Schalke 04 vs. 1899 Hoffenheim
Auf die Schnelle
Nachspielgedanken mit 140 km/h auf der A3
Als Pavel Kaderabek uns auf unserer Weihnachtsfeier 2016 die Ehre seines Besuches erwies, haben wir ihm das Versprechen abgerungen, endlich mal sein erstes Tor für die TSG zu erzielen. Er hat es bis heute nicht eingelöst. Und ausgerechnet heute hatte er Wade. Denn wenn es ein Spiel gegeben hätte,bei dem er hätte einnetzen können, das wäre es gewesen. Aber wie gesagt, Wade. Scheiße.
Er hätte dem Spiel unserer Mannschaft gut getan, denn im Gegensatz zu Bicakcic, seiner Vertretung, ist er a) schneller, b) gefährlicher und vor allem c) sind seine Flanken präziser.
So konnten wir leider auf dem Platz aus dem Platz, den wir dieses Mal auf rechts haben, kein Kapital schlagen. Das gelang hingegen leider den Gastgebern, als sie mit einem Lupfer für maximale Konfusion in unserer Hintermannschaft und mit ihrem einzigen Abschluss in der ersten Halbzeit für die Führung sorgten.
Zum Glück, muss man sagen, sehr früh im Spiel, so dass es keinen Grund für unsere Elf gab, in unnötige Hektik zu verfallen – und so blieb sie auch ruhig und zog mit jeder Minute mehr und mehr ihr Spiel auf. Auf Schalke. Wir.
Das war schon sehr souverän und schön anzusehen, auch wenn der totale Zug zum Tor fehlte. Mit zunehmender Spieldauer setzen wir den Gegner immer mehr unter Druck und auch immer wieder gute bis sehr gute Akzente. Doch die handverlesenen Chancen, die sich für uns ergaben, wurden nicht genutzt bis kläglich vergeben. Und nicht selten durch den, dem man in diesen Momenten anmerkte, dass seine Kernkompetenz doch mehr im Blocken und Wegdreschen des Spielgeräts liegt. Das machte Bicakcic zwar statistisch irgendwie zum besten Stürmer, aber der leider auch beste Chancen vergab.
Nun wollen wir uns darüber nicht künstlich echauffieren, schließlich ist es ja kein Leichtes statt links hinten Gefahrenherde zu löschen plötzlich mitte/vorne rechts für Gefahr zu sorgen. Da fehlt ihm schlicht die Routine, in solchen Situationen den besser platzierten Spieler zu sehen und in Szene zu setzen. Aber – und das ist halt leider auch wahr – die etatmäßigen Stürmer setzten sich so gut und oft in Szene nicht. Wagner und Terrazzino boten sich auch selten in aussichtsreicher Position an, so dass Ermin gar nichts anderes übrig blieb, als sein Bestes zu versuchen. Das tat er bestimmt auch. Es war halt nicht gut genug.
Aber er gab alles, opferte sich auf und war ein sicherer Anspielpartner auf der Seite. Dennoch erkannte Julian Nagelsmann, dass er etwas grundlegend ändern muss, um die Gastgeber in die Bredouille zu bringen, zumal sie ihr System änderten. Agierten sie in der ersten Halbzeit noch primär defensiv, fingen sie nun an, das Spiel auch mehr und mehr destruktiv zu gestalten.
Ohne eine eigene Idee davon zu haben, wie sie ihre glückliche Führung möglicherweise ausbauen könnten, verlagerten sich die Schalker aufs Schaden unseres Spielflusses. Und das nicht ohne Erfolg, denn mit zunehmender Anzahl der von ihnen hervorgerufenen Spielunterbrechungen nahm bei uns die Spielfreude ab. Gerade im Spielaufbau häuften sich die Fehlpässe, wobei insbesondere Rudy und Wagner den zunehmenden Zorn der rund 600 mitgereisten Fans auf sich zogen.
Gleichzeitig gelang es den Gelsenkirchenern den Ball auch mal länger in ihren Reihen zu halten und nicht mehr nur durch Zufall oder dämliche Zuspiele unsererseits, Baumann zu beschäftigen. Nicht oft, nie wirklich, wirklich gefährlich, aber noch lagen wir ja 0:1 hinten und nach dem Spielverlauf bin dahin war nicht davon auszugehen, dass wir einem Zwei-Tore-Rückstand hätten etwas entgegensetzen können.
Doch statt des erwarteten Kramaric ersetzte Schwegler den ausgepowerten Bicakcic. Eine Auswechslung, die in der Kurve keine Begeisterung auslöste, da unser Ex-Kapitän weder für Beschleunigung noch für Brechstange steht, aber genau danach stand den Fans so langsam der Sinn, denn das schöne Spiel macht zwar Appetit auf Fußball, aber halt nicht satt.
Vielleicht dachte unser Trainer langsam ähnlich, denn wieder wurde nicht Kramaric, der sich schon gegen Ende der ersten Halbzeit warmlief, für Amiri eingewechselt, sondern sein Warmmachpartner Szalai. Auch das sorgte auf den Rängen mehr für Verwunderung denn Verständnis, obwohl man durchaus sah, dass das Mittelfeld keine Power nach vorn entwickelte, was auch an der oft übertriebenen Liebe zum Gefuddel von Demirbay und eben Amiri lag. Recht schnell folgte dann auch die längst erwartete Auswechslung Terrazzinos bzw. Einwechslung Karamarics.
Jetzt war wieder Hoffnung im Block und gerne erinnerte man sich an die Statistik, die der Stadionsprecher vor dem Spiel kundtat, wonach keine andere Mannschaft mehr Stürmertore in der aktuellen Bundesliga-Saison geschossen habe als unsere TSG.
Doch die Gleichung viele Stürmer = viele Chancen gilt nicht zwingend. Unabdingbar hierfür ist die Hinzuziehung einer weiteren Variablen: das Spielgerät. Der Ball ist der essenzielle Faktor und wenn der null Mal bei den Männern in der Sturmmitte ankommt, kommt auch null bei raus.
Rund eine Viertelstunde vor Schluss war der Mannschaft wohl klar, dass in Sachen Brechstange alles aufgeboten wurde, was ging. Falls aber im Spiel noch was gehen sollte, müsste sie nun auch noch was in Sachen Beschleunigung tun, was umso wichtiger war, als die Gastgeber Abstöße, Einwürfe und jedwede andere sich bietende Situation nutzten, um das Spiel maximal zu entschleunigen.
Doch so wenig wie schön spielen alleine nichts bringt, bringt auch schnell spielen nichts, wenn der Ball immer wieder verloren wird. Dann würde man auch das Spiel trotz klarem Chancenplus und Mehr an Ballbesitz verlieren.
Doch auch wenn es zwischenzeitlich so aussah, als würde die Mannschaft den Faden verlieren, die Geduld verlor sie nie. Auch nicht den eigentlichen Willen, den Ausgleich zu erzielen, doch immer wieder verloren Wagner und Rudy vor- und drittletzte Bälle, und so verpassten wir es, zu noch mehr und vor allem aussichtsreicheren Situationen zu kommen. Hinzu verpassten unsere Fernschüsse auch alle ihr Ziel, zum Teil deutlichst. Und wenn der Ball dann mal frei vor dem Tor entlang flog, flog der lange Szalai knapp vorbei. Das Präzisionsmanko in Sachen Pässe und vor allem Flanken blieb eklatant.
So langsam war es auch jedem egal, ob man das Spiel 2:0 verliert – sowohl auf der Tribüne als auch wohl auf der Bank, denn die Mannschaft griff zum Ende des Spiels immer höher an und versuchte jetzt, die Schalker noch früher unter Druck setzen, auch wenn jedem die Gleichung bekannt ist: hoch stehen = hohes Risiko.
So kam unsere Hintermannschaft immer wieder in Situationen, die brenzlig hätten werden können, doch die Gastgeber waren gerade im Spiel nach vorn erschreckend schwach. Und dieser Schwäche gepaart mit unserem sehr frühen Stören sowie der einzig gelungenen Flanke (direkt von Zuber) nach dem einzig gelungenen langen Ball (fast in Beckenbauer-Manier von Vogt) haben wir es zu verdanken, dass wir zum hochverdienten Ausgleich kamen – auch wenn es während des Fluges des Balles in den Strafraum so aussah, als würden genau die zwei, die den größten Unmut der Fans im bisherigen Spielverlauf auf sich zogen, sich jetzt ins Gehege kommen, zumal der Strafraum ja das Revier des Platzhirschen Wagner ist. Doch er griff nicht ein, so dass Rudy einfach durchlaufen und mit einem präzisen Kopfball ins im Grunde leere Tor das 1:1 erzielte – und alle ließen ihn hochleben. Fans, halt 🙂
Geschickt brachte man die restliche Spielzeit rum, indem man sie fast ausschließlich in der Hälfte der Gastgeber verbrachte oder sich den Ball sehr tief in der eigenen Hälfte zuspielte. Doch die Schalker ließen sich nicht locken, wir hingegen etwas locker, was unseren Tordrang angeht. Lieber den Spatz in der Hand …
So holte unsere Elf das elfte Unentschieden in dieser Saison, das erste auf Schalke, und kommt damit jetzt auf die exakt gleiche Punktzahl wie zum gleichen Zeitpunkt der Hinrunde mit einer um ein Tor besseren Tordifferenz.
Das Spiel war nicht unbedingt wirklich klasse, aber sehr spannend – und gefühlt das vielleicht beste Sonntagsspiel unserer TSG seit langem. Auch das ist ein gutes Zeichen, könnte ja sein, dass man sich an den Termin gewöhnen muss. 🙂
An Ermin auf rechts hoffentlich nicht. Gute Besserung, Pavel. (Und Marc, Jeremy, Lukas, Fabian.) Wir haben das Versprechen nicht vergessen. Und unseres auch nicht: Wir sind nicht nur auf Schalke (oder beim nächsten Mal in Freiburg oder zum Saisonabschluss in Bremen), sondern auch beim ersten „europäischen“ Auswärtsspiel unserer TSG dabei. Rational, klug, logisch oder gar intellektuell ist das nicht, aber – wie der Punktgewinn unterm Strich auch: geil 🙂
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Supi! 🙂
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