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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. VfL Wolfsburg

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Evolution

Das weltweit erste Fußball-Spektakel ohne Tor

Die Evolution ist eine tolle Sache. Bestes Beispiel: der moderne Mensch. Die Spezies, die wir heute darstellen, konnte sich durch die verschiedensten Vorgänge im Laufe der Jahrtausende durchsetzen. Vor allem die Entwicklung unseres Gehirns, unsere Fähigkeit, durch Intelligenz all das zu kompensieren, was uns an sich nicht gegeben ist, sorgte dafür, dass der Mensch heute in der Lage ist, Dinge zu tun, die wir eigentlich nicht können, weshalb wir uns auch nicht ganz zu Unrecht als „Krone der Schöpfung“ bezeichnen. So sind wir nicht nur in der Lage zu fliegen, sondern sind zudem das einzige Lebewesen, das während des Fluges eine warme Mahlzeit zu sich nehmen kann, wie Viktor von Bülow („Loriot“) so herrlich wie richtig feststellte.

Aber nicht nur in puncto Dinglichkeit sind wir anderen Spezies voraus, auch emotional haben wir ein größeres Spektrum aufzuweisen als andere. So besitzt das Gehirn von Säugetieren, zu denen ja der Mensch zählt, einen Frontallappen. Dieser erfüllt nicht nur motorische Funktionen, sondern auch insbesondere bei denen, die zur Unterordnung der Trockennasenprimaten zählen (wir!) eine überlebenswichtige soziale Funktion, so ist er der Sitz der Empathie, also jene Fähigkeit des Mitgefühls, die Ronald Reng in seiner Reportage über unseren Trainer Julian Nagelsmann im Bundesliga Magazin als „Basis einer natürlichen Autorität“ beschrieben wurde, weshalb man ihn als auch als „Organ der Zivilisation“ bezeichnet.

Aber ähnlich dieser Einleitung kann man es auch damit übertreiben. So gibt es ja bei einigen Menschen – und wer wüsste das besser als wir – den Hang zur meist lähmenden Hyperkomplexisierung. Diese findet überall – nicht nur bei (vermeintlich) Intellektuellen, sondern auch bei (vermeintlichen) Entscheidern, bei denen die Sprachevolution bereits für eine außergewöhnliche Steigerung des Adjektivs „träge“ gesorgt hat (“Träge. Träger. Bedenkenträger.“) – und auch der Fußball ist hiervon nicht ausgenommen. Im Gegenteil: Wohl kaum ein anderer Bereich erfuhr in den letzten Jahren ein derartiges Aufbauschen des Banalen.

Spielzeit, Anzahl der Spieler sowie vor allem und zuvörderst die der gefallenen Tore (und der hierüber erzielten Punkte) sind zwar nach wie vor die entscheidenden, aber schon lange nicht mehr die einzigen Erhebungen, die rund um ein Spiel erfasst, kommuniziert und „analysiert“ werden: Ecken, Kopfbälle, Linksschüsse, Rechtsschüsse, Torschüsse (wobei es spaßigerweise hier noch die Unterkategorie „Schüsse aufs Tor“ gibt), Ballbesitz, Passquote, Packingrate. Dazu die ganzen nummerisch gefassten Variationen von Aufstellungen (4-4-2, 4-3-3, 4-1-3-2 etc.) oder Positionen („Doppel-6“, „fehlende“, „hängende“ oder „klassische“ 9, letzteres wird auch gerne zur Beschreibung des Spielmachers benutzt (Klassischer 10er“)). All das nur um mit vielen Worten den Spielausgang entweder zu erklären oder zu prophezeien.

Nun waren sich die selbst ernannten Auguren vor dem Spiel der TSG gegen den VfL nicht sicher, wie das Spiel ausgehen würde, aber in einem waren sie sich sehr sicher: Es würden viele Tore fallen, weil … und dann wurde der Ausblick mit ganz vielen Rückblicken erklärt.

Nun kam es so, wie es kam: anders. Ganz anders. Keine Tore. Und obwohl das für gewöhnlich ein deutliches Indiz für kein gutes Spiel ist, war es in diesem konkreten Fall auch anders. Ganz anders. Es war vielleicht das weltweit erste Fußball-Spektakel ohne Tor.

Und weil wir das, was wir sagen, auch gerne beweisen, zitieren wir doch einmal eine der zuvor kritisierten Zahlen: 40!

Das ist die Anzahl der Torschüsse dieser Partie. Diese Zahl ist umso beeindruckender, wenn man sich vergegenwärtigt, dass dies fast doppelt so viele waren wie in jeder anderen Partie dieses Spieltags. Und auch wenn der optische Eindruck etwas anderes vermittelt haben mag, diese Zahl „rechtfertigt“ auch die Punkteteilung, denn beiden Teams wurden jeweils 20 gut- bzw. zugeschrieben.

Kurios geradezu, dass man auch in anderen statistischen Werten (fast) pari war: Ballbesitz (50:50), gespielte Pässe (397:395) Fehlpässe (78:73), Zweikampfquote (52:48). Nur das Eckenverhältnis war eindeutig: 2:13 (oder mehr), was wiederum den optischen Eindruck erklärt, weshalb wir uns eher als Gewinner dieses Unentschiedens wähnen sollten.

Oder ist es nicht viel einfacher, ganz und gar ohne hochentwickeltes Zerebral- und Zahlenbrimborium, sondern schlicht in der Natur der Sache, dass dieses Duell gegen die Wölfe unentschieden ausging?

Zwar ist der Wolf eines der ganz, ganz wenigen Tiere, das abgesehen vom Menschen (homo sapiens sapiens) der Elch (alces alces) zu fürchten hat, aber Wölfe wissen um die Gefahren, die auf einen Angriff auf einen Elch verbunden sind, weshalb es diesen Kontakt nur sehr selten gibt, denn ein gesunder ausgewachsener Bulle kann normalerweise einen Wolfsangriff abwehren. Meist benutzt er dabei Huftritte, die zu Knochenbrüchen führen können, die wiederum den sicheren Tod für den Wolf zur Folge hätten.

So gesehen konnte Gomez froh sein, dass sich Süle nicht für einen Huftritt als vielmehr einen Hüftritt entschieden hat – und wir waren es auch insofern, dass es so kein Elfmeter war. Leider hatte sich unser „Viech“, wie ihn Sandro Wagner in einem Interview im ZDF lobend nannte, dabei verletzt, so dass er frühzeitig gegen Vogt ausgewechselt werden musste, der seine Sache aber sehr, sehr gut machte.

So haben Wölfe nur dann eine Chance gegen Elche, wenn diese entweder alt, krank oder schwach sind – oder in der totalen Überzahl. Bei einem Angriff reißen die Wölfe dabei blutende Wunden in die weichen Flanken des Elchs, der aufgrund des Blutverlustes schnell schwächer wird und überwältigt werden kann.

Es sei denn, der Elch heißt Rudy. Er ließ sich trotz Blutverlusts nicht überrumpeln, sondern sorgte immer wieder für Akzente, auch modische – mit seinem Verband, der wahrlich etwas von „Teppichhändler“ hatte, wie es in der Spielzusammenfassung in der „Sportschau“ hieß. Ein Fes aber war es nicht, dafür Fetz (das Spiel) und weil das (Spiel, Fetz = Spaß) unsere Natur ist, kehren wir deshalb zu ihr zurück und damit dem Duell Elche gegen Wölfe …

… und sprechen hier bei der Überzahl, die einen Elch zur Strecke bringen kann, von einem Rudel, also einem Dutzend Angreifer. Wenn das nur einer, zwei oder drei sind, hat ein Elch vielleicht Mühe bei der Verteidigung, aber letztlich wird nichts passieren, wie gestern ja auch Oliver Baumann hocheindrucksvoll bewies.

Er, der letzte Woche alles andere als einen Sahnetag erwischt hatte, hatte diesmal, verlassen wir den Wald, bleiben aber in der Fauna: einen Krakentag. Wenn ein Ball aufs Tor kam – und das tat er nicht selten –, kam er an ihn heran – immer.

Das war eine echte Augenweide, um, auch wenn es dasselbe heißt, auch mal was anderes zu sagen als „Spektakel“, was er bot – und eigentlich nur er.

Ansonsten war dem Team deutlich anzumerken, dass es sowohl kontrollierter als auch konzentrierter in die Partie ging mit einem deutlichen Fokus auf die Defensive. Aber das hatte oftmals Ähnliches zur Folge wie deine, geneigte/r Leser/in, gleich folgende unmittelbare Reaktion auf den Satz:

„Denke nicht an einen rosa Elefanten!“

Das hemmte natürlich die Spontaneität, was seine Vorteile hatte, aber nicht nur. Der fehlende Druck in den Zuspielen verlangsamte oder gar verhinderte auch Umschaltsituationen und sorgte zudem immer wieder für Zweikämpfe und/mit Ballverlusten, die gerade in den Momenten, wo man sich schon in der Vorwärtsbewegung befand, wiederum für große Gefahr für unser Gehäuse sorgte.

Dazu kamen noch die ein oder anderen Ausrutscher und schon war so manche brenzlige Situation geschaffen. Andererseits schufen auch wir ganz gute Abschlussszenen, die wir aber meist wesentlich früher als die Gäste abschlossen, meist unpräziser, aber auch unglücklicher: zwei Außennetztreffer von Uth (rechts) und Wagner (links), der auch noch einen Sensationskopfflugball präsentierte, sich dabei aber ein paar Millimeter/-sekunden verschätzte, so dass der Ball an die Werbebande statt ins Tornetz schepperte.

Lange Rede, kurzer Sinn: keine Tore, kein Sieger – und so bleibt unsere Mannschaft immer noch ohne Sieg in dieser noch jungen Saison, aber halt auch noch ungeschlagen und erstmals ohne Gegentor, was ja schon mal eine Entwicklung in die richtige Richtung ist. Es wäre schön, wenn diese Phase der Evolution unserer Mannschaft auf Sicht beibehalten werden könnte.

Nun könnte man mutmaßen, dass dies in Anbetracht der beiden kommenden Gegner und deren bisheriger Ergebnisse alles andere als ausgeschlossen sein müsste, schließlich haben diese in ihren bisherigen Partien erst ein (!) bzw. kein (!!!) Tor erzielt. Aber das tun wir nicht. Denn es reicht nicht, keinen Treffer zu kassieren, wenn man gewinnen will, sondern man muss auch mindestens einen machen – und wie schwer das gegen den kommenden Gegner sein kann, wissen wir nur allzu gut aus der letzten Saison, wo uns das nicht gelang, weil wir in Darmstadt nicht über ein 0:0 hinauskamen und zuhause sogar 0:2 verloren, was wiederum das Spiel war, das dazu führte, dass nun Julian Nagelsmann der Evolutionsverantwortliche unserer Mannschaft ist.

Wer die elf Sieger beim teaminternen „survival of the fittest“ für Dienstag sein werden und es damit in die Startelf schaffen, können wir natürlich (auch) nicht vorhersagen, aber: Wir können Englisch und nach diesem Hinweis stellen, leben, bieten wir mit dem folgenden Bild-/Wortspiel unseren Wunsch zum Ausgang dieses (wie eigentlich aller TSG-Spiele) …

darwin… dar: WIN!

Oder der Schreiberling ist gar kein Trockennasenprimat. Dafür spricht, dass er gerade Schnupfen hat. Der geht vorbei. Vielleicht sollte sich der Schreiberling aber auch einfach nur mal seinen Frontallappen untersuchen lassen, schließlich sind Indikatoren seiner Dysfunktion unter anderem:

  • Haften an (irrelevanten) Details
  • Handlungsleitendes Konzept geht verloren
  • Schwierigkeiten beim gleichzeitigen Beachten mehrerer Informationen

🙂

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