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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Schalke 04

initium leges scyphi

Ein richtig schönes Spiel
mit dem leider falschen Sparringspartner

13/14, 14/15, das sind die Zahlen, die Eltern automatisch an die Alter ihrer Kinder denken lässt, als sie „am schwierigsten“ waren. Danach kommt dann die Phase, die Eltern meinen, wenn sie sagen, die Kinder seien „aus dem Gröbsten“ raus. Bei der TSG ist das anders.

Das waren die Spielzeiten 2013/14 sowie die Folgesaison die letzten halbwegs erfolgreichen bisher im DFB-Pokal. Und danach waren wir nicht aus „dem Gröbsten“, sondern dem schnellsten Weg zu europäischem Ruhm und Ehre raus, wobei 15/16 sogar das Erstrundenaus bedeutete. (0:2 gegen 1860 München – mit Baumann im Tor sowie Rudy und Kaderabek in der Startelf und Bicakcic erstmal auf der Bank.)

In den darauffolgenden sechs Jahren flogen wir viermal in der 2. Runde raus – jeweils gegen einen Bundesligisten und immer in der Ferne – sowie zweimal nach jeweils eigentlich desolater Leistung im Achtelfinale (3:4 in München (19/20), 1:4 gegen Freiburg (21/22)).

Da stehen wir jetzt nach dem fulminanten Heimsieg in der 2. Runde gegen einen Bundesligisten jetzt auch. Also nichts groß Besonderes, wenn es da nicht die ganz eigenen „leges scyphi“ gäbe.

Zwar fing es auch in der Spielzeit mit einem Rumpelstart in der 1. Runde an, wo es uns erneut nicht gelang, uns innerhalb der regulären Spielzeit souverän durchzusetzen. Dann aber doch, wenngleich nicht wirklich souverän, aber dieses Mal, also gestern … war es souveränst, wenngleich gegen einen Gegner, der sich kein Beispiel am SV Rödinghausen genommen hat, der es uns ja beim Start in die Saison alles andere als leicht gemacht hatte, weil er sehr mutig, körperlich spielte und mit dem Wissen, dass er gegen uns an sich eh keine Chance hat und diese dann nutzte.

Aber es war ein Bundesligist, und es war die 2. Runde, doch es war ein Heimspiel. Das war schon mal etwas Besonderes und das erste Indiz dafür, dass es diese Spielzeit endlich anders laufen könnte, d.h. wir uns die eigenen Gesetze des Pokals zu eigen machen könnten.

Zudem ist es das verflixte 7. Jahr nach dem (letzten) Erstrundenaus. Da es das nicht mehr werden kann, kann jetzt endlich mal was nichts Verflixtes passieren. Dazu gehört natürlich auch etwas Losglück fürs Achtelfinale, aber zumindest geografisch ist das Viertelfinale sehr, sehr nah: von allen Vereinen aus der näheren Umgebung hat es gestern nur Mannheim nicht geschafft. Ansonsten sind bereits Darmstadt, Mainz, Frankfurt und Freiburg qualifiziert, dazu kommt ganz sicher Sandhausen oder Karlsruhe, vielleicht auch Stuttgart, vielleicht Heidenheim. Ja natürlich warten da auch andere Vereine auf uns, aber die Chancen auf ein Heimspiel stehen ja auch nicht sooo schlecht – und die Chancen nach dem Heimspiel gestern auf ein Weiterkommen ebenfalls nicht …

Nein, wir werden nicht hochmütig, aber wir lassen uns die Euphorie nicht verderben. Fanden einige von uns das Ligaspiel gegen den gleichen Gegner alles andere als überzeugend und wähnten schon die Renaissance des Larifari, verstummten diese bereits nach fünf Minuten, obwohl sie nach zweien schon leicht zu murren begannen. Angeliño vergab die erste Riesenchance des Spiels, aber bereits der nächste Angriff bedeutete das 1:0 durch Dabbur nach einer sensationellen Vorbereitung durch Kabak und einer sehr überlegten Vollendung durch unseren Israeli, der nicht der schnellste Spieler in unseren Reihen ist, nicht der ball-, dafür aber aktuell der treffsicherste.

Überlegt und überlegen ging es weiter und Angeliño nutzte die sich nach der wohl (zeitlich) längsten Eck(ballvariant)e aller Zeiten zur Wiedergutmachung, sprich: seinem ersten Tor für die TSG. 2:0

Der Zahn war gezogen – und wenn es nicht so zackzack gegangen wäre, wäre dies die Stelle, wo wir etwas ausholen würden übers Zähneziehen. Es war nämlich vor gar nicht mal sooo langer Zeit gar nicht mal sooo unüblich, sich als Erwachsene/r alle Zähne ziehen zu lassen, um spätere Zahnprobleme präventiv zu vermeiden. Diesmal soll eine Geschichte aus der Geschichte ausreichen:

Ludwig XIV. kennen wir aus dem Geschichtsunterricht als den Sonnenkönig und als Inbegriff des Absolutismus. Wir schreiben das 17. Jahrhundert.

Der König von Frankreich von 1643-1715 lebte zum Schluss seines Lebens, genauer: seit 1685 ohne jeden Zahn. Der Monarch ließ sich vom Leibarzt Antoine d’Aquin (1620-1696) zu einer Radikaloperation überreden. Der Arzt von der Sorbonne in Paris war der Überzeugung, dass die Zähne ein ständiger Infektionsherd seien und daher gezogen werden müssten. „Ohne Betäubung zog er sowohl sämtliche Zähne des Unterkiefers, wobei er zugleich den Kiefer zerbrach, sowie sämtliche Zähne des Oberkiefers, wobei er einen Teil des Gaumens herausriss. Der Unterkiefer wuchs nach einigen Monaten wieder zusammen, der Teil des Gaumens war nicht zu ersetzen, und um das Loch zur Nase vor Infektionen zu schützen, brannte er es mit einem glühenden Eisenstab vierzehn Mal aus. Die Folgen waren verheerend, denn nun sprudelte, wenn der König ein Glas Wein trank, die Hälfte ‚wie eine Fontäne’ aus der Nase empor, zugleich setzten sich in der Höhlung der Nase, wo der Gaumen fehlte, Speisereste fest und verfaulten.“ [aus: Uwe Schultz, Der Herrscher von Versailles, Ludwig der XIV. und seine Zeit, München 2006].

Dass es in der Gegenwart des Monarchen nicht sonderlich royal roch, versteht sich von selbst und lag an den Folgen der zahnmedizinischen Fehlbehandlung. Nach der „Behandlung“ des Arztes d´Aquin hatte sich für Ludwig XIV. das Thema Zahnpflege erledigt. Ohne Zähne war der Monarch gezwungen, die Nahrung unzerkaut zu schlucken, was zu schlimmen Verdauungsstörungen mit weiteren Komplikationen führte. Dass der Sonnenkönig die Qualen so viele Jahre ertrug und der am längsten regierende Monarch der europäischen Geschichte wurde, schrieben Zeitgenossen nur der robusten Konstitution und dem unbeugsamen Willen des Königs zu, am Leben zu bleiben.

Ohne Biss – das traf gestern definitiv auf das Spiel der Gäste zu, und Sonnengott ist ebenfalls ein Terminus, den man mit dem Gegner in Verbindung bringt – falls wem der Name Günter Eichberg noch etwas sagt. Allerdings hatten sie gestern nicht diesen unbedingten Im-Pokal-Überlebenswillen. Andererseits hatten sie auch keine Chance gegen uns.

Das mag mit ihren personellen Problemen zu tun gehabt haben. Allerdings dürften auch unsere personellen Qualitäten erheblich dazu beigetragen haben, dass es so lief, wie es lief und es lief prächtig, wuchtig, in den kurzen Giebel. 3:0. Dabbur.

Und noch eins, als Minute 1 von Halbzeit 2 rum war, aber angeblich war es Abseits. Vielleicht war es das, vor allem aber war es schön zu sehen, dass wir nicht aufhörten, weiterhin offensiv zu spielen, hoch zu pressen und zielstrebig in Abschlusssituationen und Torchancen zu kommen. Und sie kamen und diesmal trafen wir auch. In der 51. Minute tat dies der Ex-Schalker Kabak zum 4:0 und in der 63. Minute der inzwischen eingewechselte Kaderabek zum 5:0. Für ihn verließ Skov kurz zuvor den Platz sowie Dabbur für Bruun Larsen. Schalke wechselte gleich dreimal, was das Tor auch nicht verhinderte, aber immerhin sorgte das Zusammenspiel von zweien der dreien für deren Ehrentreffer.

Aber mit vier Toren zurück und nur noch 20 Minuten auf der Uhr läutete das nicht den Beginn der riesigen Aufholjagd ein, sondern verlangsamte nur etwas die Entlassung des Trainers, wie ihn die Gästekurve forderte, nachdem sie versuchte hatte, durch die so üblichen, alten und jämmerlichen Schmähungen gegen Hopp etwas wie Stimmung zu machen. Die aber verstummte ebenfalls auf ihrer Seite.

Dabei, jetzt mal ganz im Ernst: Rechneten die Knappen wahrlich damit, dass sie bei uns was holen? 14 Mal spielten sie insgesamt bei uns – und davon gewannen sie lediglich eines. Das allerdings hoch. Am letzten Spieltag der Saison 15/16. Und der Trainer der Schalker damals? Der heute verantwortliche Mann auf unserer Bank.

Schlusspfiff, großer Jubel in aller Kürze über den Sieg, der sich dann wandelte in geradezu ekstatische Vorfreude auf Samstag. Klar, das Ergebnis und die Art und Weise war beeindruckend, aber ein Indiz für Samstag? Mitnichten. Dazu waren die Schalker gestern einfach zu schlecht, als dass man das als ein Trainingsspiel im Vorfeld sehen könnte. Wenn man sich wen zum Sparring sucht, dann sollte er zumindest gewissen Ähnlichkeiten mit dem kommenden Gegner aufweisen. Das war nicht der Fall. Aber andererseits: Dem Ego der Mannschaft schadet das Ergebnis bestimmt nicht.

 

Es war akustisch nicht ganz perfekt zu verstehen, aber es ging dabei wohl um die Aufforderung an die Mannschaft, den kommenden Gegner in der Liga mit sanfter Gewalt seines kultur-traditionellen Beinkleides zu entledigen.

Ja, das haben wir zwar auch schon mal gesehen, aber langweilig wird das nie. Das kann man nicht oft genug sehen – wie auch so einen Pokalabend … und noch einen … und noch einen … und dann freuen wir auf das Auswärtsspiel. 🙂

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