Fortuna Düsseldorf vs. 1899 Hoffenheim
1725 und 1899
oder: Fußball und die Jahreszeiten
Die schönste Jahreszeit und die schönste Nebensache der Welt finden in unseren Breiten nur selten zusammen. Im Gegensatz zu Ligen wie denen in Skandinavien oder Russland sind die wärmsten Monate die, in denen kaum bis wenig Ligaspiele stattfinden.
Und als ob eine große PR-Agentur im Hintergrund manipulativ aktiv war, gibt es auch hier nur einen Terminus, der beides zusammenbringt – und dann auch gleich das schöne Spiel in den schönen Monaten diskreditiert: Sommerfußball.
Hier wird unterstellt, dass es die heißen Temperaturen sind, die einen mit dem Spiel nicht warm werden lassen. Das Spiel sei celsiusbedingt langsamer und das Aktivste an den Spielern seien ihre Pigmente.
Es ist Herbst.
Der gleichen Logik folgend müsste man nun Spiele erleben, die einen heiß auf mehr machen – und letzte Woche war das auch so. Aber Konstanz ist eine Stadt am Bodensee und nicht etwas, was das Spiel unserer Mannschaft auszeichnet.
Ob das am Wetter lag? Es war kalt, regnerisch und längst erreichten keine Alpha-, Beta- und Gammastrahlen des Fixsterns unserer Galaxie die Wettkampfstätte, an der in großen Lettern das Wort stand, was man im Spiel selbst völlig vermisste: „Esprit“.
Der Logik des „Sommerfußballs“ und aufgrund der Tabellensituation sowie als motivatorische Konsequenz aus dem Spiel der Vorwoche heraus folgend hätte man ja nun ein dynamisches Spiel erwarten können. Bestenfalls war es, wie man so im Fußballjargon sagt, engagiert – um das grundschullehrerinnenhafte „hat sich stets bemüht“ zu vermeiden.
Es gab nur eine einzige Umstellung. Pelle Jensen gab sein Debüt in der Startelf der 1. Mannschaft, nachdem alle etatmäßigen Innenverteidiger nicht fit bzw. verletzt waren. Er machte wenig Fehler und ein gutes Spiel. Der Gegner machte es ihm auch leicht.
Es war ein Freistoß, nach einem Foul, das von der Tribüne aus gesehen keines war, der bereits nach weniger als fünf Minuten zur 1:0-Führung der Heimmannschaft führte. Dabei war alles, was nach dem Freistoß und bis zur Berührung des Spielgeräts mit der Auffangvorrichtung des Tores passierte, noch fragwürdiger. Der Ball kam sehr phantasielos hoch und lang vors Tor, was unser Torwart auch erkannte, weshalb er ihm entgegengehen wollte, dann aber davon Abstand nahm, zurück ins Torwollte, dabei irgendwie aber keinen festen Stand fand, so dass der Angreifer der gegnerischen Abwehr dank der Abwesenheit eines Abwehrspielers mit seinem Kopf nur noch Bande spielen musste.
Solche Tore gab es gegen Freiburg, ähnlich gab es ein solches letzte Woche gegen Schalke und nun lagen wir nach weniger als einem Achtzehntel des Spiels mit 1:0 zurück gegen eine Mannschaft, die die ersten fünf Partien in dieser Saison zu null spielte.
Das ließ Schlimmes befürchten – und das trat dann auch ein, womit nun auch Vivaldi ins Spiel kommt. Thema hier ist der 3. Satz seiner 1725 publizierten „Vier Jahreszeiten“ – „Herbst“:
… die Schlichtheit ist hier schon fast eine Karikatur (…) Übermütig wiederholt (…) die Sologeige mit gefährlichen Doppelgriffen (…) die Sprünge werden höher, die Kunststückchen schwieriger und die Einfälle zusammenhangsloser.
Nein, Firmino hatte wieder keinen guten Tag. Dagegen verlor Rudy weitaus seltener seine Bälle, spielte sie aber auch seltenst nach vorn, wo Joselu ebenfalls große Schwierigkeiten mit dem Spielgerät hatte. Dankenswerterweise erhielt er nach etwas mehr als einer halben Stunde Unterstützung, als ein diesmal ein Abwehrspieler der Heimmannschaft Bande spielte und der von Joselu geköpfte Ball nach – diesmal aus Sicht des Verteidigers – wenig fortunahaften Berührung des Spielgeräts mit seinem Körper des eigenen Tores Auffangvorrichtung berührte: Ausgleich. Halbzeit. Massig freie Pissoirs auf der Toilette.
Es war angeblich das erste Spiel des Aufsteigers, das – im Gegensatz zum Fanzug der Hoffenheimer Fans – nicht ausverkauft war. Wären die Spieler von 1899 nur halb so engagiert gewesen wie sie, das Spiel hätte einen Sieger (verdient) gehabt.
So aber blieb es bei dem Unentschieden, der aber dennoch als Gewinn bezeichnet werden kann, spielte unsere Mannschaft doch fast die komplette zweite Hälfte in Unterzahl, da Compper zu Beginn der Halbzeit zweimal für die Unterbrechung von Angriffen der Heimmannschaft verwarnt wurde.
Interessanterweise spielte unsere Mannschaft nach der gelb-roten Karte besser, engagierter, leidenschaftlicher. Es gab sogar Phasen in den zweiten 45 Minuten, in denen unser Team Ball und Gegner beherrschte, den Ball auch vors, aber halt nie ins Tor brachte.
Der Rest war Verteidigung, woraus das Spiel zumindest in den letzten 10-15 Minuten seinen Reiz bezog. Wird es unseren Mannen gelingen, das 1:1 über die Zeit zu retten? 2 Minuten Nachspielzeit gab es, aber keine Chance mehr. So plätscherte das Spiel dahin wie die Regentropfen darnieder.
Oder wie es in der Beschreibung des Op. 8, RV 293 heißt:
Schließlich bekommt der Solist einen Schluckauf und schläft dann einfach ein (piano e larghetto). Motivische wie harmonische Entwicklung kommen nach und nach zum Stillstand.
Aber Vivaldi macht auch Hoffnung – aufs nächste Spiel, das ja ebenfalls im Herbst stattfindet:
Geradezu verpflichtend für eine barocke Herbstmusik ist das Motiv der Jagd, das nun den Schlusssatz eröffnet. Ein stilisierter Dreiertakt mit Hörnerklang …
O.K., Wölfe haben keine Hörner, dafür wir gerne n Dreier mit Takt(ik) …
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