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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1899 Hoffenheim vs. 1. FC Nürnberg

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Ästhetik und Arithmetik

oder: So geht die Rechnung auf.

4:0. 5:0. 6:0. 7:0. 8:0.

Nachdem, was man in den ersten 20 Minuten von unserer Mannschaft sah, schien an diesem Spieltag alles möglich. Da stand es bereits völlig verdient 2:0 – und auch das war zu dem Zeitpunkt bereits zu niedrig.

Dass es am Schluss „nur“ zu einem 2:1-Sieg reichte, hat auch damit zu tun, dass der Schiedsrichter ein Freistoß-Tor von Salihovic kurz nach Wiederanpfiff aus irgendwelchen Gründen nicht gab, dafür aber einen Elfmeter für die Gäste, der zugegebenermaßen nachvollziehbarer war, und die Mannschaft dann natürlich sehr nervös wurde.

Aber woran auch immer es lag, nicht zuletzt aufgrund unseres Ergebnisses aus der Vorwoche sowie der Ergebnisse der anderen Spiele wird die Tordifferenz nicht das sein, was uns womöglich doch noch in der Liga hält. Somit sind die Punkte das Wichtige; das Ergebnis an sich ist eher exkremental balanciert, um nicht zu sagen: scheißegal.

Da bekanntlich Konzentration von Realität meist auf der Reduktion von Komplexität beruht, will sagen: weniger mehr ist, ist die Frage nicht „Wie hoch haben wir das Spiel gewonnen?“, sondern schlicht: „Wie?“.

Schlicht sensationell.

Das war ein furioses Spiel. Das an sich war schon beeindruckend. Wenn man nun aber ein paar Parameter hinzufügt wie Ist-Situation, Ergebnis und Auftreten der Vorwoche sowie Aufstellung wird das Ganze noch beeindruckender.

Gisdol verzichtete diesmal auf Schipplock in der Startelf, stellte Johnsson ins offensive Mittelfeld und an seine Stelle Thesker, der damit nach einem Kurzeinsatz als Einwechselspieler im Spiel gegen Fürth zum 1. Mal beim Anpfiff eines Erstligaspiels auf dem Platz stand. Holladiewaldfee.

Das war mutig. Und sehr konsequent. Passte alles zu dem, was der Trainer seit seinem Dienstantritt gesagt hat. Dass er den Startelfnovizen dann in der 67. Minute, kurze Zeit, nachdem die Gäste den Anschlusstreffer erzielten, gegen den Bundesligadebütanten Schorr einwechselte, ein U19-Spieler, der bisher erst dreimal in der zweiten Mannschaft (Regionalliga) eingewechselt wurde, war noch mutiger und konsequenter.

Natürlich war der 44 die Nervosität anzumerken. Doch die Mannschaft machte das sehr gut. Man vermied es, ihn direkt in den Spielaufbau mit einzubeziehen, gab ihm aber dennoch einige Bälle, damit er durch einfaches Rückpassspiel Sicherheit gewinnen konnte. Hierbei fiel dann allerdings für uns etwas sehr Negatives auf: die Maximalcoloration seines Schuhwerks.

Wir sind ja der Meinung, dass man sich Farbe auf Fußballschuhen verdienen muss. Je länger und besser man spielt, desto bunter dürfen die Füße bekleidet sein, aber sei’s drum: Mode ist ein Privileg der Jugend oder im Alter Ausdruck von Verzweiflung. Und letztere spürte man trotz oder gerade wegen des großartigen Spiels unserer Mannschaft.

Man kam nicht umhin, sich in Anbetracht des bisherigen Saisonverlaufs vor allem in der 1. Hälfte sich mehr als einmal zu fragen: „Warum nicht gleich so?“

Abgelöst wurde diese Frage in der 2. Hälfte der 2. Hälfte in Anbetracht unserer Neigung, zum Spielende hin, Gegentore zu kassieren und Punkte zu verlieren, durch die Frage: „Wie lange noch?“

Als der Schiedsrichter dann abpfiff, brachen zwar nicht alle Dämme, doch die Funktelefonnetze zusammen. Die Spieler rissen die Arme hoch, die Zuschauer griffen in ihre Taschen. Smartphones raus, Fußballapps aktivieren, wie sieht es nun in der Tabelle aus?

Wie zuvor. Und doch anders.

So ein Saisonfinale ist immer auch die Hohezeit der Hobby-Arithmetiker.

Dieser Teilbereich der Mathematik (übersetzt: „die Zahlenmäßige“) umfasst ja im wesentlichen die vier Grundrechenarten Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division (also „daddzu“, „foadd“, „mool“, „doorsch“ ).

Sie basiert auf dem Fundamentalsatz: „Jede natürliche Zahl größer als 1 ist ein (bis auf die Reihenfolge) eindeutiges Produkt (= Ergebnis einer Multiplikation) von Primzahlen.

Und Primzahlen haben im Fußball eine besondere Bedeutung: So sind es elf Spieler auf dem Platz, von Spieltag zu Spieltag sind es in der Regel sieben Tage, nach der fünften gelbe Karte wird man gesperrt und für einen Sieg gibt es drei Punkte.

Und noch sind drei Spiele zu spielen. Und aktuell stehen wir auf Platz 17, ebenfalls eine Primzahl. Immer noch. Und immer noch sind es drei Punkte Rückstand. Auf Platz 16. Aber auch 15.

Auf 14 sind es fünf und gegen die 14 spielen wir in sieben Tagen, was den Rückstand auf zwei Punkte auf den nächsten Gegner verkürzen würde bei dann noch zwei ausstehenden Spielen – und zwei ist ja bekanntlich die kleinste und auch einzig gerade Primzahl.

Und wo wir gerade bei Zahlen sind:

Genau diese Situation hat Goethe in Faust I in dem mit „Hexenküche“ (unüberhörbar ist hier die Anlehnung an das Synonym für Austragungsstätte für Sportveranstaltungen mit großem einseitigen Zuschauerzuspruch („Hexenkessel“)) überschriebenen Kapitel 9 (= und genau um so viele Punkte geht es noch) bereits beschrieben.

Du musst verstehn!
Aus Eins mach Zehn,
Und Zwei lass’ gehn,
Und Drei mach gleich,
So bist du reich.
Verlier die Vier!
Aus Fünf und Sechs,
So sagt die Hex,
Mach Sieben und Acht,
So ist’s vollbracht:
Und Neun ist Eins,
Und Zehn ist keins.
Das ist das Hexen-Einmaleins!

Mehr aber nicht. Und schon gar kein Hexenwerk. Denn in diesen knappen Zeilen steht ganz genau, was man benötigt, um nicht nur den Abstieg, sondern auch die Relegation zu vermeiden.

Letzteres würde bedeuten, Platz 15 zu erreichen. Und das ist eine der beiden Zahlen, um die es hier offensichtlich geht.

Fangen wir mit dem letzten Zahlenhinweis an, so erkennen wir, dass es nur um Ziffern geht, also die natürlichen Zahlen von 1 bis 9 – und zwar alle. Zur Erinnerung: Das ist nebst der Ziffer des Kapitels im Werk selbst auch die Summe (Ergebnis einer Addition) aller noch zu gewinnenden Punkte auf dem Platz.

Diese werden dann der Reihe nach abgehandelt. Folgt man nun diesen Anweisungen ergibt sich ein sogenanntes „magisches Quadrat“, was nicht verwundert, ist doch 9 eine Quadratzahl, also das Produkt einer Multiplikation einer Zahl mit sich selbst – in dem Falle der Primzahl 3, was ja wiederum exakt der Anzahl der ausstehenden Spiele sowie der jeweils maximal zu gewinnenden Punkte pro Spiel ergibt.

Dieses magische Quadrat hat, die einzelnen Schritte seien aus Gründen der Verständlichkeit hier ausgelassen, sieht dann wie folgt aus:

4

9

2

3

5

7

8

1

6

Jeder Laie erkennt sofort, dass jede Reihe, horizontal, vertikal, wie auch diagonal (sprich: „graad“, „nunna“ und „schrääg“) die Zahl ergibt, die für die TSG Rettung, sprich: den garantierten Verbleib in Liga 1 bedeuten würde: 15.

Nimmt man aber die einfachste Form der Mengendarstellung als Grundlage, das binäre System, in dem also alle Mengen entweder als 0 oder 1 dargestellt werden, ergibt sich ebenfalls eine überraschende Entdeckung.

Hierbei muss man natürlich wissen, dass man das Binärsystem von rechts nach links lesen muss und jede Ziffer sozusagen einen imaginären Wert als Überschrift hat, der immer eins höher liegt als die Summe der Werte rechts davon. 0 und 1 stehen dann dafür, ob der jeweilige Wert in der Gesamtmenge enthalten ist (1) oder nicht (0).

8

4

2

1

In diesem System gäbe die Zeichenfolge 1 1 1 1 an, dass jeder der genannten Werte, einmal enthalten ist, was in unserer Lesart was ergäbe? Genau: 15. (Zum Verständnis: 1 1 entspräche 3 (da die Felder links alle leer bleiben, werden sie erst gar nicht aufgeführt), 1 0 0 1 entspräche 9. O.K.? O.K. Weiter …)

Diese Darstellung passt besonders gut zu unserem Verein, was nicht heißen soll, dass es dort entweder Nullen oder Einsen gibt. Nein. Es verweist darauf, dass seine Präsenz in der 1. Liga doch durch die finanziellen Zuwendungen von Dietmar Hopp ermöglicht wurde, der wiederum sein Vermögen vor allem den Börsengängen des von ihm mitgegründeten Unternehmens zu verdanken hat, einem Softwareunternehmen – und Software funktioniert ausschließlich binär, genauer: mit dem binär codierten Dezimalsystem.

Um also auf den ersehnten 15. Platz zu kommen, bedarf es vier mal einer 1(a)-Leistung, also einem Sieg.

Da es aber im Hexeneinmaleins heißt: „Verlier die Vier!“ kann man einen Wert streichen – womit wir wiederum exakt bei der Anzahl der Spiele wären, die noch ausstehen – und wie wir eben nicht verlieren sollten, um das Maximum zu erreichen.

Völlig logisch.

Und wer dem nicht ganz folgen konnte, oder wollte, der darf sich freuen, denn es geht ihm eben wie Dr. Faustus.

Mich dünkt, die Alte spricht im Fieber.

Mephistopheles aber, der sich des Hochgelehrten angenommen hat, versucht ihn zu beruhigen. Er kennt die Menschen und ihren Wahn.

Das ist noch lange nicht vorüber.
Ich kenn es wohl, so klingt das ganze Buch;
Ich habe manche Zeit damit verloren,
Denn ein vollkommner Widerspruch
Bleibt gleich geheimnisvoll für Kluge wie für Toren.
Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drei und Eins, und Eins und Drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.
So schwätzt und lehrt man ungestört;
Wer will sich mit den Narrn befassen?
Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.

Und gewiss kann man diese, seine unmittelbare Antwort auch als ersten Hinweis auf den (Boulevard-) Journalismus verstehen, auch wenn das Erstexemplar der Bild-Zeitung erst lange nach der Erstausgabe des Faust erschien – genau 144 Jahre (wiederum eine Quadratzahl – und lange Zeit die höchste Zahl (Maximum) mit einem eigenen Wort „Gros“))

Exemplarisch hierfür:

Das ist noch lange nicht vorüber.
= Finden sich nicht zu jedem Saisonfinale Rechenbeispiele in den Sportseiten?
(Ebenso wie andere Druckerzeugnisse ihre Rituale haben: „XY-Diät“ (Brigitte et al., März/April), „Oben ohne“ (auto motor sport, Mai/Juni), „Schmerzen“ (Apotheken Rundschau), „besserer Sex“ (Cosmopolitan, beide ganzjährig)?

Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
Es war die Art zu allen Zeiten,
Durch Drei und Eins, und Eins und Drei
Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.
= Offensichtlicher als durch den Verweis auf die möglichen Punktgewinne in einem Spiel sowie zufällige wie lancierte Falschmeldungen geht der Verweis auf den Fußball und (Boulevard-) Journalismus gar nicht, wobei man natürlich „Irrtum“ auch im Sinne von „jemanden irre machen“ verstehen sollte.

Gewöhnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hört,
Es müsse sich dabei doch auch was denken lassen.
= Der Mensch sucht nach Logik. Auf das, was er wahrnimmt, will er sich einen Reim machen. Und es ist gewiss kein Zufall, dass der Faust zu über 99% in Versform gehalten ist – und davon meist im Knittelvers, also der klassischen Form der Büttenrede.

Und sollten Sie sich jetzt denken, was wir uns wohl dachten, so einen Spielbericht hinzulegen: „Nix!“ Wir sind nur völlig euphorisiert nach dem Spiel, das unsere Mannschaft hingelegt hat.

So ist mit Hoffenheim wieder zu rechnen.

Q. E. D.

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