VfL Wolfsburg vs. 1899 Hoffenheim
Widerspruch oder Emphase?
„Eigentlich“: ein Wort – meist so unnötig wie ein Tor in der Nachspielzeit …
Eigentlich sagte Kerim Demirbay nach dem Spiel alles, was es zu dem Spiel zu sagen gab:
„Wir müssen abgewichster werden!“
Aber wir wollen dich, geneigte/r Leser/in ja nicht enttäuschen. So gibt es noch ein paar Sentenzen mehr, womit wieder mal bewiesen wäre, dass „eigentlich“ ein Wort ist, das man eigentlich nicht braucht. Entweder Dinge sind so – oder anders, aber „eigentlich“ sind sie nur in den seltensten Fällen, was das Spiel hervorragend beweist:
- Eigentlich müssen wir nach drei Minuten durch Grillitsch in Führung gehen.
Sind wir aber nicht. - Eigentlich hätte es keinen Elfmeter für Wolfsburg geben dürfen.
Gab es aber. - Eigentlich hätte sich Baumann bei seiner sensationellen Abwehr des Strafstoßes den Fuß brechen müssen.
Hat er aber nicht.
Ganz, ganz selten beschreibt es aber nicht nur den Unterschied zum Anschein, dient also nicht dem Widerspruch, sondern es beschreibt eine schlichte Tatsache, und dient der Emphase, wie in
- Eigentlich hatten wir genug Räume.
Die hatten wir in der Tat. Massig. Aber haben die sich daraus ergebenden Möglichkeiten liegen lassen. Fahrlässig. So dass wir doch von Glück reden können, dass wir ohne Gegentor in die Halbzeit gingen, denn …
Womit wir nicht nur eigentlich wieder beim eigentlichen „eigentlich“ wären:
- Eigentlich hätte Wolfsburg in Führung gehen müssen.
Tat es aber nicht, was ein echtes Wunder war. Über ein Dutzend Fouls in unserer Strafraumnähe und zumindest gefühlt nochmal so viele Ecken für die Gastgeber verdeutlichen, was in den ersten 45 Minuten bei uns in der Defensive los war. Dazu noch ein Lattenschuss der Gastherren, dessen Nachschuss aus geringster Nähe sensationell von unserem heute einmal mehr überragendem Torwart abgewehrt werden konnte.
Das führt uns zu einer weiteren Facette des Wortes
- Eigentlich müsste Oliver Baumann ins WM-Aufgebot für Deutschland.
Ja, ist er nicht. Aber er hätte es sich verdient, wenn es denn so käme. Da dies aber etwas ist, was erst in der Zukunft stattfindet, dient es hier nur zur Verstärkung der Aussage, dass nach unserem Dafürhalten unsere Nr.1 nicht nur aufgrund seiner Leistung heute zu den drei besten deutschen Torhütern zählt.
In der zweiten Halbzeit ging es wie bereits in der ersten ganz gut los. Vielleicht sogar besser, auch wenn wir keine Riesenchance wie zu Anfang hatten, aber wir bekamen das Spiel und den Gegner in den Griff, denn wir konnten endlich mal den Ball in unseren Reihen halten und kamen so nicht nur durch Konter zu Chancen.
Das stimmte dann schon zuversichtlich – und nachdem Demirbay den uns völlig unstrittig korrekt zugesprochenen Strafstoß sehr sicher verwandelt und wir die Minuten nach der Führung, in den wir völlig unnötig das Heft zum Glück nur kurzfristig aus der Hand gaben, auch unbeschadet überstanden hatten, stieg die Zuversicht, dass wir dieses Spiel trotz schwacher erster Halbzeit würden gewinnen können. Zudem wurden die Chancen weder weniger noch schlechter, denn …
- Eigentlich hatten wir genug Chancen.
Ja, die hatten wir. Aber wir haben sie entweder nicht konsequent zu Ende gespielt oder aus Eigensinnigkeit blödsinnig verbaselt. Vor allem in einer Szene: - Eigentlich muss Kramaric den Ball nur querspielen.
Tat er aber nicht. Und so blieb es beim 1:0, was zu dem Zeitpunkt auch so schlimm nicht war, denn die Wolfsburger waren eh kaum mehr an oder gar in unserem Sechzehner. Zudem spielte unsere Abwehr in der 2. Halbzeit souveräner von hinten heraus. Das lag gewiss nicht nur an der Hereinnahme von Akpoguma, aber dennoch wusste er bei seinem Debüt zu überzeugen. - Eigentlich hatten wir die Wölfe im Griff.
Zu ihrem Tor kamen sie dennoch. Weil wir eine Ecke sehr schlecht verteidigten bzw. zu intensiv, so dass sich drei unserer Verteidiger gegenseitig blockierten, so dass der Wolfsburger Spieler den Ball an die Schläfe bekam, und das Spielgerät so exakt platzieren konnte, dass Baumann zwar noch dran kam, aber leider etwas zu spät mit etwas zu wenig Kraft.
1:1 – wieder mal ein spätes Gegentor. Wieder mal eine Führung nicht über die Zeit gebracht. 9 Punkte hat uns das bereits in der Saison gekostet. Auch wenn man nicht davon ausgehen kann, dass man jedes Mal, wenn man in Führung auch als Sieger vom Platz geht, sind neun Punkte schon eine ganze Menge. Allein in den beiden letzten Bundesligapartien ließen wir vier Punkte liegen. Damit lägen wir punktgleich mit Dortmund und Bayern an der Tabellenspitze. So tun wir es mit Schalke hinter dem Spitzentrio. Was gut klingt, aber …
- Eigentlich kann es ganz schnell bergab gehen.
Hoffen wir mal, dass es das nicht wird, auch wenn nächsten Samstag Mönchengladbach kommt, die nur zwei Punkte hinter uns auf Platz 8 liegen und wir in dem Spiel auf Hübner verzichten müssen. Andererseits spielen nächste Woche auch der 2. gegen den 3., so dass wir auch die Chance haben, uns tabellarisch zu verbessern, was uns aber nur gelingt, wenn wir uns das auch spielerisch gelingt – und Demirbays Forderung erfüllt wird. Aber:
- Eigentlich sind wir da recht zuversichtlich.
P.S.: Was glaubst du, geneigte/r Leser/in: Widerspruch? Oder Emphase?
🙂
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