SC Freiburg vs. 1899 Hoffenheim
10
Propädeutik zur Kausalitätsforschung
Pele.
Maradona.
Netzer.
Es gab eine Zeit, da galt die „10“ was im Fußball. Sie stand für Kreativität, Virtuosität, Souveränität. Sie stand für Ästhetik im Spiel, für Anmut, Eleganz, Größe. Heute, in Zeiten, wo es kein beherrschenderes Thema gibt, als die Doppel- oder gar Triple-6, steht die 10 nur für noch für den tabellerischen Niedergang unseres Vereins.
Nun sind wir an der Spitze der Zweisteligen. Platz 10. Weil wir ein Spiel, in dem wir nach einem 0:1-Rückstand zur Halbzeit mit 2:1 führten, gegen 10 (!) Mann mit 2:3 verloren. Und weil wir gerade dabei sind: Das war auch die 10. Niederlage der Saison.
Hier muss natürlich die Frage aller Fragen gestellt werden: Warum?
Es gab keinen Grund. Das Wetter war prima. Es war ein Tabellennachbar. Mit einem Sieg hätte man an ihm vorbeiziehen können und vielleicht doch noch ein klitzekleines bisschen Europa avisieren können, jedenfalls hätte man die 40 Punkte erreicht und das zu Pezzaiuolis Amtsantritt ausgegebene Ziel „Nicht-Abstieg“ erreicht – und der Gegner spielte auch mit und vor allem, was uns ja besonders liegt, nach vorn.
So entwickelte sich von Anfang an ein sehr flottes Spiel, bei dem es Chancen hüben wie drüben gab, nur das Tor fiel bei uns. Vielleicht weil Nomen doch nicht immer Omen sind, denn die Leistung unseres Keepers war keine, die seinem Nachnamen zur Ehre gereicht hätte.
Eckball Freiburg und direkt verwandelt. Niemand steht am langen Pfosten, dafür Starke fest auf der Linie. Das war der rechte Moment, wo Fußballskommentatoren sich metaphorisch gerne an den Tanzsport lehnen und von „keiner guten Figur“ sprechen.
Auch wenn der Ball extrem glücklich genau perfekt ins lange Eck fiel, muss ein Torwart seiner Größe so einen Ball haben Punkt Aber ganz offensichtlich machten die Freiburger hier eine Schwäche der Hoffenheimer Hintermannschaft (klingt ein wenig nach Volksmusik, oder? die „Hoffenheimer Hintermannschaft“ – mit dem Wunschlied der Fans: „Wir machen unsere Hütte dicht, dafür vorne Buden, Buden, Buden“), denn nahezu jeder Eckball wurde von ihnen lang und nah vors Tor gezogen – und kein einziges Mal … Tanzsportmetapher.
So ging der Gegner also dann doch in Führung. Kurz zuvor wurde ein Abseitstor (zurecht) nicht gegeben. Aber schon hier zeigte sich, dass unsere Abwehr anfällig war für hohe Bälle.
Unsere Jungs zeigten aber auch Moral. Der Rückstand änderte nichts am Spiel – und wenn, dann förderte er die Spielfreude und Laufbereitschaft. So wurde der Gegner weiterhin beim Spielaufbau gestört und zu Fehlern gezwungen. In Folge eines solchen Fehlers fiel dann das 1:1. Elfmetertor durch Ibisevic. Mlapa erobert sich den Ball, läuft alleine aufs gegnerische Tor zu und wird im Strafraum gefoult. Rot. Tor.
Und nur kurze Zeit darauf zieht Babel drei Mann auf sich und dabei auch von links nach innen sowie den Ball an allen vorbei ins lange Eck. Rückstand aufgeholt und Spiel gedreht. Die Freude war groß. Des Torschützen Twitter-Lad Alaba gehörte zu den ersten und enthusiastischten Gratulanten.
Das war ein schönes Bild. Stimmung in der Mannschaft, ein echter Spirit, Kumpels, die gerne kicken und nun diese Freude nun auch feiern. Dann: Fast noch das 3:1. Halbzeit.
Wunderbar. Sonne. Gegen 10 Mann. Was soll da passieren?
Und kaum hatte die 2. Halbzeit begonnen, liegt wieder der Ball im Tor des Gegners. Compper hat ihn reinbugsiert, allerdings mit einer nicht erlaubten Extremität. Das war es dann, was man von unserer Mannschaft sah. Denn von nun an spielte nur noch die Gastgeber. Sie rannten und kämpften, und taten und machten, und erzielten ihrerseits ein irreguläres Tor. Wieder Abseits. Glück gehabt. Aber kein Weckruf. Nichts passierte. Man ließ den Gegner einfach weiter kombinieren und laufen und tricksen und dann traf Braafheid halt einmal im Sechzehner die Beine des Gegners, nicht den Ball, was zur Folge hatte, dass die Freiburger Ibisevics Strafstoß wiederholten. Nervös. Fest. Mittig. Ausgleich.
Weckruf? Fehlanzeige. Stattdessen noch einmal ein langer Ball. Starke zeigt, dass er er ein durch und durch bodenständiger Typ ist, alles springt hoch – nur er nicht – zuletzt der Ball einem Freiburger auf die Schulter, von da ins Tor. Sieg für Freiburg und Platz 10 für Hoffenheim.
Wie kann eine Mannschaft so den Faden verlieren?
In Überzahl?
Man müsste doch nur passen, passen, passen.
Es waren weit über 20 °C.
Kann man da dem Trainer einen Vorwurf machen? Irgendwie nur schwerlich, wenngleich man natürlich nicht weiß, was zur Halbzeit besprochen oder ob überhaupt irgendwas von irgendwem kommuniziert wurde. Und seine Einwechslungen bleiben zumindest für uns mindestens ebenso undurchdringlich wie der Google-Suchalgoritmus. Sigurdsson ist nur dann gut, wenn wir gegen einen Gegner spielt, der auch in Straumraumnähe foult. Ansonsten ist Firmino die um Längen bessere Wahl.
Nein, das hier muss sich die Mannschaft zuschreiben. Das Spiel hätte sie nach der starken 1. Halbzeit locker gewinnen können, aber irgendwie …
Man hat ja gesehen, dass wir nach wie vor kicken können, aber unser Hauptproblem scheint ein williger und entschlossener Gegner zu sein. Fehlt die Motivation? Die Ambition des Einzelnen? Das wäre eine gute Erklärung, schließlich ist man zumindest offiziell mit so einer Platzierung nicht unzufrieden.
Diese Saison dürften auch 37 Punkte reichen, um über den Dingen zu stehen, den Dingens halt, den … äh … Abstiegsplätzen. Aber ob das in der nächsten Saison auch noch reicht?
Daher bitten wir unter Berücksichtung der Spielermotivation um eine ambitioniertere Zielsetzung. Und um eine klassische 10 (siehe oben)
Danke, Dietmar.
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