1899 Hoffenheim vs. SV Werder Bremen
Spiel, Satz und Sieg
Ein Spiel wie Sepak Takraw –
nur ohne Netz, dafür mit vier tollen Buden
Das dritte Mal hintereinander in einem Bundesligaspiel getroffen, so oft in einer Saison wie noch nie (kam aus einem Moderatorenmund) und auch gestern war die erste Chance drin. Bebou war aber bei weitem nicht der einzige Spieler, der gestern ein sehr gutes Spiel ablieferte.
Insgesamt waren in unseren Reihen inklusive der Einwechselspieler nur Akteure auf dem Platz, die wirklich herausragend spielten – bis auf einen. Aber dass Baumann sich nicht so auszeichnen konnte, ist auch genau die Extra-Auszeichnung für das Team und dessen Leistung.
Zugegeben, am Anfang erinnerte das Spiel etwas an Sepak Takraw, einer extremen Art des Fußballtennis, allerdings ohne die diesen Akteuren innewohnenden Akrobatik.
Für alle, die dieses Spiel nicht kennen: Dabei stehen sich zwei Mannschaften à drei Spielern gegenüber. Mit maximal drei Berührungen muss der Ball (eine ehedem aus Rattan, heute Kunststoff geflochtene Kugel) ins Feld der Gegner gespielt werden. Sobald der Ball den Boden des Gegners innerhalb dessen 6,70 x 6,10 m großer Spielfeldseite berührt, erhält man einen Punkt. Sollte man die Spielfläche nicht treffen oder der Ball im Netz hängen bleiben, punktet der Gegner. Das Problem ist halt dieses 1,52 m hohe Netz. Das mag unsereins in unseren Breiten jetzt nicht so hoch vorkommen, aber gespielt wird das vor allem in Thailand und Malaysia. Naja, und der Ball ist sehr leicht und luftig. Es ist (bewegungs-)technisch sehr anspruchsvoll …
Das war das Spiel ganz zu Beginn nicht. Es hatte auf beiden Seiten viel von „einfach vor und das am besten hoch und weit.“
Nix da mit Zick-Zack-Tiki-Taka durchs Mittelfeld. Zu groß wohl war – wohl bei beiden Mannschaften – die Furcht, den Ball in der eigenen Hälfte zu verlieren, wobei diese bei uns alles andere als unbegründet war. Erstens rangieren wir in puncto Gegentoren nicht ganz grundlos sehr weit vorn – und der Gegner nicht. Aber während die Bremer ihre Defensive personell nach Belieben aufstellen können, bekommen wir sie klassisch nicht einmal mehr nominell hin. Verletzte, Infizierte, Gesperrte – irgendwas ist immer mit irgendwem.
Die Ideen scheinen unserem Trainer( -Team) genau das zu tun, was so viele nur widerwillig können: nicht ausgehen. Und unsere Jungs taten genau das zum Ball und Gegner, was die Fans zum Stadion nicht dürfen: hingehen. Und so wurde die Begegnung das, was Sepak Takraw auch ist (irgendwie): ein geiles Spiel!
Und so kam dann Mitte erste Halbzeit auch recht tief in der eigenen Abwehr die TSG an den Ball, der zu Samassékou und von da lang und weit nach vorn. Da lief auch schon Bebou, nahm den Ball sehr schön auf, dann Maß und ZACK die Führung.
Lästermäuler meinen, er habe nur getroffen, weil auch er davon ausging, dass er im Abseits stand. Aber das tat er nicht. Und so hat er, wie eingangs erwähnt, das dritte Mal hintereinander in einem Bundesligaspiel getroffen … etc. (s. o.)
Aber was war bloß mit unserer Abwehr los?
Mit einer solchen rhetorischen Frage wird ja für gewöhnlich eine Meckertirade eingeleitet – und es jetzt dann gerne weiter mit eines „Nix!“, wie auch hier: „Nichts.“ Das lag aber daran, dass die mal drei, mal fünf, die da die letzte Reihe bildeten, so extrem gut tat, dass der Bundesligaspielerjubilar (Immerhin war unserer Nr. 1 Liga 1-Spiel 350.) sich voll und ganz der Freude darüber widmen kann, dass es nur noch eine Handvoll aktiver Spieler gibt, die öfter in der Bundesliga auf dem Platz standen.
Ganz anders war das Geschenk für den anderen Jubilar: In seinem 100. Spiel für die TSG durfte Grillitsch seine Premiere als Kevard Agvoveit geben. Auf dieser für ihn eigentlich ungewohnten Position sah das extrem souverän aus. Auch seine Nebenleute Nuhu und Richards überraschten genauso, wie Posch im Laufe der letzten Woche getestet wurde: positiv.
Das war insgesamt ein sehr ungewohntes Bild, an dem man aber schnell Gefallen fand, vor allem, nachdem Baumgartner nicht gefallen ward, nachdem er von dem einen Bremer Abwehrspieler hart, aber fair gecheckt wurde, wobei er allerdings nur gegen den nächsten Defensiven der Gäste stieß, was ihn zurückbrachte in die Balance – und per Zuf- an den Ball. Das war Chance 2 und auch nach Wiederanpfiff hielt die TSG die 100%-Quote bei der Chancenverwertung. Diesmal war es der eigentliche Pirouettenkönig Rückpass-Rudy, der Bebou steil schickte. Diesem war das aber nicht steil genug. Und damit er dies aber tun konnte, legte er sich den Ball mal so richtig krass vor, aber er ersprintete ihn nicht nur, sondern brachte ihn auch noch perfekt vors Tor auf Dabbur – und der ihn dann ins Tor.
Die erste große Chance versemmelte nach rund 65 Minuten der für den letzten Torschützen eingewechselte Kramaric „für“ die TSG – und niemand war ihm gram. Er war wieder da und gleich präsent, ohne dabei herauszuragen, was aber halt auch nicht ging, weil auch die bisher nicht erwähnten Kaderabek und John auf den Außen einfach eine Leistung hingelegt haben, die – und das ist der Nachteil – Begehrlichkeiten nach Wiederholung weckt.
Es war einfach beeindruckend, was unsere Elf nach dem guten, aber irgendwie doch „blöden“ Spiel gegen Molde FK da präsentierte. Trotz der sicheren Führung lief sie die Gäste weiterhin an, ließ sie nicht zur Entfaltung kommen-
Man war geneigt sich zu fragen, ob das an diesem Abend noch beeindruckender werden konnte. Konnte es – und tat es auch. Aber nicht in Form des 4:0 von Rutter, unserem Neuzugang aus Rennes, der damit für sein erstes Bundesliga-Tor kaum mehr drei Minuten brauchte, sondern es war der mit Rutter in der 87. Minute eingewechselte Sessignon. Dieser spitzelte in hohem Tempo im eigenen Strafraum dem Werder-Stürmer auf eine solch resolute wie faire, konsequente wie souveräne Art und Weise den Ball auf Brusthöhe ab, dass man sich fast schon in einem Sepak Takraw-Match wähnte.
Aber war es nicht. Es war ein Bundesligaspiel. Geführt und dominiert von unserer Mannschaft, deren letzter 4:0-Heimsieg gar nicht mal so lange zurückliegt. Gefühlt ist der schon Jahrzehnte her, aber es gab ihn exakt eine Woche vor unserem überhaupt letzten 4:0-Sieg gegen Dortmund in der letzten Saison. Am 33. Spieltag (20. Juni 2020) ging es gegen unseren nächsten Gegner (Union Berlin) und das Spiel mit diesem Ergebnis aus.
Der letzte 4:0-Heimsieg mit Zuschauern liegt aber schon etwas länger zurück: 9. Spieltag der Saison 18/19. Am 27. Oktober 2018 setzten wir uns da zuhause gegen unseren übernächsten Gegner in der Ferne (VfB) durch, der jetzt gar nicht mal mehr so fern ist in der Tabelle.
Es gibt schon seltsame Konstellationen …
Weiter geht’s …
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Musik ist, wie ja die Namen der Sinfonie sowie des Komponisten (Haydn) schon sagen, allen TSG-Ungläubigen gewidmet. („Überraschung“ (No. 94) von F. J. Haydn)
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