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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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Bayern München vs. 1899 Hoffenheim

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Ist ein Sieg ein Sieg?
Ist eine Niederlage eine Niederlage?

Eine der sehr vielen vermeintlichen Errungenschaften des Internet ist die Gratiskultur. Viele sehen das als einen Sieg an. Ist es das?

Vor gar nicht mal sooo langer Zeit war es gang und gäbe, den Wert von Informationen in D-Mark oder auch noch Euro zu bemessen. Heutzutage echauffiert man sich leser/innen/seitig über sogenannte Bezahlschranken (so gesehen war das früher und ist das heute noch jeder Kioskschalter) und wähnt erstaunlicherweise auch seitens der Medienhäuser Klicks oder Likes bzw. Reichweite als valide Währung. Woher das Geld aber kommen soll, von dem jene Menschen, die diese Informationen zusammentragen und überbringen und diese idealerweise auch noch aufbereiten und in einen (Sinn-)Zusammenhang bringen, bezahlt werden, interessiert auf Kund/inn/enseite null. Eventuell werden noch GEZ oder Werbung genannt, die aber in einem anderen Zusammenhang wieder als nervig und unerwünscht dargestellt werden. Also was jetzt? Und wird die Qualität der Informationen besser, wenn sich Kreti und Pleti selbst auf die Recherche begeben? Oder man es amerikanischen oder chinesischen Portalen überlässt, was an Meinungsäußerung zulässig ist und was nicht. Vielleicht ist man da zu lässig? (A propos: Auf unsere Abwehr kommen wir gleich …)

Vor noch kürzerer Zeit hatte niemand ein Problem damit, 20 Cent oder mehr für ein „OK“ zu zahlen. Nicht selten wurde auf die Verwendung weiterer 138 Zeichen, die man zum gleichen Preis in einer SMS hätte mitversenden können, verzichtet. Das hat sich mit WhatsApp dramatisch geändert und selbst da gab es Menschen, die sich darüber erbosten, dass dieser Service nach einem Jahr kostenloser Nutzung 1 US-$ p.a. kostete. Nun also kosten diese Nachrichten, die ja nicht mal mehr Kurznachrichten sind, nichts mehr. Sollte wer in WhatsApp-Gruppen sein, insbesondere Elternvertretungen in Schulen und Kindergärten, weiß, dass dies nicht stimmt, denn jetzt kosten sie Zeit. Sehr viel Zeit.

Oder wenn man bedenkt, wie aufwändig es früher war, sich etwas zu bestellen, sich dies dann postalisch zustellen zu lassen, und es dann, im Falle des Missfallens zurückzusenden. Da lag nicht gleich ein Rücksendeschein bei und kostenlos war das auch nur in den allerseltensten Fällen. Heutzutage wird es als selbstverständlich angesehen, was zu entsprechenden Retouren führt. Auch wenn der Anteil auf etwas über 15% aller Bestellungen sank, beläuft sich die Anzahl der retournierten Pakete auf 315.000.000. Das heißt, jeden Werktag werden rund eine Million Bestellungen zurückgeschickt. Ohne, dass der Person, die die Ware ursprünglich bestellt hat, dafür Kosten entstehen. Selbst dann nicht, wenn die Ware nachweislich getragen wurde. Denn der bürokratische Aufwand, der den jeweiligen Händlerinnen bzw. Händlern entstünde, wenn sie mit den Personen über die Rechtmäßigkeit der Rücksendung diskutieren würden, käme sie um ein Mehrfaches teurer. Also lässt man diese Menschen gewähren, was wiederum den Eindruck verstärkt, dass man sich als Konsument/in schlicht alles sowohl kosten- als auch folgenlos erlauben könne. Und sollte sich doch mal wer gegen so wen wehren, dann droht diese Person ja nicht selten mit einer schlechten Bewertung, was überraschenderweise hierzulande seine Wirkung nicht verfehlt. Und das wiederum führt zu der gar nicht mal als Irrglauben zu bezeichnenden Annahme, dass die eigene Meinung einen Wert oder gar man selbst Einfluss auf den Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens habe. Ist dieser Service jetzt ein Gewinn? Für wen? Selbst das Individuum verliert dadurch, denn was da monetär womöglich gespart wird, wird an Lebensqualität (Stichwort: tote Innenstädte) verloren.

Gott sei Dank gehen Fußballvereine darauf wenig ein. Selbstredend gibt es ja auch jene Menschen mit dieser im Grunde pathologischen Form von Relevanzillusion, aber wenn schon gestandene Verlagshäuser und Medienportale davon ausgehen, dass Klicks, Likes und Reichweite einen faktischen Wert hätten und sie danach ihre Konzeption ausrichten, warum sollten das weniger gestandene Menschen anders machen?

Zum Glück macht das die TSG nicht. Natürlich spielt unser Team nach Nagelsmann nicht mehr so wie unter Nagelsmann, aber das ist halt nun mal ein Ausnahmetrainer. Und unsere Spieler aktuell keine Ausnahmespieler. Und wenn wir mal welche haben, dann sind diese die Ausnahme – und selbst diese brauchen noch die anderen, um ihr gesamtes Potenzial ausschöpfen zu können und den Durchbruch zu erzielen.

Und wenn wir mal ganz ehrlich und faktisch sind, haben es die meisten der Spieler, die bei uns herausragten, es bei ihren neuen Vereinen nicht in dem Maße geschafft zu glänzen wie bei uns. Ein Kaderabek, ein Kramaric und gewiss wissen das ein Bebou wie auch ein Baumgartner. Ein Rudy oder Vogt haben es lernen müssen. Andere leben noch in der Illusion ein Star zu sein, allen voran seit diesem Sommer Grillitsch.

Nun war er in dem Spiel nicht der einzige, der weit hinter seinem Potenzial blieb, aber er war halt der erste. Und wenn man ganz ehrlich ist, hätte der Schiedsrichter das Tor trotz des intensiven Kontakts auch durchaus geben können. Glücklicherweise tat er es nicht. Unglücklicherweise blieb es aber weder bei Grillitsch wie überhaupt dem Team nicht bei der einen Szene, in der wir überraschend fahrig und lethargisch wirkten.

Wir wissen natürlich nicht, was sich Hoeneß vorstellte, wie die Mannschaft auftreten sollte, wenngleich die Fünferkette einem ein vor dem Anpfiff recht gutes Gefühl vermittelte, aber dass wir so schnell so sehr unter Druck gerieten ohne Gegenwehr oder gar Entlastung, war bestimmt nicht das, was er von seinem Team verlangte. Dass, was unser Team lieferte, entsprach dem, was man wohl bekommt, wenn man bei Wish Reisedokumente in großer Zahl ordert: jede Menge Fehlpässe.

Wish ist einer der weltweit größten und günstigsten Online-Marktplätze. Seine Angebote sind bekannt dafür, dass sie in ihrer Präsentation einen hervorragenden Eindruck machen, im Fußball würde man wohl sagen: Papierform, aber im täglichen Gebrauch in keinster Weise den Erwartungen an Qualität entsprechen. Und dann kommt der Moment der bitteren Erkenntnis, denn plötzlich merkt man, dass es in Sachen Rücksendung wie beispielsweise bei Zalando bei Wish nicht ist. Da fallen Gebühren an, die Ware muss ins Ursprungsland (meist China) zurückgesendet werden, und eine Garantie, dass die Ware dort wirklich ankommt und es dann auch eine Rückerstattung gibt, ist mehr als fraglich. Ebenso, ob es diese Plattform kümmert, wenn sich da wer via negativer Bewertung seinem Ärger Luft verschafft. Und spätestens vor einem Rechtsstreit weicht dann doch jede/r zurück. Also macht man das Beste daraus: Man nimmt es hin und akzeptiert die Niederlage, allerdings nicht, ohne daraus die Konsequenzen dergestalt zu ziehen, sich nichts mehr von dort zu bestellen – ganz gleich, wie interessant und günstig das jeweilige Angebote auch erscheint. (Hier gibt es ein paar der skurrilsten Angebote, die es im Gegensatz zu Chindogus wirklich gibt. – Wer vergaß, was Chindogus sind… Das Thema hatten wir auch schon: hier entlang, bitte.)

Natürlich muss man uns einordnen können. Es ist keine Schande, zwei Halbzeiten mit jeweils nur 2:0 gegen die Bayern in ihrer aktuellen Verfassung zu verlieren. Es ist aber höchst ärgerlich, wenn man sich das Wie betrachtet.

Drei der vier Tore und fast alle der sehr vielen Großchancen der Gastgeber resultierten aus schlampigen bis extrem schlechten Zuspielen unserer Mannschaft. Dass es letztlich der eigene Mann war, der für die erste frühe personelle und damit dann auch strukturelle Veränderung sorgte. (Akpoguma musste Minuten, nachdem ihm Posch bei einem Klärungsversuch den Ball ins Gesicht gedroschen hatte, ausgewechselt werden (Kramer-Effekt?))

Hoeneß stellte auf Viererkette um, was sich erstmals sogar besser anließ als zuletzt, was nicht zuletzt an dem eingewechselten Rutter lag, der endlich auch mal einen Ball halten und einem Mitspieler sicher zuspielen konnte.

Gerne geben wir zu, dass wir die Einwechslung erst nicht gut hießen und auf Vogt tippten. Doch die ersten Minuten widerlegten uns. Es kam sogar zur ersten Chance für uns, die wir aber nicht konsequent zu Ende spielten. Besonders ärgerlich dabei war, dass der letzte Pass von uns von einem Münchener Abwehrspieler mit der Hand berührt wurde, was nicht geahndet wurde. In der weiteren Folge dieses unseres Angriffs fiel dann das 2:0, weil wir zwar in der Lage waren, den Konter „im Grunde“ zu klären, aber nicht den Ball und der Mittelstürmer der Hausherren das Spielgerät schlicht zu perfekt traf.

Es dauerte über eine Stunde bis zum 3. Treffer der Bayern. Dazwischen vergaben aber nicht nur sie Großchancen. Auch wir kamen im und am Strafraum zu Abschlüssen, die allerdings das Tor nicht erreichten, also geblockt wurden, oder verbockt wurden, also verfehlten.

Und den größten Bock schoss dann Kramaric, als er im eigenen Strafraum den eigenen Mann anschoss, von dessen Rücken der Ball zur perfekten Vorlage wurde.

Spätestens dann war klar, dass man so viel „wishen“ konnte, wie man wollte, jetzt war das Spiel definitiv verloren. Die Reaktion der Mannschaft auf diesen dritten (völlig unnützen) Gegentreffer war so deutlich wie bewundernswert: Resignation. Das kann aber nur bedeuten, dass sie wirklich an sich glaubte und hoffte (oder „wishte“), das Spiel irgendwie noch unentschieden gestalten zu können. Es gereichte dann aber nicht mal mehr zum Anschlusstreffer, obgleich doch noch ein Tor fiel – und zwar das einzige der Partie, was zu 100% auf einen Vortrag der Gastgeber zurückzuführen war.

So kam es dann doch noch zu einem Ergebnis, das sich leider wunderbar einreiht in die bisherigen Ergebnisse der Hausherren in dieser Spielzeit. Auch gegen den portugiesischen Meister gewann sie unter der Woche mit 4:0 und die Woche drauf gewannen sie gegen den zu Beginn Tabellenzweiten in seiner Spielstätte ebenfalls mit vier Toren Unterschied. Und ohne auf das 7:0 gegen den VfL Bochum einzugehen, weil das nicht eine der Mannschaften ist, in deren Dunstkreis wir uns sehen – zumindest wähnen –, sei erwähnt, dass der deutsche Dauermeister auch gegen den RB Leipzig vier Tore schoss.

Auch lohnt es – und sei es zur eigenen Beruhigung – sich an die Einordnung Markus Gisdols zu erinnern, der die Begegnung gegen die Bayern als „Bonusspiel“ bezeichnete. So gesehen mag das zu dieser grassierenden Gratiskultur passen – und diese Niederlage ENDLICH dafür sorgen, dass das Team das Wesen des Spiels in seiner Offline-Version versteht.

Jetzt kommen die Spieltage, in denen Niederlagen teuer zu stehen kämen. Daher würde es sich für Mannschaft lohnen, wenn sie auf ihre diversen Konten wieder etwas Konkretes und bar aller Ausreden einzahlen würde.

Insbesondere auf dem Punktekonto sieht es erschreckend mau aus. Und fürs Bankkonto wäre ein Weiterkommen im Pokal mehr als hilfreich. Ob es die Freigabe der TSG des Akademietrainers Rapp war, der nun Cheftrainer unseres kommenden Gegners von der Ostsee-Küste ist, zumal dieser dadurch ja auch nicht mehr, zumindest kurzfristig, als potenzieller Hoeneß-Nachfolger in Frage kommt, wird sich Dienstag weisen. Doch auch wenn die Störche in Sinsheim landen, wollen wir diesbezüglich nicht brüten. Vielmehr hoffen wir darauf, dass sich unsere Mannschaft gegen Kiel aufschwingt, um nicht aus dem Pokalnest zu fallen – und dass sich dies nicht als Wish-ful thinking herausstellt. 🙂

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