1899 Hoffenheim (U19) vs. Dynamo Kiew (U19)
Die Hoffnung ist real.
Die Madrilenen können kommen – und Nagelsmann gehen …
Natürlich muss man sich Sorgen machen um die TSG Hoffenheim …
Am Ende der Saison verlässt mit Julian Nagelsmann der Mann unseren Verein, der fast allein in nahezu allen Bereichen für den Erfolg des Vereins in den vergangenen Jahren verantwortlich war und ist.
Er gab dem Verein Profil, ein Gesicht, Sympathien und last but not least Erfolg – und das schon lange vor dem Erreichen der UEFA Champions League Play-Offs respektive Europa League zur letzten sowie der „richtigen“ UEFA Champions League in dieser Saison.
Im Jahr 2010 begann er seine Karriere bei uns als Co-Trainer der U17. Die Mannschaft, in der Niklas Süle und Davie Selke spielten, wurde 2010/11 Vizemeister der B-Jugend-Bundesliga Süd/Südwest und qualifizierte sich für die Endausscheidung um die Deutsche Meisterschaft. Allerdings verlor sein Team das Halbfinale gegen die U17 des späteren Deutschen B-Jugendmeisters 1.FC Köln mit 2:3. (Trainer der A-Jugend, also der U19, war in dieser Saison ein gewisser Alexander Rosen.)
Ein Jahr später war er deren Chefcoach. In seinem ersten Jahr landete sein Team auf Platz 8 und im Folgejahr auf Platz 5. Allerdings wurde er zur Rückrunde der Saison 2012/13 Co-Trainer der ersten Mannschaft, wo er zehn Spiele neben Marco Kurz und 9 neben Markus Gisdol auf der Bank saß.
Zur Saison 13/14 übernahm er dann die U19 und wurde in der Spielzeit mit dem Team, in dem u. a. Amiri und Ochs spielten, Deutscher A-Jugendmeister.
Im Jahr darauf wurde er wieder Meister in der Bundesliga Süd/Südwest und stand nach zwei 3:2-Siegen gegen RB Leipzig erneut im Finale um die Deutsche Meisterschaft, bei dem wir bereits nach 5 Minuten mit 1:0 durch Mees in Führung gingen, es aber letztlich 1:3 gegen den Halbfinalgegner des Jahres zuvor, Schalke 04 verloren. In dem Kader standen so Spieler wie Kobel, Gimber, Rapp, Mees, Hack.
Dann kam die Saison 2015/16, in der das Team mit Spielern wie Geiger und Otto erneut Meister der Bundesliga Süd/Südwest wurde – und erneut Deutscher Vizemeister, denn in der heimischen Arena unterlagen sie dem anderen großen Westverein mit 3:5.
Aber bei dem Finale saß er schon nicht mehr auf der Bank, sondern auf der der 1. Mannschaft – als jüngster Bundesliga-Cheftrainer aller Zeiten und als solcher feierte er bekanntlich die bereits eingangs erwähnten Erfolge. Dennoch: Es sieht bedrohlicher aus, als es ist …
Natürlich muss man sich keine Sorgen machen um die TSG Hoffenheim.
Wer heute zum Achtelfinalspiel in der UEFA Youth League nach Hoffenheim fuhr, konnte nicht umhin, die zahlreichen Autos aus der Region zu sehen, von denen sehr viele eines gemeinsam hatten: die vier Ziffern auf dem Nummernschild.
Es wäre interessant herauszufinden, ob die KFZ-Zulassungsstellen der Region eine Statistik liefern könnten, wie viele Fahrzeuge es mit „1899“ am Ende gibt und wie sich dies im Laufe der Jahre veränderte, denn nicht nur vor einem solchen Spiel (oder einem der 1. Mannschaft) ist die Zunahme dieser Zahlenfolge zu erkennen, ein „Schwarz auf Weiß-Beweis“ sozusagen für die zunehmende Popularität des Vereins, wenngleich diese Sympathiebekundung gegenüber der TSG genau so ist wie der ordinäre Fan der TSG: still.
Auch im Waldstadion gab es fast ausschließlich Zuschauer. Nur rund ein Dutzend Menschen feuerten ihre Mannschaft unentwegt an: Es waren die aus der Ukraine.
Es war wieder einmal irritierend, wie recht gut besucht das Spiel – und wie ruhig es auf den Rängen war. Die Sitzplätze auf der Haupttribüne waren ausverkauft – und das an einem Werktag um 16 Uhr, allerdings zu Spottpreisen. (Andererseits, das Champions League-Ticket in Charkow kostete ja auch nur 4,00 €.)
Die Stehplätze (Ticketpreis: 2,00 €) hingegen waren etwas spärlicher besetzt, womit wieder einmal zu sehen war, was ohne „die Süd“ los ist: nix. Dabei wurde aber diesmal nicht so stark gegrantelt, d.h. nicht nicht, nur nicht so stark. Immerhin gab es hin und wieder Szenenapplaus, was eine ganz neue Facette auf den mangelnden Support in Hoffenheim wirft: Nein, es ist nicht das Alter (auch diesmal dürfte sein Durchschnitt wenig unter 60 gelegen haben), es ist Liebe!
Es ist Liebe, aber ohne sexuelles oder romantisches Verlangen (Eros). Agape, die selbstentleerende, göttliche Liebe ist es auch nicht. Es ist mehr eine Mixtur aus der Liebe, wie sie ältere Menschen empfinden, eine Liebe, die auf Vertrautheit und Verwandtschaft fußt (Storge) sowie der, die auf Freundschaft basiert oder mehr ein platonisches Verlangen zum Inhalt hat. (Philia). Beiden sind laute, nach außen gerichtete Emotionsbekundungen fremd, wie dieser alte Witz sehr schön darstellt:
Ein älteres Ehepaar, das schon gut 40 Jahre verheiratet ist, sitzt auf der Couch. Es ist Abend, alles ist ruhig, man schaut fern.
In einer Unterbrechung fragt sie ihn: „Liebst du mich noch?“
Sagt er: „Was fragst du denn? Ich habe dir das 1977 gesagt – und sollte sich daran etwas ändern, bist du die Erste, die es erfährt!“
Nun ist aber der gemeine Hoffe-Fan fast automatisch nicht nur Fan von Dietmar Hopp, sondern auch der Jugend(arbeit) der TSG. In welchem Fußballverein wird der Übergang eines Jugendspielers aus der eigenen Akademie derart frenetisch gefeiert wie bei Hoffenheim?
Heute standen wieder zwei in der Startelf, die es in den letzten Wochen auch zu Bundesligaminuten brachten: Otto und Amade – und das Beste daran ist, sie waren nicht die herausragenden Spieler im Team von Marcel Rapp in der heutigen Partie gegen den U19-Meister der Ukraine, die in der Runde zuvor immerhin den U19-Meister Italiens, Juventus Turin mit 3:0 besiegte.
Unsere U19 qualifizierte sich für diesen Wettbewerb durch den Erfolg der Mannschaft ihres Ex-Trainers. Nach seinem Weggang wurde sie erstmal „nur“ Vierter ihrer Staffel, doch schon im Folgejahr wieder Meister der Bundesliga Süd/Südwest, scheiterten da aber an der U19 der Knappen im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft. In dem anderen Halbfinale unterlag der Vorjahresmeister aus Dortmund der U19 aus Berlin, die dann auch Deutscher Meister wurden.
Alle diese drei U19-Mannschaften sowie die von Bayern München nahmen diese Saison als deutsche Vertreter an der U19-Champions League teil – und alle sind ausgeschieden. Alle, bis auf eine: die U19 der TSG Hoffenheim.
Gut, in der Liga steht sie aktuell nur auf Platz 5, aber – und das ist ja auch aller Ehren wert: im Viertelfinale der UEFA Youth League nach dem 4:2-Sieg nach Elfmeterschießen.
Und der Sieg ging völlig in Ordnung, denn die TSG tat von Anfang an mehr fürs Spiel. Sie ließen den ukrainischen Vertreter einfach nicht ins Spiel kommen – und das war auch die einzig richtige Taktik, denn wären die Gäste erst einmal so richtig in Schwung gekommen, man hätte sich allein von der Physiognomie her größte Sorgen um unsere Spieler machen müssen. So vermied unsere Elf nach Möglichkeit auch jeden Luft- und Zweikampf durch sehr kluges Lauf- und Passspiel.
Dummerweise vermied sie es aber auch, es mal mit Fernschüssen zu versuchen, so dass der Gästekeeper in der 1. Halbzeit trotz sehr viel Hoffenheimer Balbesitz kaum einen Ball parieren musste.
Sie widerstanden aber auch seinen Versuchen, sie durch ausschließlich kurze Abschläge zu animieren, höher zu verteidigen, so dass die Ukrainer weder Glück beim Spielaufbau durchs Mittelfeld noch mit langen Bällen hatte. Zum Glück.
Natürlich kostete so ein Spiel Kraft und man merkte es dem Team schon zu Beginn der 2. Halbzeit an, dass sie nun ökonomischer mit ihren „Körnern“ umging. Die Gäste hatten auf einmal viel mehr Ballbesitz und auch die erste Großchance des Spiels, doch sie trafen zum Glück nur die Latte.
Nach diesem Knaller rappelte sich Rapps Rasselbande aber wieder auf – und übernahm wieder mehr und mehr die Ball- und damit Spielkontrolle, die kurz vor Schluss zu zwei Riesenchancen für die TSG führten, aber ein Schuss verpasste das Tor nur knapp und Ottos Knaller konnte von einem Verteidiger für den bereits geschlagenen Keeper abgewehrt werden. Schlusspfiff. Elfmeterschießen – und während die Ukrainer einmal trafen, einmal nicht, einmal trafen, einmal nicht, unser Keeper Klein ward bei jedem 2. Schuss halt ein ganz Großer, versenkten wir alle Elfer derart souverän, dass unser 5. Schütze gar nicht mehr antreten musste – dafür wird es das ganze Team wieder müssen – im Viertelfinale – in drei Wochen – gegen Real Madrid.
Ob es der Chefcoach ihrer 1. Mannschaft so macht wie der unsere heute (und viele andere Spieler) und zuschauen kommt? Zizou in Hoffe … das wäre was. Doch das ist Konjunktiv. Indikativ, also Fakt ist bzw. Fakten sind:
- Die U19 der TSG 1899 Hoffenheim ist der letzte verbliebene deutsche Vertreter in der höchsten Spielklasse der UEFA im Jugendbereich.
- Sie steht im Viertelfinale.
- Sie spielt in drei Wochen gegen die U19 von Real Madrid.
- Gerade die U19 zeigt also, wie es nach dem Abgang Nagelsmanns gehen kann: weiter!
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Und so ganz nebenbei hat heute auch das Damenteam der TSG einen großen Sieg gefeiert: Im DFB-Pokal gewann es IN Leverkusen mit 7:1 und zieht damit erstmalig ins Halbfinale ein.
Wie gesagt: Man muss sich keine Sorgen machen um die TSG Hoffenheim.
… denn so wie es aussieht, schwächelt aktuell neben dem Support nur einer … 🙂
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