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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. Bayern München

1899 Hoffenheim vs. Bayern München

Augenschmaus und Ohrengraus

Ein Spiel voller Erkenntnisse

Fußball ist ein sehr aphorismenreicher Sport. Zu den bekanntesten zählen dabei Sepp Herbergers Lehrsatz der Zeit („Ein Spiel dauert 90 Minuten.“) sowie Gary Linekers Theorem des Sieges („Fußball ist ein Spiel, bei dem 22 Spieler 90 Minuten lang hinter einem Ball herjagen und am Ende gewinnt immer Deutschland.“).

Natürlich darf man die Zitate nicht allzu wörtlich nehmen. Man muss sie immer auch unter dem Zeitaspekt der Gegenwart interpretieren. Und im modernen Fußball heißt das zum Beispiel 90 Minuten plus Nachspielzeit sowie im Ligabetrieb nicht Deutschland, sondern Bayern München.

Dabei hat alles so gut begonnen. Keine Minute gespielt, 1:0 für Hoffenheim. Ibisevic nutzte die Chance, die sich ergab, weil der Gegner sofort unter Druck gesetzt wurde. Dessen Konzentration war im Gegensatz zu Rudys Balleroberungswillen noch nicht sehr ausgeprägt, Pass nach innen, Ibisevic, Innenpfosten, kaum zu glauben.

Aber halt!

Hat wirklich alles gut angefangen? Nein. Im Gegenteil. Es hat hundsmiserabel angefangen. Es muss ein Werk von Saboteuren gewesen sein. Andererseits, der Stadionsprecher schien eingeweiht … Es war höchst befremdlich, was sich da kurz vor Anpfiff akustisch breit machte.

Nun war das bisherige Fanlied nicht gerade dazu angetan, die Charts zu stürmen, aber es enthielt halt alles, was so ein Fanlied braucht, um ein Maximum an Massenkompatibilität zu erreichen: einen eingängigen, bekannten Ballermann-Rhythmus, einen sinnfreien Refrain („Olé, olé, TSG“ – o. so ä.) und ein plagiatsnahes Maß an die sinnfreien Refrains mit einander verbindenden Text.

Es gehörte halt mit dazu, es machte bummbummbumm, es störte nicht, die Menschen hatten noch einmal die Chance, Wind zu machen („Ich will die Schals sehen!“, Mike Diehl (Stadionsprecher und Fanbeauftragter)). Es war ein sehr angenehmes Lied, wenn man am Bierstand stand. Signal: Gleich geht’s los. Karte schnappen, Plastikbecher greifen, rein ins eckige Rund.

Doch gestern? Kam neues Lied. Ganz ohne BummBumm. Vielleicht hatte es sogar einen Refrain, aber das ging unter, denn da kam keine Hymne oder ein Kracher, sondern eine Ballade in schwerstschwülstiger Peter-Maffay-Gedächtnis-Manier. Aber es war kein Sommer. Es war Abend, aber niemand wollte bei der Hand genommen werden und als Mann die Sonne aufgehen sehen – sondern ein Fußballspiel mit uns als Sieger.

Wer immer dies Änderung verbroch…verbockt hat, muss sich nach seiner Intention fragen lassen – und der Sinnhaftigkeit des Tuns. Was um alles in der Welt sollte das? Das kann man spielen, wenn man am 34. Spieltag auf Platz 17 steht und trotzig seine Rückkehr ins Oberhaus ankündigen will. Hatte jemand gedacht, 1899 Hoffenheim braucht seine eigene „You’ll never walk alone“-Schmonzette? Und wenn ja, man darf das ja denken, warum? Und warum bringt man das mitten im Spielbetrieb, vor einem solchen Spiel?

Nicht erst seit Nick Hornbys „Fever Pitch“ weiß man doch, dass ein Fan seine Rituale niemals ändern darf. Wenn das nun aber schon der Verein selbst tut, dann zeigt er a) dass er das Buch nicht kennt (was ja OK ist), b) keine Ahnung von Fans und Fußball hat (was 1899% NICHT OK ist).

Irgendwer hat in dem Verein zu viel Zeit und demjenigen sollte man davon noch mehr geben …

So. Nachdem wir also durch „die wunderschöne Ballade“ (M. D.) von jeglicher Spielvorfreudeneuphorie geheilt und daran erinnert wurde, dass ein langer Arbeitstag hinter uns lag, weshalb es vielleicht auch nicht das Dümmste gewesen wäre, heute mal früher ins Bett, zu gehen, kam zum Glück Rudy an den Ball, legte quer und Ibisevic den ball am gegnerischen Torwart vorbei.

Das schnellste Tor der Saison. Und das für uns. Gegen die Bayern. Die Ballade? War wohl ein Alptraum. Irgendein Defekt im Oberstübchen. Hier war alles allegro assai con tempo forte. Außer vielleicht für den Münchner Abwehrspieler, von dem sich Rudy den Ball erkämpfte. Für den hieß es ja fünf Sekunden, bevor seine Mannschaft in Rückstand geriet: Ball ade.

Ja. So etwas macht kindisch auf der Tribüne und für ein paar Momente auch etwas nachlässig auf dem Platz, aber dann stand alles. Rasenschach. Der Gegner ließ den Ball wunderbar laufen, aber er spielte Handball mit dem Fuß.

Das brachte einen zur Verzweiflung. Ihr Mittelstürmer vollbrachte eine ganz außergewöhnliche Leistung. Es mutete erst wie progressives Tanztheater an, aber es hatte auch HipHop-Elemente sowie gute Armmoves aus der Disco-Zeit, doch was auch immer die bajuwarische 18 versuchte, er erhielt das von ihm aus so eindrucksvolle Art und Weise erbetene Spielgerät nicht.

Ballbesitz und Feldüberlegenheit waren klar beim Gegner, die größte Chance zum Torerfolg hatten aber wir. Der Innenpfosten, zu Spielanfang noch unser Freund, erwies sich nun als das einzige Hindernis, das Salihovic von seinem dritten Freistoßtor in dieser Saison trennte. So ging es nicht unverdient mit 1:0 in die Pause.

Weis kam nicht zurück. Er wurde schon in der ersten Halbzeit verwarnt. Eine kluge Entscheidung, ihn draußen zu lassen. Dafür Vukcevic zu bringen weniger. Er brachte gar nichts, auch wenn er die einzige Chance unserer Mannschaft in der 2. Halbzeit hatte.

Warum nicht Mlapa? Er ist schnell, der beschäftigt die Abwehr des Gegners, den kann man schicken. Und vielmehr als lange Bälle brachte unsere Mannschaft in der zweiten Halbzeit auch nicht mehr hin. Rudy war nach 60 Minuten kaputt, Ba und Ibisevic verloren sehr viele Zweikämpfe, die Anzahl der Fehlpässe nahm beängstigende Ausmaße an und von unserem Keeper kam kein einziger Ball zum eigenen Mann.

„Wir haben in der 2. Halbzeit mehr Druck gemacht“, heißt das dann in freundlichen Pressekonferenzen. Man könnte auch sagen: „Wir merkten, dass Hoffenheim in der zweiten Halbzeit sehr schnell sehr stark abbaute und nutzten das aus.“ Aber so etwas sagte man nicht. Man lobt den Gegner, vor allem als Sieger.

Dass die beiden Tore, die die Bayern dann noch erzielten, vom Aufbau her identisch waren, wird hoffentlich ebenfalls aufgefallen sein. Ebenso, dass Mlapa, als er dann doch noch für Ba kam, kaum mehr ins Spiel eingreifen konnte. Zwischendurch kam auch noch Ibertsberger für Compper, was ebenfalls keine glückliche Entscheidung war, wenn sie denn ohne physischen Grund getroffen wurde.

Auch Vorsah wurde in der zweiten Halbzeit merklich unsicherer. Also vieles, was Grund zur Besorgnis gibt. Vielleicht haben wir nicht gegen einen stärkeren Gegner verloren (seine Leistungen in der Liga lassen diese Vermutung bislang nicht zu), vielleicht waren wir einfach die noch schwächere Mannschaft. Das kann am engen Terminplan liegen, darf aber eigentlich kein Grund sein.

Vielleicht lag es aber einfach an der Ballade.

Definitiv liegt es aber eben auch daran, dass ein Spiel heute leider nicht mehr nur noch 90 Minuten geht.

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