RB Leipzig vs. 1899 Hoffenheim
Eine Frage des Stils
Wir geben rhetorische Antworten …
Es ist alles eine Frage des Stils. Deshalb wollen wir die Nachbetrachtung zu diesem Spiel auch ihm widmen …
… und beginnen mit einer captatio benevolentiae:
Bitte, geneigte/r Leser/in, verstehe die Einschübe nicht als Belehrung, sondern als zum einen Ausdruck unsererseits unsere Verärgerung und Verbitterung unter (Selbst-/Impuls-)Kontrolle zu bekommen, zum anderen als Muster für Momente in deinem Leben, wo du selbst am liebsten nur noch motzen und sprachlich kotzen möchtest, aber dir dessen bewusst bist, dass dies die Situation insgesamt auch nicht verbessert, was das eigentliche Ziel sein sollte und – wie für uns hier in dem Falle – ist – und zu guter Letzt als Hilfe nicht unbedingt für dich, sondern für deine Angehörigen, die das, was welcher (und guter) Stil ist, wissen müssen, als dir verwandte und bekannte Schülerinnen und Schüler.
captatio benevolentiae („Haschen nach Wohlwollen“) bezeichnet eine seit der Antike gebräuchliche rhetorische Figur mittels derer sich der Autor eines Textes zu Anfang mit schmeichelhaften Worten direkt an seinen Leser wendet und diesen darum bittet, das Folgende freundlich anzunehmen.
„Lauft, kämpft, rennt, kratzt; verschiebt, rochiert, überrascht; schießt, schießt, schießt.“
Wir wissen nicht, ob das die Kabinenansprache des Trainers war. Falls sie das war, haben die Spieler sie nicht gehört. Oder nicht verstanden. Jedenfalls wäre das sehr stilvoll gewesen. Vor allem rhetorisch, hätte sich der Trainer hier doch eines Asyndetons bedient. Offenbar haben sie das aber zu wörtlich genommen, also nicht den Inhalt, sondern die Bedeutung.
Asyndeton (altgriechisch ἀσύνδετον ‚unverbunden‘, Plural: Asyndeta) ist eine asyndetische Aufzählung. Hierbei wird eigentlich die zu erwartende Konjunktion (z. B. und, oder) weggelassen. Die aufgereihten Wörter (oder auch Satzteile) sind grammatikalisch und inhaltlich gleichgestellt und nicht gesteigert. Dadurch, dass eine asyndetische Reihung irrational und ungeordnet ist, ermöglicht sie es, die innere Spannung oder die Dynamik eines Vorganges auszudrücken.
Von innerer Spannung oder gar Dynamik war aber bei unserer Mannschaft nichts zu sehen. Von Anfang an war der Ball unser Feind. Von Anfang an konnten wir ihn nicht kontrollieren. Von Anfang an hatte ihn fast nur der Gegner. Von Anfang an machte nur er Druck. Von Anfang an hatte nur er Chancen. Von Anfang an waren sie hochkarätigst. Von Anfang an hatten wir Glück, denn am Ende landete der Ball überall, nur nicht im Tor.
Anapher (von altgriechisch ἀναφορά anaphorá „das Zurückführen, die Rückbeziehung“ zu ἀναφέρω anaphero oder ἀναφορέω anaphoreo „zurückführen, beziehen auf“; vergleiche die Beziehung von Referenz zu lateinisch refero) bezeichnet die (einmalige oder mehrfache) Wiederholung eines Wortes (oder einer Wortgruppe) am Anfang aufeinander folgender Verse, Strophen, Sätze oder Satzteile. So dient sie der Strukturierung und Rhythmisierung von Texten. Die wiederholten Einheiten werden ggf. als besonders bedeutsam hervorgehoben.
Sie stürmten über die Flügel, passten in die Mitte, und der Ball landete … nicht im Tor. Sie schlugen hohe Bälle in unseren Strafraum, wir versuchten zu klären, aber wieder landete der Ball beim Gegner, aber … nicht im Tor. Geiger passte ihnen den Ball am Sechzehner vor die Füße … nicht im Tor. Sie spielten schnell und steil, ließen unsere Hintermannschaft alt und lahm aussehen, legten sich den Ball perfekt zurecht, Schuss … nicht im Tor.
Epipher (von altgriechisch ἐπιφορά epiphorá, deutsch ‚Hinzufügung‘, ‚Zugabe‘), bezeichnet als rhetorische (Wort-)Figur die einmalige oder mehrfache Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Ende aufeinander folgender Sätze oder Verse.
Und da waren noch keine zehn Minuten gespielt. Muss man sich Sorgen machen? Ja, das ist eine rhetorische Frage, aber die zu stellen wäre stillos gewesen, denn in solchen Momenten wäre das nichts gewesen – bestenfalls ein schlechter Scherz. Ein schlechter Scherz war es dann aber, was Brooks machte.
Anadiplose (altgriechisch ἀναδίπλωσις anadíplōsis, deutsch ‚Wiederholung‘, ‚Verdoppelung‘) oder reduplicatio (lateinisch) ist eine rhetorische Figur aus der Gruppe der Wortwiederholungen und bezeichnet die Wiederholung des letzten Wortes bzw. der letzten Wortgruppe eines Satzes (oder Verses) am Anfang des folgenden Verses oder Satzes.
Recht unbedrängt spielte er dem Gegner den Ball vor die Füße, der konnte mit beidem was anfangen. Und diesmal gelang ihnen, was sie schon zuvor versuchten, und das Spielgerät in unserem Gehäuse – und uns auch in der Folge nichts, bestenfalls unser Team weiter ins Hintertreffen. So stand es 1:0, jeder unserer Spieler auf dem Platz neben sich und plötzlich doch Bebou perfekt vor dem Tor des Gegners.
Zeugma (altgriechisch ζεῦγμα ‚Joch‘, wörtlich ‚das Zusammengespannte‘, Plural „Zeugmata“) ist eine rhetorische Figur, die in dem einen Sinne darin besteht, dass in Satzverbindungen das den einzelnen Sätzen gemeinschaftliche Verb nur einmal gesetzt wird. Im modernen Sinne meint man mit dem Begriff Zeugma oft überhaupt nur noch die Syllepsis, wobei man hierunter eine unlogische, sprachwidrige Verbindung zweier oder mehrerer Ausdrücke durch Einsparung eines logisch notwendigen Satzglieds versteht. Herbeigeführt wird diese Figur vielfach durch ein polysemes, mehrdeutiges Verb, das zu den verschiedenen Ausdrücken in unterschiedlicher Bedeutung zu verstehen ist.
„SACH‘ MA‘!“
Exclamatio (von altgriechisch ἐκφώνησις) ist eine rhetorische Figur. Sie besteht in der Umwandlung […] eines Aussagesatzes in einen Ausruf […], der meist von (oft apostrophischen […]) Vokativen […] begleitet ist. Der Ausruf kann Schrecken oder Erschütterung über die momentane Situation bekunden oder aus sonstigen Gründen erfolgen.
Eine schöne Flanke …
Endlich mal ein Schuss …
Pariert vom Keeper …
Bebou vor die Füße …
Fünf Meter frei vorm leeren Tor …
Drüber …
Ellipse (von altgriechisch ἔλλειψις élleipsis, deutsch ‚Zurücklassen, Unterlassen, Auslassen‘) bezeichnet in der in der Geometrie spezielle geschlossene ovale Kurven, aber in der Linguistik / Rhetorik, also hier das Auslassen von Satzteilen, aber auch die Sätze mit diesen Auslassungen.
BEBUUUH!“ schrie der Fan fuchsteufelswild und wurde blitzzeitig beruhigt durch den Abseitspfiff des Schiedsrichters, der so berechtigt war, wie der Überfall der Nazis auf Polen 1939, denn da stand noch ein Verteidiger der Mannschaft aus der Stadt des Völkerschlachtdenkmals kilometerweit näher zur Grundlinie als unsere Angreifer.
Hyperbel (von altgriechisch ὑπερβολή hyperbolé, deutsch ‚Übertreffung, Übertreibung‘ von ὑπερβάλλειν hyperballein über das Ziel hinaus werfen“) ist ebenfalls ein Terminus aus der ebenen Geometrie, wo er eine spezielle Kurve, die aus zwei zueinander symmetrischen, sich ins Unendliche erstreckenden Ästen besteht. In der Linguistik wird er als extreme, im wörtlichen Sinne zumeist unglaubwürdige oder auch unmögliche Übertreibung für die Darstellung oder Hervorhebung des Außergewöhnlichen oder Außerordentlichen genutzt.
Es spricht für unsere mitgereisten Fans, dass sie das Team nicht mit Schimpf und Schande in die Halbzeit verabschiedeten, was nur recht und billig gewesen wäre. Zu groß war wohl die Freude darüber, dass die Heimmannschaft nicht auf Biegen und Brechen uns in Bausch und Bogen aus dem Stadion schoss, was sie, um es klipp und klar, laut und deutlich, mit Fug und Recht zu sagen, hätte machen und damit den Sieg längst unter Dach und Fach bringen können.
Hendiadyoin (von altgriechisch ἓν διὰ δυοῖν hen dia dyoin, deutsch ‚eins durch zwei‘, selten auch Hendiadys) bezeichnet in der Rhetorik und Linguistik eine Stilfigur, die einen komplexen Begriff mittels zweier nicht bedeutungsgleicher Ausdrücke beschreibt, die in der Regel durch die Konjunktion „und“ verbunden werden.
Es konnte einem angst und bange werden, schließlich hätten wir bereits schon nach zehn Minuten 0:3 hinten liegen können. Aber wer nur ein Mal trifft, führt halt nur 1:0. So hatte man die Hoffnung als Fan, auch wenn man nie und nimmer wirklich daran glaubte, dass die Mannschaft den zweiten Durchgang voll und ganz anders angehen würde.
Tautologie (von altgriechisch ταὐτό = τὸ αὐτό to autó „dasselbe“ sowie λόγος lógos „Sprechen, Rede“) bezeichnet in der Stilistik und Rhetorik eine rhetorische Figur der inhaltlichen Wiederholung, also einer semantischen Redundanz. Bewusste Tautologien werden in sogenannten „Zwillingsformeln“ geprägt.
Das bisher Gezeigte sah optisch gar nicht gut aus. Anspruch und Wirklichkeit klafften erneut weit auseinander. Es war kaum auseinander zu dividieren, welcher Spieler seinen Aufmerksamkeitsfokus auf dem Sieg und damit dem Klassenerhalt hatte, der genug Eigeninitiative hatte und seine IBAN-Nummer auf der Geschäftsstelle nicht für die Begleichung einer ABM-Maßnahme hinterlegt hatte. Man sah als Fan pechrabenschwarz in die nächsten 45 Minuten, denn dass wir die runde Kugel ins eckige Tor bringen, war kaum mehr als eine Zukunftserwartung mit der Wahrscheinlichkeit einer wiederbelebenden Revitalisierung einer toten Leiche.
Pleonasmus (von griechisch πλεονασμός pleonasmós; Überfluss, Übertreibung, Vergrößerung [in der Erzählung]) ist eine rhetorische Figur; die durch Wortreichtum ohne Informationsgewinn gekennzeichnet ist. Er liegt vor, wenn innerhalb einer Wortgruppe oder auch eines einzelnen Wortes eine bestimmte Bedeutung mehrfach auf unterschiedliche Weise (oft mit verschiedenen Wortarten, etwa Adjektiv/Substantiv) zum Ausdruck gebracht wird oder wenn Ausdrucksmittel verwendet werden, die keine zusätzlichen Informationen beisteuern. Er wird manchmal zur Verstärkung, Verdeutlichung oder besonderen Hervorhebung des Gesagten verwendet.
Doch ahnungsfreie Expert/inn/en, die wir sind, lagen wir natürlich richtig falsch. Zwar spielte die Mannschaft immer noch nicht gut, aber besser. Das Niveau war immer noch lau, aber immerhin brannte es bisweilen kalt in des Gegners Strafraum.
Oxymoron (von altgriechisch ὀξύμωρον, aus ὀξύς oxys „scharf[sinnig]“ und μωρός mōros „stump[sinnig], dumm“) ist eine rhetorische Figur, bei der eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen gebildet wird
Matarazzo machte Mut. Der Wechsel wirkte –Arrividerci, Angelino –, wenngleich Wunderbares wahrlich wenig war.
Alliteration (von lateinisch ad ‚zu‘ und litera/littera ‚Buchstabe‘) ist eine literarische Stilfigur oder ein rhetorisches Schmuckelement, bei der die betonten Stammsilben benachbarter Wörter (oder Bestandteile von Zusammensetzungen) den gleichen Anfangslaut besitzen. Eine Sonderform der Alliteration ist das Tautogramm, bei dem jedes Wort mit demselben Buchstaben beginnt.
Es war ein Graus. Das Spiel spielte sich von allein, aber kein Schuss schoss uns nach vorn. Immerhin passten die Pässe, aber sie schienen nicht auf ein Ziel zu zielen. Und so reihte sich in unseren Reihen Querpass an Querpass, aber keiner kämpfte einen wirklichen Kampf, keiner wagte sich ein Wagnis, sodass der Sturm nicht stürmen konnte. Die Folge, die zwangsläufig folgte, war, dass die Kontrolle sich selbst kontrollierte und damit die Zeit keine Ergebnisse zeitigte.
figura etymologica (aus dem Lateinischen) ist eine Redefigur, bei der Worte verschiedener Wortarten, z. B. ein Verb und ein Substantiv mit demselben Wortstamm miteinander verbunden werden.
Und damit auch keine Ergebnisänderung zu unseren Gunsten. Hoffenheim muss weiter zittern, was die Liga zwar spannend macht, aber was kein Hoffenheimer Herz erfreut. Samstag brauchen wir das ganze Stadion für einen Sieg.
Metonymie (von altgriechisch μετωνυμία metonymía, deutsch ‚Vertauschung des Namens, das Setzen eines Wortes für ein anderes‘) ist eine rhetorische Stilfigur, bei der ein sprachlicher Ausdruck nicht in seiner eigentlichen wörtlichen Bedeutung, sondern in einem nichtwörtlichen, übertragenen Sinn gebraucht wird.
Und Prömel. Seine Einwechslung und seine Leistung waren nicht wenig beeindruckend angesichts seiner sehr alles andere als kurzen Verletzungspause. Es war nicht zu übersehen, welchen Wert er für das Team und sein Auftreten hat. So gehen wir auch davon aus, dass er beim nächsten Heimspiel in der Startelf steht, zumal Akpoguma die fünfte Gelbe sah und damit gesperrt sei wird. Außerdem ist ja auch ungewiss, ob der wiedererstarkte Kaderabek wird spielen können, der ja verletzt das Spielfeld verlassen musste. Sollte auch er ersetzt werden müssen, wäre das fürs Team nicht hilfreich.
Litotes (von altgriechisch λιτότης litótēs, deutsch ‚Sparsamkeit‚ Zurückhaltung‘, zu altgriechisch λιτός litós, deutsch ‚schlicht, einfach‘) ist die Stilfigur der doppelten Verneinung oder der Verneinung des Gegenteils.
Nur mit einem Sieg schaffen wir den Klassenerhalt. Und für den braucht es eben Punkte, Punkte, Punkte.
Trikolon (von altgriechisch τρι- tri-, deutsch ‚drei‘ und κῶλον kolon, deutsch ‚Glied‘; Plural: die Trikola) ist ein aus drei Einheiten zusammengesetztes Satzgefüge oder mit anderen Worten ein dreigliedriger Satz.
Sonst macht’s …
Zum Schluss noch eine Definition:
Onomatopoetikum (von altgriechisch ὀνοματοποίησις onomatopoíesis oder ὀνοματοποιΐα onomatopoiḯa „Namenerschaffung“, beide aus ὀνοματοποιεῖν onomatopoieín „einen Namen prägen, benennen“) bezeichnet die sprachliche Nachahmung von außersprachlichen Schallereignissen.
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