to top

Top

One Comment

FC Augsburg vs. 1899 Hoffenheim

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Freude mit Trauerflor

Ein Sieg mit vielen Schatten

Ziemlich genau vor drei Jahren gab es dieselbe Partie unter fast ähnlich schlimmen Umständen. Am 29. September 2012 trennten sich beide Mannschaften in der RHEINECKARENA 0:0, nachdem am Tag zuvor Boris Vukcevic in seinem Auto aufgrund eines Zuckerschocks gegen einen Lastkraftwagen mit Tempo 70 fuhr und dabei lebensgefährlich verletzt wurde.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag gerieten fünf Fans des FC Augsburg auf ihrem Rückweg vom Auswärtsspiel in Mönchengladbach aus noch ungeklärten Ursachen unter einen Lastkraftwagen. Dabei starben zwei der Insassen, zwei wurden verletzt, einer schwebt noch in Lebensgefahr.

Dieses tragische Ereignis hatte großen Einfluss zumindest auf den Beginn des Spiels. Allein im Vorfeld, wo sonst allerlei Tschingtscharrassabumm und Uffta-Uffta-Uffta aus den Lautsprechern die Regel ist, blieb es andächtig still.

Eine große Geste des Vereins, der dann auch zehn Minuten vor Spielbeginn den Fans das Wort erteilte, die letzte Worte für ihre verstorbenen Freunde sowie aufmunternde Worte für die verletzten und vor allem den noch um sein Leben kämpfenden Freund fanden. Zum Abschluss der Reden wurde weder um eine Schweigeminute gebeten, wie das oftmals hierzulande üblich ist, auch nicht zu einer Minute Applaus, wie das unter anderem Irland oftmals der Fall ist, sondern darum, mit den Ultras gemeinsam in einen Chor einzustimmen, der aber nicht gebrüllt, sondern in tief berührender Gospelmanier dargeboten wurde.

Zwei Bengalos wurden gezündet und das ganze Stadion – auch wir Gästefans – erhob sich samt Schals – und der Augsburger Block begann seinen Choral.

Einige der Hoffenheimer Fans, die auch zuvor am Zaun des Stadions einen Kranz zu Ehren der Verstorbenen niederlegten, entrollten ein Transparent mit den Worten

„Wo Rivalität endet, wird Anteilnahme zur Tugend. RIP“

Es geht hierbei nicht um Textexegese. Das war und ist auch nicht der Moment, darüber zu reflektieren, ob Anteilnahme nicht eine Tugend bar jeglicher Rivalitätsaktivität ist, die Geste zählt und die war einfach nur groß. (Für die wie auch das Verhalten unserer Fans insgesamt gab es seitens der Augsburger Seite, soweit wir das mitbekamen, nur Lob.)

Der Schiedsrichter pfiff, das Spiel begann, die Hoffenheimer Fans schwiegen aus Respekt weiter und der Augsburger Klangteppich legte sich schwer über das Spiel.

Es war eine bizarre Atmosphäre. Auf dem Rasen fand faktisch ein ganz normales Fußballspiel statt, aber statt lautstarker Anfeuerungen beider Seiten gab es akustisch einen mantraartig vorgetragenen Gospel.

Auch die Mannschaften, die beide mit Trauerflor spielten, taten sich mit der Atmosphäre sichtlich schwer. Es hatte atmosphärisch eher etwas von einem Testspiel durchaus mit Gesang, aber der galt nicht ihnen.

Mit dem 1:0 für die TSG änderte sich das. Torschütze war der Mann, der vor drei Jahren die Stelle des lebensgefährlich verletzten Boris Vukcevic übernahm: Kevin Volland. Wie bereits in den Partien gegen Leverkusen und Bayern gingen wir mit dem ersten Schuss aufs Tor in Führung.

Bis dahin war von beiden Mannschaften wenig Nennenswertes zu sehen. Augsburg versuchte sich in der Spielgestaltung vor allem um die Mittellinie, Hoffenheim ließ sich jedoch nicht versuchen und blieb tief stehen, wartete auf die Balleroberung und den Konter.

Die Führung gab der Taktik recht und dem Spiel drive, was auch damit zusammenhing, dass dieses Tor für eine Änderung der Beschallung durch die Zuschauer sorgte. Akustisch wurde es dann endlich zu einem ganz normalen Bundesligaspiel, optisch eher zu einem ganz normalen Kreisklassekick.

Viel Kampf, viel Krampf, viele technische Unzulänglichkeiten auf beiden Seiten verdeutlichten, dass man einer Partie aus dem Tabellenkeller beiwohnte.

Zwar entwickelte die TSG aus ihrer Taktik heraus noch ein, zwei hochkarätige Chancen, aber erstens vergab sie dies doch recht kläglich und zweitens kam es ab der 20./25. Minute zu zumindest gefühlt keinem einzigen klaren Zuspiel auf den Mitspieler, sobald wir mal an den Ball kamen.

Die Abstimmung zwischen Kaderabek und Rudy war eine Vollkatastrophe. Toljan und Süle droschen die Bälle entweder immer weg oder passten sie auf Baumann, der dann diesen Part übernahm. Keiner seiner Abstöße, Abschläge oder Bälle aus dem Spiel heraus, kamen beim eigenen Mann an. Zwar mühten sich Volland und Vargas an die Bälle zu kommen, aber es gelang ihnen nie.

So kam der Ball entsprechend postwendend zurück an und in unseren Sechzehner. Es war die Phase, in es wohl jeder Spieler froh war, dass es so etwas wie die Caoching-Zone gibt, denn diesmal wäre es bestimmt nicht der Arm des Linienrichters gewesen, den Gisdol hätte schütteln wollen, sondern seine Spieler, die einfach hanebüchen umherirrten.

Letztlich ließ sich auch der bis dahin sicher und auch zwei, drei mal sehr gut reagierende Baumann von diesem Slapstick-Virus anstecken, mit der Folge, dass am Ende sogar er es selbst war, der die unglückliche Vorlage zu dem mehr als gerechten Ausgleich gab.

Immerhin riss sich die Mannschaft danach wieder etwas zusammen, rettete das Unentschieden in die Pause, in der den Trainern der Gesprächsstoff gewiss nicht ausging, von dem Strobl nicht alles mitbekam, denn er machte sich Mitte der Halbzeitpause warm. Er kam für den letzten Mittwoch noch so überzeugend spielenden Rudy, der aber in dem Spiel keine Sekunde an seine Form im Dortmund-Spiel anknüpfen konnte.

Zwar hatten die Hausherren auch zu Anfang der 2. Halbzeit ein optisches Übergewicht und kamen auch zu weiteren Chancen, die aber an Brisanz verloren, da wir endlich stabiler verteidigten und es uns immer besser gelang, wenngleich noch lange nicht überzeugend, den Ball in unseren Reihen zu halten.

Auch das mit dem Kontern klappte wieder. Vargas spielte sich dabei in den Sechzehner durch und konnte nur nicht durch ein Foul gestoppt werden. Zum fälligen Strafstoß trat diesmal nicht Polanski an, der im Spiel gegen die Bayern ebenfalls beim Stand von 1:1 einen Elfmeter unglücklich an den Pfosten setzte, sondern Volland, der mit etwas mehr Präzision, aber ähnlich fest in die andere Ecke schoss – und traf, so dass man unserem Spiel wirklich so ziemlich alles absprechen konnte – außer Effektivität.

Wenige Minuten später vollendete Schmid, den man endlich mal frei mal über rechts, mal über links angreifen ließ, einen weiteren Konter zum Endstand von 3:1. Das Spiel war gelaufen. Am Ende hätte der Sieg noch höher ausfallen können, aber Vargas traf nur die Latte. Damit auch ja nichts mehr anbrennt, wechselte Gisdol ihn aus und Schär ein, was natürlich nichts zur Steigerung der Spielästhetik beitrug, doch um die ging es nicht. Es ging um drei Punkte, um aus dem Tabellenkeller herauszukommen, und die haben wir geholt – mit dem, unglaublich, aber wahr, erst zweiten Liga-Auswärtssieg im Jahre 2015.

Möge auf ihn der (erst) fünften Liga-Heimsieg in diesem Kalenderjahr folgen, denn dann – und NUR dann – beginnt die Tabelle aus unserer Sicht so langsam versöhnlich auszusehen., was schön wäre – und noch schöner, wenn dann das Spiel unserer Mannschaft auch noch ansehnlich wird. Und dazu bedarf es ja nichts anderes, als die Leistung aus dem Mittwochspiel mit der Effizienz des Wochenendspiels zu kombinieren.

So einfach ist das. Fußball halt. Die schönste Nebensache der Welt.

Und weil es Wichtigeres gibt, möchten wir damit auch enden:

Unser herzliches Dankeschön gilt den Organisatoren und Teilnehmern der wirklich wunderschönen Idee von „Augsburg Calling„.

Und noch viel wichtiger:

Unser Beileid der Familie und den Freunden und Bekannten der verstorbenen Ausgburg-Fans und möge der schwerverletzte Simon es Boris gleichtun und den Unfall letztlich überleben.

Comments

Submit a Comment