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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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FC Augsburg vs. 1899 Hoffenheim

Das Paradoxon der Anziehung

Die Papierform genügt nicht,
man muss sie auch knicken können.

Vorspiel:

„Was will die denn mit dem?“
„Was will der denn mit der?“
„Was will der denn bei uns?“

Es müssten die größeren Fragen gestellt werden, sagte Alexander Rosen nach dem Debakel gegen Bochum, kurz bevor André Breitenreiter wegen Erfolglosigkeit entlassen wurde. Entgegen unserem Rat. Jetzt ist seit zwei Partien Pellegrino Matarazzo unser Cheftrainer. Entsprechend unserer postdemissionalen Rekommendation. Leider bleibt zu konstatieren, dass man ohne Trainerwechsel auch nicht weniger Punkte geholt hätte – und dass wir aktuell nur deshalb nicht auf einem Abstiegsrang stehen, weil der Spieltag noch nicht rum ist. Vielleicht verharren wir an dessen Ende weiter auf Platz 14, vielleicht wird es auch Platz 17, auf jeden Fall bleiben es fünf Punkte auf Platz 13. Und nächste Woche kommt Borussia Dortmund.

Das soll jetzt keine Trainerschelte sein. Der passt schon. Er hätte früher vielleicht besser gepasst, aber jetzt ist es, wie es ist, und das ist nicht unbedingt sooo schlecht. Immerhin spielen wir in der Rückrunde noch gegen alle die Mannschaften, die Stand jetzt hinter uns liegen. Das ist doch zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer.

Auch wenn Friedrich Nietzsche in „Menschliches, Allzumenschliches“ die Hoffnung als das übelste aller Übel ansah, weil „der Mensch, auch noch so sehr durch die anderen Übel gequält, doch das Leben nicht wegwerfe, sondern fortfahre, sich immer von Neuem quälen zu lassen“ und so letztlich die Qual verlängere, so hielt er auch fest:

„Wenn du lange in einen Abgrund blickst,
blickt der Abgrund auch in dich hinein.“

Anpfiff:

Aber natürlich fällt es schwer, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen. Die Frage ist halt, worauf / wohin man schaut – und man sieht bei allen Problemen auch den ein oder anderen Schritt, der jedoch weit davon entfernt ist, insgesamt einen Fortschritt darzustellen. Dazu ist das Team immer noch viel zu heterogen. Da greift nach wie vor wenig zusammen, was aber nach wie vor nicht überrascht, denn das ist nicht die Mannschaft, mit der die TSG im Wintertrainingslager war – und dies war jetzt Matarazzos erste komplette Trainingswoche. Und das sah abstimmungstechnisch schon etwas besser aus.

Die Rückkehr Vogts sorgte für wesentlich mehr Stabilität. Auch dass Kaderabek wieder in der Startelf stand, tat der Defensive an sich gut. Brooks Verbleib darin ist hingegen wohl vor allem der Hoffnung (s. o.) geschuldet, dass er das Verteidigen nicht völlig verlernt hat. Und warum ist Angelino dauergesetzt? Gibt es da einen vertraglich zugesicherten Startelfstammplatz? Hat er eine Art Zwillingsbruder, der für ihn das Training absolviert?

Der Mann verteidigt nicht gescheit, verliert wahnsinnig viele Bälle im Spielaufbau, läuft weder auf die Grundlinie, noch in den Sechzehner und flankt fast ausschließlich aus dem Halbfeld. Und wenn der dann mal in aussichtsreicher Position zwei Meter vor dem gegnerischen Tor ist, spielt er den Ball mit seinem vermeintlich stärkeren linken Fuß drei Meter am linken Pfosten vorbei. Er ist ein konstanter Schwachpunkt. Oder doch nicht?

Zeigt er nur auf, dass wir keine Ahnung haben? Denn Kritik hört man an ihm nicht.  In den TV-Berichten kommt er immer sehr gut weg. Aber die fokussieren sich da auch auf rein quantitative Parameter, meist „flankt am meisten“. Aber alle anderen Maßstäbe werden an ihn nicht angelegt. Damit ist seine Leistung insgesamt zwar unterirdisch, aber – auch kein neues TSG-Problem – die Zahlen stimmen.

Aber was in Sachen Finanzen des Vereins (bzw. der GmbH) sehr positiv zu bewerten ist, sollte man bei den Spielern endlich, endlich, endlich ignorieren: die Papierform.

Das machen natürlich auch die gegnerischen Trainer immer sehr gut, wenn sie auf „die individuelle Klasse“ unserer Spieler hinweisen oder einfach nur Namen nennen und hier noch eine gewisse Aura der Klasse der gesamten Mannschaft vermitteln möchten. Die Mannschaft täte gut daran, das ganze Gewese in Sachen Papierform endlich mal zu knicken. Und zwar richtig. Denn nur dann bringt das … Auftrieb.

(Eine genaue Erklärung und weitere Beispiele dafür, wie man die Papierform (in der Regel DIN A 4) optimal knickt, gibt es auf https://einfach-basteln.com/faltanleitungen/papierflieger/)

Flugzeuge fliegen dank des Bernoulli-Effekts, benannt nach dem Schweizer Physiker Daniel Bernoulli, der im 18. Jahrhundert einen Effekt beschrieb, der zur entscheidenden Grundlage für modernes Fliegen wurde: Strömende Flüssigkeiten und Gase üben einen geringeren Druck auf ihre Umgebung aus als ruhende. Je höher die Geschwindigkeit, desto kleiner der Druck.

Ein einfacher Versuch, den jeder zu Hause ausprobieren kann, zeigt diesen Effekt: Hält man ein Blatt Papier an einer Seite jeweils an den Ecken fest, hängt das Blatt in einem Bogen herunter. Bläst man jedoch oben über den Papierstreifen, dann ist dort die Geschwindigkeit der Luft größer als unten, wo sich die Luft nicht bewegt. Dadurch wird der Druck an der oberen Seite herabgesetzt. Der höhere Druck an der Unterseite drückt nun das Blatt nach oben. (Drückt? Oder nicht eher zieht?)

Noch ein Versuch: Man hängt zwei Blätter Papier über zwei zueinander parallele Stäbe in nicht allzu großem Abstand und bläst von oben in den Zwischenraum, rücken die Blätter zusammen, also nicht, wie man vielleicht erwarten würde, auseinander.

Dieses hydrodynamische Paradoxon ist auch der Grund dafür, …

        • …, dass wir Menschen uns klanglich mitteilen können, denn auch die Stimmlippen des Menschen werden durch den Bernoulli-Effekt zu Schwingungen angeregt, die in der Luft hörbaren Schall erzeugen.
        • …, warum wir Menschen bei Starkwind Atemnot bekommen können. (Infolge des Bernoulli-Effekts saugt dabei der Wind die in den Atemwegen ruhende Luft heraus.)

Erinnerst du dich, geneigte/r Leser/in, noch an das obige Nietzsche-Zitat mit dem Abgrund? Auch das kann man mit diesem Bernoulli-Effekt oder eben dem Paradoxon in Verbindung bringen, denn sind zwei Schiffe auf Parallelkurs, dann kann der Effekt die Schiffe derart ablenken, dass sie kollidieren.

Ebenso kann ein Schiff bei schneller Fahrt und wenig Wasser unter dem Kiel auf Grund gehen, weil der Bernoulli-Effekt es in Richtung Grund saugt.

In einer solchen Situation jetzt unbedingt „Gas geben zu wollen“, ist jetzt nicht unbedingt klug …

Und irgendwie ist dieser Effekt (und das Paradoxon) sinnbildlich für die TSG im Allgemeinen und das Tor der Augsburger zu Beginn der 2. Halbzeit im Besonderen.

Es scheint eine unsichtbare Kraft zu geben, die viel Wind macht, um jeden Einzelnen zu pushen, aber dadurch eine Anziehungskraft entwickelt, die dem Gesamten schadet. Buchgeld?

Die Kollision von Brooks und Vogt in der 47. Minute wirkte paradox. Zum Glück gab es aber eine dritte Kraft, die in die Situation einwirkte, genauer: die Hand des Augsburger Angreifers in Vogts Nasenbein, so dass der Treffer nicht gewertet werden konnte.

Das war bereits der zweite Treffer, den der Schiedsrichter erst wertete und dann zurecht zurücknahm. Auch das Handspiel, das dem ersten Schuss auf Baumanns Tor (der – man muss ja sagen – natürlich drin war) vorausging, hat er erst nicht beanstandet.

Kevin wurde dann wider seinen Willen gegen Bicakcic ausgewechselt, dem man seine fehlende Spielpraxis (im Gegensatz zu Brooks) interessanterweise nicht anmerkte.

Zu Beginn des zweiten Durchgangs ersetzte Asllani Dollberg, was sich insgesamt positiv auf unser Spiel auswirkte. Auch die Hereinnahmen von Bischof und Akpoguma brachten mehr Schwung in unser Spiel, was aber auch deutlich damit zu tun hatte, dass unsere Youngster deutlich ballsicherer waren. Wir konnten uns sogar sehr gute Torchancen herausspielen, was so etwas wie Hoffnung (Nietzsche, s. o.) aufkommen ließ. Ein Eckball machte diese dann aber zunichte – und so wurde es bei aller „Papierform“ wieder ein Nulli-Spiel.

Abpfiff.

Nachspiel:

Wie gesagt, die Papierform gilt es endlich mal zu knicken, den ein oder anderen richtig zusammenzufalten, so aber, dass es passt – in den Achsen, an den Ecken.

Und alles, was es dann noch braucht, um aus einem Nulli-Spiel ein Bernoulli-Spiel zu machen, ist Geschwindigkeit. Über die Flügel. Ohne ist es nur eine beschwerliche (träge) Masse, die sich selber und über die man sich beschwert. Aber mit Geschwindigkeit kommt zumindest physikalisch der Auftrieb von ganz allein …

… – so paradox das auch vor dem nächsten Spiel klingen mag. 🙂

 

A propos „paradox“….
Merke:

Wenn’s heiß wird,
bringen einem kalte Füße gar nichts.

 

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