Eintracht Frankfurt vs. 1899 Hoffenheim
Fußball – Die Monarchie der Plebejer
Das Ende vom Ende?
Vor vielen, vielen Jahren, ja fast Dekaden, ehedem, als der Besuch einer Hochschule noch kostenlos war und den Einstieg in eine in Sachen Geld und Ansehen vielversprechende Karriere bildete, damals, als von einem Intellektuellen noch in Hoch- und nicht Verachtung gesprochen wurde, war die Bundesrepublik Deutschland kein souveränder Staat. Die Allierten beäugten uns Deutsche sehr kritisch. Wir warne ja eine junge Demokratie. Aber waren wir auch gute Demokraten? Sind wir gefestigt im Glauben an die Macht des Volkes. Und ist sich das Volk seiner Macht bewusst und auch willens, sie zu nutzen? Schließlich bekamen wir ja diese Staatsform 1949 von den Alliierten vorgeschrieben.
Obwohl sich die Frage ja im Grunde nur darum drehte, ob wir tendenziell zutiefst antidiktatorisch wären, also in Zukunft gefeit vor einer Wiederholung der Geschichte, hatte man immer wieder den Eindruck, dass man gut auf einen Führer verzichten kann und will, aber muss es so etwas Langweiliges wie ein Bundespräsident sein, von dem man ja nicht mal wirklich weiß, was er tut und wozu und überhaupt. Wenn es schon darum geht, eine repräsentative Position zu füllen, ginge es denn da nicht, dass wir ein System hätten wie unsere Nachbarn im weiteren Sinne (Dänemark, Schweden, Norwegen, Belgien, Niederlande, Großbritannien, Spanien).
Wirklich offen wurde die Diskussion nie geführt. Schließlich hatten wir in unserer Geschichte auch mit solchen Menschen wenig Glück. Aber das Verlangen war unweigerlich da, was sich spätestens beim Fußball zeigte. Denn der Fußball wurde geadelt, man sprach von König Fußball – und darüber kam natürlich nichts, außer der Lichtgestalt, dem Kaiser.
Es ward zu dieser Zeit wie besungen: „König Fußball regiert die Welt.“ – zumindest die derer, die das sangen. Und daran änderte sich ja auch nichts. Außer der Königin von England ist kein anderer Monarch so lang im Amt wie Kaiser Franz.
Aber während er keinerlei Nachwuchssorgen hat, sieht es bei dem Sport schon ganz anders aus. Sein Glanz ist verblasst – und durch und durch proletarisiert. Fußball ist nicht mehr König, er ist Event, aber das könnte sich ja nun ändern, zumindest in Hoffenheim, denn wir haben ja unseren Prince.
Hach, was wurde nicht alles über ihn im Vorfeld geschrieben, was hat man nicht alles mit ihm zu Anfang der Saison gemacht. Und was macht er? Zwei Tore in sieben Minuten. Vorbei der Fluch des Sanogo. Seine ersten Treffer in der Liga und gleich ein Doppelpack. Und das Volk jubelte ihm zu.
Das war schon schön – und auch für ihn verdient. Denn im Gegensatz zu manch anderem Monarchen in der lange Liste des degenerierten Blaubluts hat er keine Opfer verlangt, sondern erbracht.
Doch verlassen wir nun die Welt des kruden Wort- und wenden uns zur Ästhetik unseres geliebten Ballspiels. Davon war wieder einmal wenig zu sehen. Natürlich kann man das erklären, nach unten und oben konnte nichts mehr Dramatisches passieren, warum also sich antrengen. So wurde halb mit wenig Konzentration gespielt, was letztlich auch zu dem frühen Führungstor der Frankfurter führte.
Es war der erste Schuss aufs Tor. Es war zum Verzweifeln. Wieder drin. Und wieder ging dem Ganzen ein Fehler der Innenverteidigung voraus, just jenem Mannschaftsteil, bei dem man nach Ansicht des Trainers nicht nachbessern müsse. (Das Recht auf Meinung impliziert nicht die Pflicht zur Richtigkeit.)
Danach wurde das Spiel der Frankfurter objektiv schlechter, was zur Folge hatte, dass das Spiel unserer Mannschaft relativ besser wurde. Aber gut?
Als dann die zweite Halbzeit mit einem klaren Abseitstor der Frankfurter begann, was der Schiedsrichter auch nicht gab, gab es plötzlich in unserer Mannschaft sowohl Bewegung als auch Bemühen. Es wurde gespielt und nach und nach erspielte man sich Chancen. Die Verwertung war so lala, aber Obasi stand ja noch nie im Ruf der Hrubesch von Lagos zu sein.
Dann kamen die Diminutivkörperteile von Ralf Rangnick ins Spiel (nicht physisch, allegorisch). Denn mit der Einwechslung Mitte der zweiten Halbzeit bewies er Näschen, wahlweise: ein glückliches Händchen.
Prince Tagoe und Maicosuel kamen ins Spiel (nicht allegorisch, physisch) und kurz danach auch ins Spielen und Prince zum Ausgleich. Und nur wenige Minuten später nach einem langen Abschlag unseres Torwarts und einem Fehler diesmal eines gegnerischen Innenverteidigers erneut zum Schuss. Starker Einsatz, sanfter Heber, klasse Tor. 2:1.
Nach langer, langer Zeit wieder einen Auswärtssieg, und seit noch längerer Zeit einen Rückstand wettgemacht, wirklich eine tolle Leistung, aber halt viel zu spät in der Saison.
Man hört, dass die Gespräche vor geraumer Zeit geholfen hätten. Wenn das stimmt, muss man sich natürlich fragen, warum im Verein keiner von sich aus auf so eine Idee kommt. Muss sich erst ein 70jähriger Mann darum kümmern, einer, der offiziell ja nichts mit dem opa…äh…operativen Geschäft zu tun hat? Oder gab es zuvor schon solche Bestrebungen, wurde aber ähnlich ignoriert wie die Schweinegrippe-Impfungen, weil ein Entscheider das nicht für nötig erachtete?
Ein großes Plus in den beiden Boom-Jahren und davor war die Abstinenz von Eitelkeiten. Wenn wir wieder dahin zurück könnten, dass die Egoismen derer, die auf und neben dem Platz stehen, sich dem Erfolg der Mannschaft unterordnen, dann ist mit 1899 auch in Jahr 3 in Liga 1 zu rechnen.
Wenn aber einige glauben, dem Absolutismus frönen zu müssen, dann wird es eng. Wenn schon, dann sollte man das klug machen.
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