Borussia Dortmund vs. 1899 Hoffenheim
FC Bollywood
u. a. über Inder, Rinder und Hornochsen
1899 Hoffenheim. Der kleinste Bundesligaverein wird der Werbeträger des deutschen Fußballs. Im bevölkerungsreichsten Staat der Erde wird unsere TSG im Anschluss an diese Spielzeit im Auftrag der DFL nach Indien reisen und um dort Werbung für diesen Sport zu machen. Und wer das gestrige Spiel sah, weiß, dass dies eine gute und richtige Wahl ist.
Indien ist ein Land mit einem riesigen Potenzial – in allen Belangen: wirtschaftlich, aber halt auch kulturell und sportlich. Allerdings spielt der Sport an sich dort kulturell keine so herausragende Rolle, und wenn schon, sind es traditionell andere Sportarten, insbesondere Hockey und Cricket.
Fußball konnte sich da bisher nicht so richtig durchsetzen – und das trotz der Tatsache, dass der indische Subkontinent lange Zeit britische Kolonie war. Immerhin konnte sich das Land für die Fußball-WM in Brasilien qualifizieren, die von 1950, sagte aber seine Teilnahme ab, da die Spieler nicht barfuß spielen durften.
Aber das hat sich geändert. Die Begeisterung ist da. Und das Schuhproblem ist auch gelöst, zumal diese ja heute nicht mehr aus Rindboxleder sind. (Unsereins hätte wohl auch so seine Schwierigkeiten (gehabt), in der gegerbten Haut eines Wesens zu spielen, das uns heilig ist.)
Irgendwie erinnert das (Indien) doch auch an uns. Natürlich in einem viel kleineren Maßstab, aber auch unsere Region zählt zu den wirtschaftlich potentesten. Und auch sie war sehr lange Zeit Fußball-Diaspora.
Zwar wurde es überall gespielt, aber nicht auf höchstem Niveau, wenn man mal von einzelnen Ausreißern wie der Deutschen Meisterschaft des VfR Mannheim (1949) absieht. Traditionell dominierten hier andere Sportarten (Rugby, Faustball, Basketball (USC Heidelberg), Handball und Eishockey sowie Kegeln, Ringen, Gewichtheben).
Naja, und dann gab es eben einen Impuls von außen und ein klares Bekenntnis eines Mannes, dem es dann mit viel persönlichem und natürlich auch finanziellen Engagement, aber halt auch einem klaren Nachwuchskonzept gelang, die Region auch in Sachen Fußball nach vorne zu bringen.
Vor sieben Jahren noch in der 2. Liga, in zwei Wochen in Indien als Repräsentant einer der besten Fußball-Ligen der Welt im bevölkerungsreichsten Land der Erde. Das hat schon was von Ritterschlag. Das „Projekt Hoffenheim“ als perfekte Blaupause für ein Fußball-Entwicklungsland. In wenigen Monaten starten wir in unsere siebte Bundesligasaison in Folge, in der wir einiges erwarten dürfen und können; wenn, ja, wenn wir die Fehler der letzten Wochen nicht mehr machen.
Vielleicht hilft dieser Trip auf den Subkontinent ja auch, um unser Image gerade bei denen, die sich Traditions-Fans nennen, insbesondere bei solchen Gestalten wie jenen, die vor dem Spiel für eine „Schmiergelbaffäre“ sorgten.
Diese Hornochsen besprühten den Bus unseres Teams mit diversen Unflätigkeiten mit ihrer Vereinsfarbe. Sehr unschön und unsportlich, aber der Beweis, dass es nur eines Dachschadens eines Subjekts bedarf, um einen Sachschaden bei einem Objekt zu verursachen. Und dass DFB, DFL und UEFA noch viel zu tun haben, bis „Fair Play“ und „Respect“ vollumfänglich bei jedem ankommt.
Als wir vor dem Spiel am Stadion ankamen, war alles wieder gut, der Bus gereinigt, was wohl vor allem dem Busfahrer des Dortmunder Busses zu verdanken ist, der unserem Busfahrer zusammen mit ein paar Kollegen geholfen hat, diese Schmierereien zu entfernen. Danke sehr!
Und auch seitens des Vereins wurde sich offiziell bei unserem Verein entschuldigt, was man ja angesichts der früheren Eskapaden zwischen den Clubs schon als wirklich bemerkenswert ansehen muss – und als gutes Zeichen.
Auch auf dem Weg zum Stadion sowie im selbigen war die Stimmung zwischen den Kontrahenten sowohl auf dem Platz als auch auf den Rängen geprägt von einer positiven Rivalität. Obwohl es eines der Spiele war, bei denen es (wenn man mal den Aspekt TV-Geld ausklammert) de facto nur noch um die vielbeschworene „Goldene Ananas“ ging.
Das Spiel von vor einem Jahr war noch nicht vergessen. Diesmal wollten die Hausherren ihr letztes Heimspiel der Saison gegen uns nicht schon wieder verlieren. Und wir wollten diesen Sieg wiederholen – und beides war von Anfang an spürbar.
Die Gastgeber machten Druck und unsere Abwehr keinen guten Eindruck. Wieder, wie in den letzten Wochen, standen wir bereits nach wenigen Sekunden mit dem Rücken zum eigenen Tor. Aber mit viel Einsatz machten wir die mangelnde Ordnung wett. Und nachdem unserer Mannschaft zu Beginn des Spiels nicht mehr gelang, als den Ball nur abzuwehren und herauszuschlagen, gelang uns nach fünf Minuten auch mal ein geordneter Spielaufbau und unsererseits die gegnerische Abwehr unter Druck zu setzen.
So sorgte der Einsatz von Volland an der Außenlinie gegen einen Verteidiger für einen unerwarteten Ballgewinn, den wir dann sofort zur Führung nutzten. Volland mit Ball nach innen, auf Rudy, der sieht, dass Firmino kommt, den Ball durch- und dem Brasilianer überlässt, der ihn dann lässig einnetzt.
Diese Führung war zu dem Zeitpunkt nicht zu erwarten gewesen, aber natürlich umso schöner. Der ohnehin große Support aus der blauen Nordostkurve wurde noch intensiver, so dass man von der berühmten Südkurve nichts mehr hörte.
Und wenige Minuten später wäre sie wohl völlig verstummt, wenn Volland die Riesenchance zum 2:0 genutzt hätte. Aber so gut Firmino den Ball zuvor erkämpfte, zu ihm spielte, er den Heimtorwart ausspielte, so kläglich schoss er den auf der Linie stehenden Verteidiger der Heimmannschaft an. Das war alles toll gespielt und klasse gemacht, aber dann halt doch sch … ade.
Die Gäste intensivierten ihr Spiel, aber inzwischen standen wir besser. Polanski und Strobl räumten im Mittelfeld ab, was ging, und dahinter standen Abraham und Süle, die zwar oft in höchster Not, aber auch mit Erfolg klärten.
Unerklärlich hingegen dann die zehn Minuten, in denen die Gäste das Spiel drehten. Plötzlich standen wir wieder völlig ungeordnet auf dem Platz, im Raum, aber nicht am Mann und damit folgenschwer 3:1.
Natürlich mag das damit zu erklären sein, dass es für uns um nichts mehr ging und damit die letzte Konzentration fehlte, aber das kann, wenn überhaupt, nur sehr bedingt stimmen, da wir solche Phasen in einigen anderen Begegnungen hatten, in denen wir noch nicht für den Ananaspokal qualifiziert waren.
Aber wie bereits beim Spiel beim Deutschen Meister fingen wir uns auch beim Deutschen Vizemeister, nachdem wir in wenigen Minuten den Zack-Zack-Zack-Dreierpack kassierten. Leider gelang uns diesmal aber kein Anschlusstreffer mehr in der ersten Hälfte, auch wenn es nur knapp war, denn Volland setzte den Ball, als er sich in einem fast schon Mehrkampf gegen die gegnerische Verteidigung durchsetzte, nur knapp neben das Tordreieck.
In der zweiten Halbzeit fokussierte sich die Heimmannschaft auf Ergebnissicherung, was uns zumindest optisch besser aussehen ließ. Aber dennoch blieben sie immer wieder dank wirklich beeindruckender Ballstafetten (schnell, präzise, zielgerichtet nach vorn) gefährlich. Aber in letzter Konsequenz ging es ihnen vor allem darum, ihren Mittelstürmer bei dessen letztem Heimspiel in Szene zu setzen, so dass er jenes nächste Tor schießen möge. Doch Abraham und Grahl, letzterer auch mit hohem persönlichen Einsatz, ließen das nicht zu.
Und dann fiel doch noch der Anschlusstreffer. Süle trieb den Ball wieder mal nach vorn. Und da er nicht angegriffen wurde (wahrscheinlich rechneten die Gäste wieder mit einem seiner 50-m-Vorsah-Gedächtnispässe), trabte er weiter und weiter nach vorn und als er dreißig Meter vor dem Tor immer noch nicht angegriffen wurde, haute er mal einfach drauf – direkt auf und irgendwie auch durch den Gästekeeper. Der Ball spang kurz vorher auf, durch seine Beine ins Netz.
Jetzt wurde es noch einmal spannend und Markus Gisdol warf alles rein, was irgendwie offensiv kompetent schien. Salihovic (für den schwachen Elyounoussi) fügte sich zwar gut ein, aber ihm gelang keine entscheidende Aktion mehr. Und die eingewechselten Gyau und Nazario (für den verwarnten Polanski bzw. den ausgepowerten Strobl) enttäuschten völlig, was einen in der Verwunderung über deren Einwechslung bestätigte: Wie schlecht muss Hamad im Training sein, dass er nicht eingewechselt wurde? Oder sollten die beiden Eingewechselten ins Schaufenster gestellt werden? (Wäre irgendwie nachvollziehbar, denn bei allen Verstärkungen, die wir z. B. in der Defensive benötigen, benötigen vor allem Nachfrage für einige der aktuellen sowie der dreizehn Kicker, die am Ende der Saison zu ihrem offiziellen Arbeitgeber (uns) zurückkehren. Aber was immer die Motivation war, funktioniert hat es nicht. Und so blieb es bei dem unglücklichen 2:3.
Obwohl es ein gutes und wesentlich besseres Spiel unserer Mannschaft war (im Vergleich zu den Vorwochen), war es wieder mal kein Sieg. Seitdem wir unseren Klassenverbleib sicher haben, haben wir nicht mehr gewonnen. Und ob uns das im letzten Heimspiel gelingt?
Wir spielen zwar gegen den Tabellenletzten, aber …
- a) ist das die Mannschaft unter allen aktuellen Bundesligisten, gegen die wir die schlechteste Bilanz, sprich: bisher keine Punkte geholt haben, und
- b) warnte der Trainer der Gastgeber auf der Pressekonferenz nach dem Spiel vor einem letzten Heimspiel gegen einen vermeintlichen Absteiger. („Solche Spiele sind nicht vergnügungssteuerpflichtig!“ – Das muss man natürlich ernst nehmen, denn schließlich hat er dieses Wissen ja uns zu verdanken. 🙂 )
Also nicht unterschätzen, sondern sich an der Dramaturgie eines Bollywoodstreifens orientieren: immer großes Auf und Ab, viel Spektakel, kein Geknutsche, dafür aber immer mit Happy End.
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Das obige Video entstammt aus einem klassischen Bollywood-Streifen rund um ein bislang noch recht unindisches Thema: Fußball. Titel: कभी अलविदा ना कहना 🙂
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