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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. VfB Stuttgart

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–STAND JETZT!

Ein Spiel mit besonderen Vorzeichen

Kinnas! Man kann nicht umhin, als der Mannschaft und dem Trainer höchsten Respekt für die gestrige Leistung zu zollen. Die durch die Abstellungspflichten zu den Nationalmannschaften ohnehin nur bedingt mögliche Vorbereitung auf dieses Spiel mit dem gesamten Kader wurde durch die fast schon täglichen Meldungen auf positiv auf Sars-CoV2 getestete Spieler sowie zwischenzeitlicher Komplettquarantäne der Mannschaft unmöglich – und dennoch hat sie fast das fast Unmögliche geschafft. Nun ist der VfB keine Übermannschaft, aber eine, die von derartigen Nachrichten verschont blieb, und so mit einer und als eine Einheit auflaufen konnte, die ihr Spiel auf Basis einstudierter Pass- und Laufwege aufziehen konnte.

Dennoch gingen wir gegen sie mit unserem ersten konsequent zu Ende gespielten Angriff in Führung, drehten einen Rückstand in eine Führung und standen am Schluss verständlicherweise mit sehr tief hängenden Köpfen, aber halt doch nicht mit ganz leeren Händen da. Ja, der eine Punkt ist nicht das, was wir uns vor dem Spiel – typisch Fan: bar aller Fakten – gewünscht hatten; ja, der eine Punkt ist nicht das, was wir nach dem Verlauf des Spiels erhofft hatten, der eine Punkt ist nicht das, was die Mannschaft für ihre aufopferungsvolle Spielweise insbesondere in der 2. Halbzeit verdient gehabt hätte. Aber der eine Punkt ist genau so viel, wie wir insgesamt aus den letzten fünf Bundesligaspielen holten; der eine Punkt sorgt dafür, dass wir in der Tabelle nicht weiter nach unten abrutschen, und dank des einen Punktes trennen uns nach wie vor weniger als ein Dutzend Punkte zum Tabellenführer.

Stand jetzt!

Ja, natürlich ist das durchaus beschönigend geschrieben, aber halt faktisch richtig. Außerdem muss man berücksichtigen, dass dieses Spiel unter ganz besonderen Vorzeichen stand, die natürlich zu einer großen Veränderung des Eigentlichen führte, was uns zu hier nun dem zu Vorsilben bringt, die dasselbe ja mit Wörtern macht, z. B. dem Stand.

Das möchten wir hier mal an einem Dutzend Beispielen durchdeklinieren – und mit dem Wort anfangen, das hierbei nicht nur alphabetisch, sondern auch im Sprachgebrauch aktuell ganz vorne steht:

Abstand

Es gibt ja den herrlichen Scherz, wonach sich insbesondere Norddeutsche endlich ein Ende der 1,50m-Regel wünschen, um endlich wieder zu ihrer gewohnten Distanz von nicht unter 5 Meter zurückkehren können.

Weniger amüsant war es, dass auch unsere Spieler gerade am Anfang der Partie diese von der Bundesregierung angeordneten Abstandsregel im sogenannten öffentlichen Raum auch in der Defensive schienen einhalten zu wollen. Aber dieser Abstand war natürlich keine Absicht, sondern einfach die logische Folge dessen, dass gerade unsere Abwehr komplett neu zusammengestellt war. Für die Gäste taten sich dadurch immer wieder relativ aerosolfreie Räume auf – und diese Luftigkeit nutzen sie für sehr gute Chancen. Wir aber unsere erste richtige zur Führung. Die kam zu dem Zeitpunkt noch viel unerwarteter als die ganzen positiven, also im Ergebnis für uns negativen Testergebnisse vieler unserer Stamm- und Nationalspieler. Doch leider hielt dieser 1-Tore-Abstand weder am Anfang noch – zwei weitere Tore unsererseits später – am Ende des Spiels lange genug. Aber immerhin – wie gesagt – blieb der Abstand zur Tabellenspitze gleich.

Und wer sich jetzt echauffieren möge darüber, dass dies doch alles nur wohlgefällige Schönschreiberei sei, die nichts daran ändere, dass wir nun seit sechs Spielen keinen Sieg mehr in der Bundesliga haben einfahren können, der/die hat Recht. Nur: Was ändert das Gemecker? Was macht es besser, die Dinge schlechtzuschreiben? Besser ist es auch da, Abstand zum Geschehen zu wahren. Wer zu nahe dran ist, verliert bekanntlich den Überblick.

Anstand

Viel schwerer als der Verlust des Überblicks sowie der beiden Punkte ist der Verlust dessen, was man einst Kinderstube nannte: der respektvolle Umgang miteinander und mit anderen Ansichten.

Wann und warum Ersteres verloren ging, ob das dies an den vergangenen und aktuellen Elterngenerationen liegt, lässt sich hier nicht klären, was aber auch müßig, sprich überflüssig ist, denn Vater Staat sorgt mit seiner Autorität für die Wiederkehr dieser Basisregeln: „rotze niemandem ins Gesicht“, „trete/fahre (mit dem Einkaufswagen) niemandem in die Hacken“, „wasche dir die Hände“ und natürlich „mach‘ mal das Fenster auf“. Da saht mal schon mal „Aha!“

Zu Zweiterem wurde Kindern ehedem beigebracht, die anderen ausreden zu lassen und ihnen zuzuhören. Doch diese Banalität ist heutzutage auch schon etwas Besonderes, zumal mehr und mehr Menschen (gerade auch jene, die mit diesen Sätzen erzogen wurden) nur noch zuhören, um zu reden, d.h. sie warten auf ein Wort, einen Satz, an den sie anknüpfen können, um dann mit ihrer Geschichte aufzuwarten. Ein etwas übertriebenes Beispiel:

A: „Mein Schatz hat sich gestern umgebracht. Sprang von der Autobahntalbrücke.“
B: „Echt? Sprang da runter? Ich stehe da immer nur im Stau. Jeden Tag. Wegen der ganzen
LKW.“
C: „Ich wollte neulich in LKW überholen. Da zog der, ohne zu blinken, voll nach links und hat
mich voll geschnitten.“
B: „Hab ich mich auch neulich. Ich habe geblutet wie ein Schwein.“
C: „Ich esse nur noch wenig Fleisch. Dann aber meist Rind.
B: „Das darf ja ruhig n bisschen blutig sein.“
C: „Oder medium.“

(Ja, übertrieben, aber wirklich nur etwas.)

Eine weitere im Grunde Banalität äußerte der Philosoph Hans Georg Gadamer (* 11. Februar 1900 in Marburg; † 13. März 2002 in Heidelberg) unter anderem in einem Interview mit dem SPIEGEL im Jahre 2000 (Wer genau aufgepasst hat, hat mitgerechnet: als 100-Jähriger !!!). Sein richtiger, viel beachteter, oft zitierter, aber aktuell im Miteinander immer seltener berücksichtigter Satz lautet:

Ein Gespräch setzt voraus, dass der andere Recht haben könnte.

Und es sieht nicht so aus, als ob diese Bereitschaft heutzutage noch sehr ausgeprägt ist. Andererseits: War sie es je? Das Internet macht vielleicht ja auch da nur das im globalen Dorf sichtbarer und lässt dadurch massenhafter erscheinen, was es schon immer in jedem Dorf in geringster Zahl gab, wie z. B. den Dorftrottel, die Dorfschrabnell, die Nazifamilie, die realitätsfernen Intellektuellen.

Anstand bewies aber auch die TSG. Ja, sie bat um eine Verlegung des Spiels um 24 Stunden, was natürlich hätte helfen können angesichts der Möglichkeit der Rückkehr des ein oder anderen Spielers aus der Quarantäne, aber als dies seitens der DFL abgelehnt wurde, wurde nicht gemeckert oder gejammert, sondern gemacht. (Typisch TSG, übrigens … ganz allgemein und TSG 2020 im ganz Besonderen … sie hier)

Alle Vereine hatten sich vor der Saison zu einem gewissen Procedere verpflichtet – und daran hielt sich die TSG, obwohl wir in dem Fall die Leidtragenden waren. Auch der von uns schon oft zitierte Satz „pacta sunt servanda“, der ja noch viel älter als 20 oder 100 Jahre ist (er stammt aus dem 13. Jahrhundert und entstand unter dem Pontifikat des Papsts Gregor IX.), zählt (für uns) zum Anstand, also spielten wir – ohne Murren – und das mehr als anständig.

Aufstand

In der ersten Halbzeit merkte man der Mannschaft deutlich an, dass sie in der Konstellation dem Gegner – und später dann ja auch einem Rückstand – hinterherlief. Der Trainer versuchte, das bisherige System beizubehalten und eben mit den Spielern zu besetzen, die ihm zur Verfügung standen. Und es spricht für ihn wie auch für das Team, dass es und wie es gegen die drohende und fast unabwendbar scheinende Niederlage aufstand.

So wurde das 3-5-2 zur zweiten Halbzeit gegen ein 4-4-2 aufgegeben, Posch nach hinten, Bebou nach vorne beordert – und ZACK probte die Mannschaft nicht nur einen Aufstand gegen den zuvor läuferisch und spielerisch absolut dominierenden Gegner, sie zog ihn durch, drückte den Gegner mehr und mehr in seine eigene Hälfte, drückte mehr und mehr aufs Tempo, kam superschnell nach Wiederanpfiff zum Ausgleich, da sich Sessignon endlich mal traute und durchzog und das Ding einfach ryanmachte, und im Anschluss daran zu mehr und mehr Chancen.

Diese wurden zwar nicht alle in der nötigen Sorgfalt zu Ende gespielt, aber am Ende fiel erst Grillitsch durch regelwidriges Eingreifen des Gegners im Strafraum, und dann die Führung, da der wiedergenesene Kramaric den fälligen Strafstoß gewohnt sicher verwandelte.

Bestand

Genau diesen hatte diese zweite Führung im Spiel zwar länger als die erste, aber bekanntlich nicht lang genug. Den Gästen gelang dann doch noch der Ausgleich kurz vor Ende der unverständlich langen Nachspielzeit, für deren Länge von fünf Minuten eigentlich kein Anlass bestand.

In der offenbarten sich aber auch die Mängel im Bestand, oder wie man heute sagt: der Substanz der Mannschaft. So gut die ersten Elf spielten, so wenig Wirkung erzielten die Eingewechselten. Dabei war jede Einzelne für sich genommen, nachvollziehbar. Aber leider fanden Gacinovic, Klauss und Baier nur auf den Platz, aber nie ins Spiel.

Endstand

3:3. Gewiss gerecht, wenn man berücksichtigt, dass wir bei den offiziellen statistischen Werten nur in puncto Laufleistung besser waren als der Gegner. In allen anderen Parametern (Torschüssen, gespielte Pässe, Passquote, Ballbesitz, Zweikampfquote, Ecken) waren wir es nicht. Und trotzdem … fühlt es sich irgendwie ungerecht an.

Missstand

Im unteren Tabellendrittel wollten wir uns nach acht Spieltagen bestimmt nicht stehen – wenngleich wir da ganz oben stehen. Da müssten wir auch nicht stehen, wenn alles normal gelaufen wäre – und gewiss würden wir da auch nicht stehen, wenn Kramaric und Kaderabek coronatestergebnisbedingt nicht so lange ausgefallen wären. Aber sie sind es, wir tun es und (in Ermangelung von Alternativen) respek- und akzeptieren das – wie auch, dass wir in der Europa League der beste Tabellenführer sind.

Man sollte aber nicht der Versuchung erliegen, dies gegenüber aufrechnen. Psychologisch tut es den Spielern gut, Erfolgserlebnisse zu haben. Besser ist es doch diesen Missstand dadurch auszugleichen, indem wir in der Europa League oben bleiben und in der Bundesliga dorthin zu kommen – nicht umgekehrt, zumal ja Niederlagen in der Europa League nicht zwangsläufig zu Siegen in der Bundesliga führen würden.

Umstand

Man muss mit jedem einzelnen richtigen umgehen, um mehrere zu vermeiden oder besser zu verhindern. Im Fall der Coronatests ging das leider nicht. Der Umstand, dass wir so viele Ausfälle dadurch (sowie durch Verletzungen), macht zwar viele Umstände, aber andererseits kann dieser Umstand dafür sorgen, dass unser Team in wenigen Wochen immun gegen das Virus ist, schließlich hatte es jeder mal.

Unterstand

Es ist toll, wie die TSG diese Situation meistert. Da wird sich nicht verkrochen oder irgendwie Schutz oder Hilfe gesucht. Vielmehr wissen die Verantwortlichen, wie auch Sportdirektor Alexander Rosen gestern im Aktuellen Sportstudio klargemacht hat, dass sie per se in einer privilegierten Position sind. Sie nehmen die Herausforderung sportlich an – und wirtschaftlich auch. Im gegensatz zu Traditionsmannschaften (wie z. B. dem Gegner in diesem Spiel) sich unterstehen, Bürgschaften der Öffentlichen Hand zu beantragen.

Verstand

So lange der eingesetzt wird, ist alles gut – obwohl … „ver-“ bringt ja meist zum Ausdruck, dass etwas anders (und dabei / dadurch selten besser) wurde („rücken“ – „verrücken“, „stellen“ – „verstellen“, „spielen“ – „verspielen“ etc.) oder man gar etwas verlustig gegangen ist („legen“ – „verlegen“, „räumen“ – „verräumen“, „schwinden“ – „verschwinden“). Was macht das jetzt aus „stehen“ bzw. was sagt das über „verstehen“ aus? Noch schlimmer: Was sagt das aus über „ver-lieben“?

Vorstand

Den gibt es zum Glück bei der TSG nicht – weder in der Verwaltung noch auf dem Platz. Ja, da gibt es zwar einen Kapitän, aber vor allem gibt es da eine Mannschaft, in der es keine gravierenden Hierarchien gibt. Da lief jeder für jeden, vor und zurück – und gerade defensiv war das beeindruckend. Nach vorn gab es dann doch leider den ein oder anderen Egoismus und andere Ausrutscher, aber auch das wird besser werden.

Übrigens: Auch wenn sich das Wort „Vorstand“ sprachlich aus derselben Quelle speist, ist nicht zu verwechseln mit „Vorsteher“. Ist aber auch nicht so schwer ist, schließlich gibt es keine „Vorstandsdrüse“. (Warum denken wir gerade an „ver-pissen“? Egal. Prost-ata))

Widerstand

Das hat die TSG hervorragend gemacht! Mit An-, ohne Auf-, mit dem eigenen Be-, trotz dem ein oder anderen widrigen Um-, aber vor allem Ver- leistete sie Wiederstand – un das auch geradezu sinnbildlich vorbildlich, denn sie leistete ihn da, wo es sinnvoll ist. In ihrem Fall: auf dem Platz. Leider leistete den bis zuletzt auch der Gegner – und wir uns kurz vor Schluss eben eine Unachtsamkeit / Unentschlossenheit zu viel.

Zustand

Der der Mannschaft ist gut. Klar, es sind einige außer Gefecht gesetzt. Klar, der Tabellenstand ist nicht so, wie gewünscht. Aber wir wollten Europa League spielen, und wir spielen Europa League. Wahrscheinlich sogar so, dass wir erstmalig in diesem Wettbewerb überwintern. Und auch im DFB-Pokal könnte das klappen, denn erstens haben wir seit Ewigkeiten mal wieder kein Auswärtsspiel in Runde 2, dafür aber einen Gegner aus Liga 2. Und in der Liga klappt das auch wieder – und dann singen wir (höre oben). Wir sind da sehr zuversichtlich …

Stand jetzt! 🙂

 

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