SC Paderborn vs. 1899 Hoffenheim
Chillerinstinktfußball
Kein Applaus für den Untergang
Die preußische Beschwerdeordnung hatten wir hier schon das ein oder andere Mal erwähnt. Eine sehr sinnvolle Regel ist das, die auch noch bei der Bundeswehr gilt, wonach sich jede/r über alles beschweren kann, was ihnen von Vorgesetzten zugemutet wurde.
Das wollten wir natürlich auch diesmal beherzigen und schliefen auch erst einmal darüber, bevor wir uns beschweren wollen über das, was einem da von der Mannschaft im Spiel vorgesetzt und auch danach zugemutet wurde.
Der Vorteil des Schlafes ist ja nicht nur, dass sich der eigene Körper erholt, sondern auch dass der Geist zur Ruhe kommt. Darüber hinaus ändert sich noch das Wetter. Alles das sind natürlich Faktoren, die mit eine Rolle beim Beschweren spielen, wobei es eigentlich ja gar keinen Grund dazu gab, denn es ging ja alles andere als beschwerlich los.
Von Anfang an lief der Ball – den angenehmen äußeren Bedingungen in Paderborn entsprechend – richtig chillig durch die eigenen Reihen, und landete auch völlig zu Recht nach einer schönen Kombination der unseren bereits nach drei Minuten im Tor der anderen: Skov – vorn – Tor.
Das war wahrlich ein – den Umständen entsprechend reduzierter – Genuss. Ja, aber so wie es lief, auch das Bällchen, konnte man trotz aller Umstände den Umständen etwas gewinnen:
Geisterspiele sind schon auch toll,
weil man sich voll auf den Fußball fokussieren kann.
Dabei war die anfängliche Verwirrung groß, änderte Schreuder die Startelf doch nur auf der Akpoguma-Position. Bicakcic ersetzte den (a) Pechvogel?, (b) Unglücksrabe?, (c) Heimspielpleitegeier (?) und machte insgesamt weniger Fehler: einen statt dreien, aber hat auch damit eine 100%-Fehlerbestrafungsquote in Form von Gegentoren erzielt.
1:1 nach nicht einmal zehn Minuten. Das konnte ja heiter werden, dachte man sich so, aber Heiterkeit ist halt so eine Sache.
Sie wird schnell beliebig, belanglos und grenzt zumindest an Dümmlichkeit. Damit unterscheidet sie sich ganz vehement vom Witz. Der gelingt zwar nicht immer, da er mit viel Spannung verbunden ist und alles davon abhängt, wie perfekt die Pointe platziert wird. Doch selbst, wenn die mal nicht so zündet, folgte man seinem Verlauf mit großer Freude und noch freudigerer Erwartung und hat so ein Gefühl der Zuversicht, dass es doch noch klappen kann. Und sollte die Pointe es dann tun, perfekt sitzen, dann ist da Begeisterung, ekstatische Ausgelassenheit, purer Jubel, maximale Power. All das löst Heiterkeit nicht aus – und die TSG auch nicht.
Sie muss sich gefallen lassen, dass sie einfach zu gefällig ist, ja: fast schon selbstgefällig. Es wird sich am ganz eigenen Stil ergetzt, der mit großer Gleichheit und auch Anmut daherkommt, aber sonst kommt halt nichts. Es wirkt künstlich, aber nicht nach Kunst. Wie Heiterkeit.
„Viel Spaß …“ ist ja so ein Wunsch, den man Menschen so wünscht, wenn sie ein Vorhaben vorhaben – gerne auch gefolgt von einem „… und Erfolg!“ in einem ähnlich ge- wie beifälligen Ton, wobei man gerade für diesen Zusatz einen anderen anschlagen sollte, um dem/der Empfänger/in klarzumachen, dass es den Beifall eben nur bei Erfolg gibt und den Erfolg gibt es entweder (auch) durch Glück oder aber durch – NEIN, eben NICHT unbedingt harte Arbeit, sondern Cleverness, dem Wissen um seine Kräfte und deren optimalen Einsatz, um ein optimales Ergebnis zu erzielen.
#David, #Goliath, #BayernMünchen, #Vestenbergsgreuth, um nur mal ein paar Stichworte zur Verdeutlichung zu nennen.
Die TSG wirkte bestenfalls wie eine U19, die aus Spaß an der Freud‘ spielt, nicht um Punkte – und das auch nicht in Paderborn, sondern in einer Atmosphäre aseptischer Heiterkeit, wo man eben „fun“ hat – oder „joy“, viele Beats und Power (but neither the will nor the power to beat anyone): auf Ibiza.
Dort gibt es die Bucht Cala des Moro, in dieser das Dorf Sant Antoni de Portmany und in jenem seit fast genau vierzig Jahren das Café del Mar. Diese Lokalität wurde vor allem bekannt durch die Trance Chill-Out Compilations seiner Resident DJs José Padilla (bis 1997) sowie his successor Bruno Lepetre, oder auf deutsch: Zusammenstellungen elektronischer Lieder in der Anmutung schlafähnlicher Dämmerung durch ihre Hausplattenleger Josef Brotbackofen (bis 1997) sowie seinem Nachfolger Braun Derfels.
(Der Musikbeitrag zu diesem Spielbericht (oben) ist das Live-Radio des Cafés. Egal, wann du, geneigte/r leser/in, da einschaltest, mit Sicherheit wirst du was akustisch wahrnehmen, was so dahinplätschert. Das mag als Musik ja akzeptabel sein, als Spielweise ist es das nicht.)
Jedes Jahr (außer diesem) öffnet das Café del Mar als eines der ersten „Szenelokale“ auf Ibiza am Karfreitag. Um 17 Uhr geht es dann im Normalfall los und das Highlight ist das „end of daylight“, der sogenannten Ibiza Sunset beizuwohnen, dem teilweise mehrere tausend Menschen auf der Terrasse des Cafés sowie einem davorgelegenen Felsen beiwohnen und dem Sonnenuntergang applaudieren – was an Dümmlichkeit sogar noch den Landeapplaus in Flugzeugen übertrifft, aber so was macht man halt, wenn man „heiter“ ist, man beklatscht einen sich regelmäßig wiederholenden und klar vorhersehbaren Niedergang. Wir nicht: Kein Applaus für Scheiße!
Und das war’s eigentlich … was man bei aller Liebe und Zuneigung zur Spielweise der TSG in den noch 80 verbleibenden Minuten gegen den Tabellen-18. objektiv sagen konnte.
Auch sie war geprägt von einem schlafähnlichen Dämmerzustand. An sich gar nicht mal so hässlich anzuschauen, aber halt maximal belanglos, so dass es am Ende ein klangloses Unentschieden ohne Erinnerungswert wurde – vielleicht bis auf die Stimmen nach dem Spiel, wo von „richtigem Weg“ die Rede war und einem „guten Auswärtsspiel“.
Natürlich ist Herr Schreuder Fußballlehrer, aber doch nicht von einer U19, aber er ist halt doch kein gewöhnlicher Pädagoge. Ein solcher kann dann von einer erfolgreichen Auswärtsfahrt mit seinen Schutzbefohlenen sprechen, wenn er eine Studienreise unternahm und alle gesund, vollzählig und ohne Vollrausch zurückkehrten, Herr Schreuder kann das faktisch natürlich auch (tat er ja (ca.)), aber kann das sein, dass er nur das kann?
Es spricht für ihn als netten Mann, guten Menschen und es ist ja auch nicht falsch von ihm, dass er der Zukunft Spielzeit gibt. Aber das Geld auf der Bank zu haben, ist alles andere als weise: Ribeiro, Samassekou, Dabbur – insbesondere wenn an ihrer Statt – um im Bild zu bleiben – faule Kredite laufen, wobei das Rudy nicht gerecht würde. Er lief ja null, wie auch überhaupt wenig zusammen und nichts nach vorn.
Das kann man nicht mit „fehlendem Killerinstinkt“ vor dem Tor erklären, sondern eher mit einem „übergroßen Chillerinstinkt“ – oder dem fehlenden Instinkt fürs Spiel, das eben auch mal hart sein kann, rau und auch mal rumpelig, gerne aber auch mal schnell sein darf und definitiv nicht nett, freundlich, gut und heiter sein muss. Diese Mannschaft krankt geradezu an Nettigkeit und Freundlichkeit und Gütigkeit und Heiterkeit und Heiteitei.
Geisterspiele sind schon auch toll,
weil man sich voll auf den Fußball fokussieren kann.
Hoffenheim ist doch ein Dorf. Da muss es doch in irgendeinem Stall noch eine Drecksau geben! Gockel und Pfauen haben wir genug. Mit Sicherheit sollte mal wer mit wem mehr als ein Hühnchen rupfen – und keine Angst davor haben, womöglich Federn lassen zu müssen. Blanker als jetzt kann man kaum dastehen – außer vielleicht vor blankem Entsetzen – und man kann nur fußballgottfroh sein, dass es dank der Vorrunde sportlich (und der Transferüberschüsse der Vorjahre wirtschaftlich) gerade nicht ums nackte Überleben des Vereins geht.
Dafür Mittwoch schon wieder weiter … vielleicht und hoffentlich wird es auch die Mannschaft bis dahin auch sein … wenn nicht, gibt es von uns was auf die Ohren und das ist definitiv nichts für Chiller …
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