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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Borussia Dortmund

 

Glaubenssache

oder: Ethik und Ästhetik

Es war das sechste Spiel in Folge, das die TSG 1899 Hoffenheim verlor. Nach dem 1:3 liegt der Verein nach 17 Spielen mit nur 12 Punkten auf Platz 16. Der Abstand zu Platz 15 beträgt bereits 7 Punkte. Und wenn es bereits so etwas wie Tradition in diesem Verein gibt, dann ist es die, dass die Hinrunde meist um einiges punkteertragreicher als die Rückrunde war.

Aber die Hinrunde war nichts – ähnlich der Stimmung im Stadion, was mit Sicherheit nicht am Spiel unserer Mannschaft lag, denn sie spielte gut. Sie spielte mit einem System. Sie spielte konzentriert. Sie spielte auf Sicherheit. Nur die Fans beider Lager spielten nicht mit.

Als Reaktion auf den Beschluss des Sicherheitskonzepts der DFL blieben die Fanblöcke nicht nur 12:12, sondern 92:12 Minuten – abgesehen von den diversen Torjubeln sowie den Pfiffen der Hoffe-Fans bei Rückpässen – still.

Zwar kam kurzfristig Stadionatmosphäre auf, aber das waren Miniintermezzi. Entweder es kam sowohl am süd- als auch am nördlichen Ende der Rhein-Neckar-Arena zu „Scheiß DFL“-Tiraden oder aber der Gäste-Block brachte so etwas wie Nostalgie in das eckige Rund, als er zwei-, dreimal zum schon lange nicht mehr gehörten Herkunftsvermutungschant über die Großmutter des Sohnes des Mäzens des Vereins ansetzte, was sofort mit Pfiffen der Hoffenheim-Fans quittiert wurde, aber bis auf diese Demonstration der Ohnmacht gegenüber der eigenen Regeln verweigerten die Fans die üblichen Anfeuerungen.

Darf man das kindisch nennen? Man muss es, aber niemand traut sich. Und auf die Sinnhaftigkeit des Treibens hinzuweisen und es zu hinterfragen, lässt man auch besser. Es ist, wie es ist: lächerlich.

Selbstverständlich haben die Fangruppierungen alles Recht der Welt, auf diese Art und Weise gegen etwas zu demonstrieren, was ihnen nicht gefällt. Aber niemand sonst im Stadion hat die Pflicht, sich dieser Demonstration anzuschließen. Es läge also beim „Event-Fan“, seinerseits für Stimmung zu sorgen. Und ob der Druck macht, dass , damit wieder mehr „Fußball-Atmosphäre“ im Stadion ist, die Kontrollen lascher und Bengalos legitimiert werden?

So befremdlich und ungewohnt sich diese Stille auch anfühlt, sie bringt den Fußball zurück zu seinen Wurzeln. Wie einst gibt es nur noch RE-Aktionen von den Rängen. Es sind die Mannschaften, die für die Stimmung sorgen müssen. Das ist in der Kreisklasse so, und nun auch in der Bundesliga. Ist das wirklich so schlecht? Für die Vermarktung des Produkts „Bundesliga“ bestimmt, denn es fehlen ja die „Emotionen“. Andererseits ist genau das, die Vermarktung, Aufgabe der DFL. Also wenn schon, schneiden sie sich ins eigene Fleisch. Und auch das ist legitim.

Zurück zum Spiel.

Unsere Mannschaft spielte gut. Sie spielte mit einem System. Sie spielte konzentriert. Sie spielte auf Sicherheit. Und sie spielte mit. Mit großer Laufbereitschaft. Mit viel Einsatz. Mit großem Willen.

Die ersten Chancen hatten wir, der Gegner das Glück. Ein Schuss, ansatzlos und durch die Beine von Beck gedroschen schlug millimetergenau neben dem Pfosten ein. Keine Chance für irgendwen. Das war so klasse wie zufällig. Aber das war egal, denn unsere Mannschaft spielte weiter. Und sie spielte weiter mit.
Und dann auch mit Erfolg.

Eine schöne Kombination über die linke Angriffsseite schloss der sehr emsig spielende Schipplock zum 1:1-Ausgleich ab. Seit gefühlten Jahrhunderten gingen wir damit zum ersten Mal ohne Rückstand in die Pause.

Die Frage war, ob die eigene Mannschaft dieses Tempo, diese Konzentration wird beibehalten können. Oder ob der Gegner umstellt und diese beiden Parameter auf seiner Seite erhöht. Irgendwie dummerweise war beides der Fall – und so führten zwei großartige Kombinationen des Gegners, wenngleich wir in beiden Fällen zuvor dümmliche Fehler machten, zum Endstand.

Nun ist es bestimmt einfacher, die Spieler gegen einen solchen Gegner mehr zu motivieren als gegen weniger namhafte, aber diesmal war es dennoch mehr eine Mannschaftsleistung.

Es war zwar eine Niederlage, aber dennoch war so etwas wie Zufriedenheit zu spüren.

Es war dann doch so überraschend wie schön zu sehen, was ein Trainer erreichen kann, wenn er die Mannschaft erreicht. Frank Kramers Vorgänger tat dies offenkundig nicht.

A propos Mannschaft: Schröck spielte von Anfang an, auch Weis war wieder in der Startelf ebenso wie Salihovic. Johnson scheint alternativlos zu sein und obwohl keiner von ihnen wirklich gut spielte, die Fehlpassquote von Salihovic wurde nur noch vom später eingewechselten Firmino übertroffen, der keinen nennenswerten Pass zum Mitspieler brachte, gelang es, durch gutes Pressing den Ball fast immer wieder zurückzuerobern.

Das große Manko waren die Einwechslungen: Nicht nur Firmino, der für Weis kam, der kurz vor einer roten Karte stand, war keine Verstärkung. Auch Ochs und Joselu für Schipplock und Volland fanden nie ins Spiel und konnten das Spiel nicht mehr drehen.

Konsequenz: Niederlage. Platz 16. 7 Punkte bis Platz 15.

Es hilft nur, mit der Tradition zu brechen und die Rückrunden aller Rückrunden zu spielen. Dabei muss jedes zweite Spiel gewonnen werden – plus das ein oder andere Unentschieden.

Eine Herkules-Aufgabe – für wen auch immer, denn offiziell ist die Stelle immer noch vakant. Wer will sich das antun? Wir werden es sehen. Gerade rund um Weihnachten ist Hoffenheim immer für Personalüberraschungen gut.

A propos Weihnachten. Das ist eine Zeit, die eigentlich perfekt zu unserem Dorfklub passt. Eigentlich. Wenn man das Ganze auch mal etwas ursprünglicher sieht. Auch hier lohnt ein Blick zurück auf die Wurzeln …

Da ist von einer kleinen Stadt die Rede, von einem Stall … das hat doch schon Dorfatmosphäre. Und da war ein Mann, der hatte plötzlich Verantwortung für etwas, das nicht auf seinen eigenem „Mist“ gewachsen ist, aber der die Aufgabe mit Freuden annahm. Bei uns heißt er auf die germanische Abwandlung des Namens Petrus, bekanntlich der, auf den Jesus später seine Kirche bauen wollte.

Und auch der Verweis, dass wenige Tage nach der Geburt des Heilands drei Könige aus fernen Landen an seinem ärmlichen Lager auftauchten und ihm Geschenke gaben, unter anderem Gold, darf hier nicht fehlen. Und niemand weiß, was Herr Hopp nach seiner Rückkehr aus Amerika mitbringt.

Natürlich wird er nicht wieder Geld in den Verein buttern. Das käme ja der Wandlung vom Paulus zum Saulus gleich. Und überhaupt wäre es ganz sinnvoll, diesen Gott („Mammon“) einfach mal zu ignorieren und sich in erster Linie um die Spieler zu kümmern und bemühen, die die entsprechende Disposition für eine solche Tabellensituation mitbringen.

Die natürliche Reaktion in der Region ist der Ruf nach härterer Arbeit. Hier spürt man dann doch diesen protestantischen Arbeitsethos, der Baden-Württemberg viel Renommee eingebracht hat. Aber was am Fließband funktioniert, funktioniert offensichtlich im Fußball nicht – zumindest nicht, wenn man ganz nach oben will.

Es scheint geradezu, dass sich zumindest auf dem Niveau Nationalmannschaft wirtschaftlicher Erfolg und Erfolg im Fußball ausschließen. Wenn man die Rankings von FIFA und Standard & Poor’s vergleicht, wirken sie fast wie Negative. Beim einen oben, beim anderen unten.

Die bei Weltmeisterschaften erfolgreichsten Teams, alles Katholiken: Brasilien und Italien. Die aktuell beste Nationalmannschaft der Welt kommt ebenfalls aus einem katholischen Land: Spanien. Davor Frankreich, ebenfalls nicht gerade lutheran.

Der deutsche Rekordmeister kommt aus einer urkatholischen Region. Der amtierende deutsche Meister ebenso. Und die wenigen Meistermannschaften, die aus einer protestantischen Region kommen, taten dies mit Spielern, die katholisch sozialisiert wurden. Das nur mal so.

Frank Kramer ist Allgäuer.

Der Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V. wünscht Ihnen allen, Ihrer Familie und Freunden und Bekannten ein Frohes Fest und erfolgreiches 2013 – und dem Verein eine Rückrunde, bei der wir alle spätestens an Ostern von einer Auferstehung reden können.

Halleluja.

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