1899 Hoffenheim vs. Eintracht Frankfurt
Das Null-Spektakel
Der Kick ohne Kick zum Feiertag
Rund 2 Millionen Euro. Dietmar Hopp hätte sich sicherlich darüber gefreut, gerade an seinem Geburtstag. Aber auch an diesem Spieltag hat es die Mannschaft nicht geschafft, sich mit einem Sieg um einen Platz in der Tabelle zu verbessern. Und jeder Platz, den wir nach 34 Spieltagen besser stehen als jetzt, bedeutet mehr Fernsehgelder. Und der Unterschied zwischen 9 und 8 ist eben jener Betrag.
Doch statt eines spektakulären Sieges sahen die Zuschauer in der offiziell ausverkauften RHEINECKARENA einen Kick, der nicht müde wurde, einen mürbe zu machen.
Natürlich ist die Spannung raus bei den Spielern. Auch bei anderen Mannschaften in der Liga ist es zu erkennen, dass sie nach Erreichen ihrer Saisonziele ein elementares Wesen des Spiels, nämlich das unbedingte Gewinnenwollen, nicht mehr mit maximaler Konzentration verfolgen. Aber für den Fan stellt sich das anders da. Er ist im Stadion, nicht in der Mediation. Er will kein Verständnis haben, er will seine Mannschaft spielen und siegen sehen. Ihm geht es auch nicht um Fernsehgelder, sondern um Laufbereitschaft, Zusammenspiel und Tore.
Drittletzteres war vorhanden, Vorletzteres gab es nur bisweilen, Letzteres keine. Immerhin das eine Premiere in dieser Saison: ein Hoffenheim-Spiel ohne Tor. Ein Geburtstagsgeschenk der weniger willkommenen Art.
Dabei war man als Fan ja schon froh, dass der Gegner in den ersten Minuten keine Torchance hatte. Das war ja schon einmal eine Verbesserung im Vergleich zu den Spielen der Vorwochen. Das lag aber nicht daran, dass diesmal wieder unsere A-Innenverteidigung mit Abraham und Süle (statt Vestergaard und Strobl) auf dem Platz stand, sondern der Gegner einfach nicht an den Ball kam. Die ersten zehn Minuten spielte nur eine Mannschaft – und das war die unsere. Auch wenn keine ganz große Torchance herausgespielt wurde, man war sehr zuversichtlich, dass dies nur eine Frage der Zeit sei, bis der Treffer fällt, doch statt dessen riss der Faden.
Ohne ersichtlichen Grund kamen die Gäste ins Spiel und des Öfteren sehr gefährlich vor unser Tor, das wieder von Grahl gehütet und zum Teil auf kuriose Weise sauber gehalten wurde. In dieser Phase hätten wir sehr gut in Rückstand geraten können, was zum Glück a) nicht passierte, b) unsere Mannschaft wieder erweckte.
Halbzeit.
A propos „erweckte“: Eine gute Möglichkeit, auf den Dalai Lama hinzuweisen. Dies ist bekanntlich der Titel des höchsten Trülku innerhalb des Vajrayana, wie man den tibetanischen Buddhismus ja auch nennt. Ein Trülku wiederum ist ein buddhistischer Meister, den man als bewusste, vom Vorgänger selbst bestimmte Wiedererweckung (Wiedergeburt) eines früheren Meisters identifiziert hat. In dem Zusammenhang ist es zumindest erwähnenswert, dass am Tag, als Carl Bosch in Heidelberg starb, Dietmar Hopp in Heidelberg geboren wurde.
Und vielleicht auch nicht ganz ohne Witz, ist die formelle Anrede, die die Tibeter Tendzin Gyatsho, dem jetzigen Dalai Lama, zuteil werden lassen, auch wenn die Hoffenheimer Fans Dietmar Hopp niemals so ansprächen (was ja aber nicht heißt, dass sie ihn nicht so sehen): Kundün (Yishi Norbu) heißt angeblich so viel wie „wunscherfüllendes Juwel“. 🙂
Übrigens:
Wir hätten als Video zum Spiel natürlich so einen buddhistischen Gesang nehmen können, entschieden uns aber für ein anderen musikalischen Beitrag. Der drückt zum einen zumindest textlich das aus, was gewiss nicht nur wir Dietmar Hopp aufmunternd anlässlich seines Feiertages sagen wollen, und zum anderen von einem Mann geschaffen wurde, der am gleichen Tag wie Dietmar Hopp geboren wurde: Giorgio Moroder.
Carry on
…
Follow the dream that’s in you
…
You’ve wandered down this road so long
But faith keeps telling you to go on, go on
Carry on, carry on …
…
Look for the strength that’s in you
…
Trust in your heart again
You know it’s all up to you
You’ve wandered down that road so long
But faith keeps telling you to go on, go on
…
You can make it
…
… carry on
A propos „Carry on“ …
… zurück zum Spiel:
Nicht selten hat es ja unser Trainer geschafft, die Mannschaft in der Halbzeit um- bzw. besser auf den Gegner einzustellen, so dass wir eigentlich guter Hoffnung waren, dass es doch noch zu einem ansehnlichen Spiel und idealerweise einem Sieg reichen würde.
Auch die Tatsache, dass er sehr viel junge Spieler auf der Bank sitzen hat, gab Anlass, etwas Neues in der zweiten Halbzeit zu sehen. Aber daraus wurde nichts. Es gab keine Auswechslungen, aber immerhin war die Konzentration und das Zusammenspiel etwas besser, wenngleich nicht gerade auf hohem Niveau. Das gab es in dieser Saison schon viel besser, aber das ist wohl eine Folge der Sicherheit, dass nach unten nichts mehr passieren kann, und der Unwahrscheinlichkeit, dass man nach oben groß was würde reißen können. Und Fernsehgelder interessieren Spieler Im Gegensatz zu Dietmar Hopp und den Verein leider nicht.
Aber immerhin sah es nun so aus, als ob man das Spiel gewinnen will. Großchancen blieben allerdings Mangelware. Zwar kam man immer näher ans Tor, aber der letzte Ball kam entweder nicht an oder wurde extrem leichtfertig vertändelt.
Gleichzeitig hatte man ein weiteres Problem, mit dem man bereits in den vorangegangen Spielen zu kämpfen hatte: dem Schiedsrichter. Natürlich sieht es nach so einem Spiel schlecht aus, wenn man den Spielleiter kritisiert, da man sich schnell dem Vorwurf aussetzt, einen Schuldigen für das eigene Unvermögen zu suchen. Das ist nicht unsere Absicht. Aber es war mehr als augenscheinlich, dass auch dieser Spielleiter mit einer Vielzahl von kleineren Entscheidungen das Spiel nicht neutral leitete: seien es Zweikämpfe, die zumeist grundlos oder falsch für den Gegner entschieden wurden (so ist Gravitation kein Regelverstoß), oder durch willkürliche Spielunterbrechungen seinerseits aufgrund vermeintlicher Verletzungen von Gästespielern, wann immer wir in aussichtsreicher Position waren.
Hierbei, wie auch in anderen Situationen, taten sich vor allem zwei Spieler der Gäste hervor, von denen einer eine Leihgabe unsererseits ist, von dem man den Eindruck gewinnen konnte, dass er alles dafür tat, möglichst unsympathisch aufzutreten, um die Vereinsverantwortlichen davon abzuhalten, auf einer Rückkehr seinerseits zu bestehen.
Der andere Spieler mühte sich an Modeste ab. Die Provokationen wurden im Laufe der Zeit intensiver, doch auch diverse Schubser und Ellenbogen gegen unseren Mittelstürmer wurden seitens des Schiedsrichters nicht geahndet.
Umso verwunderter waren wir, als der, wie man so sagt, Unparteiische dann doch ein Foul an Modeste im Strafraum (zu Recht) pfiff. Elfmeter. Und nachdem Salihovic verletzungsbedingt nicht dabei war, nahm sich Firmino den Ball. Er blieb auch sehr ruhig, als die Gäste ein riesen Tohuwabohu nach dem Pfiff veranstalteten, was einem ein gutes Gefühl gab. Er legte sich den Ball ruhig auf den Punkt, lief an – und verschoss seinen zweiten Elfer in der Saison und damit wir den zweiten hintereinander.
Spätestens dann war klar, dass wir wohl noch stundenlang würden spielen können, ohne ein Tor zu erzielen. Das war schon sehr ärgerlich, was dann aber noch durch die berechtigte rote Karte gegen Modeste gesteigert wurde, wobei es weniger die Verärgerung über den Platzverweis war, als vielmehr das Ausbleiben eines solchen gegen Modestes Gegenspieler, der ebenfalls nachtrat.
In den verbleibenden Minuten spielten wir also in Unterzahl, was für einen Moment die Furcht weckte, dieses miese Spiele auch noch zu verlieren, allerdings entschlossen sich die Gäste, die „Schande von Gijon“ nachzuspielen: Sie schoben sich fast fünf Minuten lang den Ball einfach vor dem eigenen Strafraum hin und her, so dass der Schiedsrichter das Spiel trotz zahlreicher Unterbrechungen exakt nach 90 Minuten abpfiff – und die Nullnummer war (im Gegensatz zu unserem Spiel) perfekt.
Nachtrag:
Immerhin einen Punkt gewonnen. Statt drei.
Was man so rechnen kann: 3 – 1 = 2 Punkte verloren –
oder so: 3 – 1 = 2 Millionen nicht gewonnen.
Sch … önes Wochenende noch …
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