1899 Hoffenheim vs. Arminia Bielefeld
Die Ironie des Schicksals
Instant Karma!
Dass wir Deutschen im Allgemeinen und Fußballfans im Besonderen mit Humor, vor allem subtilem Humor, so unsere Schwierigkeiten haben, ist weithin bekannt und an dieser Stelle mehr als einmal mehr als ausführlich behandelt worden.
Nun war das gestrige Spiel gewiss kein Spaß und ja die Lage ist ernst, aber auch nicht so ernst, dass wir uns schon in Galgenhumor flüchten müssten. Es geht auch weniger brachial. Mit Ironie, z. B.
Was ist aber „Ironie“? Fangen wir nun einmal damit an, was es ist nicht ist, nämlich „Sarkasmus“.
Während der Sarkasmus eher gehässig ist und mit beißendem Hohn und Spott verletzen will, ist die Ironie weniger boshaft. Der wesentliche Unterschied ist dabei (wie eigentlich immer in der Kommunikation) der/die Empfängerin.
So versteht man unter Ironie
- einen eher verdeckten Spott, mit dem jemand etwas dadurch zu treffen sucht, dass er es unter dem augenfälligen Schein der eigenen Billigung lächerlich macht., d.h. es wird die Bereitschaft auf Empfängerseite vorausgesetzt, dass man sich über das Thema lustig machen darf.
(Das wiederum erklärt die Ironiefeindlichkeit im Besonderen sowie die Humorlosigkeit im Allgemeinen von Diktator/inn/en, Fundamentalist/inn/en, Fanaten jedweder Art, Bewegung und Gesinnung, da sie prinzipiell jedweden Scherz über sich und ihr Wesen (xy-Aktivist/inn/en, Veganer/innen etc.) als Angriff auf ihr Wesen begreifen und es entsprechend als bestenfalls „sarkastisch“ werten.) - eine paradoxe Konstellation, die einem als Spiel einer höheren Macht erscheint. Hier ist also die Ursache keine Person, sondern eine Situation, der man ohnmächtig gegenübersteht – und diese kann „pegativ“ sein, also zuerst positiv (z. B.: Jemand hat 6 Richtige im Lotto getippt.), dann negativ (vergessen, den Schein abzugeben) oder eben „nositiv“, also zuerst „negativ“ (z. B. ein Virus legt die Wirtschaft lahm), dann „positiv“ (Klimaziele werden erreicht.). Hier spricht der Volksmund ja gerne von der „Ironie des Schicksals“.
Nun war die gestrige Partie gewiss kein Spiel einer höheren Macht, eher eines einer tiefen Verunsicherung, aber man kann sich ja selbst fragen, wie man es wertet: pegativ oder nositiv.
- So traten wir mit einer Elf an, während uns ein Dutzend Spieler nicht zur Verfügung standen.
- So hat der Gegner in der ersten Halbzeit nur einen Schuss aufs Tor gehabt.
- So musste unser Abwehrchef zur Halbzeit verletzt raus, so dass wir zur zweiten mit einer Dreierkette hinten standen, die man so nicht einmal in einem Saisonvorbereitungsspiel sehen würde.
- Trotz dieser zahlreichen Veränderungen gerade im defensiven Bereich haben wir nicht verloren.
- Trotz dieser zahlreichen Veränderungen gerade im defensiven Bereich gelang es uns erstmals in dieser Saison, ohne Gegentor zu bleiben und damit gleichzeitig die Tradition der Spiele gegen die Arminia fortzuschreiben, die noch nie ein Tor gegen uns erzielt hat.
- Und wir konnten den Gegner in der Tabelle hinter uns lassen.
So weit die Fakten.
Emotional sieht es natürlich anders aus. Hier wird nach wie vor insbesondere von faktenresistenten Humorallergikern und hocharroganten Ignoranten davon ausgegangen, dass man einen Gegner wie die Arminia „einfach weghaut“. So etwas zeugt von vielem insbesondere einer extremen Respektlosigkeit gegenüber dem Gegner, der ja wie man selbst in der 1. Fußball-Bundesliga spielt und der zudem bislang das Kunststück fertigbringt, mehr Punkte als Tore zu haben – und das nach Spieltag 16.
Dabei wird natürlich mit dem Kaderwert argumentiert, was auf dem Irrglauben basiert, dass Geld Tore schösse. Dabei müsste man gerade als Hoffenheimer wissen, dass man mit fehlinvestiertem Geld vor allem Eigentore schießen kann.
Ob einem das nun gefällt oder nicht – und uns gefällt es nicht –, es hilft nichts. Wir, die fans, die Mannschaft, brauchen Geduld. Und Mut. Vor allem Lang-, aber keinen Hochmut.
Man muss ruhig und sachlich bleiben und die Dinge Stück für Stück versuchen besser zu machen, um eine noch größere Katastrophe zu verhindern.
Im Grunde ist das wie jetzt auch mit dem Corona-Virus. Dieses Schaubild zum Beispiel zeigt
genau: nichts. Da stand zwar Corona, aber man muss sich hüten, deswegen zu vorschnellen Urteilen zu kommen. Faktisch ist es erstmal einfach nur ein Graph und der kann vieles sein und tun.
- Er könnte die Belegung der Intensivbetten in Deutschland anzeigen.
- Er könnte den Aktienkurs von Curavec darstellen.
- Er könnte den Puls des Autors während des Spiels wiedergeben.
- Genauso gut aber könnte er das Streckenprofil einer Etappe während der „Tour de France“ anzeigen.
Aber es ist einfach nur ein Graph und ein solcher führt ohne die richtige Einordnung in die Irre. Dieser Graph zeigt an, wie oft seit 1946 sich das Wort in den Zeitungen wiederfand, auf das die TSGemeinschaft in dieser Saison immer wieder gestellt wird:
Ja, Geduld ist eine Tugend, die man vor allem von anderen erwartet, während man selbst alles gerne schneller hätte. Diese Attitüde ist allerdings mit subintelligent nur unzureichend beschrieben. „Gut‘ Ding will Weile haben“, weiß der Volksmund, doch was das Volk am ehesten kennt, ist Langeweile. Langmut nicht.
Die wenigsten dürften das Wort aktiv nutzen, noch sich dessen gewahr sein, dass damit eine durch ruhiges, beherrschtes, nachsichtiges Ertragen oder Abwarten gekennzeichnete Verhaltensweise bezeichnet ist. Bezeichnend hingegen ist eher die völlige Ignoranz der Tatsachen. Und Tatsache ist, dass gut‘ Ding …
Instant karma’s gonna get you
Gonna knock you right on the head
You better get yourself together
Pretty soon you’re gonna be dead
„Instant Karma“ ist ein legendäres Lied von John Lennon – und natürlich ironisch zu verstehen, aber schon vor rund 50 Jahren die Tendenz der Menschen thematisierte, immer alles schneller haben zu wollen, sogar die Erleuchtung.
What in the world you thinkin‘ of
Laughin‘ in the face of love
What on earth you tryin‘ to do
It’s up to you, yeah you
Und wenn man sich die Bundesliga aktuell ganz allgemein anschaut, sieht man, dass dieser Wunsch nach einem „Instant Karma“ aktuell so jeder Mannschaft versagt bleibt: Bayern laviert sich so durch, Dortmund strauchelt zu Hause gegen den Tabellenletzten, die Pillendreher verlieren gegen die Eisernen und die Bullen siegen auch nicht gegen die Wölfe. Man könnte es auch anders sehen: Es ist recht spannend.
Instant karma’s gonna get you
Gonna look you right in the face
Better get yourself together darlin‘
Join the human race
Auf Mehmet Scholl gehen ja herrlich viele ironische Aperçus zurück, so auch die Parabel vom Leben, in dem man manchmal Hund sei, manchmal aber auch Baum. Das gilt es zu ertragen. Ebenso wie die Scheißsituation, in der sich die Mannschaft sowohl in puncto Punkte als auch in Sachen Personal befindet. Trainerwechsel und Neuverpflichtungen sind da als Forderungen einfach von einer Weitsicht geprägt, die einem Grottenolm alle Ehre erwiese.
Die, die da sind, sollen und müssen das richten und dafür muss man sie, bevor man überhaupt irgendwie an Kür denkt, in die Pflicht nehmen. Es ist doch interessant, dass Hoeneß erneut sein Wechselkontingent nicht zur Gänze genutzt hat. Er muss über seine ganz eigene Meinung zum Kader haben, was erklären würde, warum z. B. mit Bruun Larsen (immerhin einer der eher teureren Einkäufe) nicht zum Zug kommt? Oder warum Gacinovic den Vorzug vor Bogarde bekam? Gerade bei Gacinovic ist es doch erschreckend zu sehen, dass dieser zweifelsohne nicht untalentierte Spieler so wenig Verve hat, dieses Talent auch mal zu zeigen, denn wenn er auf seiner Position die Chance hat, mit dem Ball auf die Grundlinie zu sprinten, um dann zu flanken, oder mit dem Ball in den Strafraum zu ziehen oder ins 1:1 zu gehen, entscheidet er sich immer für die Flanke und trifft dabei immer seinen Gegenspieler. Und wenn wir das schon sehen, sieht das jeder – und dass da was nicht stimmt – entweder mit dem Kopf oder doch dem Talent des Spielers.
Und es gibt noch weitere Seltsamkeiten: Mit ihrer Abspielbereitschaft standen Kramaric und vor allem Dabbur noch nie in Verdacht, einen Samariter-Orden zu erhalten, aber gestern war dies besonders eklatant. Nun ist es aber halt auch nicht so, dass sich x Spieler anböten, z. B. für so etwas Profanes wie einen Doppelpass. Liegt das am Trainer? Oder am Krankenstand? An der Sprachvielfalt? So wirkt das Ganze oft sehr mut- und ideenlos und im schlimmsten Fall lächerlich. Vielleicht sollte sich Sebastian Hoeneß an John Lennons Worten orientieren, mit denen er sich dann direkt und gerne auch mal vehement jeden einzelnen Spieler adressieren kann:
How in the world you gonna see
Laughin‘ at fools like me?
Who on earth d’you think you are
A super star?
Und genau das wäre der Moment, wo er die Spieler kriegen könnte, denn …
Well, right you are
Well, we all shine on
Like the moon and the stars and the sun
Well, we all shine on
Everyone come on
Aber das geht natürlich nur, wenn sie auch mehr laufen, präziser und viel, viel mehr miteinander spielen, wobei die ersten 30 Minuten diesbezüglich schon deutlich besser waren als zuletzt, woraus ja auch mehrere Großchancen resultierten, die aber leider, leider zunichte gemacht wurden.
Deswegen ist es richtig, dass man beharrlich bleiben muss, auch wenn man natürlich dieses „Wir müssen weiter hart arbeiten!“ nicht mehr hören kann. Aber was ist die Alternative? Ein Altstadtbesäufnis ist zu Coronazeiten nun mal nicht drin. Also bleibt nichts anderes übrig, als beharrlich zu bleiben, denn …
Instant karma’s gonna get you
Und es wird zu einem Moment kommen, wenn keiner damit rechnet, weshalb man sich auch darauf gut vorbereiten sollte:
Gonna knock you off your feet
Better recognize your brothers
Everyone you meetWhy in the world are we here?
Surely not to live in pain and fear
Also ruhig mehr Mut wagen. John war da schon ein sehr guter Anfang. Jetzt müssten ihn die anderen nur viel öfter an- und prinzipiell einfach flexibler spielen…
Why on earth are you there
When you’re everywhere?
Come and get your share
Denn dann können wir alle in den Chor miteinstimmen …
Well, we all shine on
Like the moon and the stars and the sun
Yeah, we all shine on
Come on and on and on, on, on
Yeah yeah, alright, uh huh, ahWell, we all shine on
Like the moon and the stars and the sun
Yeah, we all shine on
On and on and on, on and onWell, we all shine on
Like the moon and the stars and the sun
Well, we all shine on
Like the moon and the stars and the sun
Well, we all shine on
Like the moon and the stars and the sun
Yeah, we all shine on
Like the moon and the stars and the sun
Yeah, we all shine on.
Es scheint verstanden … jetzt braucht es nur noch den kleinen Schritt von einem nositiven zu einem positiven Ergebnis. Wir sind da recht zuversichtlich und entspannt …..
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