Hamburger SV vs. 1899 Hoffenheim
Neuer Besen, alter Dreck.
oder: Manchmal geht mehr verloren als ein Spiel …
Er ist einer der wenigen Namen, der nicht als kommender Trainer für Hoffenheim gehandelt wird, dabei hat er schon vor weit mehr als einem Jahrzehnt die Transferleistung vollbracht, als er (Fußball-)Spiel und Philosophie zusammenbrachte, indem er eine der größten Erkenntnisse Immanuel Kants aus dem Elfenbeinturm auf den Rasensport übertrug und damit auch in seiner ganz eigenen Simplizität eigentlich schon alles sagte, was es zur aktuellen Situation der TSG 1899 Hoffenheim zu sagen gibt: „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß!“
Doch nicht Andreas Brehme ist als Babbel-Nachfolger im Gespräch, sondern ein anderer Ex-Lauterer: Marco Kurz. Und man darf sich fragen, welcher Berater hier seine Finger im Medienspiel hat. Dass solche Namen gehandelt werden, von den Foren ganz zu schweigen, wo ja gerne auf Mario Basler verwiesen wird, zeigt, dass nicht nur die Mannschaft ein seltsames Selbstverständnis hat.
Und warum um alles in der Welt zwei Jahre vor der Fußball-WM an der Copacabana Herr Flick zurück in den Kraichgau wollen soll, ist wohl auch nur mit einem strikten Drogenverbot in der Redaktion zu erklären.
Frank Kramer hat einen guten Job gemacht – und die Mannschaft sich nach dem 1:0 Rückstand einen Kopp.
Wieder war keine halbe Stunde gespielt, wieder ein hoher Ball in den Strafraum, wieder nach einem kleinen Schubser völlig freistehend ein unbedrängter Kopfball, wieder eine Bogenlampe, wieder Scheiße.
Auch wenn das, was die Mannschaft bis zum erneuten Rückstand spielte, nicht vom Feinsten war, danach war sie von der Rolle. Immerhin blieb es bei dem einen Gegentreffer in der ersten Halbzeit, woraus man im Gegensatz zu den letzten Spielen, wenn man so (sarkastisch) will, eine Steigerung von 50% ableiten kann.
Und auch der im Gegensatz zu den letzten Spielen relativ späte Rückstand kann man mit viel Wohlwollen (oder eben Sarkasmus) positiv sehen. Bis dahin spielte die Mannschaft zwar nicht überragend, aber zumindest mit und bis an des Gegners Strafraum auch gefällig.
Rudy kehrte nach seiner Gelbsperre, Delpierre nach Verletzung zurück in die Mannschaft und Derdiyok bekam seine Chance von Anfang an. Dagegen waren Joselu und Usami nicht einmal im Aufgebot.
Der (Interims-)Trainer hat also schon was anders gemacht. Auch stand er die meiste Zeit am Spielfeldrand und versuchte das zu tun, dem die Zone um die Bank auch ihren Namen verdankt: coaching. Auch schon mal was – und eigentlich auch schon so ziemlich alles, was er in der Kürze der Zeit und im Rahmen seiner Möglichkeiten machen konnte.
Die Mannschaft versuchte, tief zu stehen. Es wurde kein kraftraubendes Pressing gespielt, was Derdiyok bestimmt zum Kramer-Fan machte. Aber nach fast einer halben Stunde waren unsere Spieler dann doch zu weit von ihren Gegenspielern weg und spieltäglich grüßt der Elch.
Es war der minimale Rückstand und die alles andere als wirklich gefährliche und souveräne Leistung der Heimmannschaft, die den Fan zur Halbzeit hoffen ließ.
Nach dem 0:2 – immerhin nicht zu Anfang der 2. Hälfte, aber wieder nach einer Standardsituation und der Mischung aus Pech (Ball wurde beim Abwehrversuch so doof getroffen, dass er nicht aus dem, sondern quer durch den Strafraum flog) und Unvermögen (im 16er stehen bleiben, während der Gegenspieler auf den Ball zugeht) ließ er, der Fan, sie, die Hoffnung, dann fahren und die Mannschaft es geschehen.
Die Mannschaften haben sich wohl nonverbal auf ein frühzeitiges Auslaufen mit Ball geeinigt, was den Gastgebern bestimmt zupass kam, kamen sie so doch rechtzeitig zum Flughafen, um nach Brasilien zu fliegen, wo nach 16 Stunden Flug schon das nächste Spiel auf sie wartete.
Brasilien. Hier soll die TSG 1899 Hoffenheim ja auch schon wieder zugeschlagen haben. Steht in den Medien: Guilherme Biteco. 18 Jahre. Sicherlich ein Talent und sicherlich auch aus einer Region, aber in der aktuellen Situation? Sagen wir mal: eine Investition in die Zukunft.
Doch wie sieht die aus? Kramer wird nicht weitermachen dürfen. Und er sollte es auch nicht. Er sollte sich auf seine Trainerlizenz konzentrieren. Zwei Sachen auf einmal zu machen, geht meist zu Lasten von beiden. Siehe unseren Ex-Trainermanager.
Alle Probleme, die es um den Verein gibt, kamen durch Entscheidungen in Babbels Zeit als Manager: Wiese, Delpierre, Chris, Ochs, Schröck, Derdiyok, die Rentenverträge für sowie die (temporäre) Degradierung von Salihovic und Weis. Wie wird man so etwas los?
Dass man zumindest einen Teil dieser Spieler loswerden muss, ist ebenso sicher wie die Notwendigkeit eines Hauptübungsleiters, der keinen großen Namen hat, er braucht auch keine großen Pläne, er braucht Ahnung vom Spiel – und den Spielern.
Und es gibt Chancen für diese Spieler, die in Hoffenheim nicht das bringen, was man sich von ihnen erhoffte. Zudem gibt es in der Türkei, in Russland und China auch viel Geld zu verdienen. Zugegeben, sie wären dann weniger präsent in den nationalen Medien, aber warum sollten sie das sein? Nationalmannschaft ist doch für keinen der (zumindest deutschen) Herren ein ernstzunehmendes Thema.
Man kann sich trefflich darüber echauffieren, dass andere junge Spieler in anderen Mannschaften mehr laufen, besser spielen, mehr „Charakter zeigen“. Das liegt aber natürlich auch daran, wie sie geführt und behandelt werden. Und Hoffenheim hat man noch nie mit Herzlichkeit assoziiert. Das sollte auf jeden Fall mit in die Stellenausschreibung auch für den neuen Cheftrainer.
Kramer hat das gewiss, aber noch keinen Trainerschein, deshalb sollte er sich zumindest bis zum Ende der Saison darauf konzentrieren – nach dem letzten Heimspiel – ausgerechnet, wie es im Fußball so schön heißt, gegen eine Mannschaft mit ebenfalls vielen jungen Spielern und einem Trainer ohne große Spielernamen, dafür … amtierender deutscher Meister.
Zufälle gibt’s …
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