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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. 1. FSV Mainz 05

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Geistreiche Herzensangelegenheit

Ein viel operierter Organismus, der immer besser operiert.

Die TSG 1899 Hoffenheim 2022 ist wohl DER Beweis für die Richtigkeit dieser Aussage:

„Ein Geist kann sich nur ohne Geist entwickeln.“

Dieses wunderbare Aperçu geht auf niemanden anderes zurück als – NEIN: nicht Goethe, nicht Shakespeare, nicht Aristoteles, Kant oder Nietzsche – uns.

JA, vielleicht sind wir der Rudy (wahlweise Kroos, Özil der Junge) der Fußballspielkommentatoren, vielleicht aber auch nicht, jedenfalls zeichnen sich unsere Berichte höchst selten durch ein forsches, aggressives Nachvornpreschen aus. Da wird schon mal ein Gedanke mehr auf das Wesentliche konzentriert – in unserem Fall: einen Gedanken an sich, bei genannten Spielern wäre es der Ball, der noch mal quer- und/oder zurückgespielt, um dann doch plötzlich steil zu gehen/spielen und damit den entscheiden Punkt zu machen / Treffer zu erzielen.

Gewiss ginge das auch das ein oder andere Mal schneller, aber dann womöglich etwas Elementares, eben der Faden, Gedanken bzw. Ball, verloren – und verlieren? Will das wer? Außer vielleicht Pfunde? Nicht mal Vorurteile. Wobei, bei Letzteren deucht der Unwille deutlicher als bei Ersteren.

Über 20.000 Zuschauer, aber auch nur, weil über 4.000 Zuschauer aus Mainz da waren. So war allenthalben zu lesen und selbst TSG-Spieler äußern sich ähnlich dämlich, wenn sie meinen, wie Geiger zum letzten Heimspiel, 17.000 Zuschauer seien ein Witz.

So etwas wird gerne von interessierter / medialer Seite aufgegriffen, um daraus ein neues Narrativ zu stricken, das aus Sicht der TSG-Hater dringend nottut, schließlich ist die TSG neben Bayern München, Bayer 04 Leverkusen, VfL Wolfsburg, FC Augsburg, RB Leipzig und Union Berlin nur eine von sieben Mannschaften, die seit ihrem Aufstieg nie abgestiegen sind – und von den genannten Vereinen sind wir am viertlängsten mit dabei. Zudem waren wir die erste Mannschaft, der es nach Gründung der Profiteamsselbstvermarkungsmaschine DFL gelang, in diesen Club der 36 einzudringen – und dort über einen so langen Zeitraum zu verharren. Da ist das Argument der Traditionslosigkeit, was nie eines war, nicht mehr aufrechtzuerhalten.

Daher nun der Versuch der „Fanlosigkeit“ – gemessen am Stadionbesuch. Grotesk. Und bizarr, vor allem deswegen, weil dies sich sogar in den eigenen Reihen verfängt. Dabei sind gemessen an der Einwohnerzahl rund 50% der Leute im Stadion. So etwas werden Städte wie Berlin, München, Köln, Frankfurt etc. nie erreichen. Und sehr wahrscheinlich werden welche, die die geringe Zuschauerzahl als Indiz für was auch immer nehmen, anmerken, dass dies damit ja nicht gemeint sei, ohne aber erklären zu können, was es denn ist, was sie meinen und was daraus abgeleitet werden soll.

Natürlich wäre es aus Sicht des Vereins – nicht zuletzt wegen solcher unsäglichen Diskussionen, aber natürlich auch aus monetären Gründen, aber wesentlich wichtiger: fürs eigene Ego – schön, wenn das Stadion immer ausverkauft wäre.

Aber was will die Mannschaft mit einem Operettenpublikum? Besser sind doch jene Zuschauer, die das Team lauthals unterstützen und in höchsten Tönen loben. Also lieber 17.000 lauthalse Kehlen als 60.000 sang- und klanglose Augen.

Und wenn man den gegnerischen Verein dadurch ein Schnippchen schlagen kann, in dem man ihre Fanbindungsaktionen dazu nutzt, sie ins Leere laufen zu lassen, in dem man die Partien gegen sie zur Eigenwerbung nutzt, ist das ja das Verkehrteste nicht. So versuchte Bayer die Nachbarschaft zum Besuch des eigenen Stadions zu bewegen, indem sie ihnen günstigere Karten fürs Heimspiel gegen die TSG anbot – und Mainz wollte das Auswärtsspiel bei uns zu einem „Heimspiel“ machen, indem sie die Tickets vereinsseitig dergestalt förderten, dass deren Fans nur 5 € für einen Steh- und 10 € für einen Sitzplatz zahlen mussten – und niemand kann sagen, ob es ohne diese Subventionen so viele Fans geworden wären, die 90 Minuten Anfahrt auf sich genommen hätten.

Somit ist ja wohl sehr deutlich, dass die TSG nicht der einzige Verein ist, der vor der Herausforderung steht, die Menschen dazu zu bewegen, ins Stadion zu gehen, also alle zwei Wochen oder gar jede Woche 20-50 € (oder mehr) auszugeben, bei einer seit Jahrzehnten unbekannt hohen Inflationsquote und enormen Zusatzbelastungen fürs eigene Portemonnaie durch gestiegene Kraftstoff- und sonstigen Energiepreisen – und die Steigerungen haben womöglich noch nicht mal ihren Höhepunkt erreicht.

Dass die Leute also zuerst an sich denken, kann man ihnen nicht vorwerfen, aber genau das machen jene, die sich über den angeblich geringen Zuschauerzuspruch äußern oder gar echauffieren.

Die Leute kommen schon, wenn es sich für sie aus welchen Gründen auch immer lohnt – und bis sie das einsehen, braucht man halt das, was einen nach einem arabischen Sprichwort, neben einem Kamel und Humor durch jede Wüste bringt: Geduld.

Der Verein sowie alle anderen, die das ganze Thema berührt, sollten sich also nicht von solchen Nebenaufmerksamkeitsbuhlern treiben lassen, sondern sich um das kümmern, was sie wirklich beeinflussen können. Zum Beispiel mit zielgruppengerechter Werbung. Und welch bessere Werbung könnte es geben, als zu Hause punktverlustfrei aufzutreten? Oder anders gesagt:

„Ein Geist kann sich nur ohne Geist entwickeln.“

Das verstehst du natürlich, geneigte/r Leser/in, was gemeint ist. Nämlich zum einen, der

Geist (altgriechisch πνεῦμα pneuma, νοῦς nous und auch ψυχή psyche, lateinisch spiritus, mens, animus bzw. anima, hebräisch ruach und arabisch rūh, englisch mind, spirit, französisch esprit), ein uneinheitlich verwendeter Begriff der Philosophie, Theologie, Psychologie und Alltagssprache.

zum anderen natürlich der

Geist, der nach einer weltweit verbreiteten Vorstellung ein immaterielles oder (zumeist) „feinstoffliches“ Wesen ist, dem übermenschliche, aber begrenzte Fähigkeiten zugeschrieben werden. Geister werden in manchen Fällen an materielle Objekte oder Lebewesen gebunden vorgestellt…

So soll es Menschen geben, die behaupten, dass unser Stadion ein Unglücksort sei, da er auf einem ehe-ehe-ehe-ehemaligen Friedhofshügel erbaut sei, von daher natürlich voller Dämonen, Naturgeister heimgesucht.

Ja, zugegeben, auch wir haben da schon „Zombies“ gesehen, aber die waren alles andere als feinstofflich.

Dann eben war es der böse Geist des Geldes, der angeblich dafür sorgte, dass wir bald wieder in den Abgründen der Ligen verschwänden. Er trat in allen möglichen Varianten auf, erst waren es der bloße Mammon eines Ex-Spielers, dann gab es irgendwas agrarökologisch Carnivores – so ganz genau erinnern wir uns nicht mehr, aber irgendwas mit „Wiese“ und „Bison“ oder so zu tun – , dann war es angeblich die eigene Gier, die unserem Wesen ihr Ende durch ein Zuviel an Operationen bereiten wird, weil ständig zugunsten frischen Blutes lebenswichtige Organe verkauft würden.

Natürlich sind solche Operationen am lebenden Herzen sehr, sehr gefährlich, aber oftmals die letzte Rettung, was besonders eindrücklich sichtbar wurde, als der herzkranke Stevens sein Amt nicht weiter ausfüllen konnte und ein junger Kerl übernahm, der vor Vitalität nur so strotzte und dies auch auf Mannschaft und Umfeld übertrug – und sie letztlich damit überforderte. Tachykardie ist der medizinische Fachausdruck dafür und diese „Herzschnelligkeit“ erwies sich in entscheidenden Momenten auch nicht gerade als förderlich. Darauf folgte das Gegenteil: Bradykardie. Die geht zwar nicht ganz so an die Substanz, aber damit sportliche Erfolge zu erzielen, ist eher schwierig. Also entschied man seitens des Vereins erneut zu einer Operation. Dabei investierte man aber nicht einfach wieder in ein neues Herz, sondern eine Kombination aus Herz, Hirn und Bauch, einfach fürs wesentliche Gefühl, denn man erkannte wohl, was dieser Verein brauchte: keinen schmalen Steher, sondern das genaue Gegenteil. Darüber hinaus wurde nur eine Lunge ersetzt (Prömel für Raum) und sehr viel in die zellulären sowie humoralen Bestandteile unseres Immunsystems, also die Defensive investiert – und all das wächst so nach und nach immer besser zusammen.

Die Startschwierigkeiten waren aber auch in diesem Spiel unverkennbar. Wie bereits beim ersten Heimspiel dauerte es gut und gerne 20 Minuten, bis dieser Organismus aktiv interaktiv agierte. Es scheint, dass unser Mannschaftskörper immer noch gewisse interne Akzeptanzprobleme hat, so dass es fast so wirkte, als wäre man allergisch gegen den Hauptbotenstoff (Ball). Zuspiele und Laufwege stimmten überhaupt nicht überein, dafür aber immerhin die Robustheit unserer Granulozyten, Makrophagen und der anderen natürlichen Killerzellen.

Kabaks erster Kopfball nach 40 Sekunden machte dies ebenso deutlich wie der Schiedsrichter seine Vorliebe für Basketball, denn wirklich körperlich wollte er das Spiel nicht geführt wissen. Recht schnell handelten sich Akpoguma und Baumgartner eine gelbe Karte ein, was sich aber in mehrfacher Hinsicht positiv auswirkte, denn zum einen verloren die Gäste durch das Foul von Akpoguma an seinem Gegenspieler eben jenen, der für ihr Angriffsspiel nicht ohne Bedeutung war, zum anderen machten wir langsamer – und dadurch vieles besser:

Es wurde mehr in die Breite gespielt, die Bälle wurden mehr in den Reihen gehalten, es wurde nicht mehr auf gut Glück in Richtung vorne gekickt, sondern gespielt und geschaut und dann, wenn’s gepasst hat, gepasst.

Vor allem, wenn es über links
ging, ging es schnell. Es war der
wunde Punkt der Mainzer und
das merkte die Mannschaft. Sie
drückte deshalb nicht wirklich
mehr aufs Tempo, sondern immer
wieder auf diesen Punkt, so dass
es uns immer besser gelang, hinter
deren Kette und somit auch zu
validen Chancen zu kommen.

Die beste ergab sich allerdings völlig zentral und komplett freistehend für Kramaric sehr kurz vor der Halbzeit, nachdem der Schiedsrichter nach Eingriff aus dem Kölner Keller für unseren bereits zweiten Elfmeter der Saison entschied. Kramaric verschoss auch diesen und den auch noch desaströs.

Unser Glück war nur, dass es zu dem Elfmeter auch noch Rot wegen Notbremse gab, die es aber auch nur gab, weil der Angriff des Gegenspielers nicht dem Ball galt. So gab es noch einen Grund weniger, sich durch die vergebene Großchance zu grämen, sondern sich darauf zu fokussieren, die Dauergroßchance der Überzahl zu nutzen – und das tat die Mannschaft.

Von Anfang dominierte die TSG den zweiten Durchgang. Der Ball lief kontrolliert und sicher durch die eigenen Reihen, bis es irgendwann dann die Lücke gab.

Auf links, wo dann der Ball von Rutter
konsequent gehalten wurde, um die
Defensive der Gäste auseinander-
und auf die Seite zu ziehen, was
gelang. Diese bemühte sich zwar,
den Rückraum abzusichern, aber
den am langen (rechten) Pfosten
freistehenden Spieler hatten sie
aus den Augen verloren. Rutter nicht.
Er flankte gefühlvoll nach innen,
allerdings leicht in den Rücken.
Doch Kramaric kümmerte das nicht.
Er holte erst zum Seitfallzieher, dann
zum Riesenjubel aus. 1:0.

Und so ging das Spiel weiter. Es wurde von uns breit angelegt, aber nie langweilig, nie hektisch. Dazu vergaß man nie, dass man es hier mit einem Gegner zu tun hatte, der bislang alle seine Auswärtsspiele gewann. Man war sich also dessen Potenzial, also Gefahr bewusst, weshalb man sich sehr auf Vitamin D wie Defensive verließ, dafür die Positionen nicht. Und im passenden Moment gab es dann einen gezielten Angriff ins Herz des Gegners.

Das ging auch mal über die andere Seite.
Steilpass auf Baumgartner,
der lässt abtropfen auf Prömel und …
TsG: Tor schießt Grischa.
2:0.

Jetzt spätestens war völlig klar, wer dieses Spiel gewinnt, wenn kein völliger Bock mehr geschossen würde. Wurde auch nicht, dafür das nächste Tor.

Wieder über links. Diesmal war es
der inzwischen eingewechselte
Angelino, der sich auf links durchsetzte,
den Ball diesmal flach nach innen
und Dabbur diesen dann mit der
Hacke über die Linie brachte.

Kurze Zeit später schossen die Mainzer dann doch noch ihr Tor, was uns den zwischenzeitlich zweiten Platz in der Tabelle kostete, den wir aufgrund des besseren Torverhältnisses gegenüber unserem nächsten Gegner innehatten – allerdings hatten die ein Spiel weniger, so dass es eigentlich egal war. Aber das sah auch jetzt noch gut aus: Platz 3, nur zwei Punkte hinter den Bayern. Erstaunlicherweise folgte eine kurze Phase der Irritation. Die Klarheit im Spiel ging etwas verschütt, doch sobald die Mannschaft den Ball wieder sicher hat zirkulieren lassen können, war die Sicherheit wieder da, so dass man keine Angst mehr haben musste, dass da was passiert. Aber so kann man sich täuschen.

Wieder ging es plötzlich schnell.
Diesmal eher zentral.
Stiller auf Kaderabek.
4:1.

Viele tausend tausend Kehlen große Freude. Was ein Sieg. Und wieder Platz 2. Und überraschenderweise sogar auf einmal punktgleich mit dem deutschen Rekordmeister. Das war – wie auch schon teilweise der 1. Durchgang, vor allem aber die 2. Halbzeit, wenngleich man so ein Auftreten auch bei 11:11 sehen würde –ein sehr herrlicher Anblick.

Und aus dem – wie auch aus den Zuschauerzahlen – kann nächste Woche schon mehr werden. Einfach weitermachen, sich nicht von digitalen oder analogen immateriellen, „feinstofflichen“ Wesen beirren lassen, immer teamiger werden, mehr Fokus auf eine gesunde psyche, auf den spiritus rector hören, das richtige mindset haben und mit esprit auftreten, sich also weiter entgeistern und uns weiter begeistern. Denn wisse:

„Ein Geist kann sich nur ohne Geist entwickeln.“

Wir sind da wir sehr zuversichtlich – und definitiv nicht (!) von allen (!!) guten (!!!) Geistern verlassen.

 

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