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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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Manchester City vs. 1899 Hoffenheim

Don’t Look Back in Anger!

Warum unsere Champions League-Saison ein Hit war

Gefragt nach der popmusikalischen Hauptstadt des Vereinigten Königreichs, wird vielen wohl als erstes die Beatles-Stadt Liverpool in den Sinn kommen. Betrachtet man jedoch die Relation der 500 erfolgreichsten Bands und Musiker seit 1950 bezogen auf die Einwohnerzahl, so übertrifft Manchester die Stadt an der Merseymündung deutlich. Während es Manchester auf einen Pop- oder Rockstar pro 17.855 Einwohner bringt, liegt das Verhältnis in Liverpool bei 1 : 29.073. (Quelle)

Auch im Fußball sind die Clubs von United und City mit zusammen 24 Meisterschaften (davon 21 in der Nachkriegszeit) auf dem besten Weg, der Merseyside den Rang als Fußballhauptstadt zu entreißen (die Reds und Everton haben zusammen 27 Meistertitel errungen, davon aber nur 19 seit 1945). So stößt man im Zusammenhang mit Manchester nicht selten auf das Attribut „Rock’n’Goal capital of the World.“

Hatten Punk und New Wave in den frühen 1980er Jahren hauptsächlich in London ihren Ursprung gefunden, entwickelte sich in der zweiten Hälfte des Jahrzehntes eine neue Bewegung im Nordwesten Englands, die Elemente des Independent und Alternative Rock und der elektronischen Tanzmusik verband. Diese musikalische Stilrichtung ging als „Madchester“ in die Musikgeschichte ein. Sie war geprägt von Bands wie den Stone Roses, New Order, Primal Scream oder den Inspiral Carpets. Epizentrum dieser Musik war „The Haçienda“, ein Nachtklub in einem ehemaligen Lagerhaus am Rochdale Canal in Manchester. Auf dem Kontinent wurde die Musik unter dem Begriff „Manchester Rave“ oder kurz Rave bekannt. Mitte der 1990er Jahre ebbte die Madchester-Welle ab, sowohl aufgrund kreativer Stagnation, als auch durch die Pleite des Musiklabels Factory Records, die die Szene finanziell und organisatorisch hart traf.

Die Madchester-Bewegung war wiederum eine der Quellen, aus denen sich der als Britpop bekannt gewordene Musikstil der 1990er Jahre speiste. Bekannteste Vertreter des Britpop sind OASIS, Blur oder Radiohead. OASIS ging aus der in Manchester gegründeten Rockband „Rain“ hervor. Da der Gitarrist Paul „Bonehead“ Arthurs, der Bassist Paul „Guigsy“ McGuigan und der Schlagzeuger Tony McCaroll mit dem Können ihres Sängers unzufrieden waren, baten sie ihren Kumpel Liam Gallagher, diesen zu ersetzen. Gallagher hatte die Schule abgebrochen, jobbte als Hilfsarbeiter und war zu jener Zeit gerade arbeitslos. In seiner Jugend war er musikalisch dem Hip-Hop zugewandt, sein Interesse an der Rockmusik war erst kurz zuvor in einem Konzert der Stone Roses entflammt. Liam Gallaghers älterer Bruder Noel übte seit seiner Schulzeit ebenfalls wechselnde ungelernte Arbeiten aus; seit 1988 war er Roadie bei den Inspiral Carpets. Wegen Noels Talent als Songschreiber bat ihn Liam, der Band Rain beizutreten. Noel stimmte unter der Bedingung zu, alleiniger Bandchef und Komponist zu werden. Rain wurde auf Liams Bestreben hin in OASIS umbenannt. Der Name stammte von einem Tourposter der Inspiral Carpets (Konzert im Oasis Leisure Centre in Swindon), das Noel im gemeinsamen Zimmer der Brüder aufgehängt hatte.

Der folgende Aufstieg von OASIS zur erfolgreichsten britischen Band der 1990er Jahre stand im krassen Gegensatz zum zeitgleichen Niedergang ihres Fußballclubs Manchester City. Nach einer Blütezeit um die Jahrhundertmitte (erste englische Meisterschaft 1936/37, Gewinn des FA Cups 1956 — in einem legendären Endspiel, das der deutsche Torwart „Bert“ Trautmann mit gebrochenem Halswirbel beendete –, zweite Meisterschaft 1967/68 und Gewinn des Europapokals der Pokalsieger 1970) folgte eine lange Phase des Misserfolgs mit zweimaligem Abstieg aus der höchsten Spielklasse und dem Absturz in die Dritte Liga 1998. Zwar gelang der direkte Durchmarsch bis zurück in die Eliteliga, doch ging es in der Saison 2000/01 nochmals zurück in die zweite Spielklasse. Mit dem Amtsantritt von Kevin Keegan im Mai 2001 wendete sich das Blatt endgültig. Dieser hatte sich zwischen 1977 und 1980 in Deutschland als HSV- und Chartstürmer einen Namen gemacht. Sein Schlager Head over Heels in Love erreichte 1979 Platz 10 in der deutschen Hitparade und Platz 31 in der Liste des britischen „Melody Maker“.

Unabhängig von seinen Sangeskünsten gelang Keegan die Zweitligameisterschaft und in der folgenden Saison der erste Derbysieg gegen die Lokalrivalen von United seit 13 Jahren. Mit dem Umzug in ein neues Stadion wurde schließlich der Grundstein für den bis heute anhaltenden Aufstieg des Clubs mit den Meisterschaften und Ligapokalsiegen von 2013/14 und 2017/18 gelegt. Stammgast im City of Manchester Stadium, dem heutigen Etihad Stadium, ist Noel Gallagher, der auch sonst aus seiner lebenslangen Liebe zu Manchester City kein Geheimnis macht. Im Gegenteil, er drapiert die Bühne bei jedem seiner Auftritte mit einer großen Vereinsfahne, so zuletzt auch bei seiner Deutschlandtournee im Frühjahr. In einem Interview mit dem Fußballmagazin FourFourTwo beschrieb er, wie ihn sein aus Dublin stammender Vater zu den Spielen von City im alten Maine Road Stadium mitnahm, während der Rest der Familie bis heute glühende United Anhänger geblieben sind.

Selbstverständlich lebt Noel Gallagher die Feindschaft mit dem Stadtrivalen Manchester United intensiv aus. Wie wir aus der wirklich sehenswerten BBC Dokumentation „Wayne Rooney – The Man Behind The Goals“ wissen, sammelt der Stürmerstar signierte Gitarren – auch wenn er selbst nicht darauf spielen kann (Die Szene mit der Gitarrensammlung beginnt bei Minute 14:15).

Zu seinem 21. Geburtstag wollte Rooneys Lebensgefährtin ihn mit einer von Noel signierten Gibson Les Paul überraschen. Noel ließ das wertvolle Instrument himmelblau übermalen, krakelte die ersten Worte aus der City-Vereinshymne darauf und signierte mit „Happy Birthday Spongebob!“.

Zum Amtsantritt von Pep Guardiola war es Noel Gallagher, der das erste Interview mit dem neuen Trainer führen durfte. Die Freundschaft zwischen Trainer und Sänger hat sich nach dem Terroranschlag auf die Manchester Arena am 22. Mai 2017 noch intensiviert. 23 Menschen wurden getötet, mehr als 500 verletzt. Unter den Besuchern des Ariana Grande Konzerts waren auch Guardiolas Frau und Töchter. Drei Tage nach dem Attentat kamen die Einwohner der Stadt am St. Ann’s Square zu einer Schweigeminute zusammen. Die Stille wurde durch die einzelne Stimme einer Frau unterbrochen, die den OASIS Song Don’t Look Back in Anger zu singen begann, bis die Menschenmenge mit einstimmte. Seit diesem Tag gilt das Lied als die Hymne der Stadt.

Vor wenigen Wochen wurde Guardiola um eine Liste seiner Lieblingslieder gebeten. In dem Interview mit der BBC  nannte er Don’t Look Back in Anger an erster Stelle und beschrieb seine Erlebnisse rund um das Attentat:

„I love this song, you cannot imagine how much. It is incredible. It puts me in the best of myself when I listen – it’s a masterpiece. Every time we go out we always sing this song together. I love it.
I like that, after what happened in Manchester at the arena, now it is a song for the people, you know? Like in the video when everyone is in silence and one woman starts to sing the song and everybody sings, that is a moment, it was so touching for my family and for myself.
When the attack happened, I was at home with my son, and my wife and daughters were there – they were at the arena.
She called me but the line broke immediately. She told me „something happened and we are running but I don’t know what happened“ and the line broke. We tried to call her again and it didn’t work; we went to the the arena and after five or six minutes she rang again and said: „We are out, we’re coming back home.“
At the end we were lucky. Many people suffered, and we were lucky. Life is like this. We were in a better position than many unfortunate ones.“

Auch jenseits von Manchester hat Don’t Look Back in Anger neben anderen OASIS Songs Eingang in das Repertoire der Fußballfans gefunden. Interessanterweise stimmen gelegentlich die Fans beider Lager gemeinsam in den Gesang mit ein, wie hier bei einem Länderspiel zwischen England und Frankreich. Dass OASIS und der Fußball zusammengehören, hatte auch das ZDF schon sehr früh erkannt. Die Übertragungen von der in England ausgetragenen Europameisterschaft 1996 endeten stets mit den Bildern des Spieltages, unterlegt mit OASIS‘ Don’t Look Back in Anger.

Über die musikalischen Vorlieben unseres Trainers, der aus seinem freundschaftlich-kollegialen Verhältnis zum City-Manager kein Geheimnis macht, ist nicht viel bekannt. Vielleicht teilen die beiden ja auch denselben Musikgeschmack. Zeit also für einen Rückblick auf unsere Championsleague Saison und das letzte Spiel mithilfe von OASIS Songtiteln:

Where Did It All Go Wrong? mag sich der ein oder andere Fan fragen. Die Antwort liegt wahrscheinlich schon im ersten Spieltag der Gruppe begründet, wo — Strange Thing — Lyon unerwarteterweise 3 Punkte aus Manchester entführte und alle vorherigen Zahlenspiele ad absurdum führte. Whatever, was zählte war der gelungene Auftakt unserer Mannschaft Half The World Away in Charkiw. Unsere Mannschaft war endgültig auf der großen Bühne angelangt, sogar The Hindu Times berichtete über das Spiel. Auch wir Fans waren endgültig auf den Geschmack des Magic Pie namens Championsleague gekommen. Das ganze Stadion, nicht nur unsere Wonderwall in der Südkurve fieberte dem ersten Heimspiel gegen die Citizens entgegen, und war gespannt welcher der beiden hoch gelobten Trainer sich als Better Man erweisen und welche der beiden Mannschaften The Masterplan besser umsetzen würde. Nach großem Kampf war unsere Nummer 38 der unglückliche Boy With The Blues. Nur Cigarettes & Alcohol konnten uns über die späte Niederlage hinwegtrösten.

Die Belastungssteuerung des Kaders, also The Importance of Being Idle, war ein Leitmotiv der Halbsaison. Little by Little kehrten die langzeitverletzten Spieler in den Kader zurück. Uns so war das Heimspiel gegen Lyon eine One Way Road, in der wir alle sechs Tore mehr oder weniger selbst schossen. Am Ende wollte keiner die Frage Who Feels Love? für den Schiedsrichter mit Ja beantworten. Stop Crying Your Heart Out und I Belive In All war die Devise vor der Fahrt nach Lyon, denn noch war rechnerisch alles möglich. Aber The Nature of Reality holte uns schnell ein, das 2:0 traf uns wie The Shock of the Lightning. Die Mannschaft gab jedoch auch nach der gelb-roten Karte nicht auf, Won’t Let You Down. Nach dem Spiel waren alle Hoffenheimfans Part of the Queue als uns die Ordner erst nicht aus dem Fanblock und später die Polizei nicht aus dem Stadion ließen. Mit Gefühlen zwischen Hoffen und Bangen ging es in die Vorbereitung auf das Heimspiel gegen Donezk: I Hope, I Think, I Know, ein Sieg würde die Qualifikation fürs Achtelfinale oder wenigstens die Europaliga bedeuten. Keep The Dream Alive war die eindeutige Vorgabe des Trainers an die Mannschaft. Aus dem Hinspiel waren wir vor den Supersonic schnellen Stürmen der brasilianischen Ukrainer gewarnt, aber die Lord Don’t Slow Me Down Gebete unserer Abwehrspieler wurden nicht erhört. Als dann noch der Schiedsrichter die rote Karte Up in the Sky hielt, dachte so mancher auf der Tribüne: If I had a Gun… Nicht so unser Trainer und die Mannschaft, wie eine Force Of Nature bestürmten sie Full On das Tor des Gegners. Some Might Say wir hätten das Unentschieden halten sollen, aber Hey Now, das ist nicht unsere Art von Fußball, D’You Know What I Mean? Das bittere Ende ist bekannt, die Fans waren plötzlich The Quiet Ones, Sitting Here in Silence ohne Aussicht auf Morning Glory in der Rhein-Neckar-Zeitung.

Aber Going Nowhere kam für den TSG-Anhang nicht in Frage, im Gegenteil, Be Here Now war das Manchester-Motto für 1.800 Schlachtenbummler aus dem Kraichgau. Shout It Out Loud! Es war bemerkenswert, wie die mitgereisten TSG-Fans über 90 Minuten die stimmliche Oberhand im Etihad Stadion eroberten und behielten! Flashbax garantiert, folgte die Geschichte des Spiels im Etihad Stadion einem bekannten Drehbuch: knappe Niederlage nach früher, verdienter Führung. Schnell entwickelte sich ein offenes Spiel, ein wahrer Eyeball Tickler mit Chancen auf beiden Seiten.

Andrej Kramarić setzte einen Fernschuss knapp über das Tor bevor er in der 14. Minute einen Weltklasseschlenzer ins lange Eck zirkelte, den Ederson jedoch mit einer ebensolchen Parade entschärfte. Die zu diesem Zeitpunkt nicht unverdiente Führung erzielte unser Vizeweltmeister zwei Minuten später vom Elfmeterpunkt nach einem unstrittigen Foul am Champions Leaguede-Dütanten Benni Hübner. In der Folge erhöhte Manchester den Druck. Mit Glück und einem überragenden Oliver Baumann gelang es der TSG den Vorsprung und — trotz der zwischenzeitlichen Führung von Donezk — den Glauben an die Europaligaqualifikation am Leben zu halten. Es bedurfte eines von Sané perfekt geschossenen 25-Meter-Freistoßes um in der Nachspielzeit der ersten Hälfte den Ausgleich zu erzielen. Auch zu Beginn der zweiten Halbzeit hielt uns Baumann mit starken Paraden im Spiel. Und wer weiß was für uns möglich gewesen wäre, hätte Reiss Nelson seine Großchance in der 59. Minute verwandelt. Wiederum nur zwei Minuten später war es erneut Sané, der nach feinem Doppelpass mit Sterling Baumann ausspielen und den Siegtreffer erzielen konnte. Er wurde somit der erste deutsche Spieler, der in einem Champions League-Spiel einen Doppelpack gegen eine deutsche Mannschaft schnüren konnte.

Unser Exit aus der Championsleague war somit besiegelt. Letztlich haben wir das durch Unerfahrenheit, schlechte Chancenverwertung und individuelle Fehler selbst verschuldet. Womit wir zurück beim Britpop wären, denn die Insulaner diskutieren allen Ernstes ob selbiger eine der Ursachen für den bevorstehenden Brexit ist. Eine These, die derzeit die Runde macht, besagt, dass Bands wie OASIS und Blur eine Mitschuld am Brexit treffen soll, da sich die britische Musikszene damals, Mitte der Neunzigerjahre zurück auf die eigene Geschichte besann: auf die Beatles, die Rolling Stones, die Small Faces und die Kinks, also auf die Zeit in der Großbritannien musikalisch den Ton angab in der ganzen Welt.

Ja, wir sind mit kläglichen 3 Punkten sang- und klanglos aus der Championsleague 2018/19 ausgeschieden. Aber wir blicken nicht im Zorn zurück: Thank You for the Good Times an den Trainer und die Mannschaft! Möglicherweise werden wir schon bald wiederkommen, Let’s All Make Believe. Aber fast noch wichtiger ist der großartige Erfolg unserer U19, die die Gruppe gewonnen hat und in der UEFA Youth League überwintern wird. Auch wenn der Gewinn der Championsleague für die erste Mannschaft der TSG auf absehbare Zeit unerreichbar scheint, so trauen wir Julian Nagelsmann zu, dass es ihm im Lauf seiner weiteren Trainerkarriere gelingen wird, den großen Henkelpott in die Höhe stemmen und in einer Champagne Supernova duschen zu dürfen.

Unseren Segen hat er.

Comments

  1. Klaus Lauterbach

    Respekt für einen sensationellen Bericht! Je nach Generation wird der/die eine oder andere einiges nicht verstehen… aber don’t look back in anger 😉

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