Hertha BSC vs. 1899 Hoffenheim
?
Berlin, Berlin, wir siegen in Berlin!
Wow. 5:0. Höchster Hoffenheimer Bundesliga-Sieg aller Zeiten. Und das in der Ferne. In der Hauptstadt. Und das in aller Ruhe. Das Spiel setzt das perfekte Zeichen hinter die alles andere als perfekte Hinrunde der TSG: das Fragezeichen.
Die Zeiten sind schlecht – so sagt man
geschieht uns nur recht – so sagt man
die Miesmacher führen wieder mal – die Regie
Nein, nein. Die Zeiten sind eigentlich super. Und hier soll gar nichts schlecht oder gar mies gemacht werden. Aber das war wohl das unfünfnulligste Spiel aller Zeiten – und es hätte der höchste Bundesliga-Sieg aller Zeiten werden können, hätten wir auch nur halbwegs ernst gemacht in der 2. Halbzeit, aber da führten wir ja schon 3:0 – und das, obwohl wir (wieder mal) eine Riesenchance vergeigt haben und auch ein wenig Pech bei wirklich sehenswerten Einzelaktionen hatten, allen voran Polanskis Kunstschuss aus der 2. Reihe, der allein eine Physik-Bachelor-Arbeit wert wäre.
Also keine Chance genutzt und dennoch mit einer 3:0-Führung in die Pause. Ja, auch das gibt es, aber wohl nur sehr, sehr, sehr, sehr selten und wir können und müssen froh sein, dass wir die Nutznießer waren.
In der ersten Viertelstunde passierte mal gar nichts. Dann sprang der Keeper der Hausherren unter einer Ecke durch, aber für uns nichts heraus und man war schon wieder geneigt zu verzweifeln, weil eben bis dahin so wenig nach vorne ging und das Spiel unserer Mannschaft nicht gerade vor Tatendrang strotzte. Andererseits ging beim Gegner noch weniger, so dass man sich auf einen Fußball-Nachmittag einstellte, der durchaus was von Glühweintrinken auf dem Weihnachtsmarkt haben könnte: ein Ritual, das einem kurzzeitig Wärme schenkt, aber nicht wirklich genießbar ist und aufgrund seltsamer Zutaten und Lärm drumherum viel Kopfschmerz verursacht.
Aber es kam anders, es kam besser und es kam aus dem Nichts, genauer gesagt. von links. Volland setzte sich da schön durch, passte nach innen, wo kein Mitspieler stand, aber eben ein Verteidiger der Berliner, der den Ball unbedrängt über die Linie lenkte.
Herr Brooks hatte wohl etwas, was man immer wieder hört, aber nicht einmal auf eBay kaufen kann: einen gebrauchten Tag. Denn nur kurz nach diesem Missgeschick, passierte ihm ein weiteres Malheur. Bei der Ballannahme verspringt ihm der Ball, Schipplock geht dazwischen und dann erwischt er, also nicht Brooks, sondern Schipplock, ihn, den Ball, dafür er, Brooks, ihn, Schipplock. Das sah schon etwas nach Slapstick aus, aber es war eine Ausnahme, zumindest keine genetische Disposition, denn zumindest nach unseren Recherchen ist dieser US-amerikanische Nationalspieler Brooks nicht verwandt mit dem US-amerikanischen Schauspieler Mel Brooks, der seinerseits ein sehr einseitiges Verständnis von Komik hat:
D’rum lass uns die Sonne fangen
dem Glück in die Bluse langen.
Und so witzlos Obiges, so humorlos verwandelte Salihovic den fälligen Strafstoß. Ein sehr angenehmer Zufall, dass Gisdol ihn von Anfang an brachte und er auch gleich in seiner Paradedisziplin antreten durfte. Und unglaublich, aber wahr: Nur wenige Minuten später durfte er es wieder, denn wieder zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt, was diesmal allerdings Glück für uns war, denn Beck wurde Opfer der Physik – und nicht der Physis seines Gegenspielers.
Nun kannten die Berliner das ja aus der Vorwoche, dass man mal 3:0 führen kann und trotzdem das Spiel nicht gewinnen. Nur waren sie es diesmal halt, die aufholen mussten, so dass es gewiss clever war seitens unseres Teams, nichts mehr zu machen außer den Ball im Spiel und idealerweise fern vom eigenen Tor zu halten, was auch bis auf einen Moment sehr gut klappte.
Aber mit ein bisschen mehr Mumm, ein bisschen mehr Wille, wäre es an diesem Nachmittag ein Leichtes gewesen, jeden Angriff mit einem Tor abzuschließen, denn bei den Gastgebern lief nichts zusammen, dafür wir den Gegenspieler ab, die Räume zu, alles gut.
Und just, als Berlin dabei war, sich die 2. Chance des Spiels zu erwurschteln, köpfte Schipplock den Ball nach vorn, der dann gemächlich weiter nach vorne gespielt wurde, wo er letztlich wieder bei Schipplock landete, der ihn dann über die Linie im Grunde trug, so dass man hier wohl weniger von einem „Tor“ als von einem Touch-Down sprechen kann.
Lass sie zur Hölle fahr’n – die Melancholie
Vor uns, da liegt so viel Zukunft
Erobern wir sie! – Oh
Packen wir’s an – jetzt oder nie
Mit dem 4:0 war dann auch den größten Pessimisten in unseren Reihen klar, dass wir dieses Spiel nicht mehr verlieren würden. Gleichzeitig war das aber natürlich auch kein Stimulus für die Mannschaft, sich noch einmal voll reinzuhängen.
Statt dessen wurde lieber alten Gewohnheiten wie Ballverliebtheit und Stehenbleiben nach Ballverlust gefrönt (Firmino). Aber selbst daraus entwickelte sich ein Tor, denn der Gegner ging samt Ball auf den an sich gut 10 Meter im Abseits stehenden Spieler zu, verlor dann gegen ihn den Ball, Pass nach innen auf Rudy – und damit stand es dann 5:0 …
… und der Fan vor nicht einem, sondern vielen Rätsel, denn wie eingangs erwähnt setzt das Spiel das perfekte Zeichen hinter die alles andere als perfekte Hinrunde der TSG: das Fragezeichen.
- War das wirklich die Konzentration und die Konsequenz unseres Teams?
- Haben wir wirklich so viel aus den Fehler der Vorwoche gelernt?
- Haben wir jetzt zwei Punkte Abstand zur Champions League oder nur ein gutes Polster zu den Abstiegsrängen?
- Wie wird das bloß enden, wenn wir unsererseits keine Spiele mehr dumm verzocken, wie es ja deren mindestens zwei in der Hinrunde gab? (In der 2. Liga gewannen wir auch mit dem Ergebnis. Zu Hause. Am allerletzten Spieltag. Da stiegen wir dann auf. 🙂
- Wo stünden wir, wenn wir gegen die letzten Drei der Tabelle mehr Punkte geholt hätten?
- Werden wir besser?
- Konstanter?
- Oder hatten wir Glück zum Anfang der Hinrunde und profitieren jetzt davon?
- Krachen wir ein, wenn die ersten drei, vier Spiele zum Rückrundenstart danebengehen – da ist ja gleich englische Woche – und die bekamen uns in der Vergangenheit ja nicht so?
Spannend, spannend. Und so soll es ja sein. Wie bei einer sehr guten Serie muss ja die Spannung in die Fortsetzung der Fortführung der Staffel gewährleistet bleiben. Und das ist sie – und wir verraten nicht zu viel (also kein Spoileralarm), wenn wir verraten, dass wir es diesbezüglich mit dem gestern verstorbenen Udo Jürgens halten ….
Gemeinsam, da sind wir einfach – unsagbar groß
Gemeinsam sind wir unschlagbar – legen wir los
Und nun gib mir deine Hände
Verführe mich ohne Ende
Lass uns in Lust vergeh’n, statt in – Lethargie
Bis unser Spiel vorbei ist
Rien ne va plus – oh
Drum packen wir’s an
komm, legen wir los
Es ist an der Zeit – jetzt oder nie
In diesem Sinne …
Frohe Weihnachten, einen guten Rutsch, Gesundheit, Glück, Erfolg und Spaß im neuen Jahr!
Submit a Comment