Image Image Image Image Image Image Image Image Image Image

Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

Scroll to top

Top

Borussia Dortmund vs. 1899 Hoffenheim

Mehr Perspektive.

Unser blaues Auge ist weder kurz- noch weit-,
nicht wirklich vor-, aber dafür sehr nachsichtig.

Wenn es um die richtige Perspektive geht, kommt es auf den Standpunkt an, also aus welcher Warte man etwas sieht. Dabei kommt es eben nicht nur auf die Position an, sondern auch die Argumentation: physiologisch, psychologisch oder biologisch-medizinisch.

Physiologisch ist die Frage, um was für ein Auge es sich handelt. Regenwürmer haben zwar keine Augen, aber sie haben Lichtsinneszellen, mit denen sie hell und dunkel voneinander unterscheiden können. Deren Fortentwicklung findet man bei Quallen, Seesternen etc.: das Flachauge, eine Ansammlung solcher Zellen auf relativ geringer Fläche. Napfschnecken, manche Würmer, Muscheln sowie verschiedene Tintenfischarten können hell und dunkel an einer Stelle konzentriert erkennen können, weshalb man hier auch vom Napf- oder seiner Form entsprechend vom Grubenauge spricht. Es ermöglicht bereits auch Richtungssehen.

Dessen Fortentwicklung kann man einerseits am Lochauge des Nautilus erkennen. Es ermöglicht die grobe Abbildung von Gegenständen. Aber auch am Menschen, denn unser Augentyp, das Linsenauge, hat sich ebenfalls aus dem Grubenauge entwickelt. (In der Magengrube landet manchmal auch ein Fettauge, aber das gehört bestenfalls in eine Suppe, nicht in diesen Brei.)

Und daneben gibt es noch ein weiteres sehr, wenngleich aus einem anderen Grund hochkomplexes Auge, das man vor allem von Insekten kennt: das Komplexauge, besser bekannt als Facettenauge. Es setzt sich aus einer mehr oder weniger großen Anzahl von langgestreckten Einzelaugen zusammen, oft sind es bis zu mehrere Tausend. Bei manchen Insekten, z. B. den Libellen, besteht ein Facettenauge sogar aus über 10.000 Einzelaugen. Das ermöglicht diesen Fluginsekten den totalen Rundumblick.

Wäre Gacinovic doch nur eine Libelle. Oder ein Chamäleon. Oder zumindest eine Eule. Denn all diese Lebewesen können aus den unterschiedlichsten Gründen auch nach hinten sehen. Der Mensch kann das mit seinem Auge nicht.

Er kann nur nach vorne schauen, was zeigt, dass er ein Jagdtier ist. Bei diesen sind beide Augen zentral nach vorne ausgerichtet. Bei Fluchttieren, z. B. Rehen, sind die Augen seitlich am Kopf angebracht. Aber obwohl Gacinovic so ganz und gar nicht wie ein Jäger, sondern eher scheu wirkt, ist halt er auch nur ein Mensch – und das mit den Augen ist ja so eine Sache bei den Menschen. Sie sind nur bei den allerwenigsten wirklich perfekt intakt, was entsprechend häufig zu verzerrten, verwässerten, unscharfen Wahrnehmungen führt. Eine Studie dazu steht noch aus, aber es wäre sehr interessant herauszufinden, welchen Zusammenhang es bei Menschen insgesamt gibt, ob sie kurz-, weit-, vor- und/oder nachsichtig sind.

Es würde uns interessieren, wir wissen es aber nicht, aber was wir wissen ist: Letzteres ist der (Hoffe-)Fan als solches wenig.

Natürlich wäre es nett gewesen, wenn die Dortmunder den Angriff abgebrochen hätten, weil Dabbur am Boden lag. Aber aus ihrer Sicht (!) halt auch doof.

Es wäre vor allem klüger von uns gewesen, nicht weiterzuspielen und den Ball ins Aus zu dreschen. Die letzte Chance dazu hatte Rudy, aber der wurde ja angegangen, am einfachsten wäre das eben für Gacinovic gewesen, aber als er den Ball sicher am Fuß hatte, lag Dabbur rund 50 Meter entfernt hinter Gacinovics Rücken.

Und weil es nach vorne für ihn keine Anspielstation gab, drehte er sich um, hatte keinen Augenblick (schon ein seltsames Wort, ne?) Zeit und nur den Blick (! (Tunnelblick? Übrigens ein Begriff, der nichts mit dem evolutionären Vorfahren, dem Grubenauge, unseres Sehorgans zu tun hat.)) zum Mitspieler, weil er, um den Ball optimal zu platzieren, beide Auge fokussieren muss (Stereosehen).

Er ist halt auch kein Chamäleon, was ja nebst der Fähigkeit der Farbänderung seiner Außenhaut (übrigens findet diese aus emotionalen Gründen statt – und nicht aus Gründen der Anpassung an seine Umgebung) auch die Fähigkeit besitzt, seine Augen unabhängig voneinander zu bewegen, was ihm, da seine Augen an der Flanke des Kopfes angebracht sind, ebenfalls eine (nahezu) perfekte Rundumsicht erlaubt.

Das kann man alles ins Kalkül ziehen. Doch während dies Menschen per se tun, um Vorsicht walten zu lassen, verhalten sie sich bei der Nachsicht weniger reflektiert.

Andererseits war der Ärger natürlich verständlich, denn es war ein sehr, sehr gutes Spiel unserer Mannschaft mit einer Großzahl an Großchancen, was man ja auch mal sehen (!) und an-erkennen (!!) kann/könnte, bevor man wieder seine blinde (!) Wut über deren Auslassung zum Ausdruck bringt.

Denn zuallererst blickten wir schon dem Abgrund entgegen, als Haaland allein auf Olli zustürmte. Und was wieder so aussah (!), als ob der Gegner mit seiner ersten Chance sein erstes Tor erzielen würde, zuckte Ollis Bein raus, was uns sehr verzückte.

Dann aber ließ sich das besser an. Das war doch alles in allem schon sehr viel ansehnlicher (!) als das, was wir in Anbetracht der letzten beiden Partien zusammenkickten. Wir kombinierten gefälliger, es gab viel weniger Fehlpässe und Bebou.

Was für ein Gewinn war seine Aufstellung, die ja insgesamt wieder den Eindruck einer ersten Mannschaft machte – und das, obwohl wir kurzfristig auf den Viererpacker von der letzten Partie gegen denselben Gegner an demselben Ort antreten mussten.

Seine beiden Riesenchancen resultierten aus sehr feinen Einzelleistungen, allerdings gegen Gegenspieler, die es ihm auch in beiden Situationen leichtmachten. Andererseits ist man bekanntlich nur so gut, wie es der Gegner zulässt – und wenn er in den Situationen also nicht so gut aussah, kann das natürlich auch in der Qualität von Bebous Spiel begründet sein.

Aber natürlich bringt die Freude darüber wenig, wenn kein Treffer für uns dabei raussprang, schlimmer noch: im Gegenzug der Rückstand entstand und auch noch dergestalt, dass der Torschütze „seinem Hoffenheimer Stürmerkollegen Anschauung(!)sunterricht erteilte, wie man frei vor dem Tor seine Chance nutzt.“ (kicker)

Kacke!

Andererseits: Kurze Zeit darauf erzielten wir im Anschluss den Ausgleich auch im Grunde im Gegenzug zu einer sich entwickelnden Großchance der Gastgeber, bei der wir aber den Ball klären konnten.

Der Fokus lag dabei aber auf dem Zweikampf leicht abseits des Balles, als es so aussah, als ob Vogt Haaland umgerissen habe, was aus Sicht (!) der Sky-Reporter, deren Form von Kommentierung nachvollziehbarer wäre, hieße der Sender nicht Sky, sondern Hell, zur Annullierung unseres Treffers hätte führen müssen. Das da einer einfach nur in den anderen rannte hat so niemand geblickt (!) und auch nicht, dass es nach den Regeln keinen Grund für den VAR gab, einzugreifen.

So also glichen wir aus und gingen sogleich nach Wideranpfiff in Führung – fußballgottseidankenswerterweise durch Bebou, der zwar vom Torhüter der Borussen den Ball auf den Kopf gefaustet bekam, aber Bebou war eben da und hielt auch den Kopf hin, was man gerne auch metaphorisch sehen (das mit den Ausrufungszeichen erübrigt sich so langsam, ne?) kann. Aus zwei Großchancen kein und aus einer Nichtchance ein Tor zu machen, kann sich trotzdem sehen (…ups, sorry) lassen.

Der Ausgleich kam postwendend und wurde aber postwendend wegen Abseits zudem zu Recht durch die VAR zurückgenommen. Aber das war knapper, als man das zuerst wahrnahm und auch schon ein deutliches Zeichen dafür, dass unsere Mannschaft nun in eine Phase geriet, in der sie nicht mehr so ganz durchblickte.

Der dann gültige Ausgleich der Gastgeber nahm seinen Anfang ja nicht im Zweikampf von Dabbur, dem Nichtklären von Gacinovic oder dem Ballverlust von Rudy, sondern dem Angriff zuvor, wo man den Ball leichtfertig hergab.

Hier fehlte nebst Auge für den besser platzierten Mitspieler auch die breite Brust, also der Körperteil, aus dessen Tasche der Schiedsrichter – und das sollte Indiz genug sein: nach der Führung – sechs der sieben Verwarnungen gegen unsere Mannschaft zog.

Alles in allem nicht schlimm. Ja, Vogt ist für das nächste Spiel gesperrt, aber dann kann er ja Donnerstag ran, wenn es in Europa weitergeht mit einem Spiel in Spanien gegen das Team aus Norwegen. (Hat was mit Corona zu tun, aber das ignorieren wir hier besser, denn da fehlt uns in puncto Verordnungen und Regeln in all ihren Facetten völlig der Durchblick. Das überlassen wir besser den Lebewesen entsprechenden Gattung bzw. Selbstorganisation:

ɪnˈzɛktən 🙂

Natürlich wäre es gerade auch in Anbetracht der anderen Spielausgänge super gewesen, hätten wir hier dreifach punkten können, aber so darf man das nicht sehen. Man muss immer nur auf sich schauen. Der permanente Vergleich mit anderen führt in 99,9% der Fälle nur zu Unzufriedenheit – oder, um im Thema dieses Beitrags zu bleiben: trübt die Aussicht –, denn es gibt immer wen oder was, der/die/das besser ist, als man selbst. Es reicht völlig, wenn man sich selbst als Maßstab nimmt oder – um im Thema dieses Beitrags zu bleiben: sieht.

Man muss also nichts weiter tun, als heute besser zu sein als gestern. Und gestern war die Mannschaft besser als in der Vorwoche. Viel besser.

Und mit dieser Sicht der Dinge kann man doch schon mal, auch wenn das blauäugig erscheinen mag, ganz ohne rosarote Brille frohen Mutes nach vorne schauen – wie es sich gehört und unserer Natur als Jäger entspricht.

 

P. S.: Wir haben da auch keine Furcht davor, uns ein blaues Auge zu holen, denn als TSG-Fan entspricht auch das unserer Natur.

P. P. S.: Das kann man natürlich auch anders sehen.
Aber dann ist man eben ein Wurm … 🙂