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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Bayern München

Aufbaugegner

oder: Keine Chance, die aber genutzt wurde.

Kommen.
Etwas besorgen.
Und mit dem Aufkommen des Kaffeetrends auch: Morgen-Latte.

Deutsche lieben Zweideutigkeiten. Vielleicht liegt es daran, dass es so wenige gibt. Und sich unsere Sprache rühmen darf, prinzipiell eindeutig zu sein. Unsere Muttersprache ist wohl die präziseste, aber auch poetischste der Welt. Leider geht den meisten der Sinn für nicht nur für diese Schönheit heutzutage ab.

Hubschrauber. Gedankengang. Oder das als das schönste deutsche Wort ausgezeichnete: Habseligkeiten.

Wunderbare Worte, die weit über das sprachliche Äquivalent eines Objekts oder eines Konstrukts hinausgehen. Filme, Gemälde, Gefühle aus Buchstaben.

Ein Genuss für Kenner.
Perlen vor die Säue.

Wer hat denn heute noch ein Auge darauf bzw. ein Ohr dafür? Ästhetik scheint ein Privileg. Man muss sie sich leisten können dürfen. Und wer das nicht darf, werauchimmer das bestimmt, muss sich eben einer unästhetischen, dafür aber, sowieso das Lieblingsadjektiv der Deutschen: praktischen Spielweise hingeben.

Daran ist per se nichts falsch. Ist halt eine Sache der Betonung. Wenn Marco Kurz einen Hackentrick von Schröck gegen seinen Gegenspieler moniert, dass er es vorzöge, dass wir in der Situation, in der wir sind, „einfach spielen“, dann klingt das ganz anders, als wenn die Lichtgestalt des deutschen Fußballs und Ehrenvorsitzender des Gegners sagt, dass man Fußball „einfach spielen“ müsse.

Am Spiel des spanischen Meisters ist absolut nichts kompliziert. Aber alles hoch ästhetisch. Simplizität und Ästhetik schließen sich also ganz und gar nicht aus. Im Gegenteil, sie ergänzen sich, wenn ausgewogen. Und wenn nicht, pendelt das Ganze zwischen Rustikalität und Kitsch. Im Fußball wie auch bei allem anderen, z. B. Kücheinrichtungen.

Das Spiel war keine Magerkost (wenngleich auch keine Delikatesse). Bei dem Spiel war eher Kitsch Trumpf. Allerdings nicht auf dem Rasen.

Blauer Himmel. Segelflieger nutzten die Thermik und kreisten über der Rhein-Neckar-Arena, während darin die Massen saßen und nicht wenige davon je nach Couleur hofften oder bangten, Zeuge eines historischen Ereignisses zu werden.

Vielleicht lag es am Wetter, vielleicht lag es am Pokalspiel des Gegners Mitte der Vorwoche, vielleicht lag es an was auch immer, aber es kam nicht zur höchsten (Heim-)Niederlage der Bundesliga-Geschichte.

Wäre jemand nach langen Jahren wieder einmal zurückgekehrt nach Hoffenheim und hätte sich dieses Spiel ohne Blick auf die letzten vier Jahre bzw. auf die aktuelle Tabelle angeschaut, er hätte eine träge, laufunwillige, phasenweise zwar gut interagierende, aber letztlich doch ineffektive Mannschaft gesehen – und die trug Rot.

Unsere Jungs hingegen, zwar noch weit von der Spielästhetik von ehedem entfernt, spielten trotz zahlreicher Veränderungen munter mit.

Ein sehr ausgewogenes Spiel sogar mit einem deutlichen Chancenplus unserer Mannschaft, die zwar immer wieder auf für ihre Verhältnisse beeindruckende Art und Weise den Ball vor und in die Nähe, aber selten direkt auf das vom Ex-Kollegen gehütete Tor des Gegners brachte.

Ein ganz schön mutiger Schritt der Gästemannschaft. Man stelle sich nur vor, dem Torwart wäre wie einst bei uns ein Fehlgriff unterlaufen, der zu einem Treffer für unsere Mannschaft geführt hätte? Was wäre da in der Medienlandschaft los gewesen? So aber tat der Gästetorwart etwas, was er zu unseren Zeiten sehr selten tat: Er spielte zu Null.

Und auch wir taten etwas, was wir in der letzten Zeit selten taten: Wir liefen und spielten.

Vielleicht lag es daran, dass diesem Gegner aus Bayern im Gegensatz zu jenem aus der Vorwoche das rustikale Spiel nicht liegt, so dass es nicht nur metereologisch ein heiterer Kick wurde.

Leider erkannte auch der Schiedsrichter, dass er an sich überflüssig war, weshalb er sich so gerne wie unnötig mit ins Spiel einbrachte und es oft grundlos unterbrach. Aber auch das hatte keine gravierenden Auswirkungen auf das Ergebnis. Dass wir das Spiel dennoch verloren, lag, so viel Kontinuität muss sein, an der eigenen Dummheit.

Wieder ein Ballverlust im Spielaufbau, nach wenigen Ballkontakten kam der Ball in die Mitte unseres Strafraums, wo ihn der Mittelstürmer der Gäste nicht einmal richtig traf, aber gerade so, dass er die paar Meter über die Linie schaffte. Abrahams Abwehrversuch kam eine Sekunde zu spät. Sehr schade – und zu dem Zeitpunkt auch unverdient.

Letztlich geht das Ergebnis dann doch in Ordnung. Zweimal Holz, wie wir früher sagten, als das Tor wie das Spiel selbst noch mehr Ecken und Kanten hatte, längst nicht so glatte und gebogene wie das heute übliche Aluminiumtor (und Spiel), aus Standardsituationen für die Gäste in der zweiten Halbzeit standen einem Kracher unsererseits auf das Gästetor immerhin aus dem Spiel heraus gegenüber.

Geschossen von Schröck, der mit Ochs eine ganz tolle rechte Seite spielte. Sie hatten ihren nicht nur phänotypisch einzigartigen Gegner sehr gut im Griff, was niemand wirklich vermutet haben dürfte. Ebenso wenig wie, dass der Trainer schon zur Halbzeit Firmino für Usami brachte und im Laufe des Spiels dann auch noch Derdiyok.

Angeblich brachte zumindest Ersterer neuen Schwung. Die Meinung kann man haben, man muss sie aber nicht teilen. Auch dass das Spiel der Gäste ein Geschenk an uns war – wenn man einigen Wortbeiträgen auf der Tribüne Glauben schenken darf – darf man nicht -, war das auch nicht ganz kostenlos zu haben – kann man so sehen, aber auch anders.

Die einen taten, was sie konnten, die anderen nicht mehr, als sie mussten. Und beide können mit dem Ergebnis leben: Die einen gewannen etwas mehr Selbstvertrauen, die anderen das Spiel, womit beide Teams für die nächsten Spiele bestens vorbereitet sind. So gesehen: eine Win-Win-Situation. Da war der eine für den anderen, genau: ein Aufbaugegner.

Und wo wir gerade bei wieder bei zweideutigen Wortspielen sind und um uns auch in Sachen Niveau dem Tabellenplatz anzugleichen …

Bleibt zu hoffen, dass unsere Spieler nun endlich genug Willen, Kraft und Saft haben, mal wieder einen einzufahren.

Sieg.

Das geht aber nur, wenn sie ihn hochkriegen.

Kopf.

In diesem Sinne: Ho, Ho, Hoffenheim 🙂

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