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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. SV Werder Bremen

Das Spektakel zum Jubiläum, …

… aber nicht zum guten Schluss.
Mag der Fußballgott etwa keine Ultras?

In Zeiten der Befindlichkeiten hört man ja sehr gern, nein: nicht gern, oft, also hört man sehr oft, dass etwas „nicht witzig“ sei. Besonders gern UND oft ergänzt mit dem Hinweis: „Das gehört verboten.“ Und „Nein.“, es soll hier nicht um die viel zitierte Cancel Culture gehen, sondern auch um den „Witz“.

In dem Buch/Film „Der Name der Rose“ geht es ja eigentlich um nichts anderes als die Frage, ob Gott, also Jesus, also Gott, Dreieinigkeit ist kompliziert, lachte. Die Antwort darauf findet sich in dem womöglich einzig erhaltenen Exemplar des „Zweiten Buches der Poetik“ des Aristoteles, in dem – nach der Tragödie im ersten Teil – die Komödie behandelt wird. Der greise Mönch Jorge hält die in diesem Buch vertretene positive Einstellung zur Freude und zum Lachen für derart gefährlich, dass er es mit einem Gift versehen hat, so dass jeder, der darin liest, stirbt.

Ganz so weit geht man heutzutage nicht. Aber immerhin gibt es heutzutage wieder fast so etwas wie einen zumindest medialen Konsens darüber, was witzig ist (wenig) und was nicht. (alles andere). Damit könnte man meinen, dass der Fußball die Gesellschaft geprägt hat, denn in der Fußlümmelei gilt Humorlosigkeit seit jeher als Tugend – zumindest auf dem Platz. Aber auch auf den Rängen und/oder beim DFB sind da die Emp- und Befindlichkeiten zum Teil so ausgeprägt, dass man da inzwischen dazu neigt, Aktionen, Spruchbänder und Gesänge als Beleidigung anzusehen – und entsprechend zu sanktionieren –, die man früher und/oder in anderen Stadien in anderen Ländern noch als „muss nicht sein“ oder „muss man abkönnen“ abgetan hätte.

Dabei haben es die Stilmittel von Humor wie Ironie, Sarkasmus und/oder Zynismus besonders schwer, deren Intention es ja ist, sich über etwas oder jemanden lustig zu machen und auf Defizite/Widersprüche/Missstände auf eine die Verantwortlichen schon treffende Art und Weise hinzuweisen. Jenen missfällt das natürlich, wobei man aber nicht vergessen darf, dass jene ja auch – im „Idealfalle“ – durch ihr Unterlassen und/oder ihr (widersprüchliches) Handeln ja überhaupt erst den Grund für den Witz geliefert haben. Dies wird heutzutage oft übersehen, aber dafür immer öfter die Art bestraft.

Natürlich gibt es auch da Grenzen, das sind aber nicht die „des guten Geschmacks“ oder „Anstands“, sondern sie dürfen niemanden unmittelbar beleidigen und müssen inhaltlich korrekt sein. Heute legt man mehr, zumindest auch sehr großen Wert darauf, dass sie „politisch korrekt“ sind – was auch immer das konkret ist. Manchmal ist es ja auch wirklich nicht mehr, als einfach nicht unanständig zu sein. Und die, die einen solchen politisch inkorrekten Witz machen, jenen, die sich darüber aufregen, ja oft und gerne mit dem Vorwurf der „Humorlosigkeit“ begegnen.

Das Witzige dabei sind die Bedeutungen des Begriffs „Humorlosigkeit“, denn einerseits steht es für Rigidität, Kompromisslosigkeit, keine Rücksicht auf (eigene) Verluste, andererseits für Empfindlichkeit, Hypersensibilität, Dünnhäutigkeit.

Was also ist der Fußballfan? Als Sender? Als Empfänger? Nichts anderes wollte wohl der Fußballgott höchstpersönlich beim Jubiläumsspiel der TSG testen.

Vor dem Spiel verteilte die „Fanszene Hoffenheim“ ein „Statement“, auf dem zu lesen war:

„Deshalb verzichten wir auf die Feierlichkeiten rund um unser Jubiläum, das aus unserer Sicht von der Vereinsführung ruiniert wurde.

Vor dem Spiel und in den ersten Minuten der Partie werden wir den Verein wissen lassen, dass ein großes Jubiläum ohne seine Fans nichts wert ist, indem wir uns im Umlauf der Arena aufhalten. In dieser Zeit wird es keinen Support geben.

Nach 18 Minuten und 99 Sekunden (Minute 19:39) werden wir den S-Block füllen und den Support wieder aufnehmen, um unsere Jungs zum Sieg zu schreien.“

Wir möchten hier keine Textexegese betreiben, sondern uns eingedenk des Sprichwortes „Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte“ uns fotodokumentarisch mindestens 4004 Worte sparen.

Die weiteren spielentscheidenden Momente seien hier festgehalten:

19. Min.: Platzverweis Nsoki
21. Min.: 3:1 Malatini
26. Min.: 3:2 Stage
39. Min.: 3:3 Stage
45. Min.: 3:4 Stage

Solange unsere Ultras also dem Treiben auf dem Rasen fernblieben, …

…, war auch von Stage sowie den anderen Bremern nichts zu sehen. Statt dessen hieß es „Bühne frei“ für den perfekten Spektakelfußball wie zu den besten Zeiten von vor 125 … äh … 16 Jahren.

Es war am sechsten Spieltag unserer Premierensaison in der Bundesliga 2008/09, als wir nach unserem ersten Gastspiel in der Hansestadt mit Spektakelfußball in Verbindung gebracht wurden.

  8. Min.: 1:0 Özil
15. Min.: 1:1 Ba
16. Min.: 2:1 Pizarro
21. Min.: 3:1 Diego
30. Min.: 4:1 Hunt
36. Min.: 4:2 Salihovic
62. Min.: Platzverweis Mertesacker
63. Min.: 4:3 Ibisevic (11)
71. Min.: 4:4 Compper Stage
81. Min.: 5:4 Özil

Drei der Helden von damals (Beck, Salihovic, Teber) waren auch bei diesem Spiel mit anderen Legenden der TSG (u. a. Eduardo, Rudy) zu Gast. Sie wurden allesamt sehr herzlich von den fast 27.000 Zuschauern empfangen.

Vielleicht war es ihre Gegenwart und/oder ihr Geist, der sich extrem positiv auf die heutige Mannschaft und ihr Engagement ausgewirkt hat, jedenfalls ging es los in bester Rangnick-Vertikalmanier – und sehr humorlos.

  • Aufbau vom Tor weg. Durch die Mitte nach vorn. Bülter auf Berisha. Berisha steil auf Bülter. Heber. 1:0.
  • Balleroberung im Mittelfeld. Tohumcu steil auf Bülter. Bülter über rechts allein aufs Tor. Übersteiger. Langes Eck. 2:0.
  • Schöne Kombination über links von Prass. Auf Bülter.Schuss. Abgewehrt. Abgestaubt von Hlosek. 3:0

Die Mannschaft hatte richtig viel Spielwitz. Das machte größten Spaß und sorgte auch so für ultragroße Jubelgesänge – und das alles zu einem Zeitpunkt, als damals erst ein Tor gefallen war.

Dann kamen die Ultras – und Nsoki musste gehen, nachdem er als letzter Mann in einen Zweikampf ging und jener dann zu Boden.

Nie und nimmer war das eine rote Karte, aber selbstverständlich war es eine. Hierzulande. Unsere TV-Botschafter in der Südschweiz und Spanien vermeldeten größte Verwirrung ob der Entscheidung auch seitens deren Kommentatoren, schließlich sei das ein ganz normaler Zweikampf gewesen, weit entfernt von der Vereitelung einer glasklaren Torchance, zumal der Bremer nicht direkt aufs Tor gelaufen ist.

Ja, letzter Mann, aber das ist ja nicht das einzige Kriterium. Dem Schwaben-Schiri auf dem Platz und Dankert im Keller reichte es – uns auch. Die Karte folgte vom, also aus der Tasche am, für den sie war: Arsch – und dann ging die Scheiße erst richtig los.

Die Humorlosigkeit, die bis dahin unsere Offensive auszeichnete, ließ unsere Defensive völlig vermissen, dafür mehr und mehr Chancen zu.

Nach einer Ecke bekommt sie den Ball nicht weggedroschen und ein auf dem Boden liegender Bremer müllerte den Ball trotz mehrerer Verteidiger unsererseits um ihn herum ins Eck zum Anschlusstreffer.

Die Ultras stimmten währenddessen irgendwelche witzlosen Tiraden gegen die Firma Rogon und ihren Chef Wittmann an. Im Sinne des Spiels war es nicht, aber wohl im Namen der Profilneurose.

Die übertrug sich leider auf unser Spiel. Es gab keinen Spielaufbau mehr, dafür mehr und mehr Einzel„leistungen“. Es gab kein Pass- oder Zusammenspiel mehr und keine Zuordnung. Nächster Gegentreffer. Und dann auch noch der Ausgleich, als Prass in der ersten Szene nach dem Platzverweis, wo wir den Ball mal kontrolliert immerhin bis an die Mittellinie brachten, der ihn einem Gegner direkt vor die Füße spielte und dann auch noch dessen Flanke so unglücklich ablenkte, dass es fast einer erneuten Vorlage gleichkam.

„Wir wollen euch kämpfen sehen“, skandierte die Fanszene. Soll das Support sein? Das ist doch blödes Geblöke, das bestenfalls zum Himmel schreit. Aber da hört es nur der Fußballgott, und der lacht sich ins Fäustchen.

„Jetzt habt ihr die Chance. Unentschieden. Nun habt ihr noch eine ganze Halbzeit, wo ihr euer Versprechen wahrmachen und die Mannschaft zum Sieg schreien könnt. Viel Spaß!“

Den hatte aber nur er, denn es waren noch keine drei Minuten gespielt, als die Bremer erneut trafen.

„Hoppla, nicht mehr ganz eine Halbzeit,“ kicherte er sich eins. „Ihr schafft das schon!“

Der Fußballgott ist in seiner Gnadenlosigkeit ein fast schon alttestamentarischer. Er hat so gar nichts von „schlägt dir wer auf die eine Wange, halte ihm die andere hin.“ Er kennt noch Rache, Glaubensprüfungen, Vergeltung. Wer ihn provoziert, wird auf die Probe gestellt. Damit unterscheidet er sich aber auch kaum von einem Satiriker – nur das Letzterer mehr zu befürchten hat, wenn er sich der Stilmittel Ironie, Sarkasmus und/oder Zynismus bedient.

Doch der Fußballgott ist auch gerecht. Besteht man die Prüfung, glaubt man an ihn, an das Gute und hält man sein eigenes Wort, gibt es für ihn keinen Grund, wen abszustrafen, s. das Spiel gegen Midtylland.

Da versprachen die Fans, die Mannschaft komplett zu unterstützen und das tat sie auch – und sie wurde(n) belohnt mit einem Punkt durch ein fast nicht erzielbares Tor durch einen aus der eigenen Jugend. Hosianna!

Diesmal aber war wenig von ihnen zu hören – und schon gar nichts Aufmunterndes. Überfiel sie gar Groll auf sich selbst, weil sie sich um drei sehr schöne Tore brachten, um dieses besondere Gefühl, warum man überhaupt ins Stadion geht?

Aus ihrer Sicht lag die Mannschaft zu zehnt 0:4 hinten. Da kann man dann ja schon mal den Glauben verlieren – als normaler Fan. Aber als Ultra? Lauthals waren bisher nur die Ankündigungen im Statement.

Auch als die Mannschaft sich wieder fing und wieder begann, nach vorne zu spielen, inzwischen waren Moerstedt und Gendrey auf dem Platz, traten die Fans mehr optisch in Erscheinung, indem sie das taten, was sie anderen vorwerfen: sie wehten ihre Fahnen im Wind, aber zu hören waren sie eigentlich erst wieder, als Gendrey alleine aufs gegnerische Tor zulief und nach einer Grätsche von hinten auf dem Boden lag, aber die Pfeife stumm blieb, da der Gegenspieler wahrlich den Ball klar vorher spielte. Eine Anfeuerung war das auch nicht, aber immerhin ging es nicht gegen die Mannschaft, was so etwas „Wir wollen euch kämpfen sehen!“ ja tut, schließlich impliziert das, dass sie es nicht täte. Aber sie tat es und gegen Ende wieder verstärkt. Doch zu spät …

Bruun Larsen donnerte zwar den Ball nochmal aufs Tor, dem Keeper fast durch die Beine, und dieser trudelte in Richtung Torlinie, aber wir brachten ihn nicht drüber. So blieb es beim 3:4, auch weil Oli noch einmal alles dafür tat, um sich für die Nationalmannschaft zu empfehlen.

Aber bis die wieder spielt, sind ja noch zwei TSG-Spiele zu spielen: zu Hause Europa League gegen Dynamo Kiew und dann noch beim VfB. (Und jetzt bitte nicht zynisch werden, geneigte/r Leser/in, du würdest dir damit nur selbst schaden.)

Gesünder und besser ist: Zuversicht, natürlich Glaube an den gerechten Fußballgott und sich selbst. Oder um aus unserem Liedtext zum obigen Spiel-Film* zu zitieren:

„Sich grämen macht keinen Sinn.

Das war natürlich ein Riesendämpfer.
Doch wir sind Hoffe. Wir sind Kämpfer.
Wir machen weiter, weiter stets.
Wir sind Hoffe. Weiter T S Geht’s.“

Natürlich fühlt sich jetzt alle Welt bemüßigt, eine Trainerdiskussion zu führen – um sich in wenigen Wochen dann darüber zu echauffieren, dass Unruhe im Verein ist. Aber jene, die das tun, sollten sich einmal vor Augen führen, was alles und wer alles zur Unruhe beiträgt. Es ist eben nicht nur „der Verein“, sondern auch sie selbst, aber vor allem ist es eine enorme Verletztenliste!

Die Mannschaft spielt zur Zeit ohne Kramaric, Kabak, Bebou, Prömel, Becker, Jurasek (was richtig scheiße ist), dafür mit Tohumcu, Bischof, Drexler, Moerstedt (was richtig klasse ist).

Den Trainer wollen wir sehen, der das mit dem Personal besser macht. 🙂

* Originalvideo

 

 

 

 

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