1899 Hoffenheim vs. Tottenham Hotspur
Zuvörderst eine kleine Entschuldigung dafür, dass wir diesmal erstmals eine Überschrift wiederholen, aber die letzten Spiele sowie der Ausgang, Verlauf sowie das Forenfieber nach unserem letzten Heimspiel in der UEFA Europa League-Saison 2024/25 sind eine derartige Steilvorlage, die müssen wir einfach verwandeln:
FUCK!
Ein Hauch von Tradition und Viagra
Da war es also, das große Duell der Verlierer: Platz 15 der Bundesliga gegen Platz 15 der Premier League. Die Teams, die aber nicht nur aktuell ganz knapp über den Abstiegsrängen in ihrer Liga stehen, sondern in ihren Ligen fast schon als Inbegriff des Scheiterns gelten, denn nicht nur wir, auch das Team aus dem Norden Londons hat seit mehreren Jahrzehnten keinen Titel mehr gewonnen. Das Spiel schon.
Fuck.
Als sprachlich zartbesaiteter Mensch magst du, geneigte/r Leser/in nun verwundert sein, weshalb wir gleich zu Beginn mit einer solchen Injurie starten, aber wir sind noch ganz begeistert von den Nachwirkungen von Kramarics Brandrede, denn wir sahen eine Mannschaft, die bis auf, sagen wir mal, drei Momente eigentlich sehr, sehr ansehnlichen Fußball spielte.
Fucked Fucking Fuck.
Du siehst, geneigte/r Leser/in, dass wir nicht an Logorrhoe leiden, sondern unser Missfallen ob Verlauf und Ausgang durchaus auch elaboriert zum Ausdruck bringen können.
Falls nicht, hier ein kurzes Video zum vielleicht vielseitigsten Wort der englischen Sprache:
Wer’s etwas fuc—faktischer will mit Etymologie und so: Bitte sehr …
Dabei konnte man das 0:1 nach drei Minuten auch nicht plump als Fehler unserer Innverteidigung ansehen, sondern einfach als Kombination eines hervorragenden Zuspiels sowie einer genialen Ballan- und-mitnahme, aber das änderte nichts am Ergebnis: 1. Chance für den Gegner, 1. Tor für den Gegner, wie immer (bis auf einmal, letzten Samstag) Rückstand für die TSG.
Fuck.
Doch die Mannschaft, die da – wie noch nie – auf dem Platz stand, stand dann ihren Mann. Nur die zwei Männer der Innenverteidigung standen … hm, sich im Weg? sich selbst im Weg? neben sich? Rum? falsch? Zu allem Unglück bekam Akpoguma nach rund zehn Minuten auch noch die gelbe Karte – und da stand er zehn Meter vor dem gegnerischen (!) Strafraum. Taktisches Foul. Klare Sache. Warum er aber da stand, wo er stand, war uns nicht klar.
Und schon da hörten wir vor unserem inneren Ohr ganz leise „Der große Kevin möchte aus dem Bälleparadies abgeholt werden.“
Wir wissen nicht, ob es für ihn der 23. Januar 2024 war, der 5. Mai 2001 oder der 16. Oktober 1999, jedenfalls war es für ihn ein gebrauchter Tag. Aber/Leider nicht nur für ihn, denn Nsoki stand ihm in dem Punkt in nichts nach – und die beiden standen sich dann am 23. Januar 2025 gegen 19.08 Uhr gegenüber und zeigten eine perfekte Kurzperformance des Stücks „Nimm‘ du ihn, ich hab‘ ihn sicher.“, was unseren Blutdruck und die Heißsporne aus dem Bezirk Haringey auf 0:2 erhöhen ließ.
Fucking Fuckers.
Es war wirklich zum Verzweifeln, denn gerade gegen Mitte der ersten Halbzeit hatten wir uns und unser Spiel stabilisiert. Zumindest wurde unser Team seinem Slogan gerecht: „TSG ist Bewegung.“ Denn bewegt wurde sich viel – und aus dem Hinterherlaufen wurde mehr und mehr ein Umherlaufen und dann auch ein Vorwärtsmarschieren, aber in der Rückwärtsbewegung sah es übel aus – wie auch auf der Anzeigetafel.
Da hätte es zu dem Zeitpunkt auch noch übler aussehen können, hätten zwei eher schmächtige Spieler nicht mit breiter Brust gespielt. Nach und nach wurde dank Doppel-B unser Spiel ansehnlicher. Bischof und Becker mühten sich redlich, um Struktur und kontrollierten Spielaufbau, der aber halt durch die hanebüchenen Figuren, die wir defensiv aufboten und abgaben, immer wieder – ja, fast schon im wahrsten Sinne des Wortes – konter-kariert, bisweilen sogar karikiert wurden.
Fuck.
Das war nicht lustig. Es war hochgradig ärgerlich, denn mit zunehmender Spieldauer zeigten wir, dass wir auch sehr gut kicken können, wenngleich natürlich die Londoner keinerlei Interesse ihrerseits an Ballbesitzfußball hatten. Sie mussten ja nur auf unsere Fehler warten, denn ansonsten konnten sie sich ja auf ihre Außenraketen und unsere Defensivdiesel verlassen. Es war schon beeindruckend, wie beharrlich ruhig die Gäste warteten und wie gnadenlos zielstrebig sie ihre Stürmer durch Steilpässe, lange Bälle, sowohl geschlagen als auch abgeworfen, in Szene setzten. Auch irgendwie passend zum Slogan. Der der Spurs lautet „Audere est Facere (lat.: „Wagen ist tun“).
Da schlug unser Herz natürlich höher, fühlten wir als Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V. da doch eine Verbindung, und hofften, dass unser Slogan seine Kraft schon noch entfalten wird: „vivere vincere est“ (lat.: „Leben heißt Siegen“ – und/oder umgekehrt / Schon sehr clever, ne?). 🙂
Und unser Spiel wurde lebendiger. Wir kamen auch mal in die Grundlinie, in die Außenbezirke des Strafraums, ja, wir kreierten sogar Chancen, naja: Chancenchen, aber es ging voran und aufwärts, aber halt auch mit 0:2 in die Pause.
Die Frage war halt, wie mit dem Spiel bei dem (Kranken- und Verletzten-)Stand umgehen? Reicht uns das Erreichte … (Immerhin hatten wir erstmals in einem europäischen Pokalwettbewerb überwintert, wenngleich das nur dem Spielplan geschuldet war, aber wir wollen uns jetzt dich nicht mit Fakten demotivieren.) … und wollen / sollen wir Kräfte für die nächste Bundesligapartie sparen oder aber ignorieren wir das ganze Laktatgedöns und fokussieren uns auf die Lust am Spiel und den potenziellen Lustgewinn.
Wir wissen nicht, was der Trainer empfahl oder was die Spieler in der Pause zu sich nahmen, aber es hatte was von „Viagra“.
Nein, nicht in dem Sinne, dass sie jetzt nur noch starr standen und auf eine externe Stimulanz durch Abreibung warteten, sondern dass sie auf einmal den geraden Weg suchten (lat.: via gradus).
Ja, der Markenname ist das wahrscheinlich beste Wortspiel in der Pharmazie, denn via gradus geht der Markenname des Mittels zurück, das eigentlich mal zur Behandlung von Bluthochdruck und Angina pectoris gedacht war, welches dank seines Wirkstoffs (Sildenafil) aus der Gruppe der vasodilatierenden ((Blut-)gefäße erweiternden) Substanzen bei Männern in den klinischen Tests eben diese eine besondere Nebenwirkung aufwies.)
What the …
Ja, das machte Spaß, was sich auf einmal vor unseren Augen abspielte. Unsere TSG spulte auf einmal ein Angriffsspiel ab, das uns mit dem 1. Durchgang versöhn- und auch -schwesterlich stimmte, denn er war wohl nur Vorspiel. Auf einmal stimmte alles – naja, bis auf die Chancenverwertung, d. h. rein bekamen wir das Ding nicht.
Dann aber die Riesenchance dazu, denn der Schiedsrichter pfiff nach einer Kollision von Moerstedt mit dem Keeper der Gäste im Fünfmeterraum zu unser aller Freude, aber auch Überraschung Elfmeter, obgleich ja bei so einer Situation fast immer Freistoß für den Torwart gegeben wird. Nicht so hier.
So standen dann alle bereit: Wir mit den Schals in der Hand auf den Rängen, Kramaric mit dem Ball in der Hand am Punkt und plötzlich der Schiri mit der Hand am Ohr. Der Ü-Wagen tat das, was er in der 1. Halbzeit durchaus auch hätte tun können, er meldete sich und bat den Spielleiter um eine Bewertung der Szene nach Ansicht von TV-Bildern, was er tat, und den Pfiff zurücknahm.
WHAT THE …
Doch getreu dem schönen Satz aus Loriots Sketch „Liebe im Büro“ („Es muss doch gehen, andere tun’s doch auch.“) setzte unsere Mannschaft weiterhin alles dran, ein Tor zu erzielen. In der fast 69. Minute (hö, hö) war es dann soweit: Jurasek, der gewiss noch besser spielen kann, aber auf alle Fälle unendlich viel besser spielte, als der erkrankte Prass und richtig Leben auf die linke Seite brachte) runter in Richtung Grundlinie, stach das Spielobjekt des Begierde durch auf Stach, Stach mit der Pike am Ball, der ins lange Eck, drin. Drin. DRIN! Nur noch 1:2.
Geil!
Jetzt bloß nicht aufhören. Was ein Mal funktioniert, funktioniert auch zwei Mal und so bohrten unsere Jungs weiter. Dummerweise aber auch drei Mal, denn nach einer alten Fußballregel ist es halt so, dass wenn man ihn vorne nicht macht, kriegt man ihn halt hinten rein.
(„Jetzt haben wir aber das Niveau völlig in den Keller gefahren, ne?“ – Der Chefred.
„Honi soit qui mal y pense, fucker.“ – Der Aut.)
Und wieder ging dem Gegentor ein Riesenbock voraus, diesmal war es Nsoki, und wieder kam irgendwo ein „Der große Stanley möchte aus dem Bällebad abgeholt werden.“ Daher, aber jetzt war es eh dahin, das Spiel verloren, war das eindeutige Gefühl auf den Rängen, die sich nach dem 1:3 schnell leerten.
(„Wie? Kein Gag von wegen ‚Rohrkrepierer‘?“ – Der Chefred.)
Ilzer gab wohl auch auf, nahm Stach, Bischof und Hlozek runter, für die Chavez, Micheler und Mokwa kamen, aber die Mannschaft nicht. Gerade Becker und mit zunehmender Spieldauer auch Kramaric ließen nicht nach, dieses Spiel doch noch drehen zu wollen.
Insbesondere Becker hat uns extrem gut gefallen. Schon auf unserer Weihnachtsfeier, wo wir ihn als, wie es ein Mitglied ausdrückte, „fast schon unheimlich sympathischen Kerl“ kennengelernt haben, konnten wir ihn als sehr engagierten und ballsicheren FußballSPIELER erleben – und das nach der langen Zeit, wo er aufgrund einer Meniskusverletzung so lange außer Gefecht war.
Kicker phrasen ja gerne zu Beginn einer Verletzung was von wegen „coming back stronger“. Bei ihm scheint es ganz offensichtlich der Fall zu sein, so dass der Trainer, der in den ersten Wochen nicht mal wusste, welches Juwel er da im Kader hat, ihm immer mehr Einsatzzeiten zubilligt. Nach der starken Leistung ist nicht einmal mehr sein Comeback in der Startelf ausgeschlossen. Wünschen würden wir es ihm – und uns, denn gerade im Mittelfeld liegt bei uns doch einiges gerade in puncto Ballsicherheit und Spielübersicht sowie -eröffnung einiges im Argen. Durch die objektiv völlig unmotivierte Demission Grillitsch hat die sportliche Führung dieses Problem ja noch erhöht.
Bebou und Prömel waren auch mal wieder zu sehen, wenngleich nur in den Medien – der eine beim Foto-Shooting bei der Eröffnung eines kleinen Sportshops am Heidelberger Bismarckplatz, der andere am Mikrofon des übertragenden TV-Senders – und Bülter kehrte ins Mannschaftstraining zurück. Samassekou wird hoffentlich auch wieder in Bälde genesen, jetzt fehlt nur noch Kabak, der ja seit seinem Testspiel für die Türkei im Mai an seiner Kreuzbandverletzung laboriert. Aber sollten die alle derart erstarkt zurückkehren wie Becker, dürfen sie alle eine Woche länger fehlen. Dann aber …
Flanke Kramaric, die wurde, was sich Mokwa machte: länger und länger. Schön getimter Kopfball unseres Stürmers, der bislang in der U23 in 47 Spielen 17 Tore schoss, was ja schon mal beeindruckende 36% sind. Noch beeindruckender sind seine Werte dieser Saison, wo er in 19 Einsätzen für unsere 2. Mannschaft, den aktuell unangefochtenen Tabellenführer der Regionalliga Südwest, 11 Mal traf = 58%. Und nun, sozusagen in der 2. Liga der UEFA, hat er sogar eine 100%-Quote: 1 Einsatz, 1 Tor und wieder ein Fünkchen Hoffnung für uns: nur noch 2:3.
Aber dabei blieb’s. Fünf Tore. Fertig.
„Da war mehr drin“, wird allgemein kolportiert, und wir ärgern uns – über dieses Geschwätz. Denn genau das ist falsch, denn wäre da mehr drin gewesen, hätten wir ja mindestens einen Punkt geholt. So aber …
FUCK …
… war’s das wohl mit Europa für mindestens dieses sowie das Folgehalbjahr. Natürlich haben wir noch eine marginale Chance auf die Zwischenrunde, aber das wird zugegebenermaßen schwierig. Sportlich.
Psychisch wäre es super, wenn die Mannschaft auch dieses Spiel nicht hergäbe. Natürlich wird da gerne was erzählt von „Kräfte sparen“ und so ein Zeug, was ein ganz entsetzliches Menschenbild impliziert, das einer seelenlosen und hirnlosen Maschine, die sich durch Dauergebrauch abnutzt. Außerdem negiert so eine Argumentation die Erkenntnis, dass Fußballspiele im Kopf entschieden werden. Und was immer ein Kopf produziert, Laktat ist es nicht und – das wird einige Forenfans irritieren – ein Gehirn nutzt sich durch Gebrauch nicht ab. Im Gegenteil. Man sollte viel denken und da auch mal nicht nur „viagramäßig“, sondern auch mal um die Ecke. Denn man sieht ja, dass man in solchen Partien Zuversicht und Erkenntnisse gewinnen kann. Und wenn wir dann noch eine funktionierende Innenverteidigung hinbekommen, vielleicht auch Spiele.
Aber wir haben da nun keinen Riesengroll gegen die Mannschaft. (Forenfans? Anderes Thema.) Wäre halt schön gewesen, wenn es geklappt hätte und es ist schon wichtiger, dass wir am Sonntag punkten, aber so weit wie diese Forenfans, die Akpoguma und Nsoki persönlich angingen und am liebsten sofort vom Acker gejagt hätten, gehen wir nicht. Das ist in Form und Inhalt einfach unangebracht. Ja, klar hatte man da nach den Gegentoren symbolisch die Faust in der Tasche, aber da bleibt sie nicht ewig. Nein, sie wird zur Hand, wenn wir sie rausziehen, zur Begrüßung, zum Abklatschen, zum aufmunternden Schulterklopfen.
Vorbei. Man kann es nicht mehr ändern. Das 5. Punktspiel gegen eine englische Mannschaft, die 5. Niederlage.
FUCK IT!
Als alte Traditionalisten wissen wir, wie wichtig es ist, fünfe gerade sein zu lassen. Das hat nämlich ursprünglich nichts mit Mathematik oder Nachsicht zu tun, wenn was nicht so hundertprozentig richtig ist. Die Redewendung geht klassisch aufs Mittelalter zurück, als Streitigkeiten oft und gern mit der Faust geregelt wurden. Wenn also zwei Kontrahenten die Hand entspannt mit ausgestreckten Fingern nach oben hielten, so hieß dies, dass sie die Probleme auf eine andere Art lösen wollten, als aufeinander einzudreschen.
Deshalb lassen wir nach jedem Spiel gleich doppelt fünfe gerade sein, nämlich gerade so, wie es uns passt und nötig ist, um die rund 50 Felder unserer Tastatur so bearbeiten zu können, dass so was wie das hier dabei rauskommt.
FU…N!
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