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Akademikerfanclub 1899 Hoffenheim Rhein-Neckar Heidelberg 2007 e. V.

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1. FSV Mainz 05 vs. 1899 Hoffenheim

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Das Unentschieden-Orakel

Über Wahrheiten und Wahrnehmungen,
richtige Interpretationen – und falsche

Wir empfehlen allen, allen voran uns, die sich über den Verlauf und den Ausgang des gestrigen Spiels ärgerten, das zu machen, was die Mannschaft gestern mal (wieder) machte: n Punkt.

Ja, wir haben wieder einmal nicht gewonnen – zum 7. Mal in der Liga in Folge. In der Tabelle stehen wir aktuell fünf Punkte und zwei Plätze schlechter da als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres, wo wir nach neun Spieltagen vier Siege, drei Unentschieden und zwei Niederlagen auf unserem Konto stehen hatten. Heuer sind es zwei Siege, drei Unentschieden und vier Niederlagen.

Aber: Im letzten Jahr spielten wir viiiiiel weniger. Wir spielten in keinem europäischen Wettbewerb – und nicht unter solchen Bedingungen – und hatten weit weniger derart gravierende Ausfälle. Also ein gesundheitlich intakteres Team mit weniger Belastung. Das soll jetzt keine Ausrede sein, sondern es ist ein Fakt – und solche sind nicht verhandelbar.

Ja, es ist heutzutage Usus, zu allem eine Meinung zu haben und diese auch allenthalben kundzutun, wogegen per se ja nichts zu sagen ist. Allerdings scheint es heutzutage akzeptabel, (s)eine Meinung gegen eine Tatsache zu stellen und letztere dadurch relativieren zu können. („Die Erde ist rund 4,6 Milliarden Jahre alt.“ „Das glaube ich nicht.“ „Ist doch egal, ob du das glaubst. Das ist Wissenschaft.“ „Wissenschaftler widersprechen sich andauernd.“ „Das sagen alle Wissenschaftler, die vom Fach sind.“ „Na und? Auch die können sich irren.“)

Und leider sind durch Social Media die einen Menschen vor allem daran interessiert, gut anzukommen, beliebt zu sein, eine populäre, d.h. massenkompatible Meinung zu vertreten, die ihnen „Likes“ und Ähnliches bringt, während die anderen es für ein Zeichen von Klugheit halten (und auch von Ökonomie, denn es ist wahrlich müßig, mit einer Masse an Idioten zu diskutieren), die verbale Konfrontation scheuen, zumal Erstere sehr gerne auch zu Methoden greifen, die Letztere sehr wohl veranlassen, zwei- und drei Mal darüber nachzudenken hinsichtlich der eigenen Reputation, ihre hochwahrscheinlich korrekte, aber halt unpopuläre Mindermeinung weiterhin vehement nach außen zu vertreten. (Sehr schnell ist man heute irgendein „-leugner“ oder Schlimmeres.) Das war definitiv mal anders.

Außerdem will man ja sein Weltbild erhalten. Das machte die katholische Kirche so gegen Galileo Galilei, aber das machte man auch gegen Albert Einsteins Relativitätstheorie.

Als der Mann mit seiner Theorie vor allem die Welt der Physik auf den Kopf zu stellen drohte, brachten seine Kritiker 1931 die Broschüre „Hundert Autoren gegen Einstein“ heraus, in der fast 50 Beiträge versammelt wurden, die belegen sollten, dass der ehemalige „technische Experte 3. Klasse“ beim Schweizer Patentamt in Bern, mit seinen Darlegungen falsch liege.

Das war vor fast 100 Jahren. Man möge sich das nur mal ausmalen, wie das heute wäre. Obwohl – das wäre einfach: Es wäre alles schwarz. Dabei träfe Einsteins Antwort auf das Büchlein auch heute noch auf jeden Exkrementenwirbel („shitstorm“) zu:

„Hätte ich unrecht, würde ein einziger Autor genügen, um mich zu widerlegen.“

Damals gab es halt noch offene Diskurse, die mehr einer Truhe glichen, einer Schatzkiste, in der man nach den besten Argumenten wühlt. Die heutigen Diskussionen sind eher Schränke oder Sekretäre mit Unmengen von Schubladen – und letztere schaffen bekanntlich Ordnung.

Das Gehirn als Möbel … aber das wäre ein anderes Thema und wir wollen ja nicht ausfallend – auch nicht im Sinne von -schweifig – werden.

Da stand eine per se schon tolle Mannschaft auf dem Feld. Dank der vor der Saison von nicht wenigen – inkl. unserer Geschwätzigkeit – kritisierten, zumindest kritisch gesehenen Breite des Kaders mussten die wenigsten der Spieler auch in der Europa League voll ran, so dass da durchaus die berechtigte Hoffnung bestand, ein weniger zerfahrenes Spiel zu sehen als gegen Liberec. Allerdings ging es gegen Mainz.

Mainz lag uns selten bis nie – und das war auch diesmal deutlich. Gegen Mannschaften, die einfach nur hinten drin stehen und auf Konter lauern, haben wir es und machen wir es uns schwer. Da fehlt Passschärfe, Passpräzision und Geschwindigkeit – und auf rechts Kaderabek, nicht nur vorne.

Trotz einer barcelonaesker Ballbesitzquote unsererseits hatten die Hausherren zu Anfang die deutlich besseren Chancen. Dann allerdings wir die unseren mit Posch, dessen Kopfball leider schulbuchmäßig gedrückt war (hätte er das nicht gemacht und ihn hoch platziert, wäre der Mainzer Keeper zumindest nicht mit seinem Fuß rangekommen) und Bebou, dessen Schuss die Halsmuskulator des Herren im Kasten der Mainzer aufs Härtestete testete.

Statt der Führung gab es aber den Rückstand aus einer zugegebenermaßen in der Bewegung nicht leicht erkennbaren Abseitsstellung. Allerdings hat man im Kölner Keller derartig ausgefeilte 3-D-Programme, die mit Linien und Loten pixelgenau erkennen können, was sich näher am gegnerischen Tor befindet, dass es hier kein Allzuschweres hätte sein dürfen, die Abseitsstellung zu erkennen. Bedingung dabei ist natürlich, dass man Regeln und Technik beherrscht. So zählt die Vorderseite des Balles und nicht die des Fußes des zuspielenden Spielers, weswegen man auch da die Linie ansetzen muss …. und dann eine Senkrechte.

Der unserer Ansicht nach beste Twitteraccount rund um die TSG mit den auch besten Analysen hat sich die Mühe gemacht und dies nachgestellt – und das Ergebnis der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Zu dieser zählen wir uns … voilà: Bimbeshausens Beweis:

FSVTSG2020

Nun ist es beileibe nicht so, dass wir uns deswegen aufregen. Unserer Ansicht nach sollte die Abseitsregel ohnehin nicht jedes Körperteil berücksichtigen, mit dem ein Tor erzielt werden kann, sondern die vorderste Ferse des Angreifers. Und danach wie überhaupt dem Wesen des Spiels entsprechend war das ein so gesehen völlig okayer Treffer. Hinsichtlich seiner Entstehung war er alles andere als das. Unsere Defensive hatte mindestens drei Momente, wo sie durch konsequenteres Verteidigen diesen Gegentreffer hätte verhindern können, aber … hätte, hätte, doof.

Es spricht hingegen für die Mannschaft, dass man danach sogar noch etwas mehr aufs Tempo drückte, um noch vor der Halbzeit zum Ausgleich zu kommen, aber es gelang ihr nicht und auch zu Beginn der 2. Halbzeit nicht, in eine aussichtsreiche Position zu kommen.

Es war kein Zufall und mehr als bezeichnend, dass die erste Kombination, in der direkt, flach und präzise gespielt wurde, auch direkt dann der zu dem Zeitpunkt hochverdiente Ausgleich fiel. Wie Bebou den Ball per Außenrist neben dem Keeper platzierte, war technisch schon sehr fein.

Leider ließ im Anschluss genau diese Präzision und Geschwindigkeit wieder sehr zu wünschen übrig, wie auch die Konterabdeckung, denn die einzig wirklich noch nennenswerte Chance hatten die Gastgeber, wobei da ja nicht nur die Abdeckung des Defensivraums stark suboptimal war, sondern vor allem das Zweikampfverhalten. Mit Glück und den Regeln der Physik landete der Ball am Pfosten.

Es wäre wahrlich sehr unverdient gewesen, denn die Mainzer machten in der 2. Halbzeit noch weniger fürs Spiel als im ersten Durchgang. Wir überlegten kurz, ob es vielleicht nicht ganz unlustig wäre, ihnen den Ball einfach zu geben, z. B. in dem man einfach den Ball von der Mittellinie auf deren Tor geschossen hätte, einfach nur um zu sehen, was sie gemacht hätten, hätte man sie gezwungen, das Spiel zu machen. Wir vermuten, sie hätten den Ball einfach ins Aus gespielt.

Dass sie dann doch initiativ wurden, lag daran, dass Geiger die Rote Karte für ein erschreckend dummes Foulspiel bekam: Ball weit weg, tritt von hinten in die Beine des Gegners, der fällt natürlich und natürlich fällt auch der Schiedsrichter diese Entscheidung.

Was danach an Worten wohl seitens der Mainzer Bank fiel, wissen wir nicht, aber es fiel auch kein weiterer Treffer. Damit kamen wir wieder trotz eigentlich überlegener Spielweise nicht zu einem Sieg, wobei wir uns – ganz im Gegensatz zur Vorwoche – diesmal als die Glücklicheren schätzen durften. (Pfosten, Unterzahl)

Was macht man jetzt aus diesem Unentschieden?

Helfen Umstellungen? Würde es dann besser? Was kann man denn aus so einem „unentschieden“ machen? Wenn man es genau nimmt, sehr viel:

Sei denn unecht.
Ein Stuendchen.
Dusche in Enten.
In Tusche enden.
In echten Suden.
Eichen stunden.
… und einstechen.
Neid – nun steche.
Nenn Eides Tuch.
Echt in Suenden.
Unten siechend.
Nieten suchend.
Siech endet nun.

Nun entscheide …

Das hat was – sowohl von einem Gedicht als auch von einem Orakel. Und aus dem wurde man bekanntlich erst schlau bzw. offenbarte sich seine erst einmal krude Vorhersage als brutale Wahrheit, wenn es zu spät war.

Die beiden wohl bekanntesten Beispiele sind:

– Laios, dem König von Theben, prophezeite das Orakel von Delphi bekanntlich,
dass sein Sohn ihn töten und seine Frau heiraten würde.

         Genau: Ödipus.

– Dem letzten König von Lydien, Krösus, weissagte dasselbe Orakel,
bevor er in den Krieg gegen die Perser zog, dass er, wenn er den Grenzfluss überschreitet,
ein großes Reich zerstören würde.

        Genau: sein eigenes.

Also versuchen wir uns an einer ganz eigenen Interpretation:

Sei denn unecht.
Ein Stuendchen.
Verwende nur ein Drittel deiner Kraft auf maximale Authentizität, d.h. du musst das Spiel nicht bestimmen, wenn du es nicht bestimmen kannst. Wiege lieber deine Gegner in Sicherheit. Gib ihnen das Gefühl der Überlegenheit, wenn du der Stärkere bist, aber wenn du der Schwächere bist, dann verwende zwei Drittel deiner Zeit aufs Bluffen.

Dusche in Enten.
In Tusche enden.
In echten Suden.
Auch hier geht es um echte Federn. Reiße nicht dir ein Bein aus, sondern stürz dich in die Masse und nimm deinem Gegner nicht alles, nur das wichtigste und nutze es für seinen Nachruf – gut eingekocht und abgeschmeckt.

Eichen stunden.
… und einstechen.
Neid – nun steche.
Den Stärkeren (Eichen) stehen lassen, am besten gar nicht beachten und auf den richtigen Zeitpunkt warten, um sein Zeichen zu hinterlassen (Herz in Rinde), damit alle andere daraufhin erst erblassen und dann im Groll keinen Einhalt mehr gebieten können und sich verausgaben an etwas, was hart im Nehmen ist und das nichts so schnell umhaut.

Nenn Eides Tuch.
In echten Suenden.
Was kann das anderes sein, als der klassische Kuss aufs Vereinswappen nach einem Treffer. Der mag nicht so 100% echt sein im Sinne ewiger Treue, aber er ist Ausdruck sehr großer Zuneigung in diesem Moment. Und in diesem Moment: Te absolvemus.

Unten siechend.
Nieten suchend.
Siech endet nun.
Der ewige, ja fast schon sehnsüchtige Blick ans Tabellenende, diese wie wilde Bessenheit nach Schuld und Schuldigen („blamestorming“), bringt nix.

Nun entscheide …
Europapokal? Das wollten alle. Erfolg darin? Auch. Bundesliga? Das wollen alle. Erfolg darin? Auch. Und der DFB-Pokal steht noch aus? Will man Erfolg darin? Auch.

Erfolg braucht aber vor allem sehr, sehr viel Training, Training, Training. Die Zeit hat die Mannschaft nicht – und schon gar nicht zusammen als Stamm- oder Kernelf. Und daran hat weder die DFL Schuld noch der DFB noch die UEFA, sondern nur die TSG selbst, weil sie letzte Saison erfolgreich waren. Kann man ihr da einen Vorwurf machen? Weil sie (und wir ja auch ihren) Erfolg haben wollte(n)?

Daher muss man mit diesem Punkt zufrieden sein – und darauf hoffen, dass es im nächsten Ligaspiel besser wird – und Kaderabek zurückkehrt. Ansonsten erwarten wir in einer Woche die fast gleiche Elf (halt ohne Geiger), aber auch etwas besser, denn es wird ein Montagsspiel sein, d.h. etwas mehr Training wäre möglich, etwas mehr Punkte zudem nötig.

Denn natürlich sind sich alle gewahr, dass (fast) alle Mannschaften, die hinter uns platziert sind, in den vergangenen Wochen näher gerückt sind, weshalb es auch nachvollziehbar ist, dass man so etwas sagt wie „Im nächsten Spiel müssen drei Punkte her!“. Nur – bei aller Adventszeit – so einfach geht das nicht. Wünschen und fertig – ist nicht. Was ist, ist: noch alles drin – auch wenn an unseren Deutungen des Unentschieden-Orakels nichts dran sein mag.

Vertrauen wir einfach der Mannschaft und dem anderen Orakel, das wohl schon die Taktik für das gewünschte Ergebnis vorgibt (in Richtung: nicht nur den Ball insgesamt flach halten, sondern den Ball auch flach spielen und …) :

Sieh‘ im EG!

 

 

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