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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Bayern München

Falken und Tauben

Ein Beitrag zur/aus der Spieltheorie

Das Angsthasenspiel. (Nein, werte/r Leser/in, das ist jetzt echt nur Zufall, dass wir im Spielbericht zu der Partie gegen die Bayern damit aufwarten und anfangen. Na ja, ääh, ööh, vielleicht doch nicht.) 🙂

„Die Höhner“ sind eine Musikgruppe aus der Stadt, gegen die wir in der Woche zuvor verloren. Letzte Woche sangen noch die Fans jener Mannschaft deren bekanntestes Lied „Viva Colonia“ – und spätestens ab Mittwoch gegen 22.20 Uhr kam immer mehr Fans der TSG zumindest der Titel deren zweitbekanntesten Liedes in den Sinn, das sie anlässlich der Handball-WM 2007 komponierten und was damals auch den gewünschten Erfolg brachte, was den Fußballern ja im Jahr zuvor verwehrt blieb: den Gewinn des Weltmeistertitels im eigenen Land.

„Wenn nicht jetzt, wann dann?“ drängte sich einfach auf, wenn man sich überlegte, wer alles beim Rekordmeister aufgrund unterschiedlichster Gründe nicht würde auflaufen können. Und dann eben diese Niederlage drei Tage zuvor in der Champions League, wo sie in drei Tagen wieder ranmüssen, was einen natürlich mutmaßen und auch nicht unbegründet hoffen ließ, dass die Konzentration der Spieler, die für die Gäste in der RHEINECKARENA (wie wir sie ja lieber geschrieben sähen) auflaufen würden, zumal sie ja in der Bundesliga einen souveränen Vorsprung an der Tabellenspitze haben, nicht die höchste sein würde.

Jetzt hört man die „Höhner“ wieder, aber damit sind nicht jetzt nicht die „Hühner“ gemeint, wie der Bandname ja auf Hochdeutsch heißt, sondern jene, die sich voll Hohn zu der Leistung der TSG in diesem Spiel äußern.

In der Pressekonferenz nach dem Spiel sagte der Trainer, dass man trotz aller personeller Probleme bei den Gästen sehr großen Respekt vor ihnen hatte, da sie in jedweder Konstellation die beste Mannschaft in der Bundesliga darstellten und man keinesfalls „5, 6 Eier aus dem eigenen Nest“ holen wollte.

Nun, zugegeben, das hat geklappt, und ja, auch zugegeben, hinterher ist man immer schlauer, aber wir spielten gegen sie auch schon mal anders … und 3:3.

Da spielten wir nach vorn, auf Angriff, was immer ein hohes Risiko ist, aber fast die einzige Chance, letztlich zu gewinnen. Das Angsthasenspiel.

Zwei Sportwagen fahren mit hoher Geschwindigkeit aufeinander zu. Wer ausweicht, beweist damit seine Angst und hat das Spiel verloren. Weicht keiner aus, haben beide Spieler zwar die Mutprobe bestanden, ziehen jedoch daraus keinen persönlichen Nutzen, weil sie durch den Zusammenprall ihr Leben verlieren. (Quelle)

Eine einfache Ausgangssituation, die aber sehr komplex wird, wenn man sie spielt, vor allem mit dem Ziel, dieses Duell zu gewinnen. Das geht ja nur, in dem man durchfährt. Das aber weiß der andere auch, weshalb auch er nicht als „Angsthase“ gelten will, so dass auch er hochwahrscheinlich nicht ausweicht, was wiederum keinem was brächte.

Die größte Möglichkeit, dieses Spiel zu gewinnen, besteht im Bluff, des irrationalen Spiels. So könnte man beim Einsteigen in den Wagen so tun, als wäre man völlig betrunken. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Gegner annimmt, das man aufgrund der eigenen Disposition eher zu widernatürlichem Handeln neigt, also aufgrund des Alkoholpegels eher bereit ist, das eigenen Leben zu riskieren, so dass er eher gewillt ist, auszuweichen und die Niederlage hinzunehmen. Vor allem, wie in dem Fall, klar ist, dass er Dienstag wieder ran muss, wo es ja in der Tat ums Überleben (im Wettbewerb) geht, was seine eigene Akzeptanz einer möglichen Niederlage erhöht.

(Fürwahr ist das nicht 100% sauber argumentiert, aber die Grundidee dürfte klar geworden sein. Wer es korrekt wissen will, den verweisen wir gerne auf die am Ende dieses Beitrags weiterführenden Artikel.)

Übertragen auf das Spiel wäre also mehr Selbstvertrauen und Aggressivität die bessere Wahl gewesen, aber wie gesagt, hinterher ist man immer schlauer, und außerdem ist das auch eine Charakterfrage bzw. welche Taktik (Kampfstrategie) wählen wir? Sind wir Tauben oder Falken?

Nehmen wir an, es gäbe in einer Population einer speziellen Art lediglich zwei Kampfstrategien, die als Falke und Taube bezeichnet werden… Alle Lebewesen unserer hypothetischen Population sind entweder Falke oder Taube. Falken kämpfen so heftig und ungezügelt, wie sie nur können und räumen das Feld erst, wenn sie ernstlich verletzt sind. Die Tauben drohen lediglich auf eine würdevolle, konventionelle Weise und verletzen niemals jemanden.

Unschwer zu erkennen, dass sich das Angsthasenspiel aus „Tauben und Falken“ ableitet.

Kann die TSG das Angsthasenspiel nicht gewinnen, weil das „T“ für „Tauben“ steht? An sich ja eine löbliche Einstellung. Im echten Leben. Sie bietet den größtmöglichen Nutzen für den Einzelnen in einer Gemeinschaft.

Wenn ein Falke mit einem Falken kämpft, so hören sie erst auf, wenn einer von ihnen ernstlich verletzt oder tot ist. Wenn ein Falke mit einer Taube kämpft, so rennt die Taube schnell fort und wird daher nicht verletzt.

Aber auf dem Fußballfeld täte es uns gewiss gut, auch mal die Falken zu geben. Erst recht dann, wenn man doch aus den zuvor genannten Gründen davon ausgehen konnte, dass die Gäste sich für die Taube entscheiden würden. Nun standen sich da also zwei Tauben auf dem Feld gegenüber.

Trifft eine Taube auf eine andere Taube, so wird niemand verletzt; jede stellt sich der anderen gegenüber in Positur und so stehen sie geraume Zeit, bis eine von ihnen müde wird oder den Entschluss fasst, sich nicht länger aufzuregen, und daher klein beigibt … (Quelle)

Im Grunde reicht dies als Erklärung, warum wir dieses Spiel so grundlos verloren haben.

Klar, das Spiel hätte einen gewiss anderen Verlauf genommen, hätte Modeste seine Riesenchance genutzt, allerdings war diese ja weder erzwungen, noch erspielt, sondern ihrerseits Glück, weil Dante erneut ein Abwehrfehler unterlief.

Andererseits war es kein Pech, dass – fast im Gegenzug – ein Bayernspieler im Strafraum – umgeben von mindestens einer Handvoll Hoffenheimer Abwehrspielern  – den Ball ungestört und platziert ins lange Eck schlenzen konnte.

Pech hingegen war der Schiedsrichter. Ein nicht-gegebener Elfmeter. Mindestens ein nicht-gegebener Platzverweis. Das ist nicht schön, das ist nicht fair, aber all das gibt es in jedem anderen Spiel auch. Die Frage ist jedoch, wie man damit umgeht, vor allem, wenn man zur Halbzeit nur mit 0:1 gegen eine Taube zurückliegt. Aber wir änderten nichts.

Zum Beispiel: keine Bälle auf Modeste, um ihn in Zweikämpfe gegen den mit Gelb belasteten Dante zu verwickeln; kein Druck über die Außen und weiterhin ein Spielaufbau, der mehr der Spannweite von Tauben- statt Falkenflügeln entsprach; kein Wunder also, dass wir in der 2. Halbzeit nur zweimal aufs Tor der Bayern schossen: ein Fernschuss Vollands (resultierend aus einem Fehler der Gästeabwehr) und ein Freistoß von Rudy. Beide gingen wahrlich nur sehr, sehr knapp am Tor der Bayern vorbei, aber eben vorbei.

Und das war dann auch das Spiel, nachdem Beck den Ball in der 3. Minute der Nachspielzeit unbedrängt ins eigene Tor auf eine Art und Weise ins eigene Tor kniete, die beste Chancen hat, bei „Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“ zum „Kacktor des Monats“ gewählt zu werden.

Aber auch irgendwie passend zu einem insgesamt Kackspiel. Ja, nicht wirklich eloquent, aber ach, wir ärgern uns einfach. Denn auch wir dachten: „Wenn nicht jetzt, wann dann? “

Na ja, nächste Chance, nächste Saison. Aber noch wichtiger ist das nächste Spiel, damit wir nicht noch eine Partie, nicht noch einen Tabellenplatz verlieren. Und wo heute schon klar ist, was uns da erwarten wird: ein Falkenhorst.

 

Quellen:
Tauben und Falken
Spieltheorie und Populationsdynamik
Beide mit weiteren Spiel(theori)en und Beispielen.

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