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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Borussia Dortmund

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Bombus.

Ein Team. Ein Weh. Einstellung.

Ein Gedicht. Ein Märchen. Ein Film. Ein klassisches Opus. Es gibt es in zahlreichen Facetten, geschrieben von zahlreichen Künstlern – und doch bleibt es, ganz gleich, ob man nun die Version von Alexander Sergejewitsch Puschkin, Wladimir Iwanowitsch Dal, Alexander Lukitsch Ptuschko oder Nikolai Andrejewitsch Rimski-Korsakow nimmt, oft unausgesprochen, selten gesehen und unerhört: „Das Märchen vom Zaren Saltan“.

Was war das gestern für ein Spiel! Was für eine Leistung! Es hatte Phasen, da erinnerte es an ein Gedicht, es hätte ein Märchen werden können, auf jeden Fall war es ein dramatischer Film und irgendwie auch ein Klassiker, zumindest was diese Saison erinnert:

  • wieder kein Sieg nach einer Führung.
  • wieder so manche Großchance nicht genutzt.
  • wieder den Sprung auf die „internationalen Plätze“ verpasst.
  • wieder Pech mit entscheidenden Schiedsrichterentscheidungen.

Aber das klingt jetzt schlimmer, als es gemeint ist. Es zeigt nur, dass das Spiel viele, bezogen auf die Rückrunde, repetitive Momente und Motive hatte, was es ganz und gar nicht schlecht macht, im Gegenteil, es hebt es hervor.

Auch wenn es schon andere Spiele gab, die man ebenfalls so hätte zusammenfassen können, war dieses Spiel ein Genuss, auch wenn wir durch das 1:1 letztlich wieder einen Platz verloren haben. Dafür aber wieder Fans gewonnen, Stimmung, Zuversicht. Mit der Leistung muss uns vor den nächsten und letzten drei Spielen in dieser Saison und auch dem Zuspruch für die kommende Spielzeit bei den Fußballfreunden in der Region nicht bange sein.

Das klingt positiv, ist auch so gemeint, hat aber einen klitzekleinen Haken: „Mit der Leistung …“

Mit der Leistung über die Rückrunde hinweg würden wir um locker Platz 4 spielen. Mit der Leistung hätten wir höchstwahrscheinlich in Augsburg, Paderborn, auf Schalke und gegen München ebenfalls mindestens einen Punkt geholt. Mit der Leistung …

Wie will man dieses Spiel nun einordnen? Man kann nur hoffen, dass dies kein Zwischenhoch war, kein Zwischenspiel, kein, wie man es in der Musik nennt, Interludium, das losgelöst vom Rest, meist nur als Zugabe gespielt wird oder gut genug ist für Kabinettstückchen, die mit der Sache an sich nichts zu tun hat. Denn dann entspräche es exakt dem musikalischen Hintergrund unseres Trailers zu diesem Spiel: dem „Hummelflug“.

Den „Hummelflug“ kennt jeder. Aber es ist nur ein klitzekleiner Bestandteil, ein orchestrales Interludium aus dem 3. Akt aus Rimski-Korsakows Oper „Das Märchen vom Zaren Saltan“, die wiederum (s. o.) keiner kennt.

Passend zum Ausgang des Spiels ist es in Moll geschrieben. (a-Moll, für die, die es genau wissen wollen.) Und das ist nicht die einzige Parallele zwischen diesem Stück und dem gestrigen Spiel:

Charakteristisch für beide ist ein durchgehendes vivace (lebhaft), also ein hohes Tempo, das fast über seine gesamte Länge durchzogen ist von einer pulsierenden Rhythmik.

  • Rimski-Korsakow gab dafür in seiner Partitur chromatisch gesetzte Sechzehntelnoten im 2/4-Takt mit der Metronomangabe von 180 vor, was heißt, es müssen 12 Töne pro Sekunde erzeugt werden.
  • Der Verein gab dafür Klatschpappen aus, die ebenfalls fast über das ganze Spiel hinweg in stoischer Rhythmik den Akteuren den Takt vorgaben, allerdings eher atonal und im 4/4-Takt.

Aber es war pulsierend, es war laut, es war klasse und, was auch nicht zu verachten ist, es funktionierte.

Markus Gisdol plädierte vor dem Spiel an die Fans, dass sie aus der RHEINECKARENA einen Hexenkessel machen mögen. (Passt auch irgendwie zu der Grundlage der Oper, dem Märchen von Puschkin, da es darin um einen verwunschenen und in eine Hummel verwandelten Prinzen geht.)

Großes Zutrauen in die aktive Vokalität der eigenen Anhängerschaft schien man seitens des Vereins nicht zu haben (Kann man durchaus auch „Menschenkenntnis“ nennen …), weshalb man zu dem allseits (außer wahrscheinlich beim Reinigungspersonal) beliebten Hilfsmittel aus zusammengeklebten bzw. –gepressten Zellstoff oder Altpapier zum Selberknicken griff.

Natürlich ist das innerhalb der klassischen Fan-Szene sehr umstritten. „Klatschpappen kann man kaufen, Stimmung nicht“ ist da ein beliebter Spruch. Es gibt auch eine (plötzlich) „vereinsübergreifende Initiative für authentisches Fan-Dasein und gegen Klatschpappen: Kult gegen Kommerz! Echte Liebe gegen Milliardenumsätze!“ unter selbigem Namen auf Facebook.

Diese erfreut sich aber bei weitem nicht der Beliebtheit jener „Reihenhaus-Vuvuzelas“ (weil sie zwar wie das afrikanische Original primär der Lärmerzeugung dient, aber in Ergänzung dazu den in unseren Gefilden grandiosen Zweitnutzen bietet, dass man damit auch die Grillkohle anfeuern kann.)

Die Gruppe hat nur rund die Hälfte der Mitglieder, wie wir sie auf Facebook haben, was was heißen will, denn wir sind ja nicht dafür bekannt, dass uns a) als Hoffenheim-Fanclub und b) als „Akademiker“ die Herzen zufliegen.

(Vielleicht liegt es aber auch an der Positionierung, denn bei aller Authentizität des Fan-Daseins, was immer das sein soll, dürfte es die Gruppe schwer haben, viele Menschen zu finden, die „Echte Liebe gegen Milliardenumsätze“ aufbringen. Die meisten, ob nun Fan oder Mensch, dürften ganz authentisch eher für Milliardenumsätze sein und es echt lieben, wenn diese bei ihnen eingingen.)

Es war auf jeden Fall schon sehr gut was los, als die Mannschaften aufs Feld kamen – und kaum, dass der Impressario seinen Arm senkte, erhöhte sich die Intensität der Akustik, was sich wiederum auf das Spiel und zumindest unsere Spieler übertrug, die ihrerseits ebenfalls eine große Intensität boten.

Natürlich wollte man eine „Revanche“ für das unglückliche Pokal-Aus nach Verlängerung vor etwas mehr als drei Wochen bei den Borussen und wollte natürlich den Umstand nutzen, dass sie gerade am Dienstag wieder in die Verlängerung mussten, dabei wieder eine Runde weiterkamen, die dann aber eben „Finale“ heißt, von daher wohl nicht so 100% alert sein dürften.

Und unsere Mannschaft machte das gut, sehr gut. Dummerweise aber machte es der Gegner auch nicht schlecht. Nach vorne ging bei ihm zwar wenig, aber er verteidigte sehr ordentlich, was wir wiederum diesmal im Gegensatz zur Vorwoche über unsere Chancenverwertung nicht sagen können.

Gerade Modeste hatte zwei, drei Großchancen, scheiterte aber entweder am Dortmunder Keeper, der das seinerseits auch gut machte, oder aber an seinen Nerven.

Nun werden wir hier nicht auf dem armen Mann rumhacken. Natürlich wäre es uns lieber gewesen, hätte er die ein oder andere Chance verwertet, aber man muss auch sehen, dass seine größte Chance aus einem Gegenzug nach einer Riesenchance der Dortmunder resultierte. Hätten also die Gäste getroffen, wäre es zu der Chance erst gar nicht gekommen. (Oder war das jetzt zu wenig einseitig?)

Auch die anderen Chancen hat er sich erspielt. Überhaupt war er auch derjenige der beiden Stürmer, bei dem die Ballbehauptung nach einem langen Anspiel samt Weiterleitung funktionierte. Bei Szalai ging diesbezüglich gar nichts – außer der Ball ins Aus.

Überhaupt war das Aufbauspiel zwar nicht gerade durch besondere Kreativität geprägt, aber es zwang die Dortmunder viel zu laufen, was ein sehr probates Mittel gegen eine Mannschaft ist, von der man eben ausgehen konnte, dass sie nicht so ganz fit sein dürfte.

Und wir konnten viele Bälle vorne behaupten und uns so oft in der Nähe des gegnerischen Strafraums festsetzen. Hier wurde zwar der Platz dann natürlich enger, aber dafür unsere Spielweise kreativer. Immer wieder wurde variiert zwischen Pässen bzw. Passstafetten in die Spitze oder Handball-anmutenden Ballverlagerungen.

Einer solchen ging auch das 1:0 von Volland voraus, der sich dann mit Geschick, Glück und Willen gegen seinen Gegenspieler durchsetzte und mit Können einnetzte.

Eine sehr verdiente Führung, der aber ähnlich dem Pokalspiel im Gegenzug nach einer Ecke der Ausgleich folgte. Nur war unser Tor dort regulär, das der Dortmunder diesmal nicht, da ein Spieler der Borussen vor Oliver Baumann stand, und damit im Abseits, da er ihm die Sicht versperrte.

Es spricht für unseren Trainer, dass er diesen Umstand in seinem ersten Beitrag zum Spiel auf der Pressekonferenz nicht thematisierte. Erst auf Frage eines Journalisten ging er darauf ein und sagte, was alle im Fernsehen, aber nicht jeder im Stadion sah, doch es hätte ja gereicht, es hätte einer getan, dessen Job das auch war.

Der Linienrichter sah das Abseits nicht. Ja, schade, ärgerlich, aber wissen Sie, scheißegal. Dass der Linienrichter vor zwei Jahren in der 93. Minute das Abseits sah, viel wichtiger. Jetzt steht es also zwischen dem Team von Dr. Drees und dem der TSG wie auch im Spiel 1:1.

Die Halbzeit hat auch Spaß gemacht. Große Augen waren allenthalben zu sehen, „so kann’s weitergehen“ überall zu hören – und das tat es auch.

Unvermindert engagiert bestürmte unsere Mannschaft das Tor der Dortmunder, die ihrerseits aber so langsam warmgelaufen waren und immer gefährlicher wurden durch ihre Konter, insbesondere durch Aubemeyang, den Gisdol zu Recht auf der nach-Spiel-PK als „unfair schnell“ bezeichnete, was uns nicht minder begeisterte.

Nochmals scheiterte Modeste, Firminos Kopfball traf nur die Latte – und auf der Gegenseite parierte Oliver Baumann Chance um Chance der Dortmunder, von denen keine nicht 100%-ig war. Das war einfach sensationell, wie ruhig er in den Situationen blieb und wie schnell er dann im entscheidenden Moment das Richtige tat.

So ragte er im zweiten Spiel in Folge heraus – nur war es letzte Woche, weil er die meisten Ballkontakte, diesmal, weil er den größten Anteil an dem Punktgewinn hatte.

Ja, auch wenn es weh tat, das Spiel nicht gewonnen zu haben, es war insgesamt Gewinn (in puncto Fans, Zuspruch, Zuversicht) – auch wenn wir jetzt mit einem Punkt weniger einen Platz hinter Casteels und Vestergaard auf Platz 8 liegen.

9 Punkte sind noch zu vergeben und warum sollten wir da nicht mindestens noch sieben holen?

Mit der Leistung … 🙂 … und dem Trainer.

Endlich gelang es ihm, die Mannschaft so auf- und einzustellen, dass sie bereit war, zu laufen, zu spielen, an sich zu glauben. Diesmal zauderte er nicht. Er ging im Grunde aufs Ganze – und schlug dafür sowohl vor als auch nach dem Spiel ganz neue Töne an, die das nötige forte hatten.

Das fing mit dem „Hexenkessel“ an und hörte mit seinem Auftritt bei der Pressekonferenz nach dem Spiel auf, wo er sich ebenso wenig wie die Spieler auf dem Feld von seinem  Pendant ver- oder gar zurücksteckte. Das war sehr wohltuend.

Jürgen Klopp ist eine Marke und nicht gerade für eine dezidiert politisch korrekte Rhetorik bekannt und nicht zuletzt deshalb bei den Medien beliebt. Von diesem Auftreten geht auch der Rückschluss aus, dass er ein super Motivator sei.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass Markus Gisdol das nicht sei, eben weil er nicht als lustig, gewitzt bzw. als brillanter Redner, der druckreife Überschriften raushauen kann, gilt. Auch er trat diesmal forsch auf, hielt, sobald Klopp einen (Halb-)Gag landete, dagegen. Ob das nun seine Bemerkung zu Aubemeyang war oder sein Konter zu Klopps Bemerkung, dass sie am Ende der Saison doch noch vor uns stehen würden, er ließ ihm nichts unkommentiert durchgehen, sondern setzte was dagegen und bisweilen auch noch einen drauf.

Auch das: hoffentlich mehr als ein Interludium. Hoffentlich die Ouvertüre zu einem Saisonfinale allegro. Einem Crescendo. In Dur.

Denn man sieht ja am „Hummelflug“ was daraus werden kann: etwas, was meist nur noch zur Volksbespaßung gegen Ende eingesetzt oder als Groteske missbraucht wird, beispielsweise es maximal schnell zu spielen. So liegt der Weltrekord im Schnellspielen dieses Stückes, das einst als Suite auf  3:25 Minuten konzipiert war (s. Video), bei 53,82 Sekunden – gespielt auf einer Riesentuba.

Das hat nichts mehr mit dem Spiel zu tun. Da geht alle Raffinesse, alle Ästhetik, alle Kunst verloren.

Wir aber wollen gewinnen und abheben können. Mit der Leistung … 🙂 … müsste es möglich sein, das Unmögliche möglich zu machen. Die Hummel kann es ja auch. Sie fliegt, obwohl dies nach den Gesetzen der Physik nicht möglich ist. Ihr Trick ist, dass ihre Flügel derart rotieren, dass der Wind auf sie immer von vorn kommt. Es geht also, wenn man nur will. Und es scheint ja plötzlich doch so zu sein, dass die Mannschaft will – und das ist ja bekanntlich das Wichtigste.

Vor dem Können kommt das Wollen.

P.S: Für alle, die wissen wollen, was die Überschrift bedeutet (nein, nicht „Bombe“):
„bombus“ ist der wissenschaftliche Name der „Hummel“.

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