1899 Hoffenheim vs. 1. FC Köln
Keine Angst
Sieg der Präzision
Geil – immer noch keine Niederlage – auch nach dem Spieltag mit der Nummer, die ja gerne mit Unglück in Verbindung gebracht wird: 13.
Es gibt sogar Leute, die sich wahrlich vor dieser Zahl Angst haben. Und das sind gar nicht mal so wenige, die in unterschiedlicher Ausprägung unter, wie das Psychologen nennen, Triskaidekaphobie leiden. Deshalb gibt es nicht wenige Hotels und/Hochhäuser, in denen auf den 12. der 14. Stock folgt. Auch viele Fluglinien verzichten darauf, Sitzreihen absolut korrekt durchzunummerieren. Die Geschichte ist (angeblich) voll von Trikaidekaphobikern:
- Napoleon habe nie an einem 13. eine Schlacht geführt.
- Bismarck habe an einem 13. keine Verträge unterschrieben.
- US-Präsident Gerald Ford habe nie an einem Freitag dem 13. gearbeit und lud niemals 13 Gäste ein.
Letzterer ist ein Sonderfall, denn genau genommen ist er sowohl Trikaidekaphobiker als auch Paraskavedekatriaphobiker, da er zudem eine besondere Furcht vor diesem Datum hat.
Diese Besonderheit mit den Gästen ist eine der vermeintlichen Ursachen für den schlechten Ruf der Zahl, denn beim letzten Abendmahl saßen dreizehn Menschen zu Tisch (Jesus und seine 12 Apostel).
Es war einfach das Stückchen zu viel. „12“ galt als fast göttlich. Neben den 12 Apostel gibt es 12 Sternkreiszeichen, 12 Monate, Tag und Nacht teilen sich in je 12 Stunden auf – und ein Dutzend war auch das früher übliche Zählmaß. 13 hingegen galt als „Teufelsdutzend“.
Eine nicht unkomische Koinzidenz ist es, dass die Anzahl der Teiler für 12 der Platzierung der 13 in der Hierarchie der Primzahlen und der unserer Siege in dieser Saison entspricht: 6.
(1, 2, 3, 4, 6, 12. bzw. 2, 3, 5, 7, 11, 13.)
Und das Thema der Triskaidekaphobie hatten wir schon einmal, was gar nicht mal sooo lange her ist – interessanterweise war es ebenfalls ein Heimspiel gegen den 1. FC Köln, das in der Rückrunde in der letzten Saison. Damals, so mutmaßten wir, litten wir unter eben jener Furcht, denn damals hatten wir die Chance, auf Platz 13 zu klettern. Diese Chance nutzten wir damals nicht.
Dieses Mal nutzten wir jede, erzielten den überhaupt erst zweiten Heimsieg gegen den 1. FC Köln (Nr. 1 war am 9. Mai 2009), den höchsten Sieg unter Julian Nagelsmann und stehen nach 13 Spieltagen immer noch ungeschlagen mit 25 Punkten auf einem Champions-League-Platz. (Vor 12 Monaten waren es ein Sieg, 8 Punkte und Platz 18.)
Dabei hatten wir schon Mitte der Woche Sorge wegen der 13, denn Demirbay würde ausfallen. Dafür standen die Zeichen gut für Vogt – und damit für seine Rückkehr in die Startelf und damit wiederum für die Rückkehr einer stabileren Abwehr sowie einen besseren, stringenteren, konsequenteren Spielaufbau– und wir wurden nicht enttäuscht.
Schon nach fünf Minuten zeigte sich, dass dies ein anderes Spiel als in den letzten beiden Wochen werden würde. Die Ballstafette, die dem Eckball vorausging, der dem 1:0 vorausging, war an Stringenz und Konsequenz kaum zu überbieten. Fast eine Minute rollte der Ball schnell und sicher durch unsere Reihen, ohne dass die Gäste wirklich Zugriff auf unser Spiel bekamen. Kramarics Abschluss dieser Aktion wäre ihre verdiente Krönung – und für unseren Kroaten gewiss auch eine Erlösung – gewesen, aber leider kam der Gästekeeper noch mit seinen Fingerspitzen an den Ball. Doch die Enttäuschung hielt nicht lange vor: Eckball, Kopfball Hübner in bester Nowitzki-Wurfmanier, an die Latte und Wagners Abstauber.
Ab da aber ging erst einmal weniger. So manches Abspiel aus unserem Mittelfeld ging ins Auge, aber keine daraus resultierende und oftmals spektakulär anmutende Großchance für die Gäste ins Tor. Gewiss hätte das Spiel da kippen können, was es aber a) glücklicherweise, b) verdienterweise nicht tat, denn wir hatten bis auf diese individuellen Fehler Spiel und Gegner im Griff, auch wenn wir kein Chancenfestival kreierten, sondern ruhig und besonnen Ball und Gegner laufen ließen – immer auf der Lauer nach der Lücke waren – wenn, ja wenn es uns gelang, den Ball überhaupt erst einmal ins Spiel zu bringen.
Wir wissen nicht, ob es Inkompetenz oder Plan war, das Spiel sehr tief über Baumann zu eröffnen, aber der Ball landete öfter als in früheren Spielen immer wieder bei unserem Keeper, der aufgrund der pressenden Angreifer nicht selten auch im Zweikampf bestehen oder den Ball aus der Not nicht selten beherzt nach vorne dreschen musste – und genau das, der gezielte Abschlag, ist ja seine Stärke nicht. Oder genauer: war, denn auch wenn die weiten Bälle nicht immer direkt beim Mitspieler landeten, landeten sie nicht im Seitenaus. Der vierte oder fünfte war es dann, der das 2:0 einleitete. Amiris Balleroberung sowie sein hochpräziser Pass in den Hochgeschwindigkeitslauf von Toljan, der seinem Gegenspieler auf zehn Meter gefühlt 20 abnahm, war ein Spielzug, wie man ihn (sonst) nur bei Spitzenmannschaften sieht.
Der 2:0-Pausenführung folgte eine Phase der Zurückhaltung. Zu Beginn des zweiten Durchgangs kamen wir kaum ins Spiel, weil selten an den Ball, aber dafür auch nie in Gefahr. Zwar gab es auch in Halbzeit 2 ein, zwei spektakulär aussehende Chancen für die Kölner, aber der erste richtige Schuss aufs Tor Baumanns gab es in der 83. Minute – und da führten wir bereits 3:0 – ebenfalls mit unserer ersten richtigen Torchance. Sandro Wagner nickte einen Freistoß von Uth locker ein.
Uth kam Mitte der zweiten Halbzeit (für Kramaric), aber nicht nur seine Einwechslung wurde frenetisch gefeiert, denn mit ihm kam für Polanski unser Youngster Atik zu seinem Bundesligadebüt.
Ein hervorragender Zug durch unseren Trainer, der sah, dass es die Spielbalance erlaubte, ihm seine Chance zu geben, ohne ein allzu großes Risiko zu gehen – und gleichzeitig ein Signal zu setzen, welchen Stellenwert bei uns der eigene Nachwuchs hat. Dies wurde dann noch durch die Einwechslung Ochs‘ unterstrichen, der für Wagner kam, dem der Trainer durch die Auswechslung seinen verdienten Einzelapplaus zuteil werden ließ.
Damit standen mit Süle, Toljan, Amiri, Atik und eben Ochs fünf Talente aus der eigenen Akademie auf dem Platz – und das besonders Schöne war zu sehen, dass dies unserem Spiel keinen Abbruch tat. Im Gegenteil, man sah den Jungen an, dass sie sich kannten und zusammenspielen konnten.
So gab es auch in den letzten zehn Minuten immer wieder herrliche Kombinationen, die allerdings oft vor lauter Spiellust nicht zu ihrem verdienten Ende geführt wurden. Einmal dann aber doch. Wie schon beim 2:0 ging dem Treffer eine sensationell klar und konsequent gespielte Passfolge mit nur einer Ballberührung voraus, wo jeder wusste, wann er in welchen Raum zu laufen hatte – und dies auch nach fast eineinhalb Stunden in höchster Präzision und Geschwindigkeit. Uth schloss die Stafette, die er mit einem Hackentrick einleitete, auch wenige Sekunden später ab. Jubel, Trubel, Schlusspfiff.
Vielleicht war unser Spiel nicht immer, aber zumindest war es phasenweise, wie halt eben dann das 4:0 perfekt. Ein in der Deutlichkeit und auch Höhe nie erwarteter Sieg gegen die Kölner, die bis dahin ja erst acht Gegentore zu Buche stehen hatten.
Wie eingangs geschrieben: Jetzt wird es spannend. Oder auch nicht?
Was wird jetzt nach diesem deutlichen Sieg, nach diesen zum Teil Premium-Spitzenfußball-Spielzügen medial passieren, denn bislang hatten wir ja das große Glück, dass wir immer noch nicht die Überschriften dominieren, dass das Medieninteresse auf andere geht. Bleibt das jetzt so, wo wir gleich zweimal hintereinander terminlich an vorderster Spieltagsfront stehen? Oder werden sich die Medien auch weiterhin mehr für unsere Gegner als für uns interessieren?
Stören würde uns das ganz und gar nicht, denn bisher sind wir sehr gut damit gefahren, zumindest hierzulande medial im Schatten anderer Mannschaften zu stehen.
Keine Medien-, dafür oft Spieldominanz.
Keine Schlagzeilen, dafür immer noch ungeschlagen.
Von uns aus kann es so weitergehen. Jetzt geht’s erst einmal weiter mit Flutlicht. Das mit dem Rampenlicht reicht am Mai, dem 13.*/**
* Keine Sorge, liebe Paraskavedekatriaphobiker, das ist ein Samstag.
** Und keine Angst, Trikaidekaphobiker, das ist erst der vorletzte Spieltag.
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