FSV Mainz 05 vs. 1899 Hoffenheim
Konstante Quantität
oder: Worauf man sich verlassen kann: 3 Gegentreffer
Wo befindet sich Hoffenheim?
Eine einfache Frage. Aber welche Antwort will man geben?
Der Astronom wird sagen: auf dem Planeten Erde
Der Kartograph wird sagen: 49° 16′ N, 8° 51′ O
Das Navi zeigt: an der B 45
Der Geograph wird sagen: im Kraichgau
Markus Babbel sagt: im Abstiegskampf.
Alles wahr. Platz 14. Zwar in einer der ausgeglichensten und besten Fußballligen Europas, aber dennoch meilenweit von „Europa“ entfernt. Und genau das stellte der Trainer vor der Saison in Aussicht: die Teilnahme an einem europäischen Wettbewerb. Damit rechtfertigte er Einkäufe und Vertragsverlängerungen, die heute mehr denn je seltsam anmuten.
Spötter fragen sich, was mehr wackelt: Hoffenheims Abwehr oder Hoffenheims Trainer?
Eine Antwort darauf hat keiner, was nach dem Spiel auch wenig überrascht. Sicher ist nur, dass Ersteres am vergangenen Samstag sehr wackelte. Vestergaard ersetzte Delpierre und man sah schnell, warum die Trainer den bei den Fans so beliebten Dänen diese Saison noch nicht brachten. Er sei nach der harten Saison und der sehr harten Vorbereitung noch nicht so weit, hieß es. In der Tat war seine Leistung in seinem ersten Spiel in dieser Saison um ein Vielfaches schlechter als seine schlechteste Leistung in der Vorsaison. Oder war seine Leistung das Resultat mangelnder Spielpraxis?
Andererseits ist der Mann jung, sehr jung, und es gehört zum Selbstverständnis unseres Selbstverständnisses, dass man einem solchen Spieler auch solche Tage zugestehen muss, zumal er ja nicht alleine ist.
Aber wenn auch seine erfahreneren Mitspieler die Bälle leichtfertig vertändeln, ihn immer wieder ins Spiel bringen, weil sie den Ball immer und immer wieder nach hinten spielen, und ihn zum planlosen Vorsahgedächtnisichrohrdasdingquerüberdenplatzball zwingen, weil sich keiner von ihnen anbietet und freiläuft, dann muss man sich fragen, wessen Schuld eine solche Spielweise ist.
3:0 verloren. Gegen einen Gegner, der nichts anderes machte, als kämpfen. Denn: Technisch bewegten sich beide Mannschaften auf einem sehr überschaubaren Niveau. Es gab wenig Kombinationsspiel, zahlreiche ungenaue Zuspiele auf beiden Seiten und keinen einzigen richtigen, gewollten Spielzug.
Aber die Gastgeber taten, was jeder Hausarzt jedem empfehlen würde, der bei +3 °C 90 Minuten in kurzen Hosen im Freien arbeiten muss: bewegen, bewegen, bewegen. Und letztlich reichten ihnen einige Fehler unserer Mannschaft, um ihre Treffer zu erzielen, während es immer mehr Hoffenheim-Fans einfach nur reicht.
Aber wohin mit der Wut? Gegen den Trainer, der doch gerade dabei ist, mit Streker und Grifo U23-Spieler einzubauen und damit einem Wunsch von Dietmar Hopp entspricht? Oder ist das etwa eine Arbeitsplatzerhaltungsstrategie? Eher unwahrscheinlich, denn sonst hätte er die beiden ja gewiss wesentlich früher eingewechselt. So konnten sie ja nicht wirklich etwas bewirken. Nur der Spielpraxis wegen? Dann hätte er sie auch schon nach 46 Minuten bringen können, denn nach dem 2:0 war ja ganz offensichtlich kein Geist mehr in unserer Mannschaft, sondern der Wurm.
Das 1:0 nach 20 Minuten wurde ja noch hingenommen. Man spielte weiter im wahrsten Sinne des Wortes ordentlich, also im Sinne von: geordnet, Fußball, und hätte, wären Laufwege und die schussstarken Füße der Mitspieler bekannt gewesen, ja durchaus zum Ausgleich führen können.
Aber nach dem 2:0 nur wenige Sekunden nach Wiederanpfiff sorgte für die totale Lähmung, was bei den Temperaturen selbstverständlich weitere Konsequenzen nach sich zog.
Babbel brachte den Derdiyok, der sich aber auch nur warmhielt. Zugegeben, es ist schwierig für einen Stürmer, ohne Ball Gefahr zu entwickeln. Aber wenn einer nur eine halbe Stunde auf Daunen und Wolldecke verzichten muss, dann kann man erwarten, dass man nicht nur auf den Ball wartet, sondern seinen Kameraden auch hilft.
Aber am Samstag half nichts. Wieder standen Spieler auf dem Platz und keine Mannschaft, dafür der Trainer öfter auf und versuchte geradezu napoleonesk, auf die Mannschaft einzuwirken. Widmayer nutze die kleine Fläche der Coachingzone für diverse Spurts und sprach ebenfalls auf die Spieler ein.
Irgendwie ein Sinnbild für den Auftritt der Mannschaft: Manche bewegten sich weniger, manche mehr, gebracht hat weder das eine noch das andere was.
Was aber bringt was? Immer wieder den Trainer wechseln? Just in der Woche gab es ja in der Bundesliga die erste Trainerentlassung der Saison – und ausgerechnet der Trainer wurde frei, der gerne schnell auch mal woanders anheuert, wenn es zeitlich passt.
Aber dessen System passt noch weniger in das System „1899“. UEFA Financial FairPlay – mit Mio.-Magath? Und er hat es bei seinem letzten Arbeitgeber ja auch nicht geschafft, eine Mannschaft zu kreieren. Und: Keine Mannschaft haben wir jetzt schon. Vielleicht braucht es ja wirklich nur etwas mehr Zeit. Und Ruhe. Aber am wahrscheinlichsten brauchen wir mal etwas weniger Konstanz.
Statt 3 Gegentore 3 Punkte.
Und dann noch mal.
Und noch mal.
Und dann …
befände sich Hoffenheim auch woanders:
im Aufwind, die Fans im 7. Himmel und unser kleiner Dorfverein endlich wieder positiv in aller Munde.
Dazu muss sie allerdings weniger verbissen, dafür mit Biss spielen.
Naja, bis nächstes Wochenende …
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